Benutzer:Siggisieg/Schreibtisch

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Londoner Weltwirtschaftskonferenz 1933

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Diese Konferenz war mehr eine Art "Schwester"-Konferenz. Denn bereits zur gleichen Thematik vom 4. bis 23. Mai 1927 wurde zu diesem Inhalt in Genf eine Zusammenkunft abgehalten. Der Initiator war der Völkerbund. Um die von 1933 zu verstehen, muss man zwangsläufig auf die Vorgängerkonferenz eingehen, was hier im Artikel nicht getan wird und somit in meinem Diskussionsbeitrag nachgeholt sein soll. Auf die Weltwirtschaftskonferenz von 1933 gehe ich im zweiten Teil ein.

Literaturangaben

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Iwan Manski "Memoiren eines sowjetischen Botschafters", in deutscher Ausgabe erschienen beim Dietz-Verlag 1971,

russischer Orginaltitel "Wostpominanija sowjetskowo pocla - Mir ili Weuna" - Moskau 1964

sowie unter dem Titel "Weuna", Moskau 1965

Weltgeschichte in Daten, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1973, 2. Auflage, Lizenz-Nr.206-435/62/73, S. 633-642

Das Jahrhundertbuch, erschienen 1999, S. 349, ISBN 3-87003-925-6

Gründe der Einberufung

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An der Tagung von 1927 nahmen rund 200 Delegierte teil. Sie kamen aus insgesamt 50 Ländern. Eine gewisse Bedeutungslosigkeit dieses Treffens kam schon dadurch zum Vorschein, dass die Teilnehmer keine offiziellen Vertreter der Regierungen waren und auch nicht mit entsprechenden Vollmacht ausgestattet wurden. So stellten sie sich nur als sogenannte Repräsentanten von einzelnen Ländern der "Weltöffentlichkeit" dar. Bezeichnenderweise waren viele der Delegierten damals Führer der Parteien der II. Internationale. Die Zusammenkunft kam im Zuge einer zeitweiligen Stabilisierung des Wirtschaftssystems jener Jahre zustande. Man glaubte damals, dass die Schwierigkeiten, in die man durch die Ergebnisse des 1. Weltkrieges gelangt war, nun überwunden seien. Der Hauptvertreter dieser Ansicht war der damalige Präsident der USA Hoover. Aber auch in den anderen Ländern dachten die Vertreter der herrschenden Industriezweige in ähnlichen Dimensionen. Eine Ausnahme war die Haltung der damaligen UdSSR, welche die Krise als eine dem System inneliegende Gesetzmäßigkeit beschrieb. Das ist insofern von Bedeutung, da sich daraus die Stimmung ableiten lässt, die damals auf der Genfer Wirtschaftskonferenz herrschte. Hieraus ergab sich auch die Zusammensetzung der Delegationen. Daraus wieder ergaben sich die dort erörternden Probleme und Beschlüsse. Ein Schwerpunkt besonderer Art dieser Konferenz war die Forderung nach einer Belebung des Welthandels durch die Beseitigung bzw. Einschränkung verschiedener den Handel behindernder Schranken, wie Zölle, Quoten, Lizenzen usw. Am Ende der Genfer Konferenz war es dann möglich, eine Reihe von Resolutionen abzufassen, die den Abschluss dieser internationalen Zusammenkunft als einen Erfolg auszuweisen schienen. Herausragend hierbei war die Aufnahme einer Präambel in der Resolution, die folgenden Wortlaut enthielt: "Die Konferenz, die die Bedeutung der Wiederaufnahme des Welthandels anerkennt und sich jeglicher Einmischung auf dem politischen Gebiet enthält, betrachtet die Teilnahme der Delegierten aller Länder - unabhängig von den Unterschieden in den ökonomischen Systemen - als eine glückliche Vorankündigung künftiger Zusammenarbeit zwischen allen Nationen." (Zitat nach Angaben Iwan Manski)

Konferenz von 1933

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Sechs Jahre danach zeigte sich, dass die "Wirtschaftsweisen" der damaligen Konferenz völlig versagt hatten, denn mit dem Jahr 1929 brach die größte aller Wirtschaftskrisen aus, ähnlich wie die jetzige. Also die "Gesetzmäßigkeit" - systembedingt - forderte und fordert ihr Attribut. Im Heimatland Hoovers, des zuvor erwähnten USA-Präsidenten, ausgebrochen (wie auch im September 2009 in ähnlicher Form begonnen ), nahm die Krise nicht übersehbare verheerende Ausmaße an für die gesamte Weltwirtschaft. Überall fuhr die Produktion auf "Rückwärtsgang", die Arbeitslosigkeit stieg rasant an, Banken fielen in die Existenzlosigkeit, Unternehmen gingen scharenweise in den Konkurs, und es war kein Ende abzusehen. Alle Tricks - ähnlich der jetzigen "Abwrackprämie" u.ä. - sowie der ständigen Beteuerungen eines kommenden "Aufschwungs", die Krise schrit ungehindert voran. Folgende Zahlen machen das deutlich, die in den Materialien der Konferenz enthalten waren: Umfang des Welthandels (in Milliarden Gold-Dollar) Januar 1929 - 5 352; Januar 1930 - 4 857; Januar 1931 - 3 257; Januar 1932 - 2 134; Januar 1933 - 1 788. Hier wird deutlich, dass der Welthandel auf ein Drittel zurückgegangen war. Dazu kam noch, dass durch überwiegend in entwerteten Währungen vorgenommenen Handelsoperationen sich verkomplizierten. (Währungsreformen waren die Ursache dafür, Wirtschaftsexperten warnen auch jetzt vor einer solchen Gefahr, nur der starke Euro konnte das bislang verhindern, obgleich auch hier sich die Situation weiter zuspitzt.) Im Jahre 1933 wurde der Welthandel nur zu 20 Prozent in Währungen mit Golddeckung vorgenommen, zu 16 Prozent in Währungen mit "Zwangskurs" und zu 65 Prozent in entwerteten Währungen. Durch diese Krise kam es auch zu Zwistigkeiten unter den Wirtschaftsmächten, die sich immer höher "schraubten". Innerhalb der jeweiligen nationalen Wirtschaftsbereiche gab es einen erbitterten Kampf zwischen einzelnen Gruppen , Trusts und Konzernen sowie - bekanntermaßen - den Banken. In dieser Situation - und damit die direkte Antwort zur oft gestellten Frage, wer die Londoner Konferenz veranlasst hat - beschloss der Völkerbund, die zweite Weltwirtschaftskonferenz nach London einzuberufen (so müsste sie eigentlich genannt werden). Ziel war der Ausweg aus der Krise. Die Haltung zu dieser Konferenz war aber sehr unterschiedlich. Die UdSSR gab ihr keine Lösungschancen, die führende USA-Bourgeoisie sah der Konferenz skeptisch entgegen, lehnten diese sogar ab, um eine Stützung des Dollars ablehnen zu können, aber auch die meisten anderen Länder lehnten waren kategorisch dagegen. Andere dagegen, wie vor allem die britische MacDonald-Regierung, waren dafür, weil sie hofften, mit Hilfe dieser Zusammenkunft, einige wirtschaftliche und politische Manöver ausführen zu können. Großbritannien und Frankreich waren damals faktisch die Herren und Gebieter im Völkerbund, so dass man sagen kann, von ihnen ging die Initiative der Konferenz aus.

