„Somalischer Bürgerkrieg“ – Versionsunterschied

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Derweil zog die Übergangsregierung erstmals in Mogadischu ein und versucht sich nun dort zu etablieren. Dabei wird sie weiterhin von äthiopischen Truppen unterstützt, da sie sich ohne fremde Militärhilfe kaum behaupten könnte. Die afrikanische Friedenstruppe [[African Union Mission to Somalia|AMISOM]] sollte helfen, Somalia zu stabilisieren, und dabei die kontroverse äthiopische Militärpräsenz ersetzen. Sie erreichte allerdings nie ihre geplante Truppenstärke: Von vorgesehenen 8000 Soldaten sind bislang rund 4000 zugesagt und etwa 1600 (aus [[Uganda]]) effektiv stationiert.
Derweil zog die Übergangsregierung erstmals in Mogadischu ein und versucht sich nun dort zu etablieren. Dabei wird sie weiterhin von schätzungsweise 55.000 äthiopischen Soldaten unterstützt, da sie sich ohne fremde Militärhilfe kaum behaupten könnte. Die afrikanische Friedenstruppe [[African Union Mission to Somalia|AMISOM]] sollte helfen, Somalia zu stabilisieren, und dabei die kontroverse äthiopische Militärpräsenz ersetzen. Sie erreichte allerdings nie ihre geplante Truppenstärke: Von vorgesehenen 8000 Soldaten sind bislang rund 4000 zugesagt und etwa 1600 (aus [[Uganda]]) effektiv stationiert.


Weiterhin kam es in Mogadischu zu schweren Kämpfen zwischen regierungstreuen Truppen und deren Gegnern. Unter letzteren sind militante Islamisten und Angehörige des [[Hawiye]]-Clans – von denen manche den sofortigen Abzug Äthiopiens verlangen, während andere weitergehende politische Ziele verfolgen –, aber auch diverse Akteure, die an einer stablien Regierung kein Interesse haben<ref name=ALERTNET>[http://www.alertnet.org/db/blogs/1265/2007/03/27-191034-1.htm Reuters AlertNet: Somalia: Profiting from misery]</ref>. Vor allem im März/April, Juli/August (während der [[Nationale Versöhnungskonferenz in Somalia 2007|Nationalen Versöhnungskonferenz]], die bescheidene Resultate erbrachte) und November 2007 kam es zu heftigen Zusammenstößen, die insgesamt etwa 600.000 Menschen in die Flucht trieben. Ein Bericht von [[Human Rights Watch]] kommt zum Schluss, dass dabei die äthiopischen und Übergangsregierungs-Truppen wie auch die Aufständischen durch Vorgehen ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung [[Kriegsverbrechen]] begangen haben<ref>[http://hrw.org/english/docs/2007/08/06/somali16599.htm Human Rights Watch: Somalia: War Crimes in Mogadishu]</ref>.
Weiterhin kam es in Mogadischu zu schweren Kämpfen zwischen regierungstreuen Truppen und deren Gegnern. Unter letzteren sind militante Islamisten und Angehörige des [[Hawiye]]-Clans – von denen manche den sofortigen Abzug Äthiopiens verlangen, während andere weitergehende politische Ziele verfolgen –, aber auch diverse Akteure, die an einer stablien Regierung kein Interesse haben<ref name=ALERTNET>[http://www.alertnet.org/db/blogs/1265/2007/03/27-191034-1.htm Reuters AlertNet: Somalia: Profiting from misery]</ref>. Vor allem im März/April, Juli/August (während der [[Nationale Versöhnungskonferenz in Somalia 2007|Nationalen Versöhnungskonferenz]], die bescheidene Resultate erbrachte) und November 2007 kam es zu heftigen Zusammenstößen, die insgesamt etwa 600.000 Menschen in die Flucht trieben. Ein Bericht von [[Human Rights Watch]] kommt zum Schluss, dass dabei die äthiopischen und Übergangsregierungs-Truppen wie auch die Aufständischen durch Vorgehen ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung [[Kriegsverbrechen]] begangen haben<ref>[http://hrw.org/english/docs/2007/08/06/somali16599.htm Human Rights Watch: Somalia: War Crimes in Mogadishu]</ref>.
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== Quellen ==
== Quellen ==
*[http://www.globalsecurity.org/military/world/war/somalia.htm globalsecurity.org über den Bürgerkrieg in Somalia] (englisch)
*[http://www.globalsecurity.org/military/world/war/somalia.htm globalsecurity.org über den Bürgerkrieg in Somalia] (englisch)
*[http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,457080,00.html Der Spiegel online: Schlacht ums Horn von Afrika – Hintergrundbericht über den Konflikt in Somalia, Januar 2007]
*[http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,521797,00.html Der Spiegel online: Geisterstadt des Horrors – Hintergrundbericht über den Konflikt in Somalia, Dezember 2007]
*[http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,457080,00.html Der Spiegel online: Schlacht ums Horn von Afrika – Hintergrundbericht, Januar 2007]
*[http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Somalia/Welcome.html Somalia-Dossier der AG Friedensforschung Uni Kassel]
*[http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Somalia/Welcome.html Somalia-Dossier der AG Friedensforschung Uni Kassel]
<small>* zum Eingreifen der USA und zu deren Motiven: ''Und grüße euch mit dem Lied des Regenvogels – Verena „Vre“ Karrer, Briefe aus Somalia'' (Berichte einer Schweizerin, die in [[Merka]] humanitär tätig war, bis sie 2002 von Unbekannten ermordet wurde), ISBN 3-905561-50-6</small>
<small>* zum Eingreifen der USA und zu deren Motiven: ''Und grüße euch mit dem Lied des Regenvogels – Verena „Vre“ Karrer, Briefe aus Somalia'' (Berichte einer Schweizerin, die in [[Merka]] humanitär tätig war, bis sie 2002 von Unbekannten ermordet wurde), ISBN 3-905561-50-6</small>

