Benutzer:Th.sanin/Existenzielle Pädagogik

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Existenzielle Pädagogik ist eine Allgemeine Pädagogik, die ein eigenes Anwendungsfeld der Existenzanalyse neben Psychotherapie, Beratung sowie Seelsorge darstellt. Ihre Ursprünge liegen in den späten 1980er und 1990er Jahren, wobei sie seit den 2000er Jahren vor allem von Eva Maria Waibel weiterentwickelt wird.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Existenzielle Pädagogik hat ihre Ursprünge in den 1980er, 1990er Jahren des 20. Jhs. Vor allem Günter Funke, Christoph Kolbe, Renate Bukovski, Kerstin Breckner, Roman Biberich haben ein erstes Grundgerüst für die Existenzielle Pädagogik errichtet.[1]

Seit den 2000er Jahren wird die Existenzielle Pädagogik von Eva Maria Waibel weiterentwickelt und systematisiert. Als ausgebildete Psychotherapeutin und Pädagogin stellt sie sich immer wieder die Frage, welche logischen Konsequenzen die Inhalte aus der Logotherapie und Existenzanalyse für Erziehung und Unterricht haben.[2]

2012 wurde sich innerhalb der GLE-International auf den Namen Existenzielle Pädagogik geeinigt.

Im Jahr 2019 wurde ein eigenes Institut für Existenzielle Pädagogik mit Sitz in Dornbirn von Eva Maria Waibel, Thomas Happ, Andreas und Doris Hausheer gegründet, dessen Ziel es ist, die Existenzielle Pädagogik weiterzuentwickeln und zu verbreiten.[2]

Mittlerweile werden an verschiedenen Österreichischen Pädagogischen Hochschulen Masterlehrgänge sowie Fortbildungen zur Existenziellen Pädagogik angeboten.[3][4]

Grundlagen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Existenzielle Pädagogik greift auf die Grundlagen der Logotherapie und Existenzanalyse Viktor Frankls und deren Weiterentwicklung durch Alfried Längle zurück.[5] Im Gegensatz zur existenzanalytischen Therapie, die ein gezieltes Heilverfahren für psychische Erkrankungen darstellt, steht bei der Existenziellen Pädagogik die Erziehungslehre im Vordergrund.[5]

Die Existenzielle Pädagogik "will Kinder und Jugendliche darin unterstützen, ein selbstbestimmtes und existenziell erfülltes Leben zu führen. In Zentrum der theoretischen Grundüberlegungen stehen daher Überlegungen, welche Herausforderungen im Leben auf Menschen warten und welche möglichen Antworten es gibt [...]."[6]

Die Phänomenologische Erziehungswissenschaft, die Humanistische Erziehungswissenschaft, die Personorientierte Pädagogik weisen einen engen Bezug zur Existenziellen Pädagogik auf.[7]

Sie basiert auf dem dreidimensionalen und anthropologischen Menschenbild nach Viktor Frankl, welches sowohl den Körper, die Psyche als auch die Person umfasst.[8] Ziel der Existenziellen Pädagogik ist es, den Erziehenden stets in seiner Person zu erreichen, was unter anderem durch die phänomenologische Offenheit und die Methode des Anfragens gelingen kann. Es geht um Personalisierung statt Individualisierung. Die zentrale Frage lautet in jeder Erziehungssituation: "Was braucht dieses Kind jetzt von mir?“. Aus dieser sehr zentralen Frage leitet sich außerdem ab, dass es keine konkreten Tools oder Rezepte für Erziehungssituationen gibt, sondern dass in jeder Situation sowohl der Erziehende als auch der zu Erziehende vom Leben angefragt wird, zu entscheiden und zu antworten und in diesem Zusammenhang seine Entscheidung zu verantworten hat.

Des Weiteren stützt sich die Existenzielle Pädagogik theoretisch auf den folgenden vier Grundmotivationen der Existenzanalyse, die von Alfried Längle entwickelt wurden und auf die Pädagogik von Eva Maria Waibel adaptiert wurden:[9]

  • Grundmotivation 1 - Können: Das innere Ja zur Welt  (Grundvertrauen) - Kann ich in der Welt sein?
  • Grundmotivation 2 - Mögen: Das innere Ja zum Leben (Grundwert) - Mag ich leben?
  • Grundmotivation 3 - Dürfen: Das innere Ja zu mir und anderen (Selbstwert) - Darf ich sein?
  • Grundmotivation 4 - Sollen: Das innere Ja auf eine Zukunft hin (Sinn) - Wozu/Wofür bin ich da?

