Benutzer:Thomas Planinger (VfGH)/Arbeitsweise und Verfahren

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Der hier stehende Text wurde am 5. September 2016 von Benutzer:Thomas Planinger (VfGH) verfasst und anschließend am 5. September 2016, 16:50 Uhr als Ganzes in den Artikel Verfassungsgerichtshof (Österreich) übertragen. Diese Seite dient daher nur der Dokumentation des Entstehungsprozesses und sollte nicht mehr verändert oder gelöscht werden.

Arbeitsweise und Verfahren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beratung der Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs im Plenum

Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist im Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (VfGG) und in der vom VfGH selbst auf Grundlage des VfGG erlassenen Geschäftsordnung des Verfassungsgerichtshofes näher geregelt (Art. 148 B-VG). Subsidiär (ersatzweise) kommt die Zivilprozessordnung (ZPO) überall dort zur Anwendung, wo durch das VfGG und die Geschäftsordnung keine näheren Bestimmungen zum Verfahrensablauf getroffen werden (§ 35 VfGG). Die Angelegenheiten der Justizverwaltung, wie etwa die Ausübung Diensthoheit über die Bediensteten des Gerichtshofs, werden vom Präsidenten besorgt.

Alle Eingaben an den Verfassungsgerichtshof haben grundsätzlich schriftlich eingebracht zu werden und unterliegen einem Anwaltszwang (§ 17 Abs. 2 VfGG). Einzelne Anträge, die vonseiten von Körperschaften öffentlichen Rechts (Bund, Ländern, Gemeinden, aber hier ausnahmsweise auch einige weitere) eingebracht werden oder von Mitgliedern von Nationalrat, Bundesrat oder Landtagen gestellt werden, sind von dieser Anwaltspflicht ausgenommen. Ebenfalls grundsätzlich sind alle Anträge an den Verfassungsgerichtshof mit einer Eingabegebühr (240 Euro) belastet, von der es wiederum diverse Ausnahmen gibt. Rechtsanwälte sind gemäß § 14a Abs. 4 VfGG verpflichtet, Schriftsätze an den VfGH auf elektronischem Wege – in aller Regel via elektronischem Rechtsverkehr – einzubringen, allen anderen Personen steht dies frei. Bereits seit 2013 ist die komplette interne und externe Aktenverwaltung des VfGH auf den Elektronischen Akt umgestellt, was unter anderem auch die Erkenntniszustellung auf elektronischem Weg ermöglicht.

Nach dem Einlagen des sogenannten „verfahrenseinleitenden Schriftsatzes“ teilt der Präsident des Verfassungsgerichtshofs die Rechtssache einem der ständigen Referenten zu. Diese werden vom Plenum des VfGH aus dessen Mitgliedern gewählt und befassen sich permanent mit der Behandlung der eingetroffenen Rechtssachen. Den Referenten sind sogenannte „verfassungsrechtliche Mitarbeiter“, das sind Juristen, die sie bei ihrer Arbeit unterstützen, beigegeben. Der jeweils zuständige Referent führt in der Folge ein Vorverfahren durch, in dem er sämtliche Vorerhebungen, wie etwa die Prüfung der Zulässigkeit, Erhebungen zum Sachverhalt, eventuelle Zeugeneinvernahmen oder das Anfordern von Stellungnahmen der Verfahrensparteien vornimmt. Am Ende dieses Vorverfahrens bereitet der ständige Referent einen Entwurf vor, der entweder auf Zurückweisung mittels Beschluss, auf Abweisung der Beschwerdebehandlung oder als inhaltlicher Erledigungsentwurf ausgestaltet sein kann. Diesen Entwurf leitet der Referent dann an die restlichen Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs zur Beschlussfassung weiter.[1]

Die Beschlussfassung durch die Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs erfolgt in viermal jährlich stattfindenden, jeweils drei- bis vierwöchigen Sessionen. Dies sind intensive Sitzungswochen, in denen die zur Erledigung vorbereiteten Fälle beraten werden. Im Gegensatz zum deutschen Bundesverfassungsgericht, welches zwei Senate als Spruchkörper eingerichtet hat, entscheidet der Verfassungsgerichtshof in der Regel im Plenum aller 14 Mitglieder. Für die Beschlussfähigkeit ist die Anwesenheit des Vorsitzenden (also des Präsidenten oder Vizepräsidenten) und mindestens acht stimmführender Mitglieder erforderlich. In bestimmten Fällen, in denen die Rechtsfrage durch die bisherige Rechtsprechung des VfGH bereits genügend klargestellt ist, genügt auch die Anwesenheit von vier stimmführenden Mitgliedern (sogenannte „kleine Besetzungen“; § 7 Abs. 2 Z 1 VfGG). Die Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofs werden grundsätzlich mit absoluter Stimmenmehrheit gefasst, wobei der Vorsitzende nicht mitstimmt. Dieser gibt seine Stimme nur bei Stimmengleichheit ab und entscheidet dadurch in solchen strittigen Fällen (sogenanntes Dirimierungsrecht). Im Gegensatz zu inhaltlichen Entscheidungen müssen Ablehnungen von Beschwerden allerdings ausnahmsweise einstimmig beschlossen werden.[2]

Inhaltliche Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs werden grundsätzlich als „Erkenntnis“ bezeichnet (die einleitende Wortfolge jedes Erkenntnisses ist daher auch „Im Namen der Republik! Der Verfassungsgerichtshof hat [...] zu Recht erkannt:“) und schriftlich ausgefertigt. Aus dem jeweiligen Erkenntnis ist nicht ersichtlich, welche Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs für und welche gegen die Entscheidung gestimmt haben. Auch die Einführung der Möglichkeit von dissenting opinions, wie sie etwa das deutsche Bundesverfassungsgericht oder der US-Supreme Court kennen, wird zwar immer wieder diskutiert (etwa bei einer parlamentarischen Enquete zu diesem Thema im Jahr 1998[3] und beim Österreich-Konvent in den Jahren 2003–2005[4]), bislang aber überwiegend abgelehnt und durch den Gesetzgeber nicht aufgegriffen.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Walter Berka: Verfassungsrecht. Grundzüge des österreichischen Verfassungsrechts für das juristische Studium. 6., aktualisierte Auflage. Verlag Österreich, Wien 2016, ISBN 978-3-7046-7281-0, Kapitel: 40.3. Das Verfahren vor dem VfGH, S. 342–344.
  2. Walter Berka: Verfassungsrecht. Grundzüge des österreichischen Verfassungsrechts für das juristische Studium. 6., aktualisierte Auflage. Verlag Österreich, Wien 2016, ISBN 978-3-7046-7281-0, Kapitel: 40.2.2. Die Arbeitsweise des VfGH, S. 341–342.
  3. Enquete: Die Referenten und ihre Meinung zu dissenting opinion. In: Parlamentskorrespondenz Nr. 660. Österreichisches Parlament, 16. Oktober 1998, abgerufen am 5. September 2016.
  4. Protokoll über die 11. Sitzung des Ausschusses 9 am 1. September 2004. Österreich-Konvent, 2. August 2004, abgerufen am 5. September 2016.