„Mummenschanz“ – Versionsunterschied

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==Etymologie==
==Etymologie==
Der Bestandteil ''-schanz'' geht zurück auf das [[mittelhochdeutsch]]e Wort ''schanz(e)'' "Fall der Würfel, Würfelspiel", allgemeiner auch "Spiel, Wagnis"<ref>Matthias Lexer: ''Mittelhochdeutsches Handwörterbuch'', Nachdr. der Ausg. Leipzig 1872-1878, S. Hirzel, Stuttgart 1992, s.v. ''schanze, schanz stf.'' ([http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/lexer/wbgui?lemmode=lemmasearch&mode=linking&textsize=600&onlist=&word=schanz&lemid=LS01036&query_start=1&totalhits=0&textword=&locpattern=&textpattern=&lemmapattern=&verspattern= Online-Version])</ref>, das seinerseits entlehnt ist aus [[Altfranzösische Sprache|altfranzösisch]] ''ch(e)ance'', "Fall", "glücklicher Zufall", "glücklicher Fall der Würfel", und heute noch in der Redensart ''jemandem etwas zuschanzen'' "jemandem einen Vorteil verschaffen, zu etwas Gutem verhelfen" weiterlebt.
Der Bestandteil ''-schanz'' geht zurück auf das [[mittelhochdeutsch]]e Wort ''schanz(e)'' "Fall der Würfel, Würfelspiel", allgemeiner auch "Spiel, Wagnis"<ref>Matthias Lexer: ''Mittelhochdeutsches Handwörterbuch'', Nachdr. der Ausg. Leipzig 1872-1878, S. Hirzel, Stuttgart 1992, s.v. ''schanze, schanz stf.'' ([http://woerterbuchnetz.de/Lexer/wbgui_py?lemid=LS01036 Online-Version])</ref>, das seinerseits entlehnt ist aus [[Altfranzösische Sprache|altfranzösisch]] ''ch(e)ance'', "Fall", "glücklicher Zufall", "glücklicher Fall der Würfel", und heute noch in der Redensart ''jemandem etwas zuschanzen'' "jemandem einen Vorteil verschaffen, zu etwas Gutem verhelfen" weiterlebt.