Version vom 12. Dezember 2007, 20:35 Uhr

Somalischer Bürgerkrieg

Bewaffnete auf einem Technical in Mogadischu
Datum 1988 – heute
Ort Somalia
Ausgang andauernd
Karte von Somalia

Der Bürgerkrieg in Somalia begann mit dem bewaffneten Widerstand diverser Akteure gegen die Herrschaft Siad Barres und erreichte seinen Höhepunkt nach dem Sturz Barres 1991. Seither existierte in Somalia keine funktionierende Zentralregierung mehr.

2007 finden heftige Kämpfe vor allem in der Hauptstadt Mogadischu statt. Hierbei kämpfen Truppen der international anerkannten Übergangsregierung Somalias, unterstützt von einer kontroversen äthiopischen Militärpräsenz, gegen Aufständische aus verschiedenen Lagern. In weiten Teilen Süd- und Zentralsomalias herrschen lokale Clans und Milizen, zwischen denen es gelegentlich zu Konflikten kommt. Im Norden des Landes haben sich die politisch relativ stabilen Gebiete Somaliland und Puntland gebildet, die de facto autonom sind.

Konfliktlinien

Im somalischen Bürgerkrieg spielen verschiedene Konfliktlinien und Interessen eine Rolle, was die Situation unübersichtlich wirken lässt. Hierzu gehören die Konflikte um knappes Wasser und Land, Konflikte zwischen der Minderheit sesshafter Ackerbauern und der nomadisch lebenden Mehrheit, Konflikte im Rahmen des Clansystems der Somali und nicht zuletzt der persönliche Machthunger von Clanführern, Kriegsherren (Warlords) sowie Geschäftsleuten mit ihren Privatmilizen. Diese Konflikte überschneiden sich zuweilen.

