Benutzer:MYR67/Artikelwerkstatt Bombenschein

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Ein Bombenschein (auch: Fliegerschadenschein, Fliegerschaden-Sonderbezugsschein, Bescheinigung über erlittenen Fliegerschaden, Betreuungskarte​) war im Deutschen Reich während des Zweiten Weltkrieges eine amtliche Bescheinigung für Ausgebombte und andere vom Luftkrieg schwer Betroffene, aufgrund derer sie – nach dem Verlust ihrer Bleibe und Habe durch Fliegerbomben – erste staatliche Hilfsleistungen bekommen konnten, zum Beispiel neue Lebensmittelkarten, Zuteilungen rationierter Konsumgüter oder eine Behelfsunterkunft.

Rechtsgrundlage war die (im Laufe des Krieges mehrfach geänderte) Kriegssachschädenverordnung vom 30. November 1940.[1]

Bombenscheine wurden in der Regel von den kommunalen oder regionalen Wirtschaftsämtern ausgestellt.

In manchen Fällen war dem Vordruck für den Fliegerschadenschein eine Strafandrohung bei Missbrauch aufgedruckt, wie etwa die folgende: „Wer sich diesen Ausweis durch unrichtige Angaben erschleicht, hat als Volksschädling schwerste Strafen, auch die Todessstrafe, zu erwarten.“ Ungeachtet dieser Warnung konnte ein Bombenschein Deutschen, die im Dritten Reich in der Illegalität leben mussten, zu einer neuen, schein-legalen Identität verhelfen:

„Inzwischen hatten in Berlin die schweren Luftbombardements eingesetzt. Ich machte mir das zunutze, suchte mir einen Bezirk, in dem sowohl das Polizeiamt wie auch die Lebensmittelkartenstelle ausgebombt waren, ging zum Bürgermeisteramt Schöneberg und gab dort an, ich sei ausgebombt worden. Da meine Angaben nicht auf ihre Richtigkeit nachgeprüft werden konnten, erhielt ich ohne weiteres einen sogenannten Bombenschein als Ausgebombte. […]. Auf meinen Bombenschein hin erhielt ich legale Aufenthaltserlaubnis und wurde auch wieder mit Lebensmittelkarten beliefert.[2]

Während des Zweiten Weltkriegs war die Freizügigkeit beschränkt, zum Beispiel für Arbeitskräfte in kriegswichtigen Betrieben wie auch für diese Betriebe selbst. Wer mit Hilfe eines Bombenscheins nachweisen konnte, ausgebombt worden zu sein, erhielt leichter die Erlaubnis zum Wegzug aus den besonders bombengefährdeten Städten.

Auch im Wiederaufbau nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben Bombenscheine noch eine Rolle im gespielt: In Österreich wurde zum Beispiel Sozialer Wohnbau vom Wohnhauswiederaufbaufonds (WWF) nur dann mit dem maximalen Zuschuss gefördert, wenn der Antragsteller einen Bombenschein (also eine Bestätigung der Kriegsschäden) vorlegen und die Unmöglichkeit der Wiederinstandsetzung der betroffenen Immobilie nachweisen konnte.[3] In Deutschland in der Nachkriegszeit konnten Bombenschein-Inhaber Bezugsscheine für Zement, Steine, Träger und andere Baumaterialien bekommen.[4] In den Ausführungsbestimmungen der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Hessen zum Bundesevakuiertengesetz wurde im Antragsformular für Personen-Rückführungen unter anderem auf den Bombenschein Bezug genommen.[5]

Faksimiles von Bombenscheinen bzw. Fliegerschadenscheinen

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Einzelnachweise

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  1. Kriegssachschädenverordnung vom 30. November 1940, Reichsgesetzblatt Teil I, Nr. 204 vom 4. Dezember 1940, S. 1547–1556, http://alex.onb.ac.at/cgi-content/alex?apm=0&aid=dra&datum=19400004&seite=00001547&zoom=2 ; abgerufen am 29. Februar 2020
  2. Bericht von Charlotte Joseph(y), in: Wolfgang Benz (Hg.), „Überleben im Dritten Reich: Juden im Untergrund und ihre Helfer“, C.H. Beck, München 2003, S. 27, https://books.google.de/books?id=j7oXM8BB4_0C&pg=PA27&lpg=PA27 ; abgerufen am 11. April 2020
  3. Ingo Mörth, Linzer Kultur-Regionen – Entwurf einer Broschüre, Recherchen: Dr. Christiane Mörth, Mag. Andrea Schmolmüller, Dr. Ingo Mörth, Kap. 26: Kultur-Blitzlicht 9: „Ein Bombentreffer mit Spätfolgen“, S. 111, http://soziologie.soz.uni-linz.ac.at/sozthe/staff/moerthpub/LinzerKulturRegionen.pdf ; abgerufen am 11. April 2020
  4. Landesverband Berlin der Gartenfreunde e.V. (Hg.), Gabriele Gutzmann, „Zukunft der Berliner Kleingärten mit Schutzfrist 2020 - Beiträge aus den betroffenen Kleingartenanlagen“, Kap.: „Die Kolonie Am Heckerdamm in Berlin-Charlottenburg-Nord muss dauerhaft erhalten werden!“, S. 35, Berlin, 2015 ; https://www.kolonie-am-stadtpark.de/wp/wp-content/uploads/2019/03/Zukunft_Berliner_Kleing%C3%A4rten_-Schutzfrist-2020_LV_2015.pdf ; abgerufen am 11. April 2020
  5. Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen, Ausgabe A, Jahrgang 1962, Nummer 52, 15. Mai 1962, S. 787 (= S. 11 der PDF-Datei unter https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_mbl_show_pdf?p_jahr=1962&p_nr=52 ; abgerufen am 11. April 2020). Staatsanzeiger für das Land Hessen, 1954, Nr. 8, 20. Februar 1954, S. 179 (= S. 15 der PDF-Datei unter http://starweb.hessen.de/cache/STANZ/1954/00008.pdf ; abgerufen am 11. April 2020). Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen, Ausgabe A, 7. ,Jahrgang 1954, Nr. 12, 13. Februar 1954, S. 154 (= S. 9 der PDF-Datei unter https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_mbl_show_pdf?p_jahr=1954&p_nr=12 ; abgerufen am 11. April 2020).