Moritz Rugendas

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. März 2024 um 20:32 Uhr durch Gilles Saby (Diskussion | Beiträge) (Literatur ergänzt).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Moritz Rugendas, Kalotypie vor 1852
Capoeira oder der Tanz des Krieges von Johann Moritz Rugendas, 1835

Johann Moritz Rugendas (* 29. März 1802 in Augsburg; † 29. Mai 1858 in Weilheim an der Teck in Württemberg) war ein aus Augsburg stammender Künstler des 19. Jahrhunderts und ein Abkömmling der bedeutenden Künstlerfamilie Rugendas. Er bereiste über mehrere Jahre Mittel- und Südamerika. Angeregt von Alexander von Humboldt war es sein Ziel, neben der Darstellung der exotischen Natur Südamerikas auch die Menschen und deren Sitten darzustellen.[1]

Johann Moritz Rugendas wurde am 29. März 1802 in Augsburg geboren. Er erhielt zunächst von seinem Vater Johann Lorenz Rugendas, dann vom Familienfreund Albrecht Adam und später an der Münchener Kunstakademie seine Ausbildung.

Die Arbeitsweise Rugendas bestand darin, dass er zuerst eine detaillierte Bleistiftskizze mit Notizen zur Farblichkeit und dann eine Skizze in Öl anfertigte. Aus der Kombination dieses Arbeitsmaterials komponierte er anschließend weitere Ölskizzen und schließlich detailliert ausgearbeitete Gemälde, in die er figürliche Staffage und Szenen integrierte. Er hatte einen Hang zur naturwissenschaftlichen Schilderung und war in der Freiluftmalerei geübt. Rugendas konnte treffend und knapp die verschiedenen Landschaften in all ihren Besonderheiten festhalten.

Mit 19 Jahren wurde Rugendas von Baron Georg Heinrich von Langsdorf auf die bisher umfangreichste wissenschaftliche Expedition in das Gebiet des heutigen Brasilien als Zeichner eingeladen. Seine ersten Zeichnungen sind daher rein wissenschaftlicher Natur und wurden ab 1822 in Südamerika angefertigt. Jedoch kehrte Rugendas nach einem Streit 1825 mit Langsdorf nach Europa zurück, wo er Alexander von Humboldt in Paris traf. Dieser war von seinen Werken begeistert und wurde zeitlebens sein Freund, Mentor und Förderer. Mit Humboldts Hilfe brachte Rugendas das Buch Voyage pittoresque dans le Brésil mit 100 von ihm angefertigten Lithographien heraus.[2]

1829/30 hielt Rugendas sich zu Studien in Italien auf. 1831 unternahm er eine weitere Fahrt nach Amerika, diesmal aber auf eigene Faust. Sein Ziel war Mexiko, das er drei Jahre lang bereiste und wo er sich vor allem der Landschaftsmalerei widmete. 18 seiner Zeichnungen wurden von namhaften Künstlern in Stahlstichen reproduziert und diese im Buch Mexico and the Mexicans von Carl Sartorius der Jahre 1858 und 1859 veröffentlicht.

Von Mexiko begab sich der Künstler weiter nach Chile, das er acht Jahre lang bereiste. Dort beschäftigte er sich intensiv mit der Bevölkerung und ihrer Kulturgeschichte. Da er sich stark für die indianische Urbevölkerung interessierte, reiste er in den Süden des Kontinentes, der noch bis zur 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts von der spanisch-kolonisatorischen Zivilisation verschont geblieben war. Dort porträtierte er Indianer, die zu den Grenzposten kamen, und lieferte somit eine detaillierte Beschreibung der dort lebenden Menschen. 1847 besuchte er Peru, Argentinien, Uruguay und kehrte dann wieder nach Brasilien zurück.

Im März 1847 erreichte er England. In Paris versuchte er erfolglos, seine Werke zu verkaufen. Aber erst auf Anregung von König Ludwig I. (Bayern) erwarb der bayerische Staat 1848 sein Amerika-Werk, bestehend aus einer Sammlung von 3353 Studien – teils Ölskizzen, teils Aquarelle, teils Bleistiftzeichnungen – gegen eine jährliche Rente. Der Ankauf war von einer Kommission der Akademie der Wissenschaften empfohlen worden, da die Sammlung einen hohen wissenschaftlichen und künstlerischen Wert besitze. Ein Großteil dieser Werke ist erhalten und befindet sich heute in der Staatlichen Graphischen Sammlung München.