Literaturquellen

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Iwan Manski

Prawda vom 12. Juni 1933

Prawda vom 25. Juni 1933

Das Jahrhundertjahrbuch, S. 425

Verlauf der Konferenz von 1933

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Experten aus 17 Ländern - die UdSSR war nicht dabei - erarbeiteten zunächst "Empfehlungen" für diese Konferenz. Man wollte zunächst zu einheitlichen Linien kommen, wie die Haltung gegenüber solch komplizierten Fragen: Zölle, Kriegsschulden, Währungen, Preise und Märkte. So entstand eine "Agenda" nach langen Diskussionen, die der Arbeit der Londoner Konferenz zugrunde gelegt wurde. Sie enthielt unter anderem folgende Formulierung: "Im Zuge der Bewegung zur wirtschaftlichen Beruhigung wurde in Lausanne der Waffenstillstand unterzeichnet. Die Londoner Konferenz muss uns den Friedensvertrag bringen. Andernfalls würde die Welt zweifellos den Weg der nationalen Autarkie einschlagen, der der normalen wirtschaftlichen Entwicklung zuwiderläuft! Eine solche Entscheidung würde das ganze internationale Finanzsystem bis in die Grundfesten erschüttern, den allgemeinen Lebensstandard drücken und Bedingungen schaffen, unter denen das derzeitige System wohl kaum bestehen könnte." Die Eröffnung der Konferenz war auf den 12. Juni 1933 festgelegt worden. Doch zuvor traten Ereignisse ein, die im Grunde einen Erfolg der Zusammenkunft von vornherein unmöglich machen sollten.

Literaturangaben

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dito

Rolle der USA bei der Konferenz und die Währungsblöcke

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Franklin D. Roosevelt, der neu gewählte Präsident der Vereinigten Staaten, schlug einen sogenannten neuen Kurs - New Deal genannt - zur Krisenbewältigung ein. Offiziell wurde das in den Medien der USA und teilweise in der übrigen westeuropäischen Presse als "Reform der US-Wirtschaft" bezeichnet. Er hatte am 4. März 1933 das Amt des Präsidenten angetreten. Roosevelts erster Schritt auf dem "neuen Kurs" war die bewusst herbeigeführte und natürlich kontrollierte Inflation. Der Dollar ging vom Goldstandard ab und wurde künstlich abgewertet. Daher bestand auch kein Interesse vom beabsichtigten Stützungsangebot Gebrauch zu machen Was war der Grund dafür: 1. gedachte Roosevelt die Konkurrenzfähigkeit der amerikanischen Waren auf dem Weltmarkt im Kampf gegen die Waren anderer Länder, vor allem gegen die englischen Waren, zu erhöhen und 2. die Schuldenlast der amerikanischen Farmer, deren Stimme bei seiner Wahl zum Präsidenten eine wichtige Rolle gespielt hatten, zu mildern. Da in der Londoner Konferenz aber im Mittelpunkt die Stabilisierung der Währung stehen sollte, war diese Maßnahme des USA-Präsidenten kontraproduktiv für die Konferenz. Das war auch der Grund, weshalb die USA eigentlich wünschten, die Konferenz käme am besten gar nicht zustande bzw. würde zum Nimmerleinstag verschoben. Da aber die Mehrheit der europäischen Mächte auf diese Konferenz bestanden, mussten die USA zunächst zustimmen. Vorausgegriffen, muss man auch wissen, dass das Weltwirtschafts- und Währungssystem, das zwischen den beiden Weltkriegen bestand, dann durch sich starr voneinander abgrenzende Blockbildungen gekennzeichnet war. Dieser Einschub ist erleichternd bei der vergleichenden Analyse zur jetzigen Weltwirtschaftssituation, hat also nur indirekt etwas mit der Londoner Konferenz zu tun. Es gab beispielsweise den "Sterlingblock", den "Dollarblock" und bis 1936 auch einen "Goldblock". Deutschland vervollständigte mit einer streng gehandhabten Devisenzwangswirtschaft das Bild. (Anmerkung: Der Vergleich zu den ehemaligen Ostblockstaaten mit ihrer Wirtschaftspolitik bietet sich hier an.) Auch heute entwickelt sich durch die Einführung des € wieder solch ein "Blocksystem", obgleich der Dollar ja als Weltwährung noch immer akzeptiert wird, ist ihm aber mit der Einführung des € ein starker Konkurrent im Währungssystem entstanden. Dadurch konnte die jetzige Krise eben für Europa etwas abgefedert werden und wirkt sich verzögernd auf unseren Kontinent aus, allerdings nur für die Länder, die der Eurozone angehören, trotzdem schlägt sie auch hier immer mehr durch. Die historische "Verzahnung" der Dinge in unserer Gegenwart wird deutlich, sofern man sich mit der unverfälschten Geschichtsdarstellung auseinandersetzt. Auch die Verlagerung ganzer Industriezweige in Länder, deren Währung abgeschwächt sind, machen den Absatz der hergestellten Waren einfacher, eine solche Produktionsverschiebung ist also nicht nur eine Frage der billigeren Lohnarbeiter, wie so oft betont wird. Deutlich wird dadurch, dass hier ein systembedingter Grund vorliegt, solche Szenarien auszulösen und die Regierungen mehr oder weniger kaum den Verlauf des Produktionsprozesses entscheidend beeinflussen. Sie können höchstens fördernd wirken - wie im Falle Roosevelts oder hemmend - wie gegenwärtige Aktionen der laufenden Wirtschaftskrise seit September 2009 es scheinen noch möglich machen zu lassen.


