Benutzer:Lectorium/Alkoholkonsum und Trinkkultur in der DDR

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Im Gegensatz zum offiziell vom DDR-Regime propagierten Ideal der Enthaltsamkeit stieg der Ausstoß der volkseigenen Brauereien und Spirituosenfabriken kontinuierlich von Jahr zu Jahr, und die DDR entwickelte sich ab 1978 „vom Bierland zum Branntweinland“.[1] In der DDR-Mangelwirtschaft war Alkohol stets verfügbar und der in Nordhausen ansässige VEB Nordbrand avancierte Ende der 1970er zum größten Spirituosenhersteller Europas.[2]

Volkseigene Alkoholproduktion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Verstaatlichung und Stilllegung hunderter privater Brennereien übernahmen wenige volkseigene Großbetriebe wie der VEB Weinbrand Wilthen und der VEB Bärensiegel Berlin die Alkoholproduktion und kreierten immer neue Likör- und Branntweinsorten. Alkoholische Getränke gab es in der DDR trotz aller wirtschaftlichen Probleme immer. Im Lexikon des DDR-Sozialismus (1997) wird vermutet, dass die DDR-Staatsführung den steigenden Alkoholkonsum „wahrscheinlich sogar indirekt förderte“.

In den späten 1950er-Jahren griff die Kulturpolitik die finsteren Bierkneipen an, die als Bremse des Fortschritts galten und durch Milchbars und Klubgaststätten ersetzt werden sollten. Diese „Kulturrevolution“ scheiterte kläglich. Ende der 1960er-Jahre wurde in einem zweiten Anlauf ein Paket an Alkoholgesetzen erlassen. Diese Gesetze wurden jedoch postwendend von SED-Wirtschaftsfunktionären konterkariert, die die Alkohol-Branche plötzlich als sichere Einnahmequelle entdeckt hatten. Das sich einstellende Problem des zunehmenden Alkoholismus in den 1980er-Jahren wurde von der SED-Führung bagatellisiert, was ihr massive Kritik seitens oppositioneller Gruppen einbrachte.

Spirituosenzentrierte Trinkkultur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während sich Frankreich und Spanien als Weinländer, Tschechien und die Bundesrepublik als Bierländer etablierten, entwickelte sich die DDR zum Branntweinland. Kein anderes Warenangebot in der DDR zeigte sich so bunt und optisch ansprechend wie das Schnapsregal.

Bier[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Bier gab es nur ein schmales Angebot, das Qualitätsschwankungen unterlag.

Wein[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wein war in der DDR ein Nischengetränk, das in der Regel importiert werden musste. Er war kaum genießbar und unerschwinglich.[3]

Alkoholverbrauch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mitte der 1970er bis Ende der 1980er Jahre stieg der Alkoholverbrauch stark an und beim Bier- und Spirituosenverbrauch belegte die DDR Weltspitzenpositionen. Alkohol war in der DDR die Droge Nr.1 und Alkoholismus sei überall das sichtbarste Problem im Land gewesen. Das Alkoholverbot während der Arbeitszeit wurde in den volkswirtschaftlichen Bereichen weitgehend ignoriert, sodass sich Gesundheitsminister Klaus Thielmann auf einer zentralen Gesundheitskonferenz im September 1989 für ein generelles Verbot des Alkoholkonsums während der Arbeitszeit aussprach.Referenzfehler: Ungültige <ref>-Verwendung: „ref“ ohne Inhalt muss einen Namen haben.

1986 veröffentlichte das SED-Propagandaorgan Neues Deutschland, dass der Schnapskonsum der Bundesbürger weniger als die Hälfte des DDR-Bürgers betrug. 1988 trank in der DDR im Durchschnitt jede Person zwei Standardflaschen Schnaps (0,7 Liter) im Monat.[1] Zusätzlich zu diesen ungefähr 16 Litern Schnaps trank jeder DDR-Bürger (eingenommen Säuglinge und Greise) im Jahr 1988 durchschnittlich 143 Liter Bier und 12 Liter Wein oder Sekt. Mit diesem internationen Spitzenverbauch war die DDR Alkohol-Weltmeister.[4]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Horst Groschopp: Der ganze Mensch: Die DDR und der Humanismus - Ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte. Tectum Verlag 2013. ISBN 978-3-8288-3163-6. Google Books
  2. Florian Stark: Warum die DDR auch Suff-Weltmeister war. Die Welt 27. März 2014.
  3. Ilko-Sascha Kowalczuk: Endspiel: Die Revolution von 1989 in der DDR. S. 178.
  4. Michael Schetsche, Renate-Berenike Schmidt: Rausch - Trance - Ekstase: Zur Kultur psychischer Ausnahmezustände. S.62f. GoogleBooks-Vorschau