Benutzer:Izadso/wie zählt man eigentlich auf esperanto?

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Kritik an der Plansprache Esperanto lässt sich in mehrere Aspekte unterteilen. Einerseits werden Plansprachen als solches kritisiert, teilweise die Bestrebungen von Esperantisten, Esperanto als Weltsprache einzuführen. Andererseits sind bestimmte Eigenschaften des Esperanto Kritikpunkte. Einige der Kritiker, die bestimmte Eigenschaften des Esperanto kritisiert haben, haben Esperantiden oder andere Plansprachprojekte entwickelt.

Mangelnde Ausgeformtheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Indogermanist und Slawist August Leskien schrieb 1907, Zamenhof habe ... ohne Erfahrung aus der wirklichen Sprachwelt... die prinzipiellen Vorfragen...gar nicht aufgeworfen ....Sein Werk ist daher ein gänzlich misslungener Versuch, das Problem der Weltsprache zu lösen......Dass man mit Hilfe eines Esperanto-Lehrbuchs in kurzer Zeit einen Brief verfassen oder ein paar Sätze.... zusammenstoppeln kann, beweist nichts, und allgemeine Redensarten von begeisterten Anhängern der Weltsprache über die Leichtigkeit des Esperanto sind ganz wertlos.[1]

In seiner Antwort schrieb Baudouin de Courtenay u.a., dass Esperanto „eine wirkliche Sprache“ sei, die „praktische Vorzüge vor den meisten anderen «Weltsprachen»“ habe.[2]

Mangelnde Internationalität[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Edgar von Wahl, bis 1894 selbst ein Anhänger der Esperanto-Bewegung, machte darauf aufmerksam, dass die Ableitungssilben des Esperanto zu Formen führten, die zu den „international bekannten Formen“ in Gegensatz stünden, z. B. redaktisto (Redakteur), redaktejo (Redaktion), publikigaĵo (Publikation), aliformigilo (Transformator), katolikismo (Katholizismus). Esperanto führe deshalb zusätzlich noch „quasi-internationale“, aber nicht regelmäßig abgeleitete Formen ein, z. B. redaktoro, redakcio, transformatoro. „Wo Esperanto international ist, ist es nicht regelmäßig, und wo es regelmäßig ist, ist es nicht international, sondern groteske Willkür.“[3]

Schwierigkeiten aus der Verbindung des romanischen Wortschatzes mit der slawischen Orthografie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Edgar von Wahl hat die Kritik geäußert, eine „polnische“ Orthographie für den mehrheitlich „latino-romanischen“ Wortschatz führe zu einem fremden Schriftbild und häufigen Schreib- und Lesefehlern – vgl. colo (Zoll), aber kolo (Hals), caro (Zar), aber kara (lieb), deca (anständig), aber deka (zehnter).[4]

Schwierigkeiten durch die Verschiebung des Wortakzents[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch wandte von Wahl ein, die „polnische“ Betonung führe zu einem fremdartigen Klang, der Fehler provoziere (radío (Radio), regúlo (Regel), opéro (Oper)).[4]

Schwierigkeiten durch die Verbalaspekte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wahl kritisierte die Einführung der slawischen Verbalaspekte in das Esperanto, da deren Beherrschung zum Beispiel für Deutsche, Engländer oder Japaner große Schwierigkeiten darstelle.[4]

Verwechslungsmöglichkeiten und Ausspracheprobleme[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der russische Phonologe Nikolai Sergejewitsch Trubetzkoy wies auf Phoneme (Laute) im Esperanto hin, die von Sprechern einiger Sprachen leicht verwechselt werden könnten: b und p, d und t, ĉ (tsch) und ĝ (dsch) usw. Zudem gibt es im Esperanto viele Laute, die insbesondere für bestimmte Volksgruppen Schwierigkeiten darstellen, da sie in ihrer Sprache nicht vorkommen wie zum Beispiel h für romanische Sprecher oder ch-Laut und r für Asiaten.

Dagegen wird argumentiert, ohne Laute, die in irgendeiner Sprache der Welt leicht verwechselbar seien, bliebe nicht viel Lautmaterial übrig. Insbesondere müsste dann international verbreitetes Wortgut stark umgeformt werden, womit der Vorteil der internationalen Bekanntheit entfiele.[5]

Kennzeichnung der grammatischen Kategorien[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Edgar von Wahl kritisierte am Esperanto auch die „kindische Maskerade“ durch „seine willkürlichen Etiketten für grammatikalische Kategorien, wie die Endung -o für die Hauptwörter,“ z. B. hundo (Hund), brusto (Brust), haŭto (Haut), Eŭropo (Europa), boao (Boa), knabo (Knabe).[4]

Allgemeine Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Schriftsteller Martin Walser schrieb z. B., Esperanto sei eine "Unsprache"[6] (was eine "Unsprache" sein soll, wird nicht erläutert).

