„Fall Görgülü“ – Versionsunterschied

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Der '''Fall Görgülü''' ist ein aufsehenerregender bundesdeutscher [[Sorgerecht]]sstreit, bei dem ein in Deutschland lebender türkischer Staatsbürger, Kazim Görgülü, seit Jahren um das Sorge- wie Umgangsrecht für seinen nichtehelichen Sohn streitet, den die deutsche Mutter nach der Geburt ohne seine Zustimmung zur Adoption freigegeben hatte. Über 50 Urteile und Beschlüsse u.a. des [[Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte|Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte]], des [[Bundesverfassungsgericht]]s und des [[Bundesgerichtshof]]es, die im bisherigen Verlauf des Falles seit 1999 gesprochen wurden, haben die Rechte leiblicher Väter nichtehelicher Kinder in Deutschland allgemein gestärkt.
...

== Zusammenfassung ==
Von der bevorstehenden Geburt des 1998 gezeugten Kindes hatte der Kindsvater, der nicht mehr mit der Mutter zusammenlebte, erst im Jahr 1999 erfahren. Von diesem Zeitpunkt an bemühte er sich um Sorgerecht und Umgang, der seitens deutscher Behörden ([[Jugendamt|Jugendamt Leipzig und Wittenberg]]) und Justiz sowie der [[Pflegefamilie]], die das Kind aufnahm, immer wieder verwehrt wurde. Erst im Februar 2004 gab der [[Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte|Europäische Gerichtshof für Menschenrechte]] in Straßburg einer Beschwerde Görgülüs gegen eine Entscheidung des [[Oberlandesgericht Naumburg|Oberlandesgerichts Naumburg]] - nach der Zurückweisung einer [[Verfassungsbeschwerde]] durch das [[Bundesverfassungsgericht]] - statt:
*{{zitat|Der Gerichtshof stellt fest, dass der Beschwerdeführer bis Juni 2001 sein Kind lediglich sechs Mal für jeweils mehrere Stunden sehen konnte. Mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts wurde jede Form der Familienzusammenführung und die Herstellung eines weiteren Familienlebens jeder Art unmöglich. Der Gerichtshof weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es dem Wohl des Kindes dient, seine Familienbande aufrechtzuerhalten, denn solche Bande zu zerschneiden bedeutet, ein Kind seiner Wurzeln zu berauben (…). Das Oberlandesgericht Naumburg hat somit durch Aufhebung aller Entscheidungen, die dem Beschwerdeführer Umgang mit seinem Sohn gewährt hätten, die nach Artikel 8 bestehende eindeutige Verpflichtung zur Zusammenführung von Vater und Sohn nicht erfüllt. Der Gerichtshof stellt fest, dass auch nach Ablauf eines Jahres im Juni 2002 die Bemühungen des Beschwerdeführers um Umgang mit seinem Sohn erfolglos geblieben sind. Ungeachtet des Ermessensspielraums der innerstaatlichen Behörden war der Eingriff daher in Bezug auf die rechtmäßig verfolgten Ziele nicht verhältnismäßig. Folglich ist Artikel 8 der Konvention in Bezug auf die Verweigerung des Sorge- und Umgangsrechts verletzt worden.|Auszug aus dem Urteil des EGMR}}

Das Amtsgericht Wittenberg übertrug dem Vater daraufhin das Umgangs- und Sorgerecht für sein leibliches Kind. Das Oberlandesgericht Naumburg sah hingegen den Urteilsspruch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte „unmittelbar nur die Bundesrepublik Deutschland, nicht aber deren Organe und namentlich nicht die Gerichte“ bindend und hob die Beschlüsse des Wittenberger Gerichts wieder auf. Das Bundesverfassungsgericht sah nach der darauf folgenden Verfassungsbeschwerde des Vaters diesen dadurch „in seinem Grundrecht aus Artikel 6 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip“ verletzt und sah einen "Verstoß gegen die Bindung an Gesetz und Recht". Der Beschluss wurde folglich aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Beurteilung an das OLG zurückverwiesen. <ref>http://www.tagesspiegel.de/politik/div/;art771,2407223</ref>
[[Bild:karlsruhe_bundesgerichthof_neu.jpg|thumb|left|Der Bundesgerichtshof entschied 2007]]
Nach drei weiteren Jahren Rechtsstreit, in denen dem Vater der Umgang mit seinem Kind weiterhin nicht ermöglicht wurde, kam es schließlich am 26. September 2007 zu einer endgültigen Entscheidung durch den Bundesgerichtshof, die die Rechtsansicht Görgülüs in allen Punkten bestätigte. Im Oktober 2007 billigte der BGH dennoch eine Ablehnung des Sorgerechts für Görgülü, weil nach Jahren des nicht ermöglichten Kontakts zwischen Vater und Kind eine „noch nicht hinreichend gefestigte Bindung des Kindes an seinen Vater“ vorhanden sei. Nach der Entscheidung des BGH solle aber „schnellstmöglich und mit Nachdruck die Bildung einer tragfähigen Beziehung“ herbeigeführt werden, um langfristig die Übertragung des Sorgerechtes auf Görgülü zu ermöglichen.

