Benutzer:Si! SWamP/Glashaus am Neckar

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Glashaus am Neckar ist eine Sammelbezeichnung für die Stummfilmproduktion verschiedener Firmen, die in den Jahren 1913 bis 1920 Stummfilme in einem Studio im Heidelberger Stadtteil Schlierbach herstellten[1].

Das "Glashaus am Neckar" war eines der ersten eigenständigen Filmateliers in Deutschland, der Bauantrag vom August 1912 ist fast zeitgleich mit dem Produktionsbeginn in Berlin-Neubabelsberg[2]. Mit 9 x 13 x 23 m ist es auch nur wenig kleiner, allerdings fehlten in Schlierbach das Gelände für Außenaufnahmen und Räumlichkeiten für Handwerker-Ateliers und Werkstätten. Ein bestehendes Fabrikgebäude wurde lediglich durch einen kubischen Anbau "mit dem Aussehen eines Gewächshauses"[3] ergänzt. Der Schwerpunkt lag auf der Herstellung von "Films" - Kopieren, Entwickeln, Perforieren, Trocknen und Vertrieb. Selbstverständlich gehörte eine eigene Titeldruckerei dazu.

Das "Glashaus" wurde gegründet von Ludwig Landmann, einem ehemaligen Agenten der "Nordisk Film Kompagni" in London. Ein erstes Projekt war 1913 eine "Macbeth"-Verfilmung mit dem englischen Schauspieler Arthur Bourchier. Ludwig Landmanns "Film-Industrie" GmbH ging schon 1914 in Konkurs.

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs begann die Filmproduktion erst wieder im Frühjahr 1919 durch die neu gegründete Oberrheinische Filmwerke Gmbh (Nika-Film oder ofi). Die Firma fusionierte schon im Juli mit der düsseldorfer Excelsior-Film zur Internationalen Film-Industrie GmbH (ifi), Heidelberg, in der vermutlich auch die Süddeutschen Filmwerke, München, aufgingen. Die ifi produzierte zunächst "Dorle"- und "Konni"-Komödien (Regie: Franz Schmelter), sowie Detektiv-Filme um den "Welt-Detektiv Ferry White" (Curt Schreck), aber auch Filme wie "Die Rache der Banditen" (1919) und "Red Bull, der letzte Apache" (1920, Regie: Piel/ Phil Jutzi), die man bereits als "Western" bezeichnen kann.

Weitere Produktionen im Umkreis des "Glashauses" waren die "Chateau-Film" und "CB"-Film der beiden Ludwigshafener Adolf Basler (1856-1946) und Carl Becker. Sie wurden unter dem Sammelbegriff "Neckar-Western" bekannt, wobei es sich hierbei allerdings nur um bislang drei überlieferte Filme und etwa ein Dutzend Titel mit Western-Thematik handelt.

Neben "Bull Arizona, der Wüstenadler" (1919) und "Das Vermächtnis der Prärie" (1920, Regie: Adolf Basler) mit dem Hauptdarsteller Hermann Basler, Sohn von Adolf Basler, als "Bull Arizona", gibt es noch "Feuerteufel" der CB-Produktion mit Carl Becker als "Texas Jack" und seinem Bruder Tom (Holmes Zimmermann). Regie führte in beiden Filmen Piel Jutzi, der später mit Arbeiterfilmen und dem Klassiker "Berlin, Alexanderplatz" bekannt werden sollte[4].

Als letzter Film der "Glashaus"-Produktion unter der IFI gilt "Menschen im Rausch" (1920, Regie: Julius Geissendörfer, mit Conrad Veidt). Danach taucht das Kürzel "ifi" auch weiterhin als Produktionsfirma auf, es besteht jedoch Anlass zu der Vermutung, dass diese Filme nicht in Heidelberg hergestellt wurden. 1924 wird das Gelände der "Filmfabrik" verkauft und künftig als Werkstatt für andere industrielle Zwecke genutzt. Das "Glashaus" selbst wird wahrscheinlich 1935 abgerissen um für den Ausbau der B 37 entlang des Neckars Platz zu schaffen.

Die Geschichte des Glashauses fügt sich ein in eine Kontinuität früher Filmproduktion im deutschen Südwesten mit den Standorten Freiburg, Stuttgart und Ludwigshafen[5]. Dass von der gesamten Produktion des "Glashauses" nur drei Western überliefert wurden, prägt das Bild der heidelberger Stummfilme bis heute. Die "Neckar-Western" gelten als Pendant der zeitgleich in München entstehenden "Isar-Western". Diese definitorische Verengung verstellt jedoch den Blick auf die weitaus größere Bandbreite an künstlerischen Ambitionen und Ideen, die mit der Geschichte des Schlierbacher "Glashauses" verbunden sind.

Einzelnachweise

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  1. Wolfgang Jacobsen: Das Glashaus am Neckar. Heidelberg und der Film. In: epd Film, Nr. 7, Juli 1985, S. 15-19.
  2. Das Atelier der Deutschen Bioscop-Gesellschaft nahm im Sommer 1912 den Betrieb in Neubabelsberg auf (Entwurf Guido Seeber, 21 X 16 x 8 m)
  3. aus dem Bauantrag vom 12. August 1912, Stadtarchiv Heidelberg
  4. zu Leben und Werk von Jutzi vgl. Hans-Michael Bock, Wolfgang Jacobsen (Red.): Piel Jutzi (= Filmmaterialien 5); Hamburg, CineGraph 1994.
  5. Jo-Hannes Bauer "Heidelberg im richtigen Licht" Stadt und Schloss als Filmmotiv und Produktionsstandort. In: Kay Hoffmann (Red.): 100 Jahre Filmland Baden-Württemberg. Katalog zur Ausstellung Stuttgart - Ulm - Freiburg - Karlsruhe. Stuttgart: Haus des Dokumentarfilms 2008, S. 22-28.


  • Bauer, Jo-Hannes- Das Glashaus am Neckar : das Filmstudio in der Schlierbacher Landstraße ; 1912-1925 Heidelberg, Jahrbuch zur Geschichteder Stadt. - 7. 2002. - S. 89 - 100
  • [1]
  • Filmarchitektur - eine inszenatorische Bauaufgabe : Produktionsgeschichte von Bauten im deutschen Stummfilm 1919 - 29 / Gerhard R. Braun. Berlin : Winter Industries 2014, S. 215-223
  • Ein Cinegraph Buch - Europa im Sattel: Western zwischen Sibirien und Atlantik JOhannes Roschlau
  • Wilder Westen made in Germany von: Reiner Boller Mühlbeyer Filmbuchverlag, 2018
  • Wolfgang Jacobsen: Das Glashaus am Neckar. Heidelberg und das Kino. In: epd Film, Nr. 7, Juli 1985. (u.a. über Jutzis Filmarbeit in Heidelberg).