Literaturangaben

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Gold-Dollar-Währungskrise, Klaus Kolloch, Verlag "Die Wirtschaft" 1987, ISBN 3-349-00135-1

Gegensätze im Allgemeinen

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Nun aber wieder zurück zur Londoner Konferenz von 1933. Die unterschiedlichen Haltungen zur Londoner Konferenz der einzelnen Teilnehmerstaaten hatten aber noch andere Ursachen. Das Problem der Kriegsschulden zwischen den Alliierten hatte sich nämlich noch zunehmend verschärft. Die USA hatten den Entente-Mächten große finanzielle Hilfe im ersten Weltkrieg geleistet. Diese "Verbündeten" schuldeten den USA insgesamt 11,330 Milliarden Dollar (Die Zahlen entstammen dem amerikanischem Finanzministerium für das Jahr 1921, nach Angaben Iwan Manski). Großbritannien musste 4.675 und Frankreich 3.717 Milliarden zusammenbringen. Anfang der zwanziger Jahre wurde ein Abkommen zwischen den USA und den Schuldnerländern zur Tilgung der Schulden über einen Zeitraum von 60 Jahren geschlossen. - Das klingt insoweit grotesk, da diese Länder ja eigentlich Verbündete waren gegen die Mittelmächte. - Bis zum Jahre 1932 zahlten beide Mächte pünktlich die alljährlichen Raten. Zu einem großen Teil wurden diese Zahlungen aus den Reparationsleistungen Deutschlands abgeführt, das diese wiederum an die Siegermächte Frankreich und England zu zahlen hatte. Im Vertrag von Lausanne vom 9.7. 1932 vereinbarten aber die Siegermächte mit Deutschland ein Abkommen, das die Ablösung der deutschen Reparationsschuld durch eine Abfindungssumme in Form von 3,1 Mrd. Goldmark als sogenannte Schuldverschreibungen zu begrenzen.(Im Vertrag von Versailles war ursprünglich vorgesehen, dass Deutschland bis zum Jahre 1985 Kriegsschulden abzuleisten hätte. Die Utopie solcher Forderungen war inzwischen auch den Siegermächten bewusst geworden, zumal sie Deutschland als neue Wirtschaftskraft brauchten.) Damit war die Einnahmequelle für England und Frankreich zum Ausgleich ihrer Schulden an die USA versiegt. Hinzu kam noch, dass Deutschland bereits schon wegen der ausgebrochenen Weltwirtschaftskrise die Zahlungen 1930 eingestellt hatte, so dass es praktisch zu dem oben genannten Lausanner Kompromiss kommen musste. Frankreich und Großbritannien mussten nun aus eigener Kraft ihre Schuldenlast abtragen und forderten von den USA ein Moratorium. Dazu waren diese aber auf keinen Fall bereit. Nun reifte ein scharfer Konflikt heran. Die Regierung Großbritanniens unter MacDonald leistete 1932 symbolisch noch einen Beitrag ihrer Schulden von 10 Millionen statt der fälligen 75 Millionen Dollar Schulden. Die französische Regierung unter Heriot jedoch zahlte nichts. Beide Regierungen drängten auf der Londoner Konferenz danach, dass diese Schuldenfrage mit auf die Tagesordnung gesetzt werden sollte, da ansonsten eine Krisenbewältigung nicht möglich sei. So wird deutlich, weshalb Großbritannien und Frankreich an der Konferenz interessiert waren, die USA aber nicht. Selbstverständlich lehnten die USA diesen Tagungspunkt von vornherein auf der Londoner Konferenz zu behandeln ab. Nur unter dieser Bedingung seien sie bereit, an der Zusammenkunft überhaupt teilzunehmen. So wurde also der Punkt gestrichen. Es komplizierte sich aber noch mehr. Frankreich hatte wieder kurz vor Beginn der Konferenz seine Zölle erhöht, diese Maßnahme richtete sich in erster Linie gegen die USA und Großbritannien. Inwieweit der Mord am 7. Mai 1932 an dem französischen Staatspräsidenten, einem radikalsozialistischen Politiker, Paul Doumer, damit im Zusammenhang steht, ist nie aufgeklärt worden. Doumer hatte in den zwanziger Jahren als Finanzminister mehrerer Regierungen Frankreichs angehört, bis er 1931 Staatspärsident wurde. Auch Deutschland hatte drei Tage vor Eröffnung der Konferenz ein Transfer-Moratorium für seine verschiednen Zahlungsverpflichtungen erklärt. Diese ergaben sich jedoch nicht aus den einstigen Reparationszahlungen. Das wiederum richtete sich in erster Linie gegen die USA, Großbritannien und Frankreich. Hinzu kam noch, dass Japan entschiedenen Protest erhob gegen die Maßnahmen Großbritanniens, die es in seinen Besitzungen wie Indien und einigen anderen getroffen hatte, um dem japanischen Dumping im Fernen und Mittleren Osten entgegenzuwirken. Die Regierung Großbritanniens stellte sich taub gegenüber den Protesten Japans, das dieses Land nun dazu brachte, dass die japanischen Textilfabrikanten am 13. Juni, einem Tag vor Beginn der Londoner Konferenz, die indische Baumwolle zu boykottieren. So bereiteten sich beide Seiten eifrig auf einen Wirtschaftskrieg vor, der keineswegs zu einem Erfolg der Londoner Konferenz führen könnte. Die Genfer Abrüstungskonferenz tagte parallel im Juni 1933 bereits schon fast anderthalb Jahre ergebnislos und war dem Zusammenbruch nahe. So konnte auch der im März 1933 unterzeichnete antisowjetische Viererpakt (England, Frankreich, Deutschland und Italien) durch diese Widersprüche nicht ratifiziert werden, er ist auch niemals ratifiziert worden. So wurde praktisch der Erfolg der Londoner Weltwirtschaftskonferenz von vornherein von den führenden teilnehmenden Ländern selbst blockiert, verstärkt noch durch die hier geschilderten Tätlichkeiten.


