Capriccio B-Dur (Bach)

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Das Capriccio sopra la lontananza de il fratro dilettissimo („Capriccio über die Abreise des sehr beliebten Bruders“) in B-Dur ist ein mehrsätziges Frühwerk für ein Tasteninstrument von Johann Sebastian Bach (BWV 992). Bemerkenswert an der Komposition sind die für Bach untypischen programmatischen Untertitel. Sie weisen auf mögliche Vorbilder hin, nämlich auf Johann Kuhnaus „Musicalische Vorstellung einiger Biblischer Historien in 6. Sonaten“ (1700).[1]

Entstehung

In der Vergangenheit wurde meist Bachs Bruder Johann Jacob (1682–1722), der 1704 als Oboist in die Schwedische Armee ging, als Adressat vermutet und der Titel entsprechend in ...del suo fratello... geändert. Fratello ist die zärtliche Bezeichnung für einen leiblichen Bruder. Doch der Bezug auf Bachs Bruder gilt heute als äußerst fragwürdig.[2] Wahrscheinlich ist die Komposition früher entstanden. Ein Autograph ist nicht erhalten.

Musikalische Einfälle und quasi improvisatorische Ausarbeitung

Die Definitionen der Bachzeitgenossen Friedrich Erhard Niedt, Sebastien de Brossard (von Johann Gottfried Walther in die deutsche Enzyklopädik eingebracht) und Johann Mattheson für das Capriccio gleichen sich darin, dass sie die improvisatorischen oder improvisatorisch wirkenden Einfälle, die keiner festen Regel folgenden Formen und die unkonventionelle Verarbeitung des musikalischen Materials in den Vordergrund stellen. Dem entspricht Bachs Capriccio voll und ganz. Hinzu kommen bei ihm die außermusikalischen Vorstellungen, die die Wahl seiner musikalischen Mittel bestimmt haben.[3]

Einzelsätze

  • „Ist eine Schmeichelung der Freunde, um denselben von seiner Reise abzuhalten.“
    Arioso, Adagio
    B-Dur, 4/4-Takt (C)
    • Eine homophon gesetzte Melodie, meist mit zweiter Stimme in „einschmeichelnden“ Sexten wird durch ein Posthornmotiv unterbrochen und zu Ende geführt.
  • „Ist eine Vorstellung unterschiedlicher Casuum, die ihm in der Fremde könnten vorfallen.“
    g-Moll, 4/4-Takt (C)
    • Die Fuge mit beibehaltenem Kontrapunkt moduliert über c-Moll, f- Moll, b-Moll, Es-Dur, f-Moll nach C-Dur als Halbschluss vor dem nachfolgenden f- Moll des Adagioissimos.
  • „Ist ein allgemeines Lamento der Freunde.“
    Adagioissimo
    f-Moll, 3/4-Takt
  • „Allhier kommen die Freunde, weil sie doch sehen, dass es anders nicht sein kann, und nehmen Abschied.“
    Vorzeichen von B-Dur, jedoch permanent modulierend, ausgehend von Es-Dur mit Schluss in F-Dur, 4/4-Takt (C)
    • vollgriffig gesetzt, ein Tonleitermotiv abwärts wird imitatorisch durchgeführt.
  • Aria di Postiglione
    Adagio poco
    B-Dur, 4/4-Takt (C)
    • Die schlichte Melodie wird immer wieder durch ein Posthornmotiv in Oktavsprüngen abwärts unterbrochen.
  • Fuga all'imitazione della cornetta di postiglione
    B-Dur, 4/4-Takt (C)
    • Das Thema mit Tonrepetitionen und Dreiklangsbrechungen sowie der Kontrapunkt mit dem Oktavenmotiv aus der „Aria“ imitieren das Posthorn.

Einzelnachweise

  1. Werner Breig: Johann Sebastian Bach. In Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Zweite, neubearbeitete Ausgabe, Kassel et altera 1999, Spalte 1499
  2. Christoph Wolff: Johann Sebastian Bach. 2. Auflage, Frankfurt am Main, 2007, S. 82f
  3. Rolf Damman, Stuttgart 1984, S. 166f

Literatur

Rolf Dammann: Bachs Capriccio B-Dur. In Werner Breig u. a. (Hrsg.): Analysen. Beiträge zu einer Problemgeschichte des Komponierens. Festschrift für Hans Heinrich Eggebrecht zum 65. Geburtstag. (= Beihefte zum Archiv für Musikwissenschaft, Band XXIII), Stuttgart 1984, S. 158–179

Weblinks