Benutzer:Saitham Rebuh/Herzogliches Genesungshaus zu Roda

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Der erste Bau des Genesungshauses, später das Hauptgebäude der psychiatrischen Klinik Stadtroda, von der Gartenseite gesehen

Das Herzogliche Genesungshaus zu Roda war eine Klinik für Geistes- und für Körperkranke, die 1848 in Roda (heute Stadtroda) gegründet wurde.

Die Institution wurde ab 1924 als Thüringische Landesheilanstalt in Stadtroda, ab1961 als Bezirksfachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie, ab1991 als Landesfachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie und seit 2002 bis heute als "Asklepios Fachklinikum Stadtroda" fortgeführt. Bis 2016 besaß sie mit dem alten Hauptgebäude aus dem Jahr 1848 einen der ältesten erhaltenen Psychiatriebauten. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden in der Anstalt zahlreiche Kranke im Rahmen der sogenannten wilden Euthanasie ermordet.

Die Leuchtenburg bei Seitenroda, Vorgänger des Genesungshauses

Gründungsphase 1848-1859[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gründung des Hauses erfolgte vor allem mit der Intention, die Situation der Geisteskranken im Herzogtum Sachsen-Altenburg zu verbessern. Die als unheilbar geltenden Geisteskranken waren bis dato in der Leuchtenburg zusammen mit Sträflingen untergebracht, die als heilbar geltenden Geisteskranken seit 1833 in einer eigenen Abteilung des Altenburger Allgemeinen Krankenhauses. Beide Institutionen waren gegen Mitte des 19. Jahrhunderts überfüllt. Außerdem fehlte im Westteil des Herzogtums Sachsen-Altenburg ein Krankenhaus für Körperkranke.[1] Das "Herzogliche Genesungshaus" war von Anfang an nicht als Verwahranstalt, sondern als Krankenhaus sowohl für Körper- als auch für Geisteskranke, und unter letzteren sowohl für heilbare als auch für nicht heilbare gedacht. Die gemeinsame Unterbringung von Körper- und Geisteskranken wurde von den Vertretern der damaligen Psychiatrie eigentlich als ungünstig beurteilt und hier vom ersten Direktor der Anstalt durch die besondere Situation eines sehr kleinen Fürstentums begründet.[2]

Plan der Anlage von 1848, nachträglich koloriert

Die abgelegene Lage der Anstalt in ländlicher Umgebung entsprach dagegen ganz den damaligen Vorstellungen. Man erhoffte sich davon eine heilsame Wirkung auf das Gemüt der Geisteskranken.

Das äußere Erscheinungsbild der Anstalt bei Eröffnung im Jahr 1848[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eingangsflügel des Hauptgebäudes vom Zugangsweg aus gesehen
Eingangshalle mit Blick durch den Flur des Verbindungsbaus zur Gartenseite
Gartenseite des Genesungshauses mit Turm und Mittelgiebel

Man wählte als Ort für die Anlage eine Anhöhe über der Stadt Roda "mit einer lieblichen Umgebung und schönen Fernsicht".[3] Das ursprüngliche Gebäude war als symmetrische Flügelanlage um zwei weitgehend von Gebäudeteilen umschlossene Innenhöfe konzipiert. Kam man den gewundenen Zufahrtsweg zur Anstalt hoch, so erblickte man als erstes den im (Nord-)Westen gelegenen Eingangsflügel. Hier war im Erdgeschoss ursprünglich die Wohnung des Direktors untergebracht, in der zweiten Etage wurden die Geisteskranken "erster Klasse" versorgt, und zwar vom Zugangsweg aus gesehen in je 5 Zimmern rechts (also nach Süden hin) die männlichen und links (nach Norden) die weiblichen Geisteskranken. Den Haupteingang im gegenüber dem Straßenniveau etwas erhöht gelegenen Erdgeschoss erreichte man über eine Freitreppe. Über der ursprünglichen Eingangstür war ein Bibelspruch (Ps xx) angebracht, der später verloren ging. Ein Verbindungsbau verband den Eingangsflügel mit dem Gartenflügel auf der gegenüberliegenden Seite. In diesem Verbindungsbau waren im Erdgeschoss die Ökonomie-Räumlichkeiten mit Badehaus und Wohnung des Hausverwalters untergebracht; das Obergeschoss beherbergte die Krankenanstalt für die Körperkranken mit 15 Zimmern sowie den Betsaal. Der Gartenflügel im (Süd-)Osten war nach beiden Seiten hin länger als der Eingangsflügel. Hier waren in beiden Etagen die Geisteskranken untergebracht, und zwar wiederum nach Süden hin die männlichen und nach Norden hin die weiblichen Patienten. Von den Gartenflügeln her zogen sich zwei ursprünglich einstöckige Gebäudeteile wieder zurück in Richtung Eingangsflügel, so dass die zwei durch Gebäude fast vollständig umschlossenen Innenhöfe entstanden. Diese seitlich gelegenen Gebäudeteile waren ursprünglich für die "tobsüchtigen" Geisteskranken vorgesehen.

