Deutsch-Russische Juristenvereinigung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Deutsch-Russische Juristenvereinigung e.V. (DRJV) ist eine 1988 gegründete bilaterale Juristenvereinigung mit Sitz in Hamburg. Sie hat etwa 400 Mitglieder aus Deutschland, Russland und weiteren Ländern.

Entstehung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Vereinigung wurde im Spätsommer 1988 unter der Bezeichnung Vereinigung für deutsch-sowjetisches Wirtschaftsrecht e.V. gegründet. Die Gründung in der Phase der Perestroika entsprach einem erstarkten Interesse an Wirtschaftsbeziehungen mit der Sowjetunion und deren rechtlicher Regulierung. Die für die Gründung maßgeblichen Personen waren Jan-Peter Waehler (1934–2002), Osteuropareferent am Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Privatrecht in Hamburg, und Peter Erlinghagen (1932–1994) vom Institut für Recht der Wirtschaft der Universität Hamburg als erster Präsident. Nach dem Tod Erlinghagens wurde Waehler der Präsident des Vereins.

Nach dem Untergang der Sowjetunion änderte der Verein seinen Namen in Vereinigung für deutsch-russisches Wirtschaftsrecht e.V., wobei allerdings in der geänderten Satzung festgehalten wurde, dass auch die rechtliche Entwicklung in anderen Nachfolgestaaten der UdSSR mit beobachtet werden sollte. In den 1990er Jahren lag ein Schwerpunkt der Arbeit der Vereinigung auf dem Bereich des Wirtschaftsrechts und hier besonders beim Gesellschaftsrecht. Die Vereinigung veranstaltete zahlreiche Konferenzen und Seminare zur Neugestaltung der Rechtsordnung Russland mit deutschen und russischen Wissenschaftlern und Praktikern. Sie gab außerdem einen mindestens zweimal jährlich erscheinenden Newsletter über aktuelle Entwicklungen des russischen Rechts und aktuelle Diskussionen rechtspolitischer Themen unter dem Titel Mitteilungen der Vereinigung für deutsch-russisches Wirtschaftsrecht e.V. – Recht und Praxis der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen heraus. Insgesamt sind 60 Ausgaben dieses Newsletters erschienen.[1]

Im Jahr 2002 verstarb Jan-Peter Waehler und Hans Janus folgte ihm im Präsidentenamt. In dieser Zeit wurde die Regionalisierung der Vereinigung mit Arbeitsgruppen in größeren deutschen Städten begonnen und eine Internet-Präsenz geschaffen.

Eine große Veränderung erfolgte im Jahr 2011. Eine andere bilaterale Vereinigung mit nur sehr geringer Mitgliederzahl und wenigen Aktivitäten mit Namen Deutsch-Russische Juristenvereinigung e.V. in Berlin und die Hamburger Vereinigung für deutsch-russisches Wirtschaftsrecht e.V. beschlossen, sich zu einer Vereinigung zusammenzuschließen. Zu diesem Zweck traten die meisten Mitglieder der Berliner Vereinigung der Hamburger Vereinigung bei. Diese änderte ihren Namen in Deutsch-Russische Juristenvereinigung e.V. und die gleichnamige Vereinigung in Berlin wurde aufgelöst.

Ab 2017 war Rainer Wedde, Hochschule RheinMain, Wiesbaden, Vorsitzender der DRJV.[2] Nach seinem Rücktritt vom Amt des Vorsitzenden wird die DRJV amtierend von Tanja Galander und Hans Janus geführt.

Bei der Mitgliederversammlung im Juni 2022 wurde die „Frankfurter Erklärung der Deutsch-Russischen Juristenvereinigung zum Rechtsdialog mit Russland in schwerer Zeit“ verabschiedet.[3] Die DRJV missbilligt darin den von Russland gegen die Ukraine geführten Krieg. Es gebe keinerlei völkerrechtliche, politische oder sonstige Gründe, die es erlaubten, die Friedensordnung in Europa zu zerstören. Die DRJV betont, Juristen dürften nur dem Recht, dem Gesetz und der Gerechtigkeit verpflichtet sein. Willkür und Rechtsbruch würden von der DRJV auf das schärfste abgelehnt und bekämpft.

Ziele und Aktivitäten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Satzungsmäßige Ziele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wie bei den anderen bilateralen Juristenvereinigungen steht auch bei der DRJV die Vertiefung der Kenntnisse des ausländischen Rechts und die Schaffung eines Netzwerkes von Wissenschaftlern und Praktikern mit beruflichem Schwerpunkt in diesem Bereich im Vordergrund.[4] Veranstaltungen regionaler und überregionaler Art finden daher in Deutschland und Russland statt. Hochschulkooperationen werden begleitet und unterstützt. Für Juristen mit vergleichbaren fachlichen Schwerpunkten werden Arbeitskreise und internetbasiert Fachgruppen angeboten.

Veranstaltungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die wichtigste Veranstaltung der DRJV ist die Jahrestagung, die seit 2014 durchgeführt wird. Veranstaltungsorte waren Berlin, Frankfurt, Düsseldorf, Hamburg und München. Des Weiteren werden Fachveranstaltungen zu einzelnen Schwerpunktthemen an verschiedenen Orten Deutschlands angeboten. Auf regionaler Ebene finden Stammtischveranstaltungen statt. Solche regionalen Stammtische gibt es auch in Österreich und in der Schweiz. In Russland konzentrieren sich die Aktivitäten der DRJV auf Sankt Petersburg und Moskau. Diese Aktivitäten ruhen zurzeit.

Publikationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit 2016 gibt die DRJV anstelle der früheren Mitteilungshefte die zweimal jährlich im Berliner Wissenschafts-Verlag erscheinende Deutsch-Russische Rechtszeitschrift DRRZ heraus.[5] In dieser Zeitschrift erscheinen Fachbeiträge in Deutsch, Russisch oder Englisch sowie in Tabellenform mit Erläuterungen die wichtigsten Änderungen im russischen Recht.

Im selben Verlag wird auch die Schriftenreihe der DRJV veröffentlicht, in der bisher drei Bände erschienen sind, zuletzt das von Rainer Wedde im Jahr 2020 herausgegebene Buch Die Reform der russischen Verfassung.[6]

In vier umfangreichen kostenfreien Internetveröffentlichungen stellt die DRJV Informationen zum deutschen Recht in russischer Sprache zur Verfügung.[7]

Empfehlungen zur Übersetzung russischer Fachtermini werden in einem interdisziplinären Arbeitskreis mit Übersetzern und Dolmetschern erarbeitet und ebenfalls veröffentlicht.

Deutsch-Russischer Juristenpreis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die DRJV vergibt einmal jährlich den Deutsch-Russischen Juristenpreis. Mit einem Preisgeld von je 1.000 EUR werden jeweils eine deutsche und eine russische rechtsvergleichende Arbeit in zwei Kategorien ausgezeichnet: Studentische und wissenschaftliche Arbeiten. Der Juristenpreis wird durch Sponsoren finanziert und gemeinschaftlich von verschiedenen Institutionen verliehen. Organisation und Verantwortung liegen bei der DRJV.[8] Die Vergabe des Deutsch-Russischen Juristenpreises wurde 2022 vorerst ausgesetzt.

Vorstand und Vereinsleben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dem Vorstand der DRJV gehören 11 Mitglieder an, Amtierende Vorsitzende sind Tanja Galander und Hans Janus. Regionale Kreise mit eigenen Veranstaltungen gibt es in Berlin, Hamburg, München, Rhein-Main, Rhein-Ruhr, Sachsen und Stuttgart sowie in Graz und Zürich. Die DRJV kooperiert u. a. mit den Fachhochschulen und Universitäten in Berlin, Hamburg, Passau, Potsdam, Wiesbaden, Wismar. Es besteht eine Kooperationsvereinbarung mit der Juristischen Fakultät der Moskauer Staats-Universität (Lomonossow-Universität).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Mitteilungshefte – Deutsch-Russische Juristenvereinigung e.V. Abgerufen am 5. März 2019.
  2. Janus, Hans: Wendezeit und Zeitenwende – 30 Jahre Deutsch-Russische Juristenvereinigung. In: Birke, Rainer / Wedde, Rainer (Hrsg.): Im Dienst des deutsch-russischen Rechtsdialogs : 30 Jahre Deutsch-Russische Juristenvereinigung. Schriftenreihe der Deutsch-Russischen Juristenvereinigung, Band 2. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-3868-4, S. 10–20.
  3. Template of future posts – DRJV. Abgerufen am 31. Juli 2022 (deutsch).
  4. Satzung – Deutsch-Russische Juristenvereinigung e.V. Abgerufen am 5. März 2019.
  5. BWV Digibib Archiv. Abgerufen am 5. März 2019.
  6. Rainer Wedde (Hrsg.): Die Reform der russischen Verfassung. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2020, ISBN 978-3-8305-5057-0.
  7. Publikationen – Deutsch-Russische Juristenvereinigung e.V. Abgerufen am 5. März 2019.
  8. Telke, Jürgen: Der Deutsch-Russische Juristenpreis. In: Birke, Rainer / Wedde, Rainer (Hrsg.): Im Dienst des deutsch-russischen Rechtsdialogs. 30 Jahre Deutsch-Russische Juristenvereinigung. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-8305-3868-4, S. 21–25.