Botanischer Sexismus

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Eine Reihe Ginkobäume im beginnenden Herbstlaub neben einer Autostraße
Städtische Bepflanzung mit männlichem Ginkgo biloba in Riverside, Illinois

Botanischer Sexismus ist ein Begriff, der die bevorzugte Pflanzung geklonter männlicher Pflanzen in städtischen Gebieten beschreibt. Diese wird damit begründet, dass die männlichen Pflanzen keine Früchte oder Blüten erzeugen, welche die Gegend verschmutzen. Weil aber männliche Pflanzen Pollen erzeugen, kann die Luft in Gegenden mit vielen männlichen Pflanzen sehr stark mit Pollen belastet sein, was für Menchen mit Pollenallergien problematisch ist.

Laut dem Amerikanischen Gärtner Tom Ogren, der den Begriff geprägt hat, wurden Pollenallergien durch das Anpflanzen männlicher Klone in städtischen Gebieten verstärkt, weil diese die die Pollenmenge in der Luft erhöhten. Das Anpflanzen von mehr weiblichen Pflanzen würde die Gesamtpollenmenge verringern, da sie keinen Pollen produzieren sondern sogar Pollen zur Bestäubung aus der Luft entfernen.

Die Bepflanzung mit männlichen Klonen wurde in den USA ab 1949 eingeführt und verstärkt im Rahmen der städtischen Begrünungen ab Mitte der 1980er Jahre durchgeführt.[1] Die Theorie des botanischen Sexismus gibt es seit mindestens den 2000er Jahren. Biologischer Sexismus wird in der Ogren Plant Allergy Scale (OPALS) verwendet, die vom US-Landwirtschaftsministerium übernommen wurde.[2] Botanischer Sexismus wurde mit einer gewissen wissenschaftlichen Akzeptanz als Grund für erhöhte Allergien und Asthma gefunden;[3] andere Wissenschaftler haben ihn jedoch auch kritisiert und erklärt, dass er nur für bestimmte Bäume gilt und nicht so weit verbreitet ist, wie Ogren behauptet.

Vom botanischen Sexismus sind auch zweihäusige Arten betroffen, bei denen gezielt nur männliche Exemplare aus den ursprünglich zwittrigen Pflanzen herangezüchtet und dann geklont wurden. Zu diesen zählen Weiden, Pappeln, Espen, Eschen, Silberahorne, Pistazien, Maulbeeren, Pfefferbäume und andere Gehölze wie Wacholder, Eiben, Farnkiefern, Wachsmyrten, Alpenjohannisbeeren, Pflaumen-Eiben und Eiben.[1]

Die Theorie des botanischen Sexismus wurde in den USA stark in sozialen Medien diskutiert, vom wissenschaftlichen Standpunkt aus ist sie anfechtbar. Rita Sousa-Silva, Assistenzprofessorin für Ökologie an der Universität Leiden, entgegnet, dass das OPALS-Bewertungssystem „keinen wissenschaftlichen Hintergrund“ habe.[4] Einige Wissenschaftler haben darauf hingewiesen, dass die Mehrheit der Baumarten (~75 % weltweit) kosexuell sind, was bedeutet, dass sie Blüten mit sowohl männlichen als auch weiblichen Teilen produzieren. Infolgedessen gilt für die meisten Bäume keine menschliche Geschlechtsbinarität, da nur 5 % weltweit zweihäusig sind, obwohl dies die Möglichkeit nicht ausschließt, dass städtische Bäume größtenteils männlich sein könnten.[5] William Elmendorf, Professor für städtisches Forstmanagement an der Penn State University, betont, dass Begriffe wie „fruchtlos“ oder „hülsenlos“ früher häufiger verwendet wurde für zweihäusige Bäume mit geringer Fruchtproduktion wie z. B. Ginkgos.[6] Es gibt nur begrenzte Daten gibt, um die Behauptung zu bestätigen oder zu widerlegen, dass männliche Bäume in der städtischen Landschaft häufiger vorkommen als weibliche Bäume.[7] Auch die Idee, dass zusätzliche weibliche Bäume den Pollen erheblich reduzieren würden, wurde in Frage gestellt, eher wird vorgeschlagen, weniger windblütige Arten zu pflanzen.[8]

  1. a b Thomas Leo Ogren: Botanical Sexism Cultivates Home-Grown Allergies. Abgerufen am 18. Juni 2024 (englisch).
  2. Alex Lee, WIRED UK: The reason your hay fever is so bad? Blame botanical sexism. In: Wired. ISSN 1059-1028 (wired.com [abgerufen am 18. Juni 2024]).
  3. Brian Sawers: Regulating Pollen.
  4. Chad Zanocco, Rita Sousa-Silva: Extreme heat experience influences public support for local climate adaptation policies in Germany. In: Urban Climate. Band 52, November 2023, S. 101759, doi:10.1016/j.uclim.2023.101759 (elsevier.com [abgerufen am 18. Juni 2024]).
  5. Are your trees boys or girls — or both? Abgerufen am 18. Juni 2024 (englisch).
  6. Nicole Fallert: The “Botanical Sexism” Theory On Male Trees Went Viral After It Was Posted On TikTok. Here’s What Experts Say. 27. August 2021, abgerufen am 18. Juni 2024 (englisch).
  7. Jane C. Hu: The Complicated Truth Behind “Botanical Sexism”. In: Slate. 20. Oktober 2021, ISSN 1091-2339 (slate.com [abgerufen am 18. Juni 2024]).
  8. Male plants are not to blame for allergies | Mississippi State University Extension Service. Abgerufen am 18. Juni 2024.