Der erste Bestandteil ''Mum(men)''- ist dagegen in seiner Herkunft nicht ganz sicher. Er wird einerseits zurückgeführt auf das mittelhochdeutsche Verb ''mummen'' oder ''mumman''<ref name="kluge">Friedrich Kluge: ''Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache'', bearb. von Elmar Seebold, 23., erw. Aufl., Walter de Gruyter, Berlin / New York 1995, S. 574 s.v. ''Mummenschanz''</ref>, das im 14. bis 16. Jahrhundert als Bezeichnung für ein Glücksspiel gebraucht wurde<ref name="kluge"/> und in dieser Bedeutung seit 1351 belegt ist<ref>Lexer, ''Mittelhochdeutsches Handwörterbuch'', s.v. ''mummen'' ([http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/lexer/wbgui?lemmode=lemmasearch&mode=linking&textsize=600&onlist=&word=mummen&lemid=LM03138&query_start=1&totalhits=0&textword=&locpattern=&textpattern=&lemmapattern=&verspattern= Online-Version])</ref>. Es wird andererseits aber auch zurückgeführt auf das Wort ''mumme'' "Maske, verkleidete Gestalt"<ref name="alsleben">''Duden - Das Herkunftswörterbuch'', 4., neu bearb. Aufl., bearbeitet von Brigitte Alsleben, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus, Mannheim 2007, S. 543 s.v. ''mummen''</ref>, das in dieser Bedeutung seit 1475 belegt ist<ref name="weigand">Friedrich Ludwig Karl Weigand: ''Deutsches Wörterbuch'', 4. Aufl., Band II, Gießen 1882, S. 151</ref>, auch heute noch weiterlebt in den präfigierten Formen ''vermummen'' "maskieren, verkleiden") und ''einmummen'' "in warme Kleidung einhüllen" und seinerseits aus altfranzösisch ''momer'' (belegt seit 1263) "sich verkleiden, maskieren"<ref>Algirdas Julien Greimas: ''Dictionnnaire de l'ancien français'', nouvelle édition revue et corrigé, Larousse, Paris 1988, S. 421 s.v. ''momer''</ref> oder ''momon'' "Maske" und dann in letzter Instanz aus [[Spanische Sprache|spanisch]] und [[Portugiesische Sprache|portugiesisch]] ''momo'' "Grimasse, Possenreisser, spöttische Gebärde", oder aber aus einem lautmalerischen ''mummen'' "unverständlich sprechen"<ref name="weigand"/><ref>Vgl. Jacob Grimm / Wilhelm Grimm: ''Deutsches Wörterbuch'', Band 12, Sp. 2663, s.v. ''mummen' ([http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemmode=lemmasearch&mode=hierarchy&textsize=600&onlist=&word=mummen&lemid=GM08084&query_start=1&totalhits=0&textword=&locpattern=&textpattern=&lemmapattern=&verspattern=#GM08084L0 Online-Version])</ref> hergeleitet wird.
Der erste Bestandteil ''Mum(men)''- ist dagegen in seiner Herkunft nicht ganz sicher. Er wird einerseits zurückgeführt auf das mittelhochdeutsche Verb ''mummen'' oder ''mumman''<ref name="kluge">Friedrich Kluge: ''Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache'', bearb. von Elmar Seebold, 23., erw. Aufl., Walter de Gruyter, Berlin / New York 1995, S. 574 s.v. ''Mummenschanz''</ref>, das im 14. bis 16. Jahrhundert als Bezeichnung für ein Glücksspiel gebraucht wurde<ref name="kluge"/> und in dieser Bedeutung seit 1351 belegt ist<ref>Lexer, ''Mittelhochdeutsches Handwörterbuch'', s.v. ''mummen'' ([http://www.woerterbuchnetz.de/Lexer/wbgui_py?lemid=LM03138 Online-Version])</ref>. Es wird andererseits aber auch zurückgeführt auf das Wort ''mumme'' "Maske, verkleidete Gestalt"<ref name="alsleben">''Duden - Das Herkunftswörterbuch'', 4., neu bearb. Aufl., bearbeitet von Brigitte Alsleben, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus, Mannheim 2007, S. 543 s.v. ''mummen''</ref>, das in dieser Bedeutung seit 1475 belegt ist<ref name="weigand">Friedrich Ludwig Karl Weigand: ''Deutsches Wörterbuch'', 4. Aufl., Band II, Gießen 1882, S. 151</ref>, auch heute noch weiterlebt in den präfigierten Formen ''vermummen'' "maskieren, verkleiden") und ''einmummen'' "in warme Kleidung einhüllen" und seinerseits aus altfranzösisch ''momer'' (belegt seit 1263) "sich verkleiden, maskieren"<ref>Algirdas Julien Greimas: ''Dictionnnaire de l'ancien français'', nouvelle édition revue et corrigé, Larousse, Paris 1988, S. 421 s.v. ''momer''</ref> oder ''momon'' "Maske" und dann in letzter Instanz aus [[Spanische Sprache|spanisch]] und [[Portugiesische Sprache|portugiesisch]] ''momo'' "Grimasse, Possenreisser, spöttische Gebärde", oder aber aus einem lautmalerischen ''mummen'' "unverständlich sprechen"<ref name="weigand"/><ref>Vgl. Jacob Grimm / Wilhelm Grimm: ''Deutsches Wörterbuch'', Band 12, Sp. 2663, s.v. ''mummen' ([http://www.woerterbuchnetz.de/DWB/wbgui_py?lemid=GM08084 Online-Version])</ref> hergeleitet wird.