Literaturangabe

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Das Jahrhundertbuch, S. 413

Weltgeschichte in Daten, S. 642 bis 643

Themen der Konferenz

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Am 12. Juni wurde die Konferenz im Saal des Geologischen Museums in Kensington eröffnet. An der Konferenz nahmen rund 1500 Delegierte aus sechsundsechzig Ländern teil. Im Gegensatz zu Genf waren offizielle Regierungsvertreter nach London gekommen. Vertreter des "öffentlichen Lebens" waren ausgeschlossen, darin bestand ein weiterer Unterschied zu der Konferenz in Genf. Jede Regierung hatte ihre bedeutendsten Vertreter entsandt. Die englische Regierung war vertreten durch Schatzkanzler Neville Chamberlain als Delegationsleiter, Simon Runciman, Thomas Lord Hailsman, Cunliff-Lister, der amerikanischen Delegation gehörten Außenminister Hull als Delegationsleiter an sowie Morgenthau. Pittmann gehörte zur französischen Delegation mit seinem Delegationsleiter Daladier als der damalige Ministerpräsident und Heriot. Der deutschen Delegation gehörten Neurath (Delegationsleiter), Schacht und Hugenberg an. Die italienische Delegation leitete Finanzminister Jung, die japanische - Graf Ishil, die türkische - Außenminister Aras, die schwedische - Außenminister Sandler, die rumänische - Außenminister Titulescu, die tschechoslowakische - Außenminister Benes. Österreich war vertreten durch Ministerpräsident Dollfuß. Von den britischen Dominien waren es Bruce (Australien), Bennett (Kanada), General Smuts (Südafrika) und de Valera (Irland). Avenol war der Generalsekretär des Völkerbundes und als solcher vertreten. Den Vorsitz führte der britische Premier MacDonald. Die Sitzung des 12. Juni trug mehr förmlichen Charakter. Die Rede hielt MacDonald. Am 13. Juni begann die Generaldebatte, die drei Tage dauerte. Daladier ergriff als erster das Wort und forderte, dem Währungskrieg eine Ende zu setzen. Sein Land war bis zum Zeitpunkt der Konferenz bei der Goldwährung verblieben.(siehe dazu auch "Währungsblöcke") So wollte er natürlich den Goldstandard erhalten wissen. Als ein Mittel der Überwindung der Krise schlug er ein internationales Übereinkommen vor, das eine allgemeine Einschränkung der Produktion und die Einführung der 40-Stunden-Arbeitswoche vorsah. Ebenso sprach sich die italienische Delegation für die Beibehaltung der Goldwährung aus, griff zugleich die hohen Zölle der USA an. Der Vertreter Japans schloss sich den Vorrednern inhaltlich an, jedoch betonte er noch zusätzlich das "indische Problem". Neurath sprach für Deutschland, er stellte besonders die schwere Lage Deutschlands dar, es gelang ihm aber nicht, die anderen Teilnehmer dafür zu interessieren. Er bemühte sich um Auslandsanleihen an Deutschland, was ihm jedoch ebenfalls nicht gelang. Chamberlain, der britische damalige Finanzminister, hielt es für notwendig, die Währungen auf der Basis des Goldstandards zu stabilisieren, allerdings allmählich. Er empfahl diverse Maßnahmen zum Abbau der Zölle in allen Ländern, bis auf Großbritannien, da es durch die Ottawa-Beschlüsse gerade erst in einer Art "Zollaufrüstung" war. Der amerikanische Vertreter redete verschwommen, d.h. gab keine inhaltlichen Aspekte und hielt sich somit den Rücken frei. Es kam bei allen Reden nichts Konkretes heraus. Die UdSSR machte den Vorschlag, eines "wirtschaftlichen Nichtangriffspaktes", die Auflösung der auf dem Markt befindlichen Überschüsse in solidarischer Abgabe an die ärmeren Regionen, die höhere Auslastung der Produktionsmittel erzeugenden Betriebe durch neue Aufträge, um so der Arbeitslosigkeit entgegenzuwirken. Die Delegationen taten diesen Vorschlag als propagandistisch ab. Mit entsprechenden Zahlenmaterial belegte aber die sowjetische Delegation, dass dies möglich sei. (nachzulesen in M.M Litwinow - Die Außenpolitik der UdSSR, Reden und Erklärungen1927 bis 1935, erschienen in Moskau 1935, S. 231-237 in Russisch). Am Abend des 15. Juni wurde die Generaldebatte geschlossen, ohne Ergebnis. Die einzelnen Schwerpunkte wurden in Kommissionen "vergraben".


Entscheidende Ergebnisse spielten sich außerhalb der Konferenz ab. am 16. Juni überreichte der deutsche Wirtschaftsminister Hugenberg, der Führer der Deutschnationalen, als Vertreter der Hitlerregierung dem Vorsitzenden der Wirtschaftskommission , Coljin, ein Memorandum. Dieses Memorandum begann mit einem Zitat aus Spenglers "Der Untergang des Abendlandes" und bezeichnete Deutschland als das erste Land, das den Kampf gegen "Dekadenz" und "Untermenschentum" aufgenommen hätte. Weiter wurde im Memorandum erklärt, dass zur Überwindung der Krise und zur friedlichen Zusammenarbeit zwischen allen Nationen, insbesondere zwischen den Gläubiger-Nationen (USA, Frankreich und Großbritannien) und den Schuldnerländern (u.a. Deutschland) zwei wichtige Schritte notwendig wären. Erstens müsse man Deutschland wieder ein Kolonialreich in Afrika zuerkennen, da dann von dort aus auf dem gesamten Kontinent große Arbeiten ausgeführt werden könnten, die sonst unterbleiben würden. Zweitens müsste man dem deutschen Volk als dem "Volk ohne Raum" Gebiete eröffnen lassen, in denen es seiner tatkräftigen Rasse Siedlungsraum schaffen und große Werke des Friedens aufbauen könnte. "Wir leiden in Wahrheit nicht an Überproduktion, sondern an erzwungener Unterkonsumtion......Krieg, Revolution und innere Zerrüttung haben ihre Stütze in Rußland und in den Weiten Europas gefunden. Dieser verheerende Prozeß dauert an. Unsere Pflicht ist, dem ein Ende zu setzen." (Quelle. Schulthess' Geschichtskalender, München 1934, S. 479/480) Somit gab Hugenberg die Absicht Hitlers preis, die Welt praktisch unter seine Kontrolle zu bringen. Daraufhin geriet Hugenberg und die Hitlerregierung sofort in ein Kreuzfeuer. Die "Times" bezeichnete die Ausführungen Hugenbergs als "neuen deutschen Wahn", ebenso griff das "Echo de Paris" das Memorandum scharf an, auch die "New York Times" verurteilte dieses Memorandum scharf. Die Regierungen der Westmächte machten ihrer Verärgerung Luft. Nun musste die deutsche Regierung lavieren. Der "Völkische Beobachter", das Zentralorgan der Faschisten, brachte in einem Artikel zum Ausdruck, dass Hugenbergs Ansichten "natürlich nicht als ein politischer Schritt anzusehen sind". Doch in Deutschland gäbe es ja die "Diskussionsfreiheit", so sei dies ein bedauerlicher Fall und undiplomatisch von Seiten Hugenbergs gewesen. London bekam aber schon bald heraus, dass einmal Schacht Mitverfasser dieses Memorandums gewesen war und alles mit Wissen Hitlers und dessen Billigung geschehen war. Am 22. Juni legte die Sowjetunion offiziellen Protest gegen dieses Memorandum ein. Da bereits schon seit 1926 zwischen der deutschen und der sowjetischen Regierung ein abgeschlossener Freundschafts-und Neutralitätsvertrag bestehe, sei dieses Memorandum ein Widerspruch zum Vertragswerk. (Quelle: Geschichte der Diplomatie, Bd. III, Moskau 1947, S.549) Das alles hatte zur Folge, dass Hugenberg aus London abberufen wurde, Schacht und Neurath mussten eilig nach Berlin zur Konsultation reisen und kehrten zur Londoner Konferenz mit ganz anderer Haltung zurück.

