Benutzer:ManuelNeuerFan1/Temporäre Seitenstreifenfreigabe

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Zeichen 223.1 StVO (Seitenstreifen befahren)
Das Verkehrszeichen 223.1 StVO (Seitenstreifen befahren) signalisiert die temporäre Freigabe des Seitenstreifens als Fahrstreifen

Die Temporäre Seitenstreifenfreigabe (Abkürzung: TSF) ist eine Maßnahme zur Kapazitätssteigerung von Autobahnen oder autobahnähnlich ausgebauten Schnellstraßen in den Hauptverkehrszeiten.

Funktionsweise und Signalisierung

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Die TSF ist Bestandteil einer Verkehrsbeeinflussungsanlage. Sie ermöglicht durch entsprechende Signalisierung, bei hohem Verkehrsaufkommen den Seitenstreifen als zusätzliche Fahrspur zu nutzen. Im Minimalfall besteht sie aus auf der rechten oder auf beiden Seiten der Fahrbahn aufgestellten Wechselverkehrszeichen (Prismenwender oder LED-Anzeigen), auf denen die entsprechenden Verkehrszeichen (223.1, 223.2 und 223.3) angezeigt werden und oft auch eine Anpassung der Höchstgeschwindigkeit in einem gewissen Rahmen möglich ist. In den meisten Fällen jedoch ist das System in eine vollwertige VBA mit Schilderbrücken und über der Fahrbahn montierten Leuchtanzeigen integriert.

Wegweiser, die sich innerhalb einer TSF-Strecke befinden, sind ebenfalls als Wechselwegweiser (mit Prismenwendern) ausgeführt, um je nach Anzahl Fahrstreifen (bei aktiver Freigabe einer mehr) die entsprechende Anzahl Pfeile anzuzeigen.

Die Signalgeber der TSF werden dabei, genauso wie alle anderen Funktionalitäten der VBA, von der entsprechenden Verkehrszentrale aus gesteuert.

Die Verkehrszeichen 223.1, 223.2 und 223.3 sind als Wechselverkehrszeichen auszuführen. Das Zeichen 223.2 am Ende einer mit TSF ausgerüsteten Strecke kann stattdessen auch als statisches Verkehrszeichen ausgeführt sein.

Seitenstreifen geschlossen

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Dies ist der Grundzustand der Anlage bei geringer Verkehrsstärke. Die seitlich aufgestellten Signalgeber zeigen in der Regel nichts an. Sind über der Fahrbahn montierte Signalgeber vorhanden, so zeigt der Signalgeber über dem Seitenstreifen entweder nichts oder ein rotes Dauerlichtzeichen (rote gekreuzte Schrägbalken) an. Der Seitenstreifen darf dann nicht benutzt werden und die Autobahn wird genauso verwendet wie eine nicht mit TSF ausgestattete Autobahn.

Seitenstreifen offen

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Wird von der Anlage (meist über Induktionsschleifen) festgestellt, dass die Verkehrsstärke einen bestimmten Schwellenwert (Kfz/h) überschreitet oder sich der Verkehrsfluss verschlechtert (Durchschnittsgeschwindigkeit der Fahrzeuge), so gibt die Software auf dem Rechner der Verkehrszentrale dem zuständigen Operator die Empfehlung, den Seitenstreifen freizugeben. Daraufhin muss überprüft werden, ob der Seitenstreifen befahrbar ist. Es dürfen sich keine Hindernisse (Pannenfahrzeuge, Gegenstände etc.) auf dem Seitenstreifen befinden. Diese Überprüfung erfolgt über dreh- und schwenkbare Videokameras, die in regelmäßigen Abständen an Auslegern über dem Seitenstreifen oder an den Schilderbrücken angebracht sind und auf den Monitoren der Verkehrszentrale einsehbar sind. Die ASFINAG führt vor einer Freigabe zusätzlich Kontrollfahrten mit ihren Fahrzeugen durch.

