Benutzer:Mieke Fink/Entwurf: Triangulierung

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Ein triangulierter Torus
Eine andere Triangulierung des Torus
Ein triangulierter Delphin

In der Mathematik ist die Triangulierung ein Verfahren, um topologische Räume durch stückweise lineare Räume zu ersetzen. Man wählt dafür einen Homeomorphismus des Raumes in einen passenden Simplizialkomplex. Räume, für die sich eine solche Abbildung existiert, nennt man triangulierbar. Triangulierungen spielen eine wichtige Rolle in zahlreichen Gebieten der Mathematik, bspw. in der Topologie, der Funktionentheorie oder der Modellierung.

Motivation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zum einen ist es häufig sinnvoll, überflüssige Eigenschaften von topologischen Räumen zu vergessen und so durch den Ersatz der ursprünglichen Räume durch Simplizialkomplexe ein besseres Verständnis der Räume zu gewinnen.

Simplizialkomplexe kann man zudem als kombinatorisches Konstrukt verstehen und ihnen somit Charakteristiken zuweisen, die aus der Kombinatorik stammen. Ein Kalkül hinter den Triangulierungen topologischer Räume kann also sein, den Räumen die kombinatorischen Kenngrößen zuzuweisen, die aus den Simplizialkomplexen stammen, bspw. die Eulercharakteristik. Zunächst ist jedoch nicht klar, wieso so eine Zuordnung sinnvoll sein soll. Wenn man für zwei verschiedene Räume zwei verschiedene solcher Werte findet, kann man dann schon ausschließen, das die Räume homeomorph sind?

Die Untersuchungen bezüglich Existenz und Eindeutigkeit von Triangulierungen waren zudem initial für ein neues Themengebiet innerhalb der Topologie, die stückweise lineare (englisch: piecewise linear, kurz PL) Topologie: Sie beschäftigt sich mit den topologischen Eigenschaften von Simplizialkomplexen.

Simplizialkomplexe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Abstrakte Simplizialkomplexe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein abstrakter Simplizialkomplex über einer Menge ist ein System von nichtleeren, endlichen Teilmengen, so dass:

  • für jedes
  • Falls , so gilt für jede Teilmengen auch

Die Elemente von heissen Simplizes, die Elemente von Knoten oder Ecken. Ein Simplex mit Knoten hat per Definition Dimension n. Dem Simplizialkomplex ordnet man die Dimension zu.[1]

Dieser kombinatorischen Konstruktion kann man geometrische Bedeutung verleihen. Dafür definiert man zunächst den Begriff des geometrischen Simplex.

Geometrische Simplizes[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Geometrische Simplizes in Dimension 1, 2 und 3

Seien affin unabhängige Punkte des , d.h. dass die Vektoren (linear unabhängig sind. Man bezeichnet dann die Menge als das von aufgespannte Simplex. Diese hat per Definition Dimension n. Die Punkte nennt man die Ecken des Simplizes. Als Seiten des Simplizes bezeichnet man die von der Ecken aufgespannten Simplizes, als ihren Rand die Vereinigung seiner Seiten.[2]

Das n-dimensionale Standard-Simplex ist das von den Einheitsvektoren aufgespannte Simplex.

Geometrische Simplizialkomplexe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Geometrischer Simplizialkomplex ist eine Vereinigung von geometrischen Simplizes im für die gilt:

  • Falls ein Simplex in ist, so ist auch alle seine Seiten.
  • Falls zwei verschiedene Simplizes in sind, so ist ihr Inneres disjunkt.

Die Menge wird zu einem topologischen Raum , wenn man als abgeschlossene Mengen

ist abgeschlossen für alle

wählt. Die Simplizes tragen dabei die natürliche Topologie des . Beachte das der Simplizialkomplex im allgemeinen nicht die natürliche Topologie des tragen muss: Fordert man jedoch, dass jeder Punkt in dem Komplex in nur endlich vielen Simplizes liegen soll, so stimmen beide Topologien überein.[2]

Jedem geometrischen Simplizialkomplex kann ein abstrakter Simplizialkomplex zugeordnet werden, falls man als Grundmenge die Menge der Ecken von Simplizes in wählt und als System von Teilmengen die Teilmengen von , Eckenmengen von Simplizes in sind.