Die Zusammensetzung ''mumschanz'' oder ''momschanz'' ist im Deutschen seit dem 16. Jahrhundert durch Redewendungen wie ''einen mumm(en)schanz schlagen, werfen, bringen'' vielfach belegt<ref name="dwb_mummenschanz">Jacob Grimm / Wilhelm Grimm: ''Deutsches Wörterbuch'', Band 12, Sp. 2664, s.v. ''Mummenschanz'' ([http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemmode=lemmasearch&mode=hierarchy&textsize=600&onlist=&word=mummen&lemid=GM08090&query_start=1&totalhits=0&textword=&locpattern=&textpattern=&lemmapattern=&verspattern=#GM08090L0 Online-Version])</ref>, und zwar sowohl als allgemeine Bezeichnung für das Glücksspiel mit Würfeln, wie auch im Zusammenhang mit dem Brauch, zu den christlichen Fastenzeiten oder speziell zur eigentlichen Fastnacht mit Masken verkleidet fremde Haushalte zu besuchen und dort ein Würfelspiel anzubieten, der in Deutschland und Frankreich verbreitet war und in England auch schon spätmittelalterliche Vorläufer besaß.<ref>Christof Wilhelm Scherm: ''Englische Hofmaskeraden bis 1550, I.'', in: ''Studien zur vergleichenden Litteraturgeschichte'' 8 (1908), S. 406-427, S. 408ff.</ref> Falls ''mumschanz'' nicht von Anfang an durch Herkunft aus ''mumme'' "Maske, verkleidete Person" eine Bezeichnung für "Würfelspiel von Mummen, verkleideten Personen" war und erst nachträglich zu der Bedeutung "Würfelspiel" verallgemeinert wurde, handelt es sich also um eine allgemeine Bezeichnung für "Würfelspiel", die erst durch die Einbeziehung in das Brauchtum und sekundäre Assoziierung mit ''mumme'' "Maske, verkleidete Person" auf dieses Brauchtum übertragen wurde<ref name="kluge"/>. In der weiteren Entwicklung bis zum 18. Jahrhundert ging der Bezug zu Glücks- und Würfelspiel jedenfalls weitgehend verloren, so daß das Wort seither nur noch in der Bedeutung "Maskerade, Maskenspiel" geläufig geblieben ist.
Die Zusammensetzung ''mumschanz'' oder ''momschanz'' ist im Deutschen seit dem 16. Jahrhundert durch Redewendungen wie ''einen mumm(en)schanz schlagen, werfen, bringen'' vielfach belegt<ref name="dwb_mummenschanz">Jacob Grimm / Wilhelm Grimm: ''Deutsches Wörterbuch'', Band 12, Sp. 2664, s.v. ''Mummenschanz'' ([http://www.woerterbuchnetz.de/DWB/wbgui_py?lemid=GM08090 Online-Version])</ref>, und zwar sowohl als allgemeine Bezeichnung für das Glücksspiel mit Würfeln, wie auch im Zusammenhang mit dem Brauch, zu den christlichen Fastenzeiten oder speziell zur eigentlichen Fastnacht mit Masken verkleidet fremde Haushalte zu besuchen und dort ein Würfelspiel anzubieten, der in Deutschland und Frankreich verbreitet war und in England auch schon spätmittelalterliche Vorläufer besaß.<ref>Christof Wilhelm Scherm: ''Englische Hofmaskeraden bis 1550, I.'', in: ''Studien zur vergleichenden Litteraturgeschichte'' 8 (1908), S. 406-427, S. 408ff.</ref> Falls ''mumschanz'' nicht von Anfang an durch Herkunft aus ''mumme'' "Maske, verkleidete Person" eine Bezeichnung für "Würfelspiel von Mummen, verkleideten Personen" war und erst nachträglich zu der Bedeutung "Würfelspiel" verallgemeinert wurde, handelt es sich also um eine allgemeine Bezeichnung für "Würfelspiel", die erst durch die Einbeziehung in das Brauchtum und sekundäre Assoziierung mit ''mumme'' "Maske, verkleidete Person" auf dieses Brauchtum übertragen wurde<ref name="kluge"/>. In der weiteren Entwicklung bis zum 18. Jahrhundert ging der Bezug zu Glücks- und Würfelspiel jedenfalls weitgehend verloren, so daß das Wort seither nur noch in der Bedeutung "Maskerade, Maskenspiel" geläufig geblieben ist.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 3. März 2011, 15:56 Uhr

Mummenschanz in Großbritannien

Mummenschanz, im Neuhochdeutschen meist maskulin der Mummenschanz, im Frühneuhochdeutschen feminin die mumschanz, momschanz, ist ursprünglich die Bezeichnung eines Glücksspiels mit Würfeln, das als Bestandteil von Maskenumzügen auch im Brauchtum von Fastnacht und Karneval eine Rolle spielte, und hat seither die Bedeutung "Maskerade, Maskenspiel" angenommen.

Etymologie

Der Bestandteil -schanz geht zurück auf das mittelhochdeutsche Wort schanz(e) "Fall der Würfel, Würfelspiel", allgemeiner auch "Spiel, Wagnis"[1], das seinerseits entlehnt ist aus altfranzösisch ch(e)ance, "Fall", "glücklicher Zufall", "glücklicher Fall der Würfel", und heute noch in der Redensart jemandem etwas zuschanzen "jemandem einen Vorteil verschaffen, zu etwas Gutem verhelfen" weiterlebt.

