Benutzer Diskussion:Sandmann4u/Gürbetaler

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Letzter Kommentar: vor 13 Jahren von Gürbetaler
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Für den Anfang wäre es sicher hilfreich, wenn du mir mal grob aus deiner Sicht prinzipielle Unterschiede zwischen der Schweizer Vielfachsteuerung und einem vergleichbaren Deutschen System erklären könntest. Auf alles weitere gehen ich dann mit der Zeit ein. Sandmann4u 12:07, 25. Mär. 2011 (CET)Beantworten

Mein Problem ist, dass ich die deutschen Systeme nicht genau kenne. Ich war bisher, so wie es der Artikel formulierte (was nicht von mir war), davon ausgegangen, dass Vielfachsteuerung vor allem ein abweichender Begriff und nicht ein abweichendes System ist. Dies zeigt sich am deutlichsten in den modernen ZWS-Systemen, die in der Schweiz z.B. als Vielfachsteuerung V eingereiht wurden.

Aber möglicherweise war der Ursprung wirklich verschieden. In der Schweiz begann die Geschichte der praktischen Anwendung mit der Bestellung der ersten SBB Ce 4/6-Triebwagen 1921. Diese waren von der Konzeption her schon für den Einsatz zu zweit an einem Zug oder zusammen mit einem Steuerwagen vorgesehen. Im Kern ging es ja in beiden Fällen darum, von einem Führerstand aus ein entferntes Triebfahrzeug zu steuern. Ob das führende Fahrzeug dabei ein Trieb- oder ein Steuerwagen ist, macht ja keinen grossen Unterschied. Dementsprechend waren Schweizer Triebfahrzeuge mit Vielfachsteuerung immer auch so eingerichtet, dass sie im Falle eines elektrischen Defekts als reine Steuerwagen verwendet werden konnten und somit die Weiterfahrt des Zuges mit verminderter Leistung erlaubten. Als nächstes bestellte die SBB Gepäcktriebwagen SBB Fe 4/4, die mit den vorgenannten Triebwagen gemischt vielfachgesteuert werden sollten. Und es wurden dieselben Steuerwagen verwendet. Ergänzt wurde das Typenprogramm durch zwei SBB Ce 4/4, die aber eher einem Zufall, nämlich der Verfügbarkeit von Occasions-Fahrmotoren der französischen Gesellschaft MIDI zu verdanken war, die ihre begonnene 16 2/3-Hz-Elektrifikation abbrechen und auf das national verfügte Gleichstromsystem wechseln musste. 1929 hatte die SBB somit einen Bestand von insgesamt 48 untereinander kompatiblen Triebwagen und 10 passenden Steuerwagen mit Vst I.

Zwar wurden in der Folge auch Triebwagen für Privatbahnen mit Vielfachsteuerung ausgerüstet, die knappen Triebfahrzeugbestände erlaubten aber den regelmässigen Einsatz von zwei Triebfahrzeugen in einem Zug damals nicht. Hingegen baute die Burgdorf–Thun-Bahn (später Emmental-Burgdorf-Thun-Bahn) ihre Drehstromtriebwagen bei der Systemumstellung zu Steuerwagen für die neuen Wechselstromtriebwagen um.

Bei den Schmalspurbahnen hatte die Martigny–Châtelard-Bahn schon 1906 begonnen, ihre Zahnradtriebwagen von Steuerwagen aus fernzusteuern. Über das verwendete System habe ich bis jetzt keine relevanten Informationen gefunden, aber die Steckdosen und Kabel haben im Gegensatz zum SBB-System sehr bescheidene Dimensionen.

Aus der Landi-Doppellok SBB Ae 8/14 11852 entstand die Idee, die Lokhälften als eigenständige Lokomotiven SBB Ae 4/6 auszugestalten und mit Vielfachsteuerung Vst II auszurüsten, um so wahlweise Einfach- oder Doppelloks einsetzen zu können. Steuerwagenbetrieb war nicht vorgesehen und die Vielfachsteuerung bewährte sich nicht wirklich. Sie wurde zwar verwendet, aber nur, weil das Depotpersonal wusste, welche Lokomotiven sich miteinander vertrugen wund welche nicht...

Eine andere Anwendung der Vst II waren die drei Schnelltriebwagen RFe 4/4, deren geringe Leistung die Vielfachsteuerung nachgerade erforderte. Sie waren aber auch zu zweit definitiv zu schwach und wurden an Privatbahnen verkauft, wo sie mit anderer Übersetzung etwas mehr zu ziehen vermochten, dafür nicht so schnell. Die Südostbahn beschaffte dazu zwei Steuerwagen und nutzte somit aus der Vielfachsteuerung die Fernsteuerfunktion. Doppeltraktion kam nicht mehr vor.

Offenbar war zu diesem Zeitpunkt (während des Zweiten Weltkrieges) die Vielfachsteuerung für Mehrfachtratkion und Fernsteuerung von Triebwagen durchaus brauchbar, bei Lokomotiven höherer Leistung aber eher problematisch. Auch bei den SBB Re 4/4 I wurde die Vst IIIa nur selten für Doppeltraktion genutzt, für Steuerwagenbetrieb hingegen recht intensiv. Die nach dem Krieg beschafften "Gotthardloks" SBB Ae 6/6 erhielten keine Vielfachsteuerung eingebaut.

Im grossen Stil auch bei Lokomotiven durchsetzen konnte sich die Vielfachsteuerung erst ab Mitte der 1960er-Jahre, als die mit Vst IIId ausgerüsteten SBB RBe 4/4 (Triebwagen) und SBB Re 4/4 II (Lokomotiven) in Betrieb kamen. Nun wurde die Doppeltraktion von Loks zur alltäglichen Erscheinung. Daneben wurde eine grosse Zahl von Steuerwagen beschafft.-- Gürbetaler 23:03, 25. Mär. 2011 (CET)Beantworten