Man kann sich nun fragen, ob es umgekehrt möglich ist, jedem abstrakten Simplizialkomplex einen geometrischen Simplizialkomplex zuzuordnen. Im allgemeinen, falls der abstrakte Simplizialkomplex bspw. nicht endlichdimensional ist, wird das nicht gelingen. Man greift dann auf folgende, abstraktere Konstruktion zurück:

Ein 2-dimensionaler Simplizialkomplex mit Ecke V, eingezeichnet in rot link(V), in rosa star(V)

Sei ein abstrakter Simplizialkomplex über einer Menge . Man wählt eine Vereinigung von Simplizes jedoch jedes aus einem von ausreichend großer Dimension, wobei das geometrische Simplex von Dimension sein soll falls das abstrakte Simplex - dimensional ist. Die Ecken der gewählten Simplizes benennt man gemäß der Elemente von . Falls ist, so kann man mit einer Seite von identifizieren. Dafür wählt man eine lineare Abbildung die eine Ecke von auf die gleich benannte Ecke von abbildet und betrachtet die Verklebung beider Simplizes mittels . Der Raum der entsteht, wenn man die Verklebung für alle Teilmengenbeziehungen bildet, ist dann der zugehörige geometrische Simplizialkomplex

Durch die Topologie die durch die Verklebung induziert ist, gilt auch hier, dass die offenen Mengen genau die Mengen sind, deren Schnitt mit allen Simplizes offen ist in der Topologie der einzelnen Simplizes.

Den Simplizialkomplex der alle Simplizes aus von Dimension maximal enthält nennt man das n-te Skelett von .

Als eine natürliche Umgebung eines Ecke eines Simplizialkomplexes ist der Stern eines Simplizes, der Rand dieser Umgebung ist der Link von .

Simpliziale Abbildungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seien Simplizialkomplexe über Mengen . Eine simpliziale Abbildungen ist eine Abbildung für die gilt, dass das Bild eines jeden Simplizes ein Simplex ist. Durch affin lineare Fortsetzung erhält man eine Abbildung zwischen den geometrischen Realisierungen der Simplizialkomplexe.[2]

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Sei und sei . Diesem abstrakten Simplizialkomplex entspricht als geometrischer Simplizialkomplex ein "Stern" mit Mittelpunkt
  • Sei und . Der zugehörige geometrische Simplizialkomplex ist ein Tetraeder.
  • Sei wie oben und sei . Als geometrischen Simplizialkomplex entspricht diesem der Rand eines Tetraeders

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Triangulierung eines topologischen Raumes ist ein Homeomorphismus wobei ein Simplizialkomplex ist. Räume, die eine Triangulierung besitzen, werden als triangulierbar bezeichnet. Ein topologischer Raum besitzt nicht zwingend eine Triangulierung, und diese muss auch nicht eindeutig sein.

Ein 2-dimensionaler Torus, homeomorph zu einem Streifen, dessen parallele Seiten durch eine Verklebeabbildung g identifiziert wurden.

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Simplizialkomplexe sind triangulierbar.
  • Der abgeschlossene Einheitsball ist triangulierbar, denn man kann einen Homeomorphismus wählen. Ebenso ist die zweidimensionale Sphäre triangulierbar, indem man auf einschränkt.
  • Der Torus ist triangulierbar. Dafür betrachtet man den Torus als Quadrat, dessen parallele Seiten verklebt wurden.
  • Allgemein sind alle differenzierbare Mannigfaltigkeiten triangulierbar.[3]

Invarianten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Indem man topologische Räume trianguliert, kann man ihnen Größen aus der Kombinatorik eines zugehörigen abstrakten Simplizialkomplexes zuweisen. Eine sehr wichtige Kenngröße sind ihre simplizialen Homologiegruppen. Für die topologische Klassifikation der Räume macht ihre Verwendung allerdings nur Sinn, wenn man sicher stellen kann, dass es sich bei den Kenngrößen um topologische Invarianten handelt, d.h. dass sie nicht von der gewählten Triangulierung abhängen. Das kann man zeigen.[4] Zu Details und dem Zusammenhang mit der singulären Homologie, siehe Topologische Invarianz.

Homologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mittels der Triangulierung kann man topologischen Räumen einen Kettenkomplex aus ihrem Simplizialkomplex zuweisen und ihre simpliziale Homologie berechnen. Falls der Raum kompakt ist, so wird der zugehörige Simplizialkomplex endlich sein, so dass die Homologiegruppen endlich erzeugt sind und nur endlich viele der Homologiegruppen nicht verschwinden. Daraus kann man andere Größen ableiten, wie beispielsweise die Betti-Zahlen oder ihre Eulercharakteristik.

