Dionysius der Kartäuser

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Dionysius der Kartäuser (lateinisch Dionysius Carthusianus oder Dionysius Carthusius, auch Dionysius van Leuven, Dionysius van Rijkel, Dionysius von Rickel oder Dionysius von Roermond, manchmal auch Denis der Kartäuser[1] oder Dennis der Kartäuser[2] genannt; * 1402 oder 1403 in Rijkel (Rickel), Hochstift Lüttich; † 12. März 1471 in Roermond, Herzogtum Geldern) war ein belgischer Theologe, Philosoph, Mystiker und Scholastiker des ausgehenden Mittelalters.

Dionysius der Kartäuser. Druck von Anton Woensam, erschienen 1532 in Enchiridion Sacerdotum des Kölner Kartäuserpriors Peter Blomevenna

Dionysius van Rijkel stammte aus dem adeligen Geschlecht der Edlen von Leewis oder Leewen. Da er mit 18 Jahren noch nicht bei den Kartäusern eintreten konnte, immatrikulierte er sich an der Universität Köln, absolvierte dort das Artistenstudium und wurde mit 21 Jahren zum Magister artium promoviert. Anschließend trat er in die Kartause Bethlehem Mariae in Roermond ein. 1423 begann er auch seine schriftstellerische Tätigkeit. Von 1466 bis 1469 war er Prior der Kartause von ’s-Hertogenbosch und begleitete Nikolaus von Kues auf dessen Visitationsreise durch die Niederlande. Er starb am 12. März 1471 in Roermond.

Seine visionären Schriften und seine asketischen Lebensweise brachten ihm den Titel „Doctor Ecstaticus“ ein. Johan Huizinga beschreibt seinen Geist als „für jede heftige Erregung durch das Übernatürliche empfänglich“.[3] So habe er ein „unbegreiflich tätiges Leben“ geführt und „die Ekstasen der großen Mystiker, die wildeste Askese, die fortwährenden Gesichte und Offenbarungen des Geistersehers mit einer fast unabsehbaren Tätigkeit als theologischer Schriftsteller und praktischer geistlicher Ratgeber“ vereint. Seine Arbeitskraft müsse „unverwüstlich gewesen sein“.[4] Dionysius gilt als der Verfasser von 187 Schriften; sein reichhaltiges Werk ist ein letzter Höhepunkt und zugleich Zusammenfassung spätmittelalterlicher Philosophie und Theologie. Huizinga zufolge wirke es so, „als ob die ganze mittelalterliche Theologie noch einmal aus ihm zurückflutet“. Seine Arbeit sei „zusammenfassend, folgernd, nicht neuschöpferisch“ gewesen.[5]

Nach dem Fall von Konstantinopel (1453) verfasste Dionysius mehrere Kampfschriften gegen den Islam und die Türken, darunter eine Widerlegung des Korans (Contra Alchoranum, ca. 1454), deren 1540 in Straßburg gedruckte, gekürzte und paraphrasierte deutsche Übersetzung erstmals Koranverse in deutscher Sprache zugänglich machte.[6][7] Mit seinen Schriften über die Herz-Jesu-Verehrung übte er großen Einfluss auf weitere Theologen des Mittelalters, wie beispielsweise Johannes Justus von Landsberg, aus. Der Jesuit Josef Stierli bezeichnete ihn in seiner Anleitung zur Herz-Jesu-Verehrung in den 1950er Jahren als den „größten deutschen Theologen“ des Mittelalters neben Albertus Magnus.