Ist der Seitenstreifen befahrbar, wird er von der Verkehrszentrale freigegeben. Der Überkopf-Signalgeber über dem Seitenstreifen zeigt während der Freigabe - je nach Anlage - die aktuelle Höchstgeschwindigkeit und/oder einen grünen Pfeil an. Die seitlich aufgestellten Signalgeber zeigen das Verkehrszeichen 223.1 StVO, meist mit dem Zusatztext "Seitenstreifen befahren". Das Schild ist jedoch auch ohne diesen Zusatztext gültig.

Um die Verkehrssicherheit zu verbessern und zur Harmonisierung des Verkehrsflusses, ist während der Freigabe die Zulässige Höchstgeschwindigkeit meist auf 100 km/h begrenzt; abweichende Geschwindigkeiten sind möglich. Bei einigen Anlagen wird zusätzlich ein Lkw-Überholverbot geschaltet.

Bei aktivierter TSF ist der Seitenstreifen wie ein rechter Fahrstreifen zu nutzen. Die durchgezogene Linie darf überfahren werden und für die ursprüngliche rechte Fahrspur, gelten bzgl. Rechtsfahrgebot die gleichen Regeln wie für die zweite Fahrspur von rechts auf einer normalen drei- oder mehrspurigen Richtungsfahrbahn.

Während der Freigabe wird der Seitenstreifen durch die Verkehrszentrale über Videokameras permanent überwacht. Ist er durch ein Hindernis (z.B. ein Pannenfahrzeug) blockiert, muss die Freigabe zumindest im betroffenen Abschnitt zurückgenommen werden, bis das Hindernis beseitigt wurde.

Seitenstreifen räumen (Beendigung der Freigabe)

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Sobald die Verkehrsstärke wieder sinkt, ist der Seitenstreifen wieder zu schließen. Bei Beendigung der Freigabe erscheint an den Signalgebern über dem Seitenstreifen für eine Übergangszeit ein gelber, blinkender Pfeil, der dazu auffordert, sich wieder in die reguläre rechte Fahrspur einzuordnen. Die seitlich montierten Signalgeber zeigen das Zeichen 223.3 StVO und ggf. den Text "Seitenstreifen räumen". Nach Ablauf der Übergangszeit, die meist 1-2 Minuten beträgt, wechselt die Anlage wieder in den Zustand "Seitenstreifen geschlossen".

Bei einigen Anlagen wechseln am Ende der Freigabe nicht alle Anzeigequerschnitte gleichzeitig von "Seitenstreifen befahren" auf "Seitenstreifen räumen", sondern einer nach dem anderen, der Geschwindigkeit der Fahrzeuge entsprechend. Dies ermöglicht denjenigen Fahrzeugen, die den Seitenstreifen vor dessen Schließung befahren haben, auf diesem zu bleiben.

Ende der TSF-Strecke

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Am Ende einer mit TSF ausgerüsteten Strecke ist das Zeichen 223.2 StVO aufgestellt.

Auf den vorgelagerten Anzeigequerschnitten erscheint das Zeichen 223.1 mit Zusatztext "Ende in xx m". Diese Signalisierung ermöglicht Verkehrsteilnehmern, die die letzte Ausfahrt vor dem Ende der TSF-Strecke benutzen möchten, über den Seitenstreifen zur Ausfahrt zu fahren (das Zeichen 223.2 steht üblicherweise zwischen Aus- und Einfahrt dieser Anschlussstelle).

Ist z.B. aufgrund eines Pannenfahrzeuges die abschnittsweise Unterbrechung der TSF erforderlich, so erfolgt die Signalisierung mittels Zeichen 223.2 und ggf. 223.3.

Rechtliche Grundlage

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Die rechtliche Grundlage zur temporären Nutzung des Seitenstreifens als Fahrstreifen besteht in Deutschland seit dem 1. Januar 2002, nachdem die Verkehrszeichen 223.1, 223.2 und 223.3 in die StVO aufgenommen wurden.

Anforderungen an die Infrastruktur

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Wird eine Strecke mit TSF ausgerüstet, sind folgende Maßnahmen notwendig:

  • Der Seitenstreifen muss ausreichend breit und tragfähig sein. Dies ist bei den meisten Autobahnen ohne TSF nicht der Fall, weshalb bei Einrichtung der TSF meist Umbauten erforderlich sind. Dies kann insbesondere dann zu Problemen führen, wenn die auszurüstende Strecke Brückenbauwerke enthält.
  • Die entsprechende Signalisierung (siehe oben) muss eingerichtet werden.
  • Es muss eine lückenlose Videoüberwachung mit Anschluss an eine Verkehrszentrale vorhanden sein. Während der Freigabe des Seitenstreifens muss dieser kontinuierlich überwacht werden.
  • Mindestens alle 1000 Meter sollen zusätzliche Nothaltebuchten eingerichtet werden.
  • Die Anschlussstellen müssen umgebaut werden, auch bei freigegebenem Seitenstreifen dem ein- und ausfädelnden Verkehr die entsprechenden Fahrstreifen zur Verfügung zu stellen.

[Hier Grafik einfügen - selbst erstelle - Schematische Darstellung Anschlussstelle mit/ohne TSF]

Eine permanente Seitenstreifenfreigabe ist aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht vorgesehen, wurde in der Vergangenheit allerdings schon als Übergangslösung bis zur Einrichtung der TSF installiert, etwa auf der A63 vor Mainz.

Vorteile/Nutzen

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Die TSF erlaubt eine kostengünstige und vergleichweise schnell einzurichtende Kapazitätssteigerung überlasteter Autobahnabschnitte; die durch TSF mögliche Kapazitätssteigerung beträgt bis zu 25%.[1] Die Kosten zur Einrichtung einer TSF entsprechen nur ca. 15% der Kosten eines Vollausbaus.

Auch ein messbarer Nutzen für die Verkehrssicherheit ist gegeben, da die zusätzliche Kapazität die Entwicklung von Staus und somit auch die Gefahr von Auffahrunfällen minimiert.

Da ein offener Seitenstreifen kontinuierlich videoüberwacht werden muss, verursacht die TSF laufende Betriebskosten. Bei Störungen, etwa dem Ausfall einzelner Kameras, oder Personalausfällen in der Verkehrszentrale kann der Seitenstreifen möglicherweise nicht freigegeben werden. Ebenso ist eine Freigabe bei schlechten Sichtverhältnissen unter Umständen nicht möglich.

Der ADAC kritisiert zudem, dass der Seitenstreifen während der Freigabe Pannenfahrzeugen nicht zur Verfügung steht, was sich negativ auf die Verkehrssicherheit auswirke, da man im Falle einer Panne nicht immer die nächstgelegene Nothaltebucht erreichen könne. Während der Freigabe habe man daher die gleiche Problematik wie bei einer Autobahn ohne Seitenstreifen, wo die Unfallzahlen um bis zu 30% höher liegen als bei vorhandenem Seitenstreifen. Eine TSF sei daher nur indiziert, wenn der Sicherheitsgewinn (durch Verminderung von Staus) überwiege.[1]

Im Allgemeinen ist die TSF nur als Übergangslösung für auszubauende Autobahnen vorgesehen, wenn die finanziellen Mittel für den Ausbau noch nicht vorhanden sind.

Situation in verschiedenen Ländern

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In Deutschland ist die Temporäre Seitenstreifenfreigabe an vielen stark befahrenen Autobahnen im Einsatz, bei denen die finanziellen Mittel für einen Vollausbau momentan nicht vorhanden sind.

(ggf. Auflistung der Anlagen nach Bundesländern)

Auch in den Niederlanden ist die Seitenstreifenfreigabe verbreitet. Bei aktivierter Freigabe wird die Geschwindigkeit auf maximal 100 km/h begrenzt.

Die Freigabe erfolgt üblicherweise ab einer Verkehrsstärke von 1350 Kfz pro Stunde und Fahrstreifen.

Als Alternative wird auf einigen Strecken eine Zusatzspur auf der linken Seite (Plusstrook) anstelle des Seitenstreifens (Spitsstrook) freigegeben. Diese Zusatzspur ist jedoch oft erheblich schmäler als die anderen Fahrspuren und unterliegt daher meist Beschränkungen hinsichtlich der Fahrzeugbreite; zudem sind während der Freigabe oft nur 80 km/h erlaubt.

Zu beachten ist, dass Verkehrsbeeinflussungsanlagen in Grundstellung (keine reduzierte Geschwindigkeit) dunkel sind; lediglich über einer Plus-Spur oder einem freigebbaren Seitenstreifen (falls vorhanden) wird ein rotes Kreuz angezeigt. Ist die Zusatzspur oder der Seitenstreifen freigegeben, zeigen die Signalgeber über allen Fahrstreifen grüne Pfeile.

Einige Seitenstreifen in den Niederlanden sind rund um die Uhr freigegeben.

Auch in Belgien können Seitenstreifen in den Stoßzeiten freigegeben werden, etwa auf der E411. Anders als in anderen Ländern gibt es für die Seitenstreifenfreigabe in Belgien jedoch kein eigenes Verkehrszeichen; die Signalisierung erfolgt ausschließlich durch die über der Fahrbahn montierten Signalgeber (Anzeige grüner Pfeil oder aktuelles Tempolimit bei aktiver Freigabe) und eine Textmeldung auf den dynamischen Infotafeln.

Vereinigtes Königreich

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Im Rahmen der Ausrüstung einiger Autobahnen mit Verkehrsbeeinflussungsanlagen ("Smart motorways") wurde teilweise auch eine temporäre Seitenstreifenfreigabe realisiert.

Ein definiertes Verkehrszeichen ähnlich dem Zeichen 223.1 in Deutschland existiert nicht; die Verkehrsteilnehmer werden über Textmeldungen und/oder eine schematische Darstellung der Fahrstreifen auf LED-Anzeigen über die Freigabe informiert. Die Schilderbrücken zeigen über dem Seitenstreifen - ähnlich wie in Deutschland - bei aktiver Freigabe die aktuelle Geschwindigkeitsbeschränkung, bei inaktiver Freigabe ein rotes Kreuz. Bei aktivierter Freigabe wird die Geschwindigkeit auf maximal 60 mph (~ 96 km/h) begrenzt.

Die Freigabe von Seitenstreifen ist im Vereinigten Königreich jedoch insgesamt weniger verbreitet als in Deutschland, da viele Autofahrer der Seitenstreifenfreigabe und auch den Verkehrsbeeinflussungsanlagen generell kritisch gegenüberstehen. Zudem wurden auf einigen "Smart motorways" die Seitenstreifen nicht per Verkehrsbeeinflussungsanlage freigegeben, sondern ummarkiert und somit permanent zu einer normalen Fahrspur umfunktioniert.

In Österreich ist auf der A4 in Fahrtrichtung Ungarn zwischen Flughafen Wien und S1 eine Anlage zur temporären Pannenstreifenfreigabe in Betrieb gegangen. Bei aktiver Freigabe erscheint ein grüner Pfeil über dem Pannenstreifen.

In der Schweiz ist das Verfahren unter dem Namen Pannenstreifenumnutzung (PUN) in Gebrauch.

Auch in Dänemark verfügen einige Verkehrsbeeinflussungsanlagen über die Funktionalitäten zur temporären Freigabe des Seitenstreifens. Bei freigegebenem Seitenstreifen wird die Fahrgeschwindigkeit auf 80 km/h begrenzt.

to do

  • Bilder entwerfen: Schilderbrücken Seitenstreifen offen/geschlossen, Autobahnausfahrt mit/ohne TSF. Bilder von Zeichen 223.1-223.3 einbinden (siehe oben)
  • Liste von Anlagen (primär in Deutschland; ggf. auch in anderen Ländern)
  • Quellen
  • Situation in verschiedenen Ländern (einige Anlagen als Beispiele nennen)
  • Kategorien
  • Verlinkung in anderen Artikeln
  • Wikidata-Objekt: verkehrstelematische Maßnahme

Einzelnachweise

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  1. a b Standpunkt - Seitenstreifenfreigabe auf Autobahnen - ADAC. In: ADAC. 6. August 2020, abgerufen am 20. Februar 2023.