Maßnahmen der USA

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Die deutsche Ungeschicktheit hatte keine wesentliche Einwirkung auf das Geschehen der Konferenz. Größere Erregung löste das Verhalten der USA bei den Konferenzteilnehmern aus. Am 15 Juni 1933 waren für Frankreich und Großbritannien wieder Tilgungen ihrer Kriegsschulden bei den USA fällig. Frankreich bezahlte wieder nichts, während Großbritannien erneut einen symbolischen Betrag zurückzahlte, jedoch nur eben 10 statt der fälligen 75 Millionen Dollar. Diese Haltung der beiden Mächte löste Verärgerung bei den USA aus. So wurde die Verständigung zur Währungsfrage noch komplizierter. Schon in den ersten Tagen der Beratungen der Londoner Konferenz gab es Beratungen der Banken dieser drei Länder über die Stabilisierung der Währung. Die Franzosen forderten die Goldparität, da der Franc noch auf der Goldwährung basierte, die Amerikaner waren aus oben genannten Gründen grundsätzlich gegen eine Stabilisierung, die Engländer schlugen einen Kompromiss vor, eine sogenannte "Kautschuk"-Währung, damit meinten sie eine vorläufige Stabilisierung auf einem bestimmten Niveau. Dieses sollte - vorbehaltlich späterer, durch den Lauf der Dinge erforderlich werdender Korrekturen - vorgenommen werden. Am 15. Juni 1933 wurde auf der Beratung der Banken ein Übereinkommen erzielt, das den Standpunkt Großbitanniens nahe kam. Die amerikanische Delegation brachte ein entsprechendes Memorandum in der Wirtschaftskonferenz ein. Als dies auf der New-Yorker Börse bekannt wurde, setzte dort ein Kurssturz ein. Am 11. Juni betrug der Index der zwanzig führenden Aktien 72,2, am 18. Juni nur noch 66,6. Der Weizenpreis sank von 92,4 auf 85,4 Cent je Bushel. Hier schritt jetzt Roosevelt als der Anwalt der Farmer ein. Er sah sofort im Memorandum eine Gefahr für seine Inflationspolitik. In der Nacht vom 20. zum 21. Juni wurden alle Mitglieder der amerikanischen Delegation geweckt, und dies ist in der Zeitung treffend als "Pyjama-Konferenz" bezeichnet worden. Roosevelt war strikt gegen eine Stabilisierung der Währung. Die amerikanische Delegation zog daher umgehend ihr Memorandum zurück. Man war der Meinung, dass die Erhöhung der Preise das beste Mittel sei, die Wirtschaftskrise zu bewältigen. Damit war das Anliegen der Konferenz gescheitert. Doch die europäische Öffentlichkeit wollte das so nicht hinnehmen, so sah sich Roosevelt doch noch gezwungen, seinen engen Vertrauten, Moley am 1. Juli in London erscheinen zu lassen, dieser wollte gewisse Zugeständnisse machen, so z.B. die Dollarabwertung vorübergehend verzögern. Doch das lehnte Roosevelt erneut ab. In einer am 2.Juli veröffentlichten Deklaration erklärte Roosevelt, dass es nicht an der Zeit wäre, die Währung zu stabilisieren. Die inneren Krisen eines jeden Landes müssen für sich Maßnahmen ergreifen, um die Turbulenzen zu bewältigen. Das wäre weitaus wichtiger als irgendwelche internationalen Abkommen. Mit dem 2. Juli war dann die Konferenz endgültig gescheitert.--Siggisieg 21:05, 2. Dez. 2009 (CET)

Charles de Gaulle - Herkunft

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Herkunft und Bildung - Erweiterung