Dieser Beschluss war das erste Mal in der deutschen Rechtsgeschichte, dass der BGH über den Sorgerechtsantrag eines Vaters für ein nichteheliches Kind, das von der Mutter nach der Geburt zur Adoption freigegeben wurde, entschied. Aufgrund des langen Rechtsstreits lebt das Kind bis heute in einer Pflegefamilie, ohne dass eine Adoption vollzogen wurde.

== Einschätzungen ==
*{{zitat|Sicherlich sind die Verfahren in Sachen Görgülü kein Ruhmesblatt für die deutsche Justiz. Allerdings sind die Urteile, die nicht den gesetzlichen Vorgaben bzw. den Vorgaben des EGMR genügten, stets aufgehoben und korrigiert worden. Rassistische Gedankengänge haben in den Entscheidungen keine Rolle gespielt. Vor Gericht ist jeder gleich. Es gibt keinen Richter in Deutschland, der diese Vorgabe nicht verinnerlicht hat.|[[Brigitte Zypries]] auf [[abgeordnetenwatch.de]]}}

== Sonstiges ==
Der Fall führte zu Solidaritätsbekundungen von Vätervereinen, z.B. [[Väteraufbruch|Väteraufbruch für Kinder e.V. (VAfK)]] und Mahnwachen für den Sohn Görgülüs. In deutschen Medien (u.a. der Fernsehsendung [[Panorama]]) wurde ausführlich berichtet. Die [[Staatsanwaltschaft Halle]] ermittelte gegen die beteiligten Richter des Oberlandesgerichtes Naumburg wegen des Verdachts der [[Rechtsbeugung]] und erhob [[Anklage]]<ref>[http://www.asp.sachsen-anhalt.de/presseapp/data/olg/2006/023_2006.htm Pressemeldung beim Oberlandesgericht Naumburg].</ref> am 23. November 2006 beim [[Landgericht Halle]].
In dem jahrelangen Streit sollen zwei Richter des Oberlandesgerichts Naumburg und ein Richter des Landgerichts Halle das Recht vorsätzlich falsch angewendet haben. Das Landgericht Halle hat im Juli 2007 die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft nicht zur Hauptverhandlung zugelassen und die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat [[sofortige Beschwerde]] gegen den Nichteröffnungsbeschluss eingelegt.

== Chronologie der Beschlüsse ==
[[Bild:Fall Görgülü.JPG|thumb|right|350px|Beteiligte Gerichte|right]]
=== Erstes Sorgerechtsverfahren ===
*Amtsgericht Wittenberg
**Vaterschaftsfeststellung Anerkennung beim JA Leipzig 02.05.00
***Beschluss vom 07.07.00 (5F 21/2000)
**Umgangsbeschlüsse
***Beschluss vom 19.01.01 (5F 31/01)
***Beschluss vom 08.02.01 5F 31/01 (wie vor)
***Beschluss vom 19.06.01 5F 31/01 (wie vor)
***Sorgerechtsentscheidung Beschluss vom 09.03.01
*Oberlandesgericht Naumburg
**Umgangsverbot
***Beschluss vom 26.02.01 (17 WF 30/01)
***Beschluss vom 10.04.01 (wie vor)
**Aufhebung Sorgerechtsentscheidung
***Beschluss vom 20.06.01 (14 UF 52/01)
***Beschluss vom 10.08.01 (wie vor)
*Bundesverfassungsgericht
**Ablehnung der Beschwerde
***Beschluss vom 31.07.01 (1 BvR 1174/01)
*Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
**Entscheidung Urteil vom 26.02.2004 (74969/01)
=== Zweites Sorgerechtsverfahren ===
*Amtsgericht Wittenberg
**Sorgerechtsentscheidung
***Beschluss vom 19.03.04 (5F 741/02 SO)
**Umgangsbeschlüsse
***Beschluss vom 19.03.04 (5F 463/02 UG)
***Beschluss vom 02.12.04 (wie vor)
***Beschluss vom 14.09.05 (wie vor)
***Beschluss vom 15.07.05 (wie vor)
*Oberlandesgericht Naumburg
**Umgangsverbot
***Beschluss vom 30.06.04 (14 WF 64/04)
**Aufhebung Sorgerechtsentscheidung
***Beschluss vom 09.07.2004 (14 UF 60/04)
*Bundesverfassungsgericht
**Aufhebung des OLG-Beschlusses vom 30.06.04
***Beschluss vom 14.10.04 (2 BvR 1481/04)<ref>[https://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20041014_2bvr148104.html?Suchbegriff=%222+BvR+1481%2F04%22 Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 14. Oktober 2004]</ref>
*Oberlandesgericht Naumburg
**Umgangsverbot
***erneut
****Beschluss vom 08.12.04 14 (WF 236/04)
***aufgehoben
****Beschluss vom 20.12.04 (wie vor)
***erneut
****Beschluss vom 20.12.04 (wie vor)
*Bundesverfassungsgericht
**Aufhebung des OLG-Beschlusses vom 08.12.04 und 20.12.04
***Beschluss vom 28.12.04 (1BvR 2790/04)<ref>[https://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20041228_1bvr279004.html?Suchbegriff=%221+BvR+2790%2F04%22 Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. Dezember 2004]</ref>
**Ablehnung Einspruch Jugendamt zum BVerfG-Beschluss vom 28.12.04
***Beschluss vom 01.02.05 (wie vor)<ref>[https://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20050201_1bvr279004.html?Suchbegriff=%221+BvR+2790%2F04%22 Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 1. Februar 2005]</ref>
**Aufhebung OLG-Beschluss Umgang vom 08.12.04 und 20.12.04
***Beschluss vom 10.06.05 (wie vor)<ref>[https://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20050610_1bvr279004.html?Suchbegriff=%221+BvR+2790%2F04%22 Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 10. Juni 2005]</ref>
**Aufhebung OLG-Beschluss Sorgerecht vom 09.07.04
***Beschluss vom 05.04.05 (wie vor)
*Oberlandesgericht Naumburg
**Befangenheit 14. Senat OLG Naumburg
***Beschluss vom 14.03.05
**Ablehnung des Befangenheitsantrag gegen die Amtsrichterin
***Beschluss vom 16.03.05
**Erstellung zum Gutachten
***Beschluss vom 13.12.05
**Umgangsausschluss gegen den Willen des Vormundes und von Görgülü
***Beschluss vom 28.02.06
**Aufhebung Umgangsausschluss vom OLG
***Beschluss vom 09.03.06
**Befangenheitsantrag gegen OLG-Richter 8. Senat Antrag vom 17.07.06
***Ablehnung Befangenheit
****Beschluss vom 17.08.06
**Ablehnung Sorgerecht und Einschränkung des erneute Umgangsrechtes
***Beschluss vom 15.12.06
**Ablehnung Anhörungsrüge zum Beschluss vom 15.12.06
***Beschluss vom 03.01.07
*Amtsgericht Dessau 2006
**Ablehnung des Antrages aus Herausnahme vom Umgang
***Beschluss vom 02.09.06 (11 BER 58/06)
*Bundesverfassungsgericht 2007
**Ablehnung der Beschwerde des Vaters
***Beschluss vom 09.02.07 (1 BvR 217/07)<ref>[https://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20070209_1bvr021707.html Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. Februar 2007]</ref>
**Ablehnung der Beschwerde der Verfahrenspflegerin
***Beschluss vom 09.02.07
*Bundesgerichtshof
**Beschluss Familienzusammenführung
***Beschluss vom 26.09.2007 (XII ZB 229/06)

=== Drittes Sorgerechtsverfahren ===
*Amtsgericht Wittenberg
**Umgangsbeschluss
***Beschluss vom 13.11.2007 (4 F 731/07 UG)


Daneben fand noch ein Adoptionsverfahren bezüglich des Kindes statt.<ref>http://willkuer.vafk.de/Tagebuch.htm</ref>

== Quellenbeleg ==
<references/>

== Weblinks ==
*[http://willkuer.vafk.de/Tagebuch.htm Seiten Görgülüs auf der Homepage der bundesweiten Initiative Väteraufbruch für Kinder]

{{Rechtshinweis}}

[[Kategorie:Urteil]]
[[Kategorie:Entscheidung des Bundesgerichtshofs]]
[[Kategorie:Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts]]
[[Kategorie:Entscheidung des EuGH]]
[[Kategorie:Familienrecht]]

Version vom 22. November 2007, 13:01 Uhr

Der Fall Görgülü ist ein aufsehenerregender bundesdeutscher Sorgerechtsstreit, bei dem ein in Deutschland lebender türkischer Staatsbürger, Kazim Görgülü, seit Jahren um das Sorge- wie Umgangsrecht für seinen nichtehelichen Sohn streitet, den die deutsche Mutter nach der Geburt ohne seine Zustimmung zur Adoption freigegeben hatte. Über 50 Urteile und Beschlüsse u.a. des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofes, die im bisherigen Verlauf des Falles seit 1999 gesprochen wurden, haben die Rechte leiblicher Väter nichtehelicher Kinder in Deutschland allgemein gestärkt.

Zusammenfassung

Von der bevorstehenden Geburt des 1998 gezeugten Kindes hatte der Kindsvater, der nicht mehr mit der Mutter zusammenlebte, erst im Jahr 1999 erfahren. Von diesem Zeitpunkt an bemühte er sich um Sorgerecht und Umgang, der seitens deutscher Behörden (Jugendamt Leipzig und Wittenberg) und Justiz sowie der Pflegefamilie, die das Kind aufnahm, immer wieder verwehrt wurde. Erst im Februar 2004 gab der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg einer Beschwerde Görgülüs gegen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg - nach der Zurückweisung einer Verfassungsbeschwerde durch das Bundesverfassungsgericht - statt:

„Der Gerichtshof stellt fest, dass der Beschwerdeführer bis Juni 2001 sein Kind lediglich sechs Mal für jeweils mehrere Stunden sehen konnte. Mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts wurde jede Form der Familienzusammenführung und die Herstellung eines weiteren Familienlebens jeder Art unmöglich. Der Gerichtshof weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es dem Wohl des Kindes dient, seine Familienbande aufrechtzuerhalten, denn solche Bande zu zerschneiden bedeutet, ein Kind seiner Wurzeln zu berauben (…). Das Oberlandesgericht Naumburg hat somit durch Aufhebung aller Entscheidungen, die dem Beschwerdeführer Umgang mit seinem Sohn gewährt hätten, die nach Artikel 8 bestehende eindeutige Verpflichtung zur Zusammenführung von Vater und Sohn nicht erfüllt. Der Gerichtshof stellt fest, dass auch nach Ablauf eines Jahres im Juni 2002 die Bemühungen des Beschwerdeführers um Umgang mit seinem Sohn erfolglos geblieben sind. Ungeachtet des Ermessensspielraums der innerstaatlichen Behörden war der Eingriff daher in Bezug auf die rechtmäßig verfolgten Ziele nicht verhältnismäßig. Folglich ist Artikel 8 der Konvention in Bezug auf die Verweigerung des Sorge- und Umgangsrechts verletzt worden.“

Auszug aus dem Urteil des EGMR

Das Amtsgericht Wittenberg übertrug dem Vater daraufhin das Umgangs- und Sorgerecht für sein leibliches Kind. Das Oberlandesgericht Naumburg sah hingegen den Urteilsspruch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte „unmittelbar nur die Bundesrepublik Deutschland, nicht aber deren Organe und namentlich nicht die Gerichte“ bindend und hob die Beschlüsse des Wittenberger Gerichts wieder auf. Das Bundesverfassungsgericht sah nach der darauf folgenden Verfassungsbeschwerde des Vaters diesen dadurch „in seinem Grundrecht aus Artikel 6 des Grundgesetzes in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip“ verletzt und sah einen "Verstoß gegen die Bindung an Gesetz und Recht". Der Beschluss wurde folglich aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Beurteilung an das OLG zurückverwiesen. [1]

Der Bundesgerichtshof entschied 2007

Nach drei weiteren Jahren Rechtsstreit, in denen dem Vater der Umgang mit seinem Kind weiterhin nicht ermöglicht wurde, kam es schließlich am 26. September 2007 zu einer endgültigen Entscheidung durch den Bundesgerichtshof, die die Rechtsansicht Görgülüs in allen Punkten bestätigte. Im Oktober 2007 billigte der BGH dennoch eine Ablehnung des Sorgerechts für Görgülü, weil nach Jahren des nicht ermöglichten Kontakts zwischen Vater und Kind eine „noch nicht hinreichend gefestigte Bindung des Kindes an seinen Vater“ vorhanden sei. Nach der Entscheidung des BGH solle aber „schnellstmöglich und mit Nachdruck die Bildung einer tragfähigen Beziehung“ herbeigeführt werden, um langfristig die Übertragung des Sorgerechtes auf Görgülü zu ermöglichen.

Dieser Beschluss war das erste Mal in der deutschen Rechtsgeschichte, dass der BGH über den Sorgerechtsantrag eines Vaters für ein nichteheliches Kind, das von der Mutter nach der Geburt zur Adoption freigegeben wurde, entschied. Aufgrund des langen Rechtsstreits lebt das Kind bis heute in einer Pflegefamilie, ohne dass eine Adoption vollzogen wurde.

Einschätzungen

„Sicherlich sind die Verfahren in Sachen Görgülü kein Ruhmesblatt für die deutsche Justiz. Allerdings sind die Urteile, die nicht den gesetzlichen Vorgaben bzw. den Vorgaben des EGMR genügten, stets aufgehoben und korrigiert worden. Rassistische Gedankengänge haben in den Entscheidungen keine Rolle gespielt. Vor Gericht ist jeder gleich. Es gibt keinen Richter in Deutschland, der diese Vorgabe nicht verinnerlicht hat.“

Sonstiges

Der Fall führte zu Solidaritätsbekundungen von Vätervereinen, z.B. Väteraufbruch für Kinder e.V. (VAfK) und Mahnwachen für den Sohn Görgülüs. In deutschen Medien (u.a. der Fernsehsendung Panorama) wurde ausführlich berichtet. Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelte gegen die beteiligten Richter des Oberlandesgerichtes Naumburg wegen des Verdachts der Rechtsbeugung und erhob Anklage[2] am 23. November 2006 beim Landgericht Halle. In dem jahrelangen Streit sollen zwei Richter des Oberlandesgerichts Naumburg und ein Richter des Landgerichts Halle das Recht vorsätzlich falsch angewendet haben. Das Landgericht Halle hat im Juli 2007 die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft nicht zur Hauptverhandlung zugelassen und die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Die Generalstaatsanwaltschaft hat sofortige Beschwerde gegen den Nichteröffnungsbeschluss eingelegt.

Chronologie der Beschlüsse

Beteiligte Gerichte

Erstes Sorgerechtsverfahren

  • Amtsgericht Wittenberg
    • Vaterschaftsfeststellung Anerkennung beim JA Leipzig 02.05.00
      • Beschluss vom 07.07.00 (5F 21/2000)
    • Umgangsbeschlüsse
      • Beschluss vom 19.01.01 (5F 31/01)
      • Beschluss vom 08.02.01 5F 31/01 (wie vor)
      • Beschluss vom 19.06.01 5F 31/01 (wie vor)
      • Sorgerechtsentscheidung Beschluss vom 09.03.01
  • Oberlandesgericht Naumburg
    • Umgangsverbot
      • Beschluss vom 26.02.01 (17 WF 30/01)
      • Beschluss vom 10.04.01 (wie vor)
    • Aufhebung Sorgerechtsentscheidung
      • Beschluss vom 20.06.01 (14 UF 52/01)
      • Beschluss vom 10.08.01 (wie vor)
  • Bundesverfassungsgericht
    • Ablehnung der Beschwerde
      • Beschluss vom 31.07.01 (1 BvR 1174/01)
  • Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
    • Entscheidung Urteil vom 26.02.2004 (74969/01)

Zweites Sorgerechtsverfahren

  • Amtsgericht Wittenberg
    • Sorgerechtsentscheidung
      • Beschluss vom 19.03.04 (5F 741/02 SO)
    • Umgangsbeschlüsse
      • Beschluss vom 19.03.04 (5F 463/02 UG)
      • Beschluss vom 02.12.04 (wie vor)
      • Beschluss vom 14.09.05 (wie vor)
      • Beschluss vom 15.07.05 (wie vor)
  • Oberlandesgericht Naumburg
    • Umgangsverbot
      • Beschluss vom 30.06.04 (14 WF 64/04)
    • Aufhebung Sorgerechtsentscheidung
      • Beschluss vom 09.07.2004 (14 UF 60/04)
  • Bundesverfassungsgericht
    • Aufhebung des OLG-Beschlusses vom 30.06.04
      • Beschluss vom 14.10.04 (2 BvR 1481/04)[3]
  • Oberlandesgericht Naumburg
    • Umgangsverbot
      • erneut
        • Beschluss vom 08.12.04 14 (WF 236/04)
      • aufgehoben
        • Beschluss vom 20.12.04 (wie vor)
      • erneut
        • Beschluss vom 20.12.04 (wie vor)
  • Bundesverfassungsgericht
    • Aufhebung des OLG-Beschlusses vom 08.12.04 und 20.12.04
      • Beschluss vom 28.12.04 (1BvR 2790/04)[4]
    • Ablehnung Einspruch Jugendamt zum BVerfG-Beschluss vom 28.12.04
      • Beschluss vom 01.02.05 (wie vor)[5]
    • Aufhebung OLG-Beschluss Umgang vom 08.12.04 und 20.12.04
      • Beschluss vom 10.06.05 (wie vor)[6]
    • Aufhebung OLG-Beschluss Sorgerecht vom 09.07.04
      • Beschluss vom 05.04.05 (wie vor)
  • Oberlandesgericht Naumburg
    • Befangenheit 14. Senat OLG Naumburg
      • Beschluss vom 14.03.05
    • Ablehnung des Befangenheitsantrag gegen die Amtsrichterin
      • Beschluss vom 16.03.05
    • Erstellung zum Gutachten
      • Beschluss vom 13.12.05
    • Umgangsausschluss gegen den Willen des Vormundes und von Görgülü
      • Beschluss vom 28.02.06
    • Aufhebung Umgangsausschluss vom OLG
      • Beschluss vom 09.03.06
    • Befangenheitsantrag gegen OLG-Richter 8. Senat Antrag vom 17.07.06
      • Ablehnung Befangenheit
        • Beschluss vom 17.08.06
    • Ablehnung Sorgerecht und Einschränkung des erneute Umgangsrechtes
      • Beschluss vom 15.12.06
    • Ablehnung Anhörungsrüge zum Beschluss vom 15.12.06
      • Beschluss vom 03.01.07
  • Amtsgericht Dessau 2006
    • Ablehnung des Antrages aus Herausnahme vom Umgang
      • Beschluss vom 02.09.06 (11 BER 58/06)
  • Bundesverfassungsgericht 2007
    • Ablehnung der Beschwerde des Vaters
      • Beschluss vom 09.02.07 (1 BvR 217/07)[7]
    • Ablehnung der Beschwerde der Verfahrenspflegerin
      • Beschluss vom 09.02.07
  • Bundesgerichtshof
    • Beschluss Familienzusammenführung
      • Beschluss vom 26.09.2007 (XII ZB 229/06)

Drittes Sorgerechtsverfahren

  • Amtsgericht Wittenberg
    • Umgangsbeschluss
      • Beschluss vom 13.11.2007 (4 F 731/07 UG)


Daneben fand noch ein Adoptionsverfahren bezüglich des Kindes statt.[8]

Quellenbeleg

  1. http://www.tagesspiegel.de/politik/div/;art771,2407223
  2. Pressemeldung beim Oberlandesgericht Naumburg.
  3. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 14. Oktober 2004
  4. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. Dezember 2004
  5. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 1. Februar 2005
  6. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 10. Juni 2005
  7. Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 9. Februar 2007
  8. http://willkuer.vafk.de/Tagebuch.htm

Weblinks