Der Germanist Jürgen Trabant bezeichnete Esperanto als "Nichtsprache": "Esperanto wäre nicht schlecht, es ist politisch neutral, wie Latein, und einfacher als dieses. Aber als künstliche, starr regulierte Sprache ist es eben auch eine 'Nichtsprache', die sich nicht durchsetzen kann." [7]

Noam Chomsky, weltbekannter Linguist, erklärte, Esperanto sei keine Sprache[8]. In einem späteren Interview, veröffentlicht 2015, erklärte Chomsky allerdings, das Konzept, eine Sprache zu erfinden, sei sehr irreführend[9]; eine Esperanto-Grammatik lege nicht die Regeln des Esperanto dar, ebensowenig wie eine Spanisch-Grammatik die des Spanischen darlege. Die Fähigkeit Esperanto zu sprechen baue auf der grundlegenden Fähigkeit eines Menschen auf, eine Sprache zu sprechen. Diese Darlegungen decken sich mit der Vorstellung der Interlinguistik, 1887 habe Zamenhof keine Sprache vorgelegt, sondern ein Sprachprojekt; eine Sprache sei daraus erst durch die praktische Verwendung in über hundert Jahren - u.a. durch Muttersprachler - geworden.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erwiderungen auf Kritik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Martin Minich: Why Esperanto Supports Language Diversity. Archiviert vom Original am 12. September 2014; abgerufen am 19. Oktober 2014 (englisch). in Antwort auf Why Esperanto Suppresses Language Diversity: Thoughts on Leaving the Esperanto Movement (Memento vom 9. September 2008 im Internet Archive)

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. August Leskien zur Kritik der künstlichen Weltsprachen , online auf scribd.com, S.37 ff.
  2. Baudouin de Courtenay, Jan (1907): „Zur Kritik der künstlichen Weltsprachen.“ In: Annalen der Naturphilosophie (Leipzig) 6 S. 420. Zur Frage der Aktualität der Aussagen von vor 100 Jahren weist Klaus Schubert auf folgendes hin: „The Esperanto which Karl Brugmann, August Leskien, Hugo Schuchardt, Jan Baudouin de Courtenay, and their contemporaries were discussing at the beginning of the century was still in many features a project, while we today can observe a language. Their arguments may not pertain to today's object of interlinguistics. Our evidence differs from theirs (Schuchardt 1904/1976; Brugmann-Leskien 1907; Baudouin de Courtenay 1907/1976; (...) )“ (Klaus Schubert (ed.) Interlinguistics, S. 20)
  3. Edgar von Wahl: Wege und Irrwege zur Weltsprache. 3. Aufl. Stuttgart, s. a. S. 24.
  4. a b c d Edgar von Wahl: Wege und Irrwege zur Weltsprache. In: Occidental. Die Weltsprache. 3. Aufl. Stuttgart, s. a. S. 23.
  5. Lars-Gunnar Andersson: What makes a language hard? In: Simpozio pri interkultura komunikado. (PDF; 136 kB) Göteborg 2003.
  6. "Der Euro eröffnet das Zeitalter des praktischen Esperanto. Er ist ein Ungeld wie das Esperanto eine Unsprache ist." Walser in der "Welt" zum Euro; abgerufen am 4. Feb. 2015
  7. Oberösterreichische Nachrichten, 21. Juni 2008; s. Text in EsperantoLand-Forum und soc.culture.esperanto
  8. "That was the illusion that Esperanto is a language, and it isn’t." Chomsky On Linguistics, Mark Aronoff, Department of Linguistics, Stony Brook University, March 2003. Siehe auch Interview mit Mark Aronoff. Ergänzend "Esperanto ne estas lingvo". Auch in der Formulierung "So now it is understood that Esperanto is not a language. It's just parasitic on other languages." Möglicherweise weicht die von Chomsky benutzte Definition von "Sprache" von der allgemein üblichen ab.
  9. "The concept of inventing a language is very misleading". Faculty Forum Online: A Conversation with Noam Chomsky. Eingesehen 23. 8. 2015

Kritik und Apologetik