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Vielleicht wäre es nützlich, wenn man die Herkunft de Gaulles etwas tiefer "beleuchten würde". Ich halte es insofern für wichtig, weil daraus hervorgeht, warum dieser Politiker sein Klasse (der bürgerlichen nämlich) aus dem chaotischen Zusammenbruch des zweiten Weltkrieges, aus der Gefahr eines Bürgerkrieges Ende der fünfziger Jahre, aus dem anachronistischen Zustand des klassischen Kolonialismus und aus der drohenden Degradierung zu weltpolitischer Zweitrangigkeit herausführte. Vielleicht ist bekannt, dass zu Beginn des 18. Jh. - so weit würde ich hierbei zurückgehen - sich die Vorfahren de Gaulles aus Vertretern des "Adels des Degens" in solche des "Adels der Robe" wandelten, also in die Reihe der Statthalter, Parlamentsräte, Gerichtsräte, Rechtsanwälte, Staatsanwälte eingingen und so diese Funktionen stets und ständig in der Familienchronik miteinander Wettstreit hielten. Wie jedermann weiß, sind dies Funktionen, die dem staatserhaltenden Zweck dienten, also wie Marx es sagt, zum "Überbau" eines Staates gehörten. Dadurch bekamen dann die de Gaulles die Große Französische Revolution besonders zu spüren. Der Rat Jean Paptiste Philippe de Gaulle verarmte und wurde ins Gefängnis geworfen. Dies veranlasste der Konvent. Der 9. Thermidor, der die so genannte Konterrevolution darstellte, ermöglichte es, dass Rat de Gaulle einen Tag nach seinem Auftenthalt im Gefängnis wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. So konnte sich dieser den neuen Verhältnissen Anpassen und war Gegen Ende der Herrschaft Napoleons Direktor der Militärpost der Großen Armee. Seinem Sohn Julien Philippe de Gaulle gelang es durch geschickte Manöver, die absterbende Linie seines Adelsgeschlechtes mit der Industriebourgeoisie des Nordens zu verbinden. . Julien Philippe heiratet Josephine Maillot, Tochter des Besitzers einer Tabakfabrik in Dukerque. Julien Philippe de Gaulle schrieb einige historische Werke, z.B. "Die neue Geschichte von Paris und seiner Umgebung". Josephine, Charles Großmutter, war ebenso von geistiger Aktivität ungewöhnlichen Ausmaßes. Sie schrieb mehrere Bücher. Die Zeitschrift "Correspondant des familles" brachte sie heraus, darin wurden Schriften des Sozialisten Proudhon mit Zustimmung rezensiert und ebenso die Artikel des späteren Kommunarden Jules Vallès veröffentlichte diese Zeitschrift. Im Jahre 1886 heiratete Henri de Gaulle seine Cousine Jeanne Maillot, und dadurch erhielten die Verbindungen zur Industriebougeoisie eine noch engere Bindung. Am 22. November wurde den Eheleuten Henri de Gaulle und der Cousine und Gemahlin Jeanne Maillot in einem schlichten Einfamilienhaus inmitten eines soliden Bürgerviertels der Stadt Lille, weit entfernt von den lärmenden Industriebezirken, der zweite Sohn geboren mit dem Vornamen Charles. Ich halte diese Vorgeschichte erwähenenswert, da sich aus diesem Milieu, in dem nun Charles aufwuchs sein recht widersprüchlicher Charakter herauschälte. Charles Charakter wird in der Literatur oft mit der seiner Mutter gleichgesetzt: gleiche Sensibilität, verborgen unter einer Maske gleichgültiger Gelassenheit, gleiches Temperament, in dem sich Ausgeglichenheit mit Nervosität mischen, die gleiche Neigung zu plötzlicher heftiger Erregung. Denkweise und Orientierung richteten sich mehr nach seinem Vater. Aber neben der Familienspähre ist es noch wichtiger, den Norden Frankreichs in Betrachtung zu ziehen, aus dem die Familie de Gaulle stammt. Der Norden war schon immer ein Zentrum des Nationalismus und Katholizismus. Die katholische Kirche zeigte hier schon immer eine größere Anpassungsfähigkeit als die westlichen Gebiete Frankreichs. Dadurch verbreiteten sich dort neue geistige Strömungen schneller. Ursache hierfür war die dort angesiedelte Handelsbourgeoisie wie auch die Industriebourgeoisie der nördlichen Departements. Zusammenfassend sei festgestellt, dass im Norden eine ernstere Lebensauffassung herrschte als im Süden, im Languedoc oder in der Provence. Schon Balzac hatte das in seinen Werken immer und immer festgestellt: "Geduld und Gewissenhaftigkeit, Eigenschaften, die die Sitten des Landes genauso langweilig machten wie die weiten Ebenen und der wolkenverhangene Himmel. ..." Die Eltern Charles de Gaulles waren fromm und strenggläubig, zugleich aber auch streng und gebieterisch und unversöhnlich bezüglich der Religion, Sitten und Gebräuche. Der Vater war Lehrer einer Konfessionsschule,. Im Hause entstand nichts ohne Gebet. Die Familie blickt nach rückwärts und hoffte auf die Wiederherstellung der Monarchie. Der 14. Juli, der Tag des Sturmes auf die Bastille wurde als gesetzlicher Feiertag von der Familie ignoriert, statt dessen sah man den Gedenktag der Jeanne d'Arc als Nationalfeiertag an. Nur zwei Dinge wurden in der Familie als würdig befunden und dementsprechend geachtet: die Armee und die Kirche. Von frühester Kindheit wurde Charles vor Augen gehalten, dass er der Träger eines berühmten Geschlechts sei. Darum sei es Pflicht, dass solche Menschen ihrer historischen Mission niemals untreu werden dürften. Das war also der Kern der Familienerziehung, in der Charles de Gaulle aufwuchs. Darin ist auch der Kern zu suchen, dass sich de Gaulle bis an sein Lebensende nie zur Bourgeoisie zugehörig betrachtete. 1962 stellt er fest: "Ein Bourgeoisie? Ich bin niemals einer gewesen. Bougeoisie - das sind Reichtum, Streben nach Einkommen, nach Eigentum. Meine Familie und ich, wir waren immer arm.... Ich fühlte mich niemals mit den Interessen und den Bestrebungen dieser Klasse verbunden" (zitiert nach Lacouture, J., De Gaulle, Paris 1965, S. 3)

