Exarchat von Karthago

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Auch nach dem Ende des Weströmischen Reiches 476 stellte das oströmische Reich weiterhin ein Bollwerk gegen die „Barbaren“ und das Sassanidenreich dar. 533–553 eroberte der oströmische Kaiser Justinian I. zuerst Nordafrika, Italien, Dalmatien und schlussendlich auch Südspanien zurück. Die Eroberungskriege wie auch die Verteidigung der eroberten Gebiete belasteten jedoch die begrenzten Ressourcen des Reiches. Nachfolgende Kaiser waren nicht bereit, dem durch Preisgabe der eroberten Gebiete abzuhelfen.

Die ständige Bedrohung, in Italien durch die Langobarden, in Nordafrika durch die Berber und in Südspanien durch die Westgoten, zwangen Ostrom zur Dezentralisierung ziviler und militärischer Macht in den eroberten Gebieten, zumal das Altreich mit der Abwehr der Awaren und Slawen auf dem Balkan und der persischen Sassaniden in Kleinasien, Armenien und Syrien genug eigenen Bedrohungen ausgesetzt war. Unter diesen Rahmenbedingungen schuf Maurikios (582–602) die Exarchate von Karthago und Ravenna.

Römisches Nordafrika vor Gründung des Exarchates

Karthago wurde erneut Hauptstadt der römischen Provinz Africa als Belisar nach seinen Siegen über Gelimer bei Ad Decimum und Tricamarum das Reich der Vandalen 533 vernichtete. Ähnlich wie Ravenna, hatte Karthago einen vorzüglichen Hafen. Es galt zudem als das afrikanische Rom. Das oströmische Afrika umfasste außerdem die Provinzen Byzacena, Mauretania Caesariensis, Mauretania Tingitana, Numidien, Sardinien und Tripolitanien. Zeitweilig gehörten auch Südspanien und die Balearen dazu.

Zivile und militärische Befugnisse waren zwischen dem Prätorianerpräfekten und dem magister militum von Africa aufgeteilt. Diese Befugnisse bündelte Maurikios, als er 590, sechs Jahre nach Gründung des Exarchates von Ravenna, das Exarchat von Karthago gründete.

Das Exarchat von 590 bis 642

Bereits der erste Exarch Gennadios (591–598) konnte die Mauren aus eigener Kraft besiegen. Dies bescherte der