Hinzu kommen Eingriffe benachbarter Länder, die nur bedingt an einer Stabilisierung der Lage in Somalia interessiert sind. Die Beziehungen zwischen Äthiopien und Somalia sind traditionell gespannt, da Somalia und Somali-Separatisten Anspruch auf das von Somali bewohnte, Ende des 19. Jahrhunderts von Äthiopien eroberte Gebiet Ogaden erheben; ein geeintes und stabiles Somalia könnte diese Gebietsansprüche wiederbeleben. Die beiden miteinander verfeindeten Staaten Äthiopien und Eritrea werden beschuldigt, entgegen einem Waffenembargo der Vereinten Nationen Kriegsparteien mit Waffen beliefert und Truppen in Somalia stationiert zu haben und dort einen „Stellvertreterkrieg“ auszutragen[1]. Hierbei unterstützt Äthiopien derzeit die Übergangsregierung, Eritrea (mutmaßlich) deren Gegner.

Seit 2001 hat der internationale „Krieg gegen den Terror“ auch Somalia erreicht. Religiöse Spannungen spielen hingegen in dem praktisch ausschließlich muslimischen Land kaum eine Rolle, obgleich einzelne islamistische Akteure wie al-Itihaad al-Islamiya und die Union islamischer Gerichte an dem Bürgerkrieg beteiligt waren bzw. sind.

Verlauf

Herrschaft und Entmachtung Siad Barres

Da Präsident Siad Barre (selbst Angehöriger des Marehan-Subclans der Darod) diktatorisch regierte und insbesondere den traditionellen Einfluss der Clans zurückzudrängen versuchte, formierte sich Widerstand. Namentlich die Majerteen-Darod, die Hawiye und die Isaaq waren von Repressionen von Seiten des Regimes betroffen und begannen zunehmend einen bewaffneten Kampf gegen Barres Herrschaft. Nicht zuletzt wegen der begangenen Menschenrechtsverletzungen verlor Barre zudem die Unterstützung der USA. Am 26. Januar 1991 wurde er abgesetzt und floh schließlich aus Somalia.

Im Mai 1991 erklärte der hauptsächlich von Isaaq bewohnte Norden des Landes als Somaliland einseitig seine – international nicht anerkannte – Unabhängigkeit. Somalia zerfiel in umkämpfte Machtbereiche von Clans und Kriegsherren und deren Milizen. Der von Mohammed Farah Aidid (Habre Gedir-Hawiye) und Ali Mahdi Mohammed (Abgal-Hawiye) geführte United Somali Congress (USC), der wesentlich am Sturz Barres beteiligt war, bildete eine provisorische Regierung. Diese konnte sich jedoch nicht durchsetzen, da andere bedeutende Oppositionsgruppen wie Somali National Movement nicht beteiligt wurden. Der USC selbst spaltete sich, nachdem sich Ali Mahdi Mohammed ohne Einverständnis Aidids zum Präsidenten ausrief. Siad Hersi Morgan (Majerteen-Darod) kämpfte derweil weiter als Unterstützer von Siad Barre; daneben gab es noch etliche andere.

Eingreifen der UNOSOM

Datei:DeutscheSoldatenBeletUenSomalia1993.jpg
Deutsche UNO-Soldaten in Beledweyne 1993
Leitnationen und Verantwortungsbereiche der UNOSOM II

Für die Bevölkerung hatten die Kampfhandlungen eine zunehmende Verschlechterung der Versorgungs- und Sicherheitslage bis hin zu einer Hungersnot im Süden Somalias zur Folge, was durch Dürre noch verschärft wurde. Dies veranlasste die Vereinten Nationen dazu, 1992 die Entsendung der UNOSOM-Mission zu beschließen. Diese sollte einen zwischen Aidid und Ali Mahdi Mohammed geschlossenen Waffenstillstand überwachen und die Lieferung internationaler Nahrungsmittelhilfe absichern.