Hinter den schwarzen Wäldern - Inhalt

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Der Autor selbst stellt in erzählerischer Form sein Leben dar. Er beginnt mit der Schilderung seiner Heimat, das Städtchen Mittwaldau verlassend, komme man in einen "dunklen Tannenwald", der sich nach einer Stunde Wanderung plötzlich lichte. Und auf dieser Lichtung, umrahmt von "dichten, hohen Tannen, eingebettet zwischen Wiesen und Gärten" stehen "verstreut mehrere alte Hütten und Bauernhöfe, und auch auf beiden Seiten der Straße reiht sich ein Bauerngehöft an das andere...". Während sich alle Gebäude mehr oder weniger "einreihen", gleichförmig eins an das andere, stechen nur zwei besonders heraus: "... die jahrhunderte alte Kirche und das neuerbaute Schulhaus". Die Ärmlichkeit des Dorfes wird förmlich von dem "dunklen Tannenwald" verschluckt. Nach der so allgemeinen Schilderung seiner Heimat wird der Autor konkret und führt uns in ein Haus mit "schiefen Mauern", das innerhalb dieser "zwei Räume" beherbergt. Wir sind im Elternhaus des Autors. "In der kleinen Stube stehen zwei wurmstichige Bettgestelle, ein alter Schrank mit schiefen Türen, eine Kommode mit drei Schubfächern, ein wackliger Tisch mit vier Stühlen und eine Holzbank. In dem einen Bett schläft der alte Vater Karwig, während das andere Bett seiner siebzehnjährigen Tochter Julke als Lager dient... " Bald wechselt der Autor von der Beschreiben der Armseligkeit der Bewohner des Ortes, dem Haus mit den "schiefen Mauern" in die Lebendigkeit des Tuns der Menschen, das nicht minder den Armseligkeiten dieser Zeit ausgesetzt ist. So ist Peter, der Vater Theo Harychs, ein starker, verwegener Bursche, der um Julke, seine Mutter wirbt, auch als Freier mit seinen vier Morgen Pachtland vom Vater der Umworbenen akzeptiert wird, er ist nicht nur stark und verwegen, er trinkt auch gern über den Durst. Dann wird er unbeherrscht und beginnt zu randalieren. Der Leser ahnt alsbald, welche Probleme hier eine Rolle spielen werden. Aus diesem Grund wird Peter von vielen Dorfbewohnern gefürchtet, auch seine von ihm ersehnte schöne, schwarzhaarige Braut ängstigt sich vor ihm. Der Sitte entsprechend fügt sie sich aber auch dem Willen ihres Vaters und will dem ihr auserwählten Mann in "Gottergebenheit" dienen, ihm Kinder gebären. Das erste Kind heißt Erwin, es folgen sechs weitere. Nichts Ungewöhnliches für die damalige Zeit des Kaiserreiches im ostelbischen Gebiet. Die nächsten acht Jahre sind gezeichnet von Sorgen, Not und schweren Schicksalsschlägen, unter denen Julke am meisten zu leiden hatte. Die Harychs sind nach dem Tod von Peters Vater in dessen Dorf übergesiedelt, haben dessen Wirtschaft übernommen. Aber es wird nicht besser, Peter liebt den Schnaps mehr als die Arbeit, das Randalieren im Wirtshaus sagt ihm mehr zu als das "Stubenhocken". So ruiniert er das kleine übernommene Anwesen seines Vaters. Ein Prozess mit Peters Schwager, in dem es um ein Pferd geht, das Julke ihrer Schwägerin für 30 Taler abgekauft hat. Später wird behauptet, dass der Julke das Pferd nur geliehen worden sei. Dieser Prozess nun droht, die Harychs um den Besitz zu bringen. Ein heimlicher Hausverkauf, den Julke organisiert, macht möglich, dass sie den Erlös ihrer Schwester "schenkt". Damit wird der Gerichtsvollzieher "ausgesperrt" und kann den Harychs nichts anhaben. Von dem bei der Schwester aufbewahrten Geld können die Harychs wenigstens einen Waldbauernhof kaufen, der ihnen eine Bleibe gibt. Hier wird Theophil (Theo) als fünftes Kind geboren. Doch erneut bricht Ungemach über die Familie herein. Peter kommt mit dem benachbarten Grafen, einem Leuteschinder und Verschwender, einem rechten Parasiten des Adels, in Streit verprügelt diesen. Der kann ihm das nicht verzeihen, zündet bei Nacht das Haus über dem Kopf an. Wieder ist die Familie ohne Unterkommen, Peter kümmert das Schicksal seiner Familie wenig, er verdingt sich in den Senftenberger Braunkohlengruben, Kinder und Frau werden ihm zur Last. Wieder gerät er in eine Schlägerei mit einem Steiger, was ihm die Entlassung einbringt. Arbeit findet er nun nicht mehr. Inzwischen kommt Peters Schwager dahinter, dass seine Frau vor dem Gericht einen falschen Eid geschworen hat, in dem sie behauptet, dass sie nie 30 Taler für das Pferd erhalten habe. Entsetzt und verzweifelt treibt er diese nun wegen der schweren Sünde, die diese begangen habe, in den Tod. Auch er selbst macht seinem Leben ein Ende. So kommt Peter zu einem kleinen Vermögen, das er nun erbt. Doch das neue hübsche Haus an der schlesischen Grenze gelegen, wird von Peter abermals in den Ruin getrieben. Wieder findet sich die Familie im Elend wieder, Julke erträgt weiterhin das Schlagen ihres betrunkenen Mannes und muss auf die eigene Kraft vertrauen. Die Kinder werden eins nach dem anderen zu den Bauern in Dienst gegeben, und Josef, der Zweitälteste, wird sogar für fünfzehn Taler an einen wildfremden und weit entfernt wohnenden Bauern verschachert. Josef war erfinderisch, um sich vor der Arbeit zu drücken. "...Es war sehr heiß und Rinderbremsen nachten den Kühen viel zu schaffen. Die langen Schwänze erreichten fast jede Stelle ihres Körpers, und sie peitschten unermüdlich auf die Stechfliegen ein. Aber leider erlitten die Fliegen dadurch keinen Schaden und stürzten sich immer wieder auf die armen Kühe. Josef hatte diesem sinnlosen Kampf lange genug untätig zugesehen und sann auf Abhilfe. Schließlich glaubte er das Richtige gefunden zu haben. Er wickelte große eiergroße Steine in Tuchlappen und band sie den Kühen an das Schwanzende. Nun beobachtete er gespannt, was geschehen würde. Und tatsächlich, manch ein Plagegeist kollerte erschlagen zur Erde. Schließlich merkten die Kühe, dass die Fliegenstiche viel weniger schmerzhaft waren als der Versuch, die Bremsen fortzujagen; darum ließen sie hinten die Schwänze und vorne die Köpfe traurig hängen. Aber nun trieben es die Stechfliegen zu bunt. Schließlich war die Geduld der Kühe am Ende. Erst hoben sie die Köpfe und brüllten, dann versuchten sie, die Schwänze hochzuringeln. Sie drehten sich ein paarmal im Kreise und stoben - ausgerechnet über die noch nicht abgeernteten Felder des Nachbarn - dem schützenden Stall zu. Gerade in diesem Augenblick musste der Bauer aus dem Haus treten. Kopfschüttelnd stand er neben einer Kuh und betrachtete die zahlreichen Beulen auf dem Fell. Wohl um ihm den Fall zu demonstrieren, schlug die Kuh mit dem steinbeschwerten Schwanz nach den Fliegen und traf den Bauern am Kopf. Nicht zum ersten Male hatte eine Kuh ihm den Schwanz um die Ohren geschlagen; müßig, sich darüber aufzuregen. Aber was jetzt passiert war, brachte den Bauern außer Fassung. Schon wollte er der Kuh einen kräftigen Fußtritt versetzen, da entdeckte er Josefs Erfindung. Auch den Erfinder entdeckte er gleich darauf hinter einem Holzstapel...." Es ist klar, dass Josef die Arbeit verlor. Dieser kleine Auszug aus dem Roman zeigt, dass Harych in einer gewissen humoristischen Erzählweise recht traurige Dinge darstellt, die Heiterkeit kommt beim Leser zwar an, aber wird verschluckt durch die dunklen Umstände, welche diesem Humor innewohnen. Besonders wird das auch beim Verscherbeln des eigenen Sohnes an einen fremden Bauern deutlich, denn in der näheren Umgebung wollte man solch einen "Taugenichts" nicht mehr haben. "Zwei Tage später hielt ein Bauer aus einem weit entfernten Dorfe vor der Schenke. Vater ging hinüber, um was Neues zu hören. Nachdem sie zu dritt eine Flasche Kornschnaps getrunken hatten, erinnerte sich Vater an seinen gescheiten Sohn und fragte den Bauern, ob er seine Hilfe brauche. 'Mein Junge ist ein geborener Kuhhirt', sagte er, 'und wenn du fünfzehn Taler und eine Flasche Alten Affen ausgibst, kannst du ihn gleich mitnehmen.' Säckels Stachu musste schnell den Josef holen. Nachdem ihn der Bauer längere Zeit prüfend gemustert hatte, schüttelte er den Kopf und schrie: 'Mehr als zehn Taler ist der Bengel nicht wert.' 'Fünfzehn sag ich dir, du Pschakreff.' 'Zwölf und kein Silberstück mehr.'" Und so kam es, dass Josef "verscherbelt" wurde. Der Bauer wurde in ein weiteres Besäufnis eingebunden, und so erreichte Josefs Vater noch einen Zugewinn um zwei Taler und eine halbe Flasche des "Alten Affen". Theo durchlebt weiter die Hölle des Hütejungendaseins. Er haust in einem Stall voller Ungeziefer, hungert und wird beim geringsten Anlass geschlagen. Tuberkulosekrank liegt alsbald sein Vater im Bett und stirbt. Der Tod wird von allen als Erleichterung empfunden. "Als der Sarg in die Grube gelassen wurde, fingen die alten Dorfweiber an zu heulen. Auch Mutter hielt ihr Taschentuch vor die Augen und tat so, als ob sie weinte. Anna flüsterte: 'Guck, wie sie sich verstellt.'" Das Ende des Krieges bringt neue Grenzen, aber die Not bleibt auf beiden Seiten der Staatsgrenze. Mutter Julke will nun wieder ihre nun polnisch gewordene Heimat besuchen. Sie wird wegen illegalen Übertritts verhaftet. Theo sucht seine Mutter, findet auf der Suche nicht nur sie, sondern auch seinen verloren geglaubten Bruder Josef wieder. Der dient inzwischen in der polnischen Armee. Als dieser wegen dunkler Geschäfte vor ein Kriegsgericht und erschossen werden soll, verhilft ihm Theo zur Flucht. Josef gelangt so bis nach Frankreich, wird aber dort in die Fremdenlegion gelockt, um dann bei einem Desertationsversuch von dieser ums Leben zu kommen. So ist Theo der einzige, der sich um Mutter und Geschwister kümmern muss, diese Aufgabe droht den Jungen zu erdrücken. Bei schwerster Arbeit bei einem habgierigen Bauern ringt er um das Lebensminimum. Er fälscht eines Tages sein Geburtsdatum, um als Sechzehnjähriger zu höherem Einkommen zu gelangen und um sich wie seine Brüder Erwin und Paul im mitteldeutschen Industrierevier Arbeit suchen zu können. Mit dieser Hoffnung versehen, endet der Roman. Im Zug nach Mitteldeutschland sitzend, erwartet er mit Spannung die Fahrkartenkontrolle und träumt vor sich hin: "Ich dachte, er (der Schaffner/ Anm. d. Verf.) wird sich wundern, wird sagen: Donnerwetter! So weit fährst du? Und ganz allein. Wie alt bist du denn? - Bald sechzehn, nein siebzehn! Hier, gucken Sie sich meinen Meldeschein an. Neunzehnhundertzwei steht darauf. Ja, neunzehnhundertzwei geboren, nicht etwa drei! Aber er warf nur einen kurzen Blick auf meine Fahrkarte, machte einen hässlichen Strich darauf und gab sie mir schweigend zurück. Ich war sehr böse auf ihn...."