  • De vanitate mundi
  • De quatuor hominum novissimis
  • Dialogon de fide catholica
  • De vitiis et virtutibus
  • De contemplatione
  • De venustate mundi et pulchritudine Dei
  • Gerardus de Vliederhoven. Dionysius Cartusianus. Stella clericorum cum commento. Testamenta duodecim patriarcharum. Speculum futurorum temporum. Geert Groote (mndl.). Ludolphus Suchensis (nd.). (Theologische Sammelhandschrift) MS-B-112. Westdeutschland (nördl. Rheinland; Marienfrede, Kreuzherrenkonvent?; Borken/Westfalen?) 15. Jh., 2.–3. Viertel (Digitalisat).
  • Liber de statu mundi. Dionysius Cartusianus. Ars moriendi. (Sammelhandschrift) MS-B-197. Düsseldorf, Kreuzherrenkonvent (?), [um 1450 – 1460] (Digitalisat).
  • Opera omnia. Ed. favente Pontifice Maximo Leone XIII. 42 Bände. Typis Cartusiae de Pratis, Monstrolii 1896–1935 (Digitalisate beim Internet Archive; Vita: Bd. 1, S. XXIII–XLVIII).
  • Rosario Assunto: Die Theorie des Schönen im Mittelalter. DuMont, Köln 1963.
  • Hans-Günter Gruber: Christliches Eheverständnis im 15. Jahrhundert. Eine moralgeschichtliche Untersuchung zur Ehelehre Dionysius’ des Kartäusers (= Studien zur Geschichte der Katholischen Moraltheologie. Bd. 29). Regensburg 1989, ISBN 3-7917-1199-7.
  • Samuel Martin Deutsch: Dionysius der Karthäuser (Rickel). In: Realencyklopädie für protestantische Theologie und Kirche (RE). 3. Auflage. Band 4, Hinrichs, Leipzig 1898, S. 698–701.
  • Ferdinand Holböck: Aufblick zum Durchbohrten. Stein am Rhein (Christiana) 1990, ISBN 3-7171-0924-3, S. 177–180.
  • Stefan Podlech: Discretio. Zur Hermeneutik der religiösen Erfahrung bei Dionysius dem Kartäuser (= Analecta Cartusiana. Bd. 194). Salzburg 2002.
  • Karl Richstätter: Die Herz-Jesu-Verehrung des deutschen Mittelalters. Pustet, Regensburg 1924, S. 149–152
  • Josef Stierli: Cor Salvatoris. Wege zur Herz-Jesu-Verehrung. Unter Mitarbeit von Richard Gutzwiller, Hugo Rahner und Karl Rahner. Herder, Freiburg im Breisgau 1954, S. 113–115.
  • Jacob Cornelis van SleeDionysius der Karthäuser. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 246–248.

Einzelnachweise

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  1. Jan Hoeberichts: Franz von Assisi und seine Begegnung mit Muslimen. In: Petrus Bsteh, Brigitte Proksch (Hrsg.): Das Charisma des Ursprungs und die Religionen. Das Werden christlicher Orden im Kontext der Religionen. Lit, Berlin 2011, ISBN 978-3-643-50281-0, S. 206–241 (hier: S. 240, Anm. 73).
  2. Charles De Koninck: Über den Primat des Gemeinwohls. Gegen die Personalisten und das Prinzip der neuen Ordnung. Editiones Scholasticae, Neunkirchen-Seelscheid 2021, ISBN 978-3-86838-252-5, S. 108, Anm. 62.
  3. Johan Huizinga: Der Herbst des Mittelalters. 11. Aufl., Stuttgart 1975, S. 266 f.
  4. Johan Huizinga: Der Herbst des Mittelalters. 11. Aufl., Stuttgart 1975, S. 265.
  5. Johan Huizinga: Der Herbst des Mittelalters. 11. Aufl., Stuttgart 1975, S. 266.
  6. Steffen Völkel: The anti-Islamic writings of Denis the Carthusian. Seubersdorf 2018, abgerufen im Oktober 2022.
  7. Deutsche Übersetzungen des Qurˈān. In: Virtuelle Qurˈān-Ausstellung Schwerin. Islamisches Zentrum Schwerin, abgerufen im Oktober 2022.
Commons: Dionysius der Kartäuser – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien