Benutzer:Jotquadrat/Deppen-Deutsch

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  • Das Deppen-Leerzeichen, z.B. beim Robert Koch-Institut oder August Macke Haus (die Schreibweise ohne jeden Bindestrich ist ein Anglismus)
  • Das Deppen-Datum, z.B. am Freitag, den 13. April. Der Depp weiß nicht, daß er mit dem Dativ fortsetzen muß (er verwechselt es mit dem veralteten 'gegeben, den ...'), man darf ihm zugute halten, daß die falsche Deklination durch Gewohnheit fast schon zu einer Regel geworden ist
  • Das Deppen-Englische, auch Denglisch, besteht aus depperten Anglismen. Über Anglismen ist genug geschrieben worden (selbst die Kritik an ihnen hat manchmal depperte Züge).
  • Das Deppen-weil: Der Depp redet so, weil er weiß nicht, daß er auch ´denn´ benutzen kann (wenn ihn die Inversion bei ´weil´ überfordert).
  • Der Deppen-Nominativ: Die Deppen wähnen, man dürfe Eigennamen nicht deklinieren. Pilawa: „Ich begrüße Sie bei das Quiz“; ARD: „Die Sendung wird Ihnen präsentiert von das Erste.“
  • Der Deppen-Genitiv: Die Feindschaft zwischen Genitiv und Dativ beruht auf Gegenseitigkeit. Es heißt zwar, der Dativ sei dem Genitiv sein Tod, aber es gilt auch umgekehrt: Der Genitiv ist der Todfeind des Dativs - nahe des und gemäß des: Nahe des Theaters darf man gemäß des Verbotschildes nicht parken.
  • Das Deppen-Relativpronomen, welches epidemisch auftritt, weil die Leute möchten zwar modern, aber auch gravitätisch erscheinen, als wären sie Mitglieder von die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung oder ein Lehrkörper an die Johann Wolfgang Goethe-Universität, denn den Relativsatz mit ´das´ fortzusetzen, ist ihnen zu popelig (Schopenhauer unterschied noch welches und das, aber der Unterschied ist längst verloren gegangen und wird auch durch das modische Welches nicht wieder zurückgeholt).
  • Das Deppen-Demonstrativpronomen: Dieses ist auch eine ärgerliche Mode-Erscheinung: Hans-Dietrich Genscher war ein deutscher Außenminister, dieser (statt ´er´) feiert am 21. März 2007 seinen 80. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!
  • Die Deppen-Konjunktion: Die Deppen wissen nicht, daß ´oder´ das einschließliche Oder ist und schreiben daher z.B.: Der Müll beinhaltet (auch so ein Deppen-Verb) ätzende und / oder giftige Stoffe, von daher (oder gar von demher!) ist Vorsicht geboten.
  • Deppen-Verb darstellen: Das Hilfsverb ´sein´ ist ja so ordinäär! Lieber gestelzt als gewöhnlich: Der Vulkanausbruch stellt für die Dorfbewohner eine Katastrophe dar. Der Ausbruch als Schauspieler in der Rolle der Katastrophe vor dem geneigten Publikum der Dorfbewohner.
  • Deppen-Adjektive (oder -Adverben) spektakulär, extrem, absolut: Das spektakuläre Rennen war extrem schnell und absolut sehenswert. Ja, fuhren denn die Boliden mit Lichtgeschwindigkeit? Für viele ist ´sehr´ zu schäbig geworden, es muß schon ´extrem´ sein.
  • Deppen-Konjunktiv: Der Konjunktiv II (Irrealis) überfordert manche Autoren, immer häufiger muß man Sätze lesen wie: Er ... lässt es so aussehen, als habe sie sich selbst umgebracht (HÖR ZU 43, 2009), statt richtig als hätte (denn es war ja nicht wirklich so). Ein anderes Negativ-Beispiel (in der Übersetzung eines Romans von Enquist): Es war, als habe sich das Schweigen ... magnetisch aufgeladen (das Schweigen lädt sich ja nicht wirklich magnetisch auf – was immer das heißt).