Der erste Bestandteil Mum(men)- ist dagegen in seiner Herkunft nicht ganz sicher. Er wird einerseits zurückgeführt auf das mittelhochdeutsche Verb mummen oder mumman[2], das im 14. bis 16. Jahrhundert als Bezeichnung für ein Glücksspiel gebraucht wurde[2] und in dieser Bedeutung seit 1351 belegt ist[3]. Es wird andererseits aber auch zurückgeführt auf das Wort mumme "Maske, verkleidete Gestalt"[4], das in dieser Bedeutung seit 1475 belegt ist[5], auch heute noch weiterlebt in den präfigierten Formen vermummen "maskieren, verkleiden") und einmummen "in warme Kleidung einhüllen" und seinerseits aus altfranzösisch momer (belegt seit 1263) "sich verkleiden, maskieren"[6] oder momon "Maske" und dann in letzter Instanz aus spanisch und portugiesisch momo "Grimasse, Possenreisser, spöttische Gebärde", oder aber aus einem lautmalerischen mummen "unverständlich sprechen"[5][7] hergeleitet wird.

Die Zusammensetzung mumschanz oder momschanz ist im Deutschen seit dem 16. Jahrhundert durch Redewendungen wie einen mumm(en)schanz schlagen, werfen, bringen vielfach belegt[8], und zwar sowohl als allgemeine Bezeichnung für das Glücksspiel mit Würfeln, wie auch im Zusammenhang mit dem Brauch, zu den christlichen Fastenzeiten oder speziell zur eigentlichen Fastnacht mit Masken verkleidet fremde Haushalte zu besuchen und dort ein Würfelspiel anzubieten, der in Deutschland und Frankreich verbreitet war und in England auch schon spätmittelalterliche Vorläufer besaß.[9] Falls mumschanz nicht von Anfang an durch Herkunft aus mumme "Maske, verkleidete Person" eine Bezeichnung für "Würfelspiel von Mummen, verkleideten Personen" war und erst nachträglich zu der Bedeutung "Würfelspiel" verallgemeinert wurde, handelt es sich also um eine allgemeine Bezeichnung für "Würfelspiel", die erst durch die Einbeziehung in das Brauchtum und sekundäre Assoziierung mit mumme "Maske, verkleidete Person" auf dieses Brauchtum übertragen wurde[2]. In der weiteren Entwicklung bis zum 18. Jahrhundert ging der Bezug zu Glücks- und Würfelspiel jedenfalls weitgehend verloren, so daß das Wort seither nur noch in der Bedeutung "Maskerade, Maskenspiel" geläufig geblieben ist.

Einzelnachweise

Wiktionary: Mummenschanz – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
  1. Matthias Lexer: Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, Nachdr. der Ausg. Leipzig 1872-1878, S. Hirzel, Stuttgart 1992, s.v. schanze, schanz stf. (Online-Version)
  2. a b c Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, bearb. von Elmar Seebold, 23., erw. Aufl., Walter de Gruyter, Berlin / New York 1995, S. 574 s.v. Mummenschanz
  3. Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch, s.v. mummen (Online-Version)
  4. Duden - Das Herkunftswörterbuch, 4., neu bearb. Aufl., bearbeitet von Brigitte Alsleben, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus, Mannheim 2007, S. 543 s.v. mummen
  5. a b Friedrich Ludwig Karl Weigand: Deutsches Wörterbuch, 4. Aufl., Band II, Gießen 1882, S. 151
  6. Algirdas Julien Greimas: Dictionnnaire de l'ancien français, nouvelle édition revue et corrigé, Larousse, Paris 1988, S. 421 s.v. momer
  7. Vgl. Jacob Grimm / Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Band 12, Sp. 2663, s.v. mummen' (Online-Version)
  8. Jacob Grimm / Wilhelm Grimm: Deutsches Wörterbuch, Band 12, Sp. 2664, s.v. Mummenschanz (Online-Version)
  9. Christof Wilhelm Scherm: Englische Hofmaskeraden bis 1550, I., in: Studien zur vergleichenden Litteraturgeschichte 8 (1908), S. 406-427, S. 408ff.