Es ergaben sich somit fünf Abteilungen für Männer und vier für Frauen (nämlich jeweils eine im Ober- und eine Im Untergeschoss des Gartenflügels, eine für die Geisteskranken erster Klasse und eine für die Tobsüchtigen; außerdem die Abteilung für die Körperkranken). Jeder dieser Abteilungen war eigene Gärten zugeordnet: Die Innenhöfe waren für die Körperkranken reserviert, während sich die Gärten für die Geisteskranken um das Gebäude herum angeordnet fanden, jeweils wieder getrennt nach Männern und Frauen, nach Stockwerken sowie mit je eigenen Gärten für die "Tobsüchtigen". Außen herum waren im Uhrzeigersinn ein Englischer Garten, ein Trockenplatz, ausgedehnte Gemüsegärten, ein Holzhof und ein Obstgarten angelegt. Die Fläche der gesamten Anlage betrug ursprünglich 5 Acker, entsprechend etwa 3,2 Hektar.

In der Mitte der Gartenseite war über dem klassizistisch anmutenden Mittelgiebel ein Glockenturm mit Uhr angebracht, der den Tagesablauf der Kranken regelte. Über dem Mitteltor zum Garten war auf einer Tafel die 13. Strophe aus dem Neujahrslied von Paul Gerhard angebracht.

Die Organisation und der Alltag[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tafel über dem Portal der Gartenseite mit Strophe aus dem Neujahrslied von Paul Gerhard

In den ersten Jahren kam die Anstalt mit etwa 17 fest angestellten Personen aus. Diese waren:

  • der ärztliche Direktor der im Eingangsflügel wohnte
  • zu dessen Unterstützung und Vertretung ein zweiter außerhalb der Anstalt wohnender Arzt
  • ein Hausverwalter, der sowohl für "ökonomische Geschäfte" als auch für die "niederen chirurgischen Verrichtungen" zuständig war
  • eine Wirtschafterin
  • ein Controleur für die Buchführung und das Rechnungswesen
  • ein Hausmann und
  • eine Köchin sowie
  • das Pflegepersonal bestehend aus fünf "Wärtern" und fünf "Wärterinnen".

Geplant war die Anstalt ursprünglich für 70 Geisteskranke. Am Eröffnungstag, dem 16. August 1848 wurden zunächst 49 Personen aufgenommen, nämlich 16 Männer und 15 Frauen aus dem Altenburger allgemeinen Krankenhaus sowie 13 Männer und 5 Frauen von der Feste Leuchtenburg (davon lebten 1873 noch 2 Männer und 2 Frauen im Alter von 60-66 Jahren, 4, S. 9).

Die Kosten wurden im Wesentlichen durch sogenannte Sustentationsgelder bestritten, welche für die Geisteskranken meist von deren Angehörigen in abgestufter Höhe (gemäß den drei "Klassen" der Geisteskranken) gezahlt werden mussten.

Die Patienten wurden im Alltag mit Garten- und Hausarbeiten, Holzspalten, Strohflechten, Waschen, Stricken, Nähen und Spinnen (1, S. 236) beschäftigt. In dieser Tätigkeit sah man sowohl einen therapeutischen Nutzen durch regelmäßige Beschäftigung und geregelten Tagesablauf als auch einen Beitrag zum Erhalt der Einrichtung, da so ein Teil der Ausstattung und Verpflegung z.B. durch Gemüse- und Kartoffelanbau usw. selbst produziert werden konnte. Für Abwechslung sorgten gelegentliche Spaziergänge und Lustpartien in die Umgebung. Die seelsorgerische Betreuung übernahm ein Pfarrer aus der Stadt, der an Sonn- und Feiertagen regelmäßig Gottesdienste feierte sowie zweimal im Jahr das Abendmahl.

Erste Erweiterung 1859[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1856 beherbergte die Anstalt bereits 116 Geisteskranke, obgleich sie ursprünglich nur für 70 geplant war. Daher erfolgte bis 1858 die Aufstockung der Seitenflügel, die baulich in der ursprünglichen Anlage bereits vorbereitet war. Ein weiterer Grund für die Aufstockung war ein Staatsvertrag mit dem Fürstentum Reuss jüngere Linie, wonach in der Anstalt bis zu 40 reussische Irre Aufnahme finden sollten.[4] Es entstanden laut Bericht des damaligen Direktors 20 neue Wohn- und 3 Arbeitssäle, so dass die Anstalt nun insgesamt Platz für "150 Irre, 30 Körperkranke, 18 Dienstleute, zusammen 198 Personen" bot. Die Geisteskranken wurden in 5 Abteilungen aufgeteilt: "a) Irre I. Verpflegungsklasse und Reconvalescente, b) ruhige heilbare und unheilbare Irre II. und III. Klasse gebildeten Standes c) ruhige unheilbare Irre niederen Standes D) blödsinnige, Epileptische, Unreinliche E) Unruhige und Tobsüchtige. Jede dieser Abtheilung hat einen besonderen Corridor, bepflanzten und mit Rasenplätzen versehenen Hof, Wasserleitung und Abtritt, ist durch Thür- und Treppenverschluss von jeder einzelnen geschieden, aber von dem Ganzen zugänglich und leicht zu beaufsichtigen."[5] Besonders erwähnt wird durch den Direktor auch, dass den Geisteskranken - sowohl den Männern als auch den Frauen - nun durch den Küster regelmäßig Unterricht in Gesang und in "populären Disciplinen" erteilt wurde.

Erweiterungen bis 1918[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine erneute Erweiterung der Anstalt wurde nach wenigen Jahren abermals wegen Überfüllung notwendig, zumal inzwischen auch mit dem Fürstentum Reuss ältere Linie ein Staatsvertrag über die Aufnahme von bis zu 20 Personen geschlossen worden war.[6] Es wurde daher südwestlich der Anstalt ein neues Gebäude errichtet, die sogenannte Filiale I, die am 1. Oktober 1869  eröffnet wurde.

207 Irre, 38 Körperkranke, 22 Dienst- und Wartpersonen.[7]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Maeder (1856): Friedrich Eduard Maeder: Mitteilungen über die Herzogliche Sachsen-Altenburgische Irren-Heil- und Pflegeanstalt "Genesungshaus zu Roda" In: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und psychisch-gerichtliche Medizin Band/Jahrgang, 13/1856, S. 231–236
  • Maeder (1859): Friedrich Eduard Maeder: "Aus Roda" -- Mitteilung über die erste Erweiterung des Genesungshauses In: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und psychisch-gerichtliche Medizin Band 16, 1859, S. 537–539
  • Maeder (1868): Friedrich Eduard Maeder: Genesungshaus zu Roda In: Altenburger Zeitung für Stadt und Land, Band 125, 1868
  • Maeder (1873): Friedrich Eduard Maeder: Nachrichten über die Herzogl. Sächs. Altenburgische Irren- und Krankenanstalt "Genesungshaus zu Roda." C. Olbrich´s, Altenburg 1873
  • Werner (1886): C. Werner: Nekrolog Maeder In: Allgemeine Zeitschrift für Psychiatrie und psychisch-gerichtliche Medizin Band 43, 1886, S. 231–236
  • Ernst Löbe:
  • Emil Bratz: Nekrolog Adolf Meyer In: Psychiatrisch-Neurologische Wochenschrift, 1903, Nr. 8 S. 88f
  • Gerhard Buchda: Das Landeskrankenhaus in Stadtroda 1848-1948, Festschrift zur Erinnerung an das hundertjährige Bestehen der Anstalt., Vopelius, Jena 1948, OCLC=248182558
  • Gerhard Buchda: Das Landeskrankenhaus in Stadtroda 1848–1948. Festschrift zur Erinnerung an das hundertjährige Bestehen der Anstalt. Vopelius, Jena 1948, OCLC 248182558, S. 7.
  • Krankenhaus Altenburg gGmbH, 200 Jahre Krankenhaus Altenburg, Altenburg 1997
  • Autor: Titel. Verlag, Ort Jahr, ISBN.
  • Autor: Titel. Verlag, Ort Jahr, ISBN, S. X–Y.
  • Herausgeber (Hrsg.): Titel (= Reihe. Band). x. Auflage. Verlag, Ort Jahr, ISBN.
  • Autor: Titel. In: Herausgeber (Hrsg.): Sammelwerk (= Reihe. Band). Verlag, Ort Jahr, ISBN, S. X–Y ([http:// online]).
  • Autor X, Autor Y: Titel. Untertitel. In: Zeitschrift. Band/Jahrgang, Nr. X, Jahr, ISSN 0000-0000, S. X–Y ([http:// PDF; 1,1 MB]).
  • Autor: Titel. Herausgegeben von Herausgeber. Verlag, Ort Jahr, ISBN.


Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Hospital in Stadtroda – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien


Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Buchda (1948), S. 7-8.
  2. Maeder (1856), S. 232
  3. ebd.
  4. Maeder (1859), S. 537
  5. Maeder (1859), S. 538
  6. Maeder (1873), S. 9
  7. Maeder (1873), S. 10