Damit Kinder und Jugendliche sich in allen vier Grundmotivationen (weiter)entwickeln können, braucht es unterschiedliche Gegebenheiten, sogenannte Bausteine:

  • Bausteine für Grundmotivation 1: Raum, Schutz und Halt
  • Bausteine für Grundmotivation 2: Beziehung, Zeit und Nähe
  • Bausteine für Grundmotivation 3: Beachtung, Wertschätzung, Gerechtheit
  • Bausteine für Grundmotivation 4: Strukturen, Tätigkeitsfelder und personale Werte

Diese Bausteine bilden den Kompass für das pädagogische Handeln.

Empfinden und erleben Kinder in einer oder mehreren dieser Grundmotivationen einen Mangel, so entstehen charakteristische Schutzreaktionen und Störbilder.[10]

Praktische Umsetzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Viele verschiedene Bildungseinrichtungen im deutschsprachigen Raum haben die Existenzielle Pädagogik bereits in ihrem pädagogischen Konzept aufgenommen und versuchen, diese auch tagtäglich zu leben bzw. erfahrbar zu machen. So zum Beispiel, das Elisabethstift in Berlin oder die Bildungsdirektion Kärnten.[11][12]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Eva Maria Waibel (2023), Existenzielle Pädagogik. In Döll Marion, Huber Matthias (Hrsg.): Bildungswissenschaft in Begriffen, Theorien und Diskursen: Springer VS: Heidelberg, S. 173–180.
  • Eva Maria Waibel (2017), Erziehung zum Sinn – Sinn der Erziehung. Grundlagen einer Existenziellen Pädagogik. Überarbeitete Neuauflage. Beltz/Juventa: Weinheim.
  • Eva Maria Waibel/Wurzrainer Andreas (2016), Motivierte Kinder – authentische Lehrpersonen. Einblicke in den Existenziellen Unterricht. Weinheim: Beltz/Juventa.
  • Eva Maria Waibel (2018), Inneres Wachstum durch personale Begegnung. Impulse Existenzieller Pädagogik. In: Existenzanalyse, 2, S. 4–18.
  • Eva Maria Waibel (2014), Wie wissen wir, ob wir in der Erziehung richtig handeln? In: Existenzanalyse, Zeitschrift der GLE International 31, 1, S. 26–39.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

[[Kategorie:Allgemeine Pädagogik]]

  1. Thomas Happ: Die Existenzielle Pädagogik. Interview mit Eva Maria Waibel. In: Eva Maria Waibel (Hrsg.): Wertschätzung wirkt Wunder. Perspektiven Existenzielle Pädagogik. 1. Auflage. Beltz Juventa, Weinheim / Basel 2020, S. 17 ff.
  2. a b Institut für Existenzielle Pädagogik – Geschichte der Existenziellen Pädagogik. Abgerufen am 21. Januar 2024.
  3. PH-Linz: Lehrgang. Abgerufen am 21. Januar 2024.
  4. HLG Existenzielle Pädagogik. Wachstum durch personale Begegnung ermöglichen | PÄDAGOGISCHE HOCHSCHULE TIROL. Abgerufen am 21. Januar 2024.
  5. a b Eva Maria Waibel: Existenzielle Pädagogik. In: Matthias Huber, Marion Döll (Hrsg.): Bildungswissenschaft in Begriffen, Theorien und Diskursen. 1. Auflage. Springer VS, Wiesbaden 2023, S. 174.
  6. Eva Maria Waibel: Erziehung zum Sinn - Sinn der Erziehung. Grundlagen einer Existenziellen Pädagogik. 1. Auflage. Beltz Juventa, Weinheim / Basel 2017, ISBN 978-3-7799-3606-0, S. 25.
  7. Eva Maria Waibel: Erziehung zum Sinn - Sinn der Erziehung. Grundlagen einer Existenziellen Pädagogik. 1. Auflage. Beltz Juventa, Weinheim / Basel 2017, ISBN 978-3-7799-3606-0, S. 25–28.
  8. Viktor Frankl: Logotherapie und Existenzanalyse. Texte aus sechs Jahrzehnten. 1. Auflage. Quintessenz (früher Piper), München 1994, S. 61 ff.
  9. Alfried Längle: Die Grundmotivationen menschlicher Existenz als Wirkstruktur existenzanalytischer Psychotherapie. In: Fundamenta Psychiatrica. Vol.16, Nr. 1, S. 2.
  10. Alfried Längle: Lehrbuch der Existenzanalyse. Grundlagen. Facultas, Wien 2013, S. 71 ff.
  11. Elisabethstift Berlin: Home @ Elisabethstift Berlin. 28. November 2023, abgerufen am 21. Januar 2024.
  12. Existenzielle Pädagogik , Bildungsdirektion für Kärnten. Abgerufen am 21. Januar 2024.