Konsumverweigerung
Konsumverweigerung bezeichnet das Verhalten, den Gebrauch verfügbarer Güter bewusst zu vermeiden. Sie reicht von der Genügsamkeit bis zur Askese. Sie kann sich auf die gesamte Lebensführung erstrecken, aber auch auf bestimmte Güter (Nahrungsmittel, Kleidung, Wohnkomfort u. a.) beschränken.
Die Konsumverweigerung ist das wichtigste Element eines einfachen Lebens.
Begründungen
Für eine Konsumverweigerung gibt es demgemäß persönliche, soziale, religiöse, ethische, ökologische, organisatorische, volkswirtschaftliche, aber auch gesellschaftskritische (politische) Begründungen; letztere äußern sich gegenwärtig oft als Kritik an einer konsumfixierten Gesellschaft.
Wirtschaftliche Aspekte
Volkswirtschaftliche Aspekte
Volkswirtschaftlich gesehen ist Konsumverweigerung eine Kaufzurückhaltung der Verbraucher in Reaktion auf bestimmte Geschehnisse oder Lagen, wie etwa als zu hoch empfundene Preise, Zukunftsangst (z. B. angesichts einer steigenden Arbeitslosenquote sowie unsicheren Wirtschaftslage bzw. -entwicklung). Auch eine Deflation kann zu Konsumverweigerung führen, da Konsumenten in der Zukunft sinkende Preise erwarten und deshalb Käufe verschieben. Im Extremfall, wenn private Unternehmen Gewinneinbußen hinnehmen müssen, beginnen selbst diese ihre Investitionen zu reduzieren oder sogar Ersatzinvestitionen auszusetzen,[1] woraus eine Deflationsspirale entstehen kann.
Betriebswirtschaftliche Aspekte
Durch den technologischen Wandel in der Informationsbeschaffung, größere Aufmerksamkeit der Medien in Bezug auf suspekte Unternehmensaktivitäten und letztendlich das gewachsene Interesse der Konsumenten an sozialen, ethischen und ökologischen Aspekten der Wirtschaft hat der Umgang mit Konsumverweigerung für Unternehmen stark an Bedeutung gewonnen.
Eine spezielle Form ist der Boykott. Dieser kann sich gegen ein einzelnes Produkt, eine Marke oder ein ganzes Unternehmen richten. In der Vergangenheit wurden wegen umweltschädigender Styroporverpackungen Burger King und McDonald’s kritisiert, die Brent-Spar-Affäre setzte dem Shell-Konzern Mitte der 1990er Jahre zu. Jüngstes Beispiel ist die Kritik von Greenpeace an den in der Landwirtschaft eingesetzten Genfuttermitteln, die zur Herstellung von Molkereiprodukten des Unternehmens Müller dienen.
Praktische Erscheinungsformen
Das Phänomen der Konsumverweigerung existiert in unterschiedlich starken Ausprägungen wie Konsumzurückhaltung, Konsumeinschränkung bis hin zur Konsumverweigerung. Die Stärke der Reaktanz ist abhängig von der Stärke der erlebten Bedrohung, Einschränkung bzw. der Wichtigkeit der individuellen Freiheit.
Die Auswirkungen können sich auf mentale Effekte beschränken, aber auch Effekte im Habitus des Konsumenten ergeben. Generell lässt sich sagen, dass mentale Effekte Einstellungs- und Attraktivitätsänderungen zu Ungunsten des Reaktanzgegenstandes verursachen. Die persönliche Freiheit oder Meinung erfährt dadurch größere Wichtigkeit und eine innere Aufwertung durch den Verbraucher, meist einhergehend mit einer Verschlechterung des Anbieterimages. Neben dem Meiden des Unternehmens können bei ausreichender Stärke der Reaktanz Verhaltenseffekte auftreten, die sich in Form von negativer Mundwerbung, Widerständen und Protesten äußern.
Auch die große Warenvielfalt und kaum durchschaubare Angebote können Kunden überfordern. Hierdurch kann es ebenfalls zu Konsumeinschränkungen kommen, was dann allerdings unterbewusst abläuft und dementsprechend nicht mehr „echte“ (bewusste, willentliche) Konsumverweigerung darstellt.
Siehe auch
Literatur
- Markus Schweizer/Thomas Rudolph: Wenn Käufer streiken. ISBN 3-409-12677-5.
- Saral Sarkar: Ecosocialism or ecocapitalism? A critical analysis of humanity's fundamental choices. London/New York (Zed Books) 1999.
- J. B. MacKinnon (2021): Der Tag, an dem wir aufhören zu shoppen. Wie ein Ende der Konsumkultur uns selbst und die Welt rettet. Penguin Verlag, ISBN 978-3-328-60090-9.
Einzelnachweise
- ↑ Wilhelm Lautenbach, 16. September 1931 auf der Geheimkonferenz in Berlin: „Heute haben Sie die Tatsache, daß alle deutschen Unternehmungen sämtlichen Ersatzbedarf beinahe gestoppt haben.“ (In: Wirtschaftspolitik in der Krise, Die (Geheim-)Konferenz der Friedrich List-Gesellschaft im September 1931 über Möglichkeiten und Folgen einer Kreditausweitung [Hrsg.: Knut Borchardt, Hans Otto Schötz], Baden-Baden 1991, S. 231 f).