Auf Betreiben von Alexander von Humboldt verlieh ihm König Friedrich Wilhelm IV. den Roten Adlerorden 3. Klasse.

Am 29. Mai 1858 verstarb Moritz Rugendas verarmt in Weilheim an der Teck an einer geplatzten Schlagader des Herzens.

Literarisches Nachleben

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Johann Moritz Rugendas und seine Reisen durch Lateinamerika sowie Robert Krause stehen im Mittelpunkt des Romans Un episodio en la vida del pintor viajero von César Aira (deutsch: Humboldts Schatten in der Übersetzung von Matthias Strobel und Eine Episode aus dem Leben eines Reisemalers in der Übersetzung von Christian Hansen).[3]

Rugendas ist die Hauptfigur des Romans Das Quartett der Liebenden von Carlos Franz (aus dem Spanischen von Lutz Kliche).

in der Reihenfolge des Erscheinens

  • Hyacinth HollandRugendas, Moritz. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 29, Duncker & Humblot, Leipzig 1889, S. 601–604.
  • Gertrud Richert: Johann Moritz Rugendas. Ein deutscher Maler in Ibero-Amerika. München 1952.
  • Gertrud Richert: La correspondencia del pintor alemán Juan Mauricio Rugendas. In: Boletin de la Academia Chilena de la Historia 19, 2, 1952, S. 137–155; 20, 1, 1953, S. 157–184; 20, 2, 1953, S. 183–209; 21, 1 1954, S. 149–173; 21, 2, 1954, S. 91–148.
  • Gertrud Richert: Johann Moritz Rugendas. Ein deutscher Maler des XIX. Jahrhunderts. Berlin 1959.
  • Renate Löschner: Johann Moritz Rugendas in Mexiko. Malerische Reise in den Jahren 1831–1834. Ausstellung des Ibero-Amerikanischen Instituts Preußischer Kulturbesitz in Berlin 1984/1985. Berlin 1984.
  • Renate Löschner: Johann Moritz Rugendas in Mexiko. Ein Maler aus dem Umkreis von Alexander von Humboldt. Ausstellung des Ibero-Amerikanischen Instituts Preußischer Kulturbesitz. Schloß Friedenstein – Schloß Moritzburg – Wissenschaftszentrum Bonn-Bad Godesberg 1993/94. Ibero-Amerikanisches Institut zu Berlin Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1992, ISBN 3-9803291-0-0.
  • Pablo Diener-Ojeda: Johann Moritz Rugendas. Bilder aus Mexiko. Bildband und Katalog zur Ausstellung Augsburg 1993. Wissner, Augsburg 1993, ISBN 3-928898-23-X.
  • Petra Werner: Naturwahrheit und ästhetische Umsetzung. Alexander von Humboldt im Briefwechsel mit bildenden Künstlern. Akademie Verlag Berlin 2013, ISBN 978-3-05-006339-3.
  • César Aira: Humboldts Schatten. Novelle. Nagel und Kimche, München / Wien 2003, ISBN 3-312-00321-0.
  • Christof Metzger, Christof Trepesch: Chile und Johann Moritz Rugendas. Wernersche Verlagsgesellschaft, Worms 2007, ISBN 978-3-88462-245-2.
  • Sigrid Achenbach: Kunst um Humboldt. Reisestudien aus Mittel- und Südamerika von Rugendas, Bellermann und Hildebrandt im Berliner Kupferstichkabinett. Hirmer, München 2009.
  • Silke Friedrich-Sander: Johann Moritz Rugendas. Reisebilder zwischen Empirie und Empfindung. Edition Fichter, Frankfurt/Main 2017, ISBN 978-3-943856-64-4.
Commons: Johann Moritz Rugendas – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Sabine Schulze (Hrsg.): Gärten: Ordnung – Inspiration – Glück, Städel Museum, Frankfurt am Main & Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2006, ISBN 978-3-7757-1870-7, S. 58.
  2. Renate Löschner: Die Amerikaillustration unter dem Einfluß Alexander von Humboldts. In: Wolfgang-Hagen Hein (Hrsg.): Alexander von Humboldt. Leben und Werk. Boehringer, Ingelheim 1985, ISBN 3-921037-55-7, S. 289–291.
  3. Adrian Schulz: Das Flackern der Welt: César Aira schickt Naturmaler durch Südamerika. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 24. November 2016, S. 12.