Läßt sich leider bequem fortsetzen. Charakteristisch für Deppen-Deutsch ist das Gestelzte und Aufgeblähte (wie darstellen statt sein, von demher statt daher), aber auch der Verzicht auf Ausdrucksmöglichkeiten (z.B. Verzicht auf Inversion oder Deklination, Beschränkung auf Mode-Wörter). Beim Deppen-Deutschen ist häufig eine Silbe oder ein Wort zuviel (verbleiben statt bleiben, qualitativ hochwertig statt hochwertig). Diese Blähungen sind vermutlich der Langsamkeit des Denkens beim Sprechen oder Schreiben geschuldet, vielleicht auch dem Wahn, mehr sei besser. Zum Begriff des Deppen: Nicht jeder, der einmal Deppen-Deutsch spricht oder schreibt, ist nach Veranlagung und Biografie ein Depp, er ist es nur für den Augenblick des gedankenlosen Gebrauchs eines depperten Ausdrucks - in anderen Augenblicken kann er geschmacksicher und vernünftig sein (z.B. unser Jörg Pilawa). Das Deppen-Deutsch ist für mich weniger ein Verstoß gegen die Grammatik (das auch), vielmehr ein Angriff auf die Schönheit der Sprache, ihre Klarheit und Schärfe.

Kleiner Wörter-Baukasten der Medien-Sprache

Die Hektik des Medienbetriebs (bei Zeitschriften, TV-Nachrichten und Blogs) führt dazu, dass sich Sprecher und Schreiber nur noch weniger, gleichsam normierter Vokabeln bedienen: unglaublich, spektakulär, emotional, absolut, relativ, extrem, mutmaßlich, töten, ... Diese Reihe lässt sich nicht beliebig fortsetzen, weil der Wörter-Baukasten klein ist und aus ihm stets dieselben Formeln zusammengesetzt werden. Wenn sich jemand über ein Ereignis wundert, weil es schön, selten, spannend oder aufregend ist, dann heißt es unglaublich oder spektakulär. Ist ein Ereignis bewegend, ergreifend, gefühlsbetont oder rührend, gilt es als emotional. Es heißt in Spielfilmen nicht mehr, jemand sei ermordet, erschossen, gesteinigt, umgebracht, erschlagen, ertränkt oder erwürgt worden, sondern getötet als Platzhalter für alle Wörter, die man nicht gebrauchen will, weil die Zeit für die Wahl eines treffenden Ausdrucks zu fehlen scheint. Fast immer räumt jemand etwas ein, selten gibt er etwas zu. Man spricht nur noch (auch da, wo es lächerlich ist) vom mutmaßlichen Täter, selten vom Tatverdächtigen. Manchmal bekommt man Sätze zu hören oder zu lesen wie: Der mutmaßliche Täter hat den Rentner getötet.

Die wenigen Wörter im Mini-Baukasten werden oft falsch verwendet, z. B. die Wörter Technik und Technologie sowie Grund und Ursache, so als gäbe es keine großen Bedeutungsunterschiede zwischen ihnen. In neun von zehn Fällen meint der Sprecher oder Schreiber Technik, wenn er Technologie sagt oder schreibt, sei es, weil er wähnt, beide Wörter bezeichneten dasselbe, sei es, weil er zu bequem ist, für jeden Fall das richtige Wort zu suchen, wozu es manchmal des Nachdenkens bedarf. Fast immer falsch ist die Bezeichnung neue Technologie, denn gemeint ist fast immer die neue Technik, nämlich eine neue Verfahrensweise, und fast nie ein neues Nachdenken über Technik oder eine neue Technik-Philosophie. Jemand, der sich auf den Standpunkt stellt, die Sprachgemeinschaft habe sich entschlossen, beide Wörter synonym zu gebrauchen, muss sich fragen lassen, welches Wort er für die Lehre von der Technik oder das Nachdenken über sie künftig verwenden möchte. Den Unterschied zwischen Grund und Ursache beleuchtet dieses Beispiel: Die Ursache für einen Schiffsuntergang ist die Kollision mit einem Riff. Ein Grund für den Untergang kann die Absicht des Eigners sein, das Schiff auf ein Riff zu lenken, um nach der Katastrophe die Versicherungssumme zu kassieren. Grund und Folge beziehen sich auf Logik und Zweck, Ursache und Wirkung hingegen auf Abfolgen in Technik und Natur. Aber beide Begriffe werden in den Medien wahllos angewendet, so als wären sie gleichbedeutend.