Betti-Zahlen und Euler Charakteristik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sei ein endlicher Simplizialkomplex. Die -ten Betti-Zahlen sind definiert als die Ränge der - ten simplizialen Homologiegruppen der Räume. Die Zahlen codieren anschauliche Eigenschaften der Räume: Die Betti-Zahl ist die Anzahl der Zusammenhangskomponenten des Raumes, für triangulierte, abgeschlossene, orientierbare Flächen gilt = wobei dem Geschlecht der Fläche entspricht: Die erste Betti-Zahl entspricht dann also der zweifachen Anzahl an Henkeln der Fläche.[5]

Mit obigen Bemerkungen sind für kompakte Räume alle Betti-Zahlen endlich und fast alle gleich null. Daher kann man ihre alternierende Summe

bilden, die als die Euler Charakteristik des Komplexes bezeichnet wird. Sie ist damit eine griffige, topologische Invariante.

Topologische Invarianz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um die kombinatorischen Invarianten wie etwa die Eulercharakteristik zur Klassifikation bis auf Homeomorphie verwenden zu können muss man die Invarianz der Größen unter Homeomorphismen beantworten. Dies zu zeigen erhoffte man sich, indem man versuchte zu zeigen, dass 2 Triangulierungen eines topologischen Raumes stets eine gemeinsame Verfeinerung besitzen:

Sei ein Simplizialkomplex. Ein Komplex heißt Verfeinerung oder Unterteilung von , falls:

  • jedes Simplex von in einem Simplex von enthalten ist und
  • jedes Simplex von eine endliche Vereinigung von Simplizes von ist.[2]

Dem Konzept der Verfeinerung folgt der Begriff der stückweise lineare Abbildung: Eine Abbildung zwischen Simplizialkomplexen wird stückweise linear genannt, wenn es eine Verfeinerung von gibt, so dass auf den Simplizes von stückweise linear ist. Falls sich zwei Komplexe via stückweise linearen Bijektion entsprechen, sagt man, dass sie kombinatorisch isomorph sind.[6]

Man kann zeigen, dass die Homologiegruppen invariant unter kombinatorischer Isomorphie sind. Da Komplexe die eine gemeinsame Verfeinerung besitzen insbesondere kombinatorisch isomorph sind, wäre der Beweis einer gemeinsamen Verfeinerung ausreichend um die topologische Invarianz der Homologiegruppen zu zeigen. Nachdem Alexander 1918 die singuläre Homologie eingeführt hatte, konnte man die simpliziale Homologie ersetzen durch die singuläre Homologie, denn man kann zeigen, dass die singuläre und die simpliziale Homologie eines triangulierten Raumes übereinstimmen.[7] Für die singuläre Homologie kann man leicht zeigen, dass sie invariant ist unter Homoeomorphismen. Die Invarianz unter Homeomorphismen, der Charakteristen, die man durch Triangulierung und kombinatorische Überlegungen erhält, sind damit unabhängig von Annahme einer gemeinsamen Verfeinerung gegeben. Man erhält damit sogar die stärkere Invarianz der simplizialen Homologie unter Homotopie.[7] Die Frage nach der Existenz gemeinsamer Verfeinerung blieb jedoch Forschgegenstand, der unter dem Namen Hauptvermutung untersucht wurde.[8]

Triangulierbarkeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben der Frage nach konkreten Triangulierungen um bspw. Homologiegruppen zu berechnen ist es häufig von Interesse, Räume als Simplizialkomplexe anzunehmen um stärkere Aussagen über sie treffen zu können. Dabei sind besonders Mannigfaltigkeiten von Interesse: Topologische Mannigfaltigkeiten von Dimension sind triangulierbar[1][9][10], es gibt jedoch andererseits topologische Mannigfaltigkeiten beliebiger Dimension , die nicht triangulierbar sind.[11][12] Auch differenzierbare Mannigfaltigkeiten sind stets triangulierbar.[3]

PL-Strukturen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine wichtige Klasse topologischer Räume stellen die topologischen Mannigfaltigkeiten dar. Es ist natürlich, nicht nur zu fordern, dass sie triangulierbar sind, sondern dass sie auch einen Atlas mit stückweise linearen Karten aufweisen, eine PL- Struktur:

Sei ein Simplizialkomplex und es gebe für jeden Punkt eine offene Umgebung , so dass es eine Triangulierung von Homeomorphismus gebe, der auf den einzelnen Simplizes der Triangulierung linear sei. Dann nennt man eine stückweise lineare (PL) Mannigfaltigkeit von Dimension n. Man nennt die Triangulierung und den PL- Atlas eine PL- Struktur auf .

Eine wichtige Hilfsaussage ist die folgende:

Sei ein topologischer Raum. Es ist äquivalent:

  1. besitzt eine PL- Struktur
  2. Es gibt eine Triangulierung von , für die der Link von jeder Ecke eine - Sphäre ist.
  3. Für jede Triangulierung von gilt, dass der Link jeder Ecke eine Sphäre ist.[13]

Die letzte der drei Äquivalenzen folgt aus der Tatsache, dass der Link eines Ecke, bis auf kombinatorische Isomorphie, unabhängig ist von der gewählten Triangulierung.

Man kann zeigen, dass differenzierbare Mannigfaltigkeiten und Mannigfaltigkeiten von Dimension PL- Strukturen besitzen.[14] Gegenbeispiele für die Triangulierbarkeitsvermutung sind Gegenbeispiele für die Existenz von PL-Strukturen.

Darüber hinaus kann man Beispiele für triangulierbare Räume finden, die keine PL- Struktur haben. Ausgehend von einer - dimensionalen PL-Homologie-Sphäre die keine Sphäre ist, erhält man nach doppelter Einhängung , die eine topologische -Sphäre ist (Double suspension Theorem). Wählt man die Triangulierung , die man aus der Einhängungsoperation von irgendeiner Triangulierung von erhält, so wird der entstandene Simplizialkomplex keine PL- Mannigfaltigkeit sein, denn man wird eine Ecke finden, deren Link keine - Sphäre ist.[15]

CW-Komplexe[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die 2-dimensionale projektive Ebene als Simplizialkomplex und als CW-Komplex. Für den Zellkomplex verklebt man eine Kopie von und eine Kopie von und erhält . Dann fügt man eine Kopie von an via

Für die Anliegen PL-Topologie stellte sich die etwas allgemeinere Konstruktion des CW-Komplexes teilweise als passender heraus. Diese Konstruiert man wie folgt:

Eine -Zelle ist eine dem geschlossenen -dimensionalen Einheitsball homeomorpher Raum, eine offene -Zelle das Innere einer - Zelle . Sei ein topologischer Raum, sei eine Abbildung, und sei mit die Verklebung bezeichnet. Man sagt, dass man aus durch Ankleben einer - Zelle erhält.

Ein Zellkomplex ist dann eine Vereinigung für die gilt:

  • dass eine diskrete Menge ist
  • dass jedes jeweils aus durch Ankleben einer Familie von - Zellen erhalten wurde.

Der Raum der entsteht hat die Topologie die durch die Verklebung induziert wird. Analog zu den Vorraussetzungen an Simplizialkomplexe fordert man gelegentlich, dass jeder Punkt des Komplexes von nur endlich vielen - Zellen liegen soll. Jeder Simplizialkomplex ist dann ein Spezialfall eines CW- Komplexes. Man kann die Beschaffenheit von CW- Komplexen nutzen um analoge Konzepte zu denen der simplizialen Homologie, die der zellulären Homologie zu definieren.[6] Manchmal ist es einfacher, sich Räume als CW- Komplexe vorzustellen als als Simplizialkomplexe, ein Beispiel sei durch die Projektive Ebene gegeben.

Hauptvermutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In ihrer ursprünglichen Formulierung besagt die Hauptvermutung, dass zwei Triangulierungen stets eine gemeinsame Verfeinerung besitzen. Ursprünglich wollte man damit die Invarianz kombinatorischer Invarianten unter Homeomorphismen zeigen. Die Vermutung liegt nahe, da sie für hinreichend angenehme Räume gilt (Mannigfaltigkeiten von Dimension , differenzierbare Mannigfaltigkeiten), im Allgemeinen ist sie jedoch widerlegt: Es sind Beispiele von triangulierten Mannigfaltigkeiten von dim bekannt, die homeomorph sind, und keine gemeinsame Verfeinerung besitzen.[16] Ein wichtiges Werkzeug um zu zeigen, dass Komplexe nicht kombinatorisch isomorph sind, ist die kombinatorische Invariante der Reidemeistertorsion:

Reidemeister-Torsion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Um die Hauptvermutung zu widerlegen kann man Kenngrößen nutzen, die kombinatorische Invariante, jedoch im allgemeinen keine topologischen Invarianten sind. Ein Beispiel ist die Reidemeistertorsion. Sie kann einem Paar von CW-Komplexen zugeordnet werden: Falls so ist die Charakteristik eine topologische Invariante, für jedoch im Allgemeinen nicht. Das Kalkül ist dann, 2 Räume zu finden die zwar homeomorph sind, für die man jedoch unterschiedliche Torsion findet. Ursprünglich wurde die Torsion genutzt um Linsenräume zu klassifizieren, und tatsächlich stellte man fest, dass es enge Zusammenhänge zwischen der Klassifikation und der Hauptvermutung gibt:[16]

Linsenräumen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Linsenräume sind 3-Mannigfaltigkeiten, die als Quotientenraum der 4-Sphäre konstruiert werden. Seien dafür natürliche Zahlen, so dass für alle gilt dass teilerfremd sind. Der Linsenraum ist definiert als der Bahnenraum der freien Gruppenaktion

.

Für unterschiedliche Paare von findet man Linsenräume, die zwar homotopieäquivalent, jedoch nicht homeomorph sind: Man kann sie also mit den klassischen Invarianten, wie etwa der Fundamentalgruppe nicht voneinander unterscheiden, jedoch unter Anwendung der Reidemeistertorsion. Zwei Linsenräume sind genau dann homeomorph, falls . Dies kann man sich zu Nutze machen um Gegenbeispiele zur Hauptvermutung zu konstruieren: Gelingt es Räume aus den Linsenräumen zu konstruieren, von denen man zeigen kann dass ihre Reidemeistertorsion durch die Abwandlung unverändert ist, aber so dass die neuen Räume homeomorph sind so hat man ein Gegenbeispiel zur Hauptvermutung konstruiert.[17]

Pachner-Züge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Pachner-Zug ersetzt zwei Tetraeder durch drei Tetraeder

Der Satz von Pachner besagt, dass man verschiedene Triangulierungen einer Mannigfaltigkeit durch Pachnerzüge ineinander überführen kann.

Sei ein Simplizialkomplex. Man definiert für zwei Simplizes den Join

als die Punkte auf Geraden zwischen Punkten in und . Wähle dann so, dass für ein , das nicht in liegt. Man erhält dann einen neuen Simplizialkomplex , indem man ersetzt durch und sagt, das man durch eine Pachnerzug aus erhalten hat. Falls zwei triangulierte Mannigfaltigkeiten PL- homoeomorph sind, so kann man ihre Triangulierung durch Pachner- Züge ineinander überführen.[18]

Anwendungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klassifikation von Mannigfaltigkeiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Indem man 1-Mannigfaltigkeiten trianguliert, zeigt man, dass sie immer homeomorph zu disjunkten Kopien der reelen Achse bzw. und der Einheissphäre sind.

Auch 2- Mannigfaltigkeiten kann man mit Hilfe der Triangulierung komplett klassifizieren: Sei eine kompakte Fläche

  • Falls orientierbar ist, so ist sie homeomorph zur 2-Sphäre mit angeklebten 2-dimensionalen Tori für ein
  • Falls nicht orientierter ist zu einer kleinschen Flasche mit angeklebten 2-dimensionalen Tori für ein .

Für den Beweis des Satzes konstruiert man ein Fundamentalpolygon der Fläche: Dieses erhält man mithilfe der Simplizialstruktur der Triangulierung.[19]

Funktionentheorie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Formel von Riemann-Hurwitz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Riemannsche Flächen sind immer triangulierbar. Man kann mithilfe der Riemann-Hurwitzformel das Geschlecht einer kompakten, zusammenhängenden riemannschen Fläche feststellen, ohne eine explizite Triangulierung der Fläche angeben zu müssen. Stattdessen untersucht man das Verzweigungsverhalten einer nicht konstanten holomorphen Funktion in eine andere kompakte zusammenhängende riemannsche Fläche bekannten Geschlechts.

Der konkrete Zusammenhang ist dann

Hier steht für das Geschlecht der Fläche, für den Grad der Abbildung und die Summe beachtet nur die Verzweigungspunkte der Funktion.

Hintergrund der Formel ist, dass holomorphe Funktionen auf riemannschen Flächen verzweigte Überlagerungen sind. Diese Abbildungen erhalten die Triangulierbarkeit der überlagerten Räume. Die Formel findet man dann, indem man untersucht, wie sich die Euler-Charakteristik des  Simplizialkomplexes unter der holomorphen Funktion verhält.[20]

Weitere Anwendungen in der algebraischen Topologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Fixpunktsatz von Lefschetz[21][Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

[...]

Mapping Degree[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

[...]


  1. a b John M. Lee: Introduction to Topological manifolds. Hrsg.: Springer Verlag. Springer Verlag, New York/Berlin/Heidelberg 2000, ISBN 0-387-98759-2, S. 92.
  2. a b c d James R. Munkres: Elements of algebraic topology. Band 1984. Addison Wesley, Menlo Park, California 1984, ISBN 0-201-04586-9, S. 83.
  3. a b J. H. C. Whitehead: On C1-Complexes. In: Annals of Mathematics. Band 41, Nr. 4, 1940, ISSN 0003-486X, S. 809–824, doi:10.2307/1968861.
  4. J. W. Alexander: Combinatorial Analysis Situs. In: Transactions of the American Mathematical Society. Band 28, Nr. 2, 1926, ISSN 0002-9947, S. 301–329, JSTOR:1989117.
  5. R. Stöcker, H. Zieschang: Algebraische Topologie. 2. überarbeitete Auflage. B.G.Teubner, Stuttgart 1994, ISBN 3-519-12226-X, S. 270.
  6. a b Topologie | SpringerLink. S. 315, doi:10.1007/978-3-662-54964-3.pdf (springer.com [PDF; abgerufen am 20. April 2022]).
  7. a b Allen Hatcher: Algebraic Topologie. Cambridge University Press, Cambridge/New York/Melbourne 2006, ISBN 0-521-79160-X, S. 110.
  8. A.A.Ranicki: One the Hauptvermutung. In: The Hauptvermutung book. 1986, abgerufen am 19. April 2022.
  9. Tibor Rado: Über den Begriff der Riemannschen Fläche. 1925, abgerufen am 19. April 2022.
  10. Edwin Moise: Geometric Topology in Dimensions 2 and 3. Springer Verlag, New York 1977.
  11. R. C. Kirby, L. C. Siebenmann: Annex B. On The Triangulation of Manifolds and the Hauptvermutung. In: Foundational Essays on Topological Manifolds, Smoothings, and Triangulations. (AM-88). Princeton University Press, 31. Dezember 1977, S. 299–306.
  12. Chapter IV; Casson’s Invariant for Oriented Homology 3-spheres. In: Casson's Invariant for Oriented Homology Three-Spheres. Princeton University Press, 31. Dezember 1990, S. 63–79.
  13. Topologie | SpringerLink. doi:10.1007/978-3-662-54964-3.pdf (springer.com [PDF; abgerufen am 20. April 2022]).
  14. Edwin E. Moise: Affine Structures in 3-Manifolds: V. The Triangulation Theorem and Hauptvermutung. In: The Annals of Mathematics. Band 56, Nr. 1, Juli 1952, ISSN 0003-486X, S. 96, doi:10.2307/1969769.
  15. Robert D. Edwards: Suspensions of homology spheres. In: arXiv:math/0610573. 18. Oktober 2006.
  16. a b John Milnor: Two Complexes Which are Homeomorphic But Combinatorially Distinct. In: The Annals of Mathematics. Band 74, Nr. 3, November 1961, ISSN 0003-486X, S. 575, doi:10.2307/1970299.
  17. Marshall M. Cohen: A Course in Simple-Homotopy Theory. In: Graduate Texts in Mathematics. 1973, ISSN 0072-5285, doi:10.1007/978-1-4684-9372-6.
  18. W B R Lickorish: Simplicial moves on complexes and manifolds. In: Proceedings of the Kirbyfest. Mathematical Sciences Publishers, 20. November 1999, doi:10.2140/gtm.1999.2.299.
  19. Seifert, H. (Herbert), 1907-1996.: Lehrbuch der Topologie. AMS Chelsea Pub., 2003, ISBN 0-8218-3595-5.
  20. Otto Forster: Kompakte Riemannsche Flächen. In: Heidelberger Taschenbücher. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 1977, ISBN 978-3-540-08034-3, S. 88–154.
  21. Bredon, Glen E.: Topology and Geometry. Hrsg.: Springer Verlag. Berlin/ Heidelberg/ New York 1993, ISBN 3-540-97926-3, S. 254 f.