Der Frieden zwischen Kriegsherren und UNO hielt jedoch nicht lange. Insbesondere Aidid wandte sich mit seiner Somali National Alliance offen gegen die UNOSOM und verlangte ihren Abzug. Im November 1992 boten daraufhin die USA an, eine multinationale Truppe unter eigener Führung zu entsenden. Der UN-Sicherheitsrat billigte die Entsendung dieser Unified Task Force UNITAF (auch als Operation Restore Hope bekannt) mit der Resolution 794 vom 3. Dezember 1992 und unterstellte ihr die UNOSOM-Operationen. Im Unterschied zur UNOSOM war die UNITAF ermächtigt, „alle nötigen Mittel“, auch militärische, anzuwenden. Am 9. Dezember gingen die ersten UNITAF-Truppen an der somalischen Küste an Land; insgesamt umfasste die Truppe 37.000 Personen, mehrheitlich US-Amerikaner. Erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland nahm auch die Bundeswehr an einem militärischen Einsatz außerhalb des Bündnisgebietes der NATO teil, siehe auch Deutscher Unterstützungsverband Somalia.

Teile der somalischen Bevölkerung sahen jedoch in der UNOSOM/UNITAF eine Besatzungsmacht und unterstellten insbesondere den USA auch weniger edle Motive wie die Erlangung der Kontrolle über Erdölvorräte oder die dauerhafte Errichtung von Militärbasen am strategisch wichtigen Horn von Afrika. Die UNITAF und mit ihr die UNOSOM zogen auch den Vorwurf der Parteilichkeit auf sich, als sie sich spezifisch gegen den Kriegsherrn Aidid wandten, während sie etwa den Aidid-Gegner Siad Hersi bei der Einnahme von Kismaayo gewähren ließen. Nachdem in der „Schlacht von Mogadischu“ am 3./4. Oktober 1993 18 US-Soldaten und ein UN-Soldat von somalischen Milizen getötet und durch die Straßen der Hauptstadt geschleift worden waren, zogen die USA bis 1994 ihre Truppen ab. Auch die UNOSOM II musste sich 1995 zurückziehen, ohne eine wesentliche Verbesserung der Lage bewirkt zu haben.

Übergangsregierung

Nach dem gescheiterten UNOSOM-Einsatz geriet Somalia zeitweise aus dem Blickfeld der internationalen Presse und gilt als typisches Beispiel eines „gescheiterten Staates“. Die Kämpfe im Land gingen weiter. Puntland im Nordosten und die Republik Jubaland (Südwestsomalia) erklärten zwischenzeitlich ihre Unabhängigkeit, beide ohne internationale Anerkennung zu erlangen und letzteres ohne sie effektiv durchzusetzen. Innerhalb Puntlands kam es bis 2003 zu Machtkämpfen zwischen Präsident Abdullahi Yusuf Ahmed und Jama Ali Jama. Einzig in Somaliland im Norden blieb es relativ friedlich.

2000 wurde nach Friedensverhandlungen in Arta, Dschibuti eine Übergangsregierung, das Transitional National Government, aus Vertretern verschiedener Clans gebildet. Dieses fand jedoch nicht die Zustimmung aller Kriegsherren und Clanführer, sodass es bis 2004 als Exilregierung und -parlament in Nairobi, Kenia residierte. Auch danach konnte es nicht in die von den rivalisierenden Hawiye-Subclans der Abgal und Habre Gedir dominierte Hauptstadt Mogadischu einziehen; so wurden Baidoa und Jawhar zur provisorischen Hauptstadt ernannt. Über Baidoa hinaus konnte sich die Übergangsregierung weiterhin nicht durchsetzen.

