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Ali ibn Ridwan

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Hali (links unten) auf der Astronomischen Uhr des Nicolaus Lillienveld (1394), St.-Nikolai-Kirche (Stralsund).

Ali ibn Ridwan, auch Hali oder Abenrodano arabisch أبو الحسن علي بن رضوان Abu l-Hasan ʿAli ibn Ridwan, DMG Abū l-Ḥasan ʿAlī b. Riḍwān, (* um 988 (andere Angaben: um 998) in Gizeh bei Kairo, Ägypten; † 1061/62[1] oder 1067/68[2] in Kairo) war ägyptischer Arzt und Astrologe.

Ali ibn Ridwan verfasste eine Autobiographie, die nicht als eigenständiges Werk überliefert ist, jedoch in Auszügen von Ibn Abi Usaybia zitiert wird.[3] In seinem Kommentar zu PtolemäusTetrabiblos liefert er selbst die Auswertung seines Geburtshoroskops, aus der sich weitere Rückschlüsse auf sein Leben gewinnen lassen. So ist überliefert, dass Ibn Ridwan als Sohn eines Bäckers in Gizeh geboren wurde.[4] Wie er selbst berichtet, war sein einfacher Hintergrund von finanziellen Schwierigkeiten geprägt; seinen Lebensunterhalt verdiente er teils durch die Ausübung von Astrologie und Medizin, teils durch einfache Lehrtätigkeiten. Noch bevor er 15 Jahre alt wurde, begann er als Autodidakt Medizin zu studieren und wurde praktizierender Arzt. Er studierte ferner Philosophie.

Mit 18 wurde er Zeuge einer Supernova, die er später in seinem Tetrabiblos-Kommentar, mit genauen Himmelskoordinaten festhielt. Ibn Ridwans Beschreibung des Ereignisses ist der genauste erhaltene Bericht zur Supernova 1006.

Er war Leibarzt des Fatimidenkalifen Mustanṣir.[5] Später war er in Diensten des Kalifen al-Hakim und war der Oberste der ägyptischen Ärzte dieser Zeit. Ali ibn Ridwan verfasste einige bedeutende Bücher zur arabischen Medizin. Um 1051 schrieb er Dafe' Madaar al Abdaan Be Ard MisrDas Vermeiden von Schädigungen am Körper im Land Ägypten. Dieses Werk wurde später ins Lateinische übersetzt und im christlichen Frankenreich benutzt. Das zweite Buch Al-Oussool fi al TibbDie Prinzipien der Medizin wurde später ins Hebräische übersetzt.

Des Weiteren verfasste er einige kurze Abhandlungen über diverse medizinische Themen, u. a. über Lepra, Elephantiasis, Epidemien, Dyspnoe. Er ist bekannt für seine Kommentare zu den medizinischen Werken Hippokrates’, Claudius Ptolemäus’ und Galenos’. Sein Kommentar zu Galenos’ Ars Parva wurde von Samuel ibn Tibbon ins Hebräische übersetzt. Ali ibn Ridwan, der (wohl am Bagdader ʿAdudī-Krankenhaus) auch ein Schüler des nestorianischen Arztes, Philosophen und Theologen Abdallāh Ibn aṭ-Ṭaiyib († 1043)[6] gewesen war, wechselte mit dem Bagdader Mediziner Ibn Butlan mehrere, teils polemisch geführte, Streitschriften.

Nach Alistair Cameron Crombie trug er auch zur Theorie der Induktion bei.[7]

Im Mittelalter wurde Ali oft als einer der Vier Weltweisen dargestellt.

Ibn Abī Uṣaybiʿa listet über hundert Ibn Riḍwān zugeschriebene Werke, darunter Briefe an Patienten sowie an andere Gelehrte, mit denen er sich über medizinische Behandlungen austauschte oder stritt. Neben mehreren Kommentaren zu Galen verfasste Ibn Ridwan auch Schriften über die Astronomie und Astrologie. Der Großteil der bei Ibn Abī Uṣaybiʿa genannten Werke ist jedoch nicht erhalten.[8]

Überliefert sind u. a.

  • ein Kommentar zu Ptolemäus’ Tetrabiblos (Tafsīr al-Maqālāt al-arbaʿ) der in zahlreichen Arabischen und Lateinischen Handschriften erhalten ist und mehrmals ins Persische und Osmanische übersetzt wurde[9]
  • ein Traktat über die Prinzipien der Medizin (Kitāb al-Uṣūl fī l-ṭibb)
  • ein „nützliches Buch über die Art und Weise der Lehre in der Medizin“ (al-Kitāb an-Nāfiʿ fī kayfiyyat taʿlīm ṣināʿat al-ṭibb)
  • eine Abhandlung über die Vermeidung von gesundheitlichem Schaden in Ägypten (Maqāla fī dafʿ al-maḍārr ʿan al-abdān bi-Miṣr)
  • ein Brief an „die Ärzte in Ägypten und Kairo mit einem Bericht über Ibn Butlan“ (Risalat ilā aṭibbāʾ Miṣr wa-l-Qāhirah fī khabar Ibn Buṭlān)
  • Carl Brockelmann: Geschichte der Arabischen Litteratur. Band 1. Felber, Weimar 1898. Nachdruck: Brill, Leiden 1996, ISBN 90-04-10546-8, S. 484 (Digitalisat).
  • Heinz Halm: Die Kalifen von Kairo. Beck, München 2003, ISBN 3-406-48654-1, S. 39f.
  • Friedrun R. Hau: Ibn Riḍwān. In: Werner E. Gerabek et al. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. Walter de Gruyter, Berlin 2004, ISBN 3-11-015714-4, S. 1251 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  • Joseph Schacht und Max Meyerhof: The Medico-Philosophical Controversy Between Ibn Buṭlān of Baghdad and Ibn Riḍwān of Cairo. A Contribution to the History of Greek Learning among the Arabs. Cairo: The Egyptian University, Faculty of Arts (Publication No. 13), 1937 (englisch).
  • Jennifer Ann Seymore: The Life of Ibn Riḍwān and His Commentary on Ptolemy’s “Tetrabiblos”. Dissertation, Columbia University, 2001 (englisch).[1]
Commons: Ali ibn Ridwan – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. 453 AH
  2. 460 AH
  3. The Best Accounts of the Classes of Physicians, Ibn Abī Uṣaybiʿah | Scholarly Editions. Abgerufen am 21. Oktober 2025.
  4. J. Schacht: Ibn Riḍwān. In: Encyclopaedia of Islam New Edition Online (EI-2 English). Abgerufen am 26. Oktober 2025.
  5. Friedrun Hau: Ibn Riḍwān. S. 1251.
  6. Friedrun R. Hau: Ibn aṭ-Ṭaiyib. In: Werner E. Gerabek u. a. (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1378 f.
  7. Alistair Cameron Crombie: Augustine to Galileo: The History of Science A.D. 400–1650. Revised edition, Penguin 1969 [1952], ISBN 0-14-055074-7 (deutsch: Von Augustinus bis Galilei: die Emanzipation der Naturwissenschaft. dtv, München 1977, ISBN 3-423-04285-0).
  8. The Best Accounts of the Classes of Physicians, Ibn Abī Uṣaybiʿah | Scholarly Editions. Abgerufen am 25. Oktober 2025.
  9. Nadine Löhr: ʿAlī b. Riḍwān, Tafsīr al-Maqālāt al-arbaʿ. Ptolemaeus Arabus et Latinus, 7. Oktober 2025, abgerufen am 25. Oktober 2025.