Grundlage des Romans sind persönliche Aufzeichnungen des Autors aus den 1920er Jahren über seine Erlebnisse während des Ersten Weltkrieges. In den Jahren von 1924 bis 1928 suchte er vergeblich einen Verlag für sein Manuskript.[1] Bevor der Roman dann 1928 als Buch veröffentlicht werden konnte, erschien er in 34 Teilen in der Frankfurter Zeitung. Im gleichen Jahr erschien Arnold Zweigs Roman "Der Streit um den Sergeanten Grischa". Beide Romane erreichten einen Welterfolg. Während Ludwig Renn mit seinem "Krieg" seine erste literarische Arbeit vorstellte, gehörte Zweig bereits zu den bekannten Autoren. Ludwig Renn reiht sich so in eine Weltkriegsliteratur ein, wie sie bisher in Deutschland noch nicht geschrieben worden ist. So werden alle nationalistischen Phrasen, welche die Jugend in Europas auf die Schlachtfelder lockten, Lügen gestraft. Ludwig Renn gesteht in einem Nachwort zu seinen Büchern Krieg und Nachkrieg: "Man hatte uns in der Familie, in der Schule und beim Militär vieles erzählt: über die nationalen Pflichten eines Mannes, vom Heldentum und der erhebenden Wirkung des Einsatzes des Lebens im Kriege. Aber als wir an die Front kamen, da zeigte sich all das nur als ein leeres Geschwätz."¹ Das Herausragende am Roman ist, dass nicht ein Offizier, sondern ein einfacher Soldat in Gestalt des Gefreiten "Ludwig" die Handlung bestimmt. "Nicht der Offizier war es gewesen, dessen Handlungen mir an der Front imponiert hatten, sondern der namenlose Soldat, dessen Wärme und Hilfsbereitschaft ich in der schwersten Not der Kämpfe so stark miterlebt hatte", bekennt Ludwig Renn in seinem Roman. Zugleich tritt sein "Hass gegen die dummen Redensarten und Illusionen, mit denen man das Volk schon bald wieder zu füttern begann", deutlich hervor. So wird "Krieg" ein warnendes Signal für das Kommende. Im "Nachkrieg" wird diese Thematik fortgesetzt.

  1. Hans-Harald Müller: Der Krieg und die Schriftsteller, Stuttgart 1986, ISBN 3-476-00603-4, S. 186