Union islamischer Gerichte, Kampf gegen den Terrorismus und Eingreifen Äthiopiens

Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 interessierten sich die USA wieder verstärkt für Somalia. Es wurde vermutet, dass das destabilisierte Land als Standort von Terroristen-Trainingslagern oder gar als Zufluchtsort für Osama bin Laden dienen könnte. Vor diesem Hintergrund beobachteten die USA den Machtgewinn der Union islamischer Gerichte, einer Vereinigung von Scharia-Gerichten, die lokal das Scharia-Recht durchsetzten, mit Besorgnis und unterstützten zeitweise die „Allianz für die Wiederherstellung des Friedens und gegen den Terrorismus“, einen losen Zusammenschluss von Kriegsherren gegen die Union. Diese Unterstützung für die weitgehend unbeliebten Kriegsherren vergrößerte jedoch möglicherweise die Zustimmung in der Bevölkerung für die Union islamischer Gerichte eher noch. Mitte 2006 konnte die Union Mogadischu und weitere, große Teile des Landes einnehmen; seither herrschte in diesen Landesteilen Frieden und ein gewisses Maß an Recht und Ordnung. Manche westliche Beobachter wie auch Teile der somalischen Bevölkerung befürchteten jedoch auch eine Entwicklung zu Zuständen wie in Afghanistan unter den Taliban.

An den Grenzen zwischen den Machtbereichen von Übergangsregierung und Union islamischer Gerichte kam es weiterhin zu Kämpfen. Die Union reagierte empört auf die Resolution 1725 des UN-Sicherheitsrates, welche die Entsendung einer Friedenstruppe AMISOM zum Schutz der Übergangsregierung autorisierte[2].

Auch das benachbarte Äthiopien beobachtete die Machtergreifung der Union islamischer Gerichte mit Sorge, insbesondere da die Union die heute äthiopische, von Somali bewohnte und traditionell von Somalia beanspruchte Region Ogaden einnehmen möchte. Um Ogaden wurden wegen des Strebens nach einem „Groß-Somalia“ bereits zwei Kriege geführt. Zudem galt Somalia und insbesondere Mogadischu allgemein als Schmelztiegel von antiäthiopischen Kräften wie eritreischen Militäreinheiten, ogadenischen und Oromo-Separatisten[3]. Unter dem Vorwand, die somalische Übergangsregierung schützen zu wollen, stationierte Äthiopien „Militärbeobachter“ in Somalia, worüber die Übergangsregierung selbst uneinig war.[4]

Am 24. Dezember 2006 erklärte Äthiopien der Union islamischer Gerichte den Krieg[5]. Unterstützt durch Bombardements der äthiopischen Luftwaffe drangen Truppen Äthiopiens und der somalischen Übergangsregierung im Süden des Landes vor. Am 27. Dezember verließ die Union Mogadischu und zog sich großteils nach Süden in die Hafenstadt Kismaayo zurück[6].

Aus Kismaayo wurde die Union islamischer Gerichte weiter bis in den äußersten Süden Somalias nahe der kenianischen Grenze abgedrängt. Am 10. Januar 2007 griffen auch US-amerikanische Kampfflugzeuge Städte in dem von der Union kontrollierten Gebiet im Süden an. Laut US-Angaben waren das Ziel Al-Qaida-Terroristen.[7] Kenia schloss seine Grenze, um den Zustrom von Kämpfern der Union zu verhindern, womit es auch den Vorwurf auf sich zog, unzulässigerweise Flüchtlingen die Zuflucht zu verweigern.

Kämpfe in Mogadischu 2007

Vorlage:Somalischer Bürgerkrieg

Derweil zog die Übergangsregierung erstmals in Mogadischu ein und versucht sich nun dort zu etablieren. Dabei wird sie weiterhin von schätzungsweise 55.000 äthiopischen Soldaten unterstützt, da sie sich ohne fremde Militärhilfe kaum behaupten könnte. Die afrikanische Friedenstruppe AMISOM sollte helfen, Somalia zu stabilisieren, und dabei die kontroverse äthiopische Militärpräsenz ersetzen. Sie erreichte allerdings nie ihre geplante Truppenstärke: Von vorgesehenen 8000 Soldaten sind bislang rund 4000 zugesagt und etwa 1600 (aus Uganda) effektiv stationiert.

Weiterhin kam es in Mogadischu zu schweren Kämpfen zwischen regierungstreuen Truppen und deren Gegnern. Unter letzteren sind militante Islamisten und Angehörige des Hawiye-Clans – von denen manche den sofortigen Abzug Äthiopiens verlangen, während andere weitergehende politische Ziele verfolgen –, aber auch diverse Akteure, die an einer stablien Regierung kein Interesse haben[8]. Vor allem im März/April, Juli/August (während der Nationalen Versöhnungskonferenz, die bescheidene Resultate erbrachte) und November 2007 kam es zu heftigen Zusammenstößen, die insgesamt etwa 600.000 Menschen in die Flucht trieben. Ein Bericht von Human Rights Watch kommt zum Schluss, dass dabei die äthiopischen und Übergangsregierungs-Truppen wie auch die Aufständischen durch Vorgehen ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung Kriegsverbrechen begangen haben[9].

Folgen

Somalische Kinder in einer Flüchtlingsschule in Kenia

Gemäß Schätzungen sind seit 1991 etwa 350.000 bis eine Million Somalier als Folge des Bürgerkriegs umgekommen. Eine Million wurden zu Binnenflüchtlingen, davon wurden schätzungsweise 600.000 durch die Kämpfe in Mogadischu 2007 vertrieben[10]. Weitere Hunderttausende flohen in Flüchtlingslager in den Nachbarländern, in die Staaten der Arabischen Halbinsel, nach Nordamerika oder Europa. Ein großer Teil der somalischen Bevölkerung ist zum Überleben auf die Geldüberweisungen im Ausland lebender Verwandter angewiesen. 1,5 Millionen benötigten im November 2007 gemäß UN-Schätzungen humanitäre Hilfe[11].

Zugleich haben sich die Wirtschaft Somalias und damit Teile der Bevölkerung auf den Zustand ohne funktionierende Regierung eingerichtet. Geschäftsleute profitieren davon, keine Steuern bezahlen zu müssen, viele junge Männer leben als bezahlte Kämpfer, und manche leben auch von illegalen Aktivitäten wie dem Verkauf importierter abgelaufener Medikamente. Manche dieser Akteure greifen deshalb auch aktiv in den Bürgerkrieg ein, um in eigenem Interesse eine Stabilisierung der Lage zu verhindern.[8]

Siehe auch

Commons: Somalischer Bürgerkrieg – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

* zum Eingreifen der USA und zu deren Motiven: Und grüße euch mit dem Lied des Regenvogels – Verena „Vre“ Karrer, Briefe aus Somalia (Berichte einer Schweizerin, die in Merka humanitär tätig war, bis sie 2002 von Unbekannten ermordet wurde), ISBN 3-905561-50-6

  1. BBC News: Somalia: Who supports whom?
  2. BBC News: Somalia's peacekeeping conundrum
  3. Frankfurter Allgemeine Zeitung: Somalia ohne Hoffnung, 13. Januar 2007
  4. Tages-Anzeiger vom 16.10.2006: Der heilige Krieg am Horn von Afrika
  5. Tages-Anzeiger Online vom 24.12.2006: Äthiopien erklärt den Krieg
  6. BBC News: Mogadishu crowds greet Somali PM
  7. Der Spiegel Online: Somalia: US-Luftwaffe fliegt neue Angriffe auf Qaida-Stellungen
  8. a b Reuters AlertNet: Somalia: Profiting from misery
  9. Human Rights Watch: Somalia: War Crimes in Mogadishu
  10. BBC News: 'One million' homeless in Somalia
  11. BBC News: Hunt for insurgents in Mogadishu

Literatur

  • Abdirizak Sheikh, Mathias Weber: Kein Frieden für Somalia?. Frankfurt 2005, ISBN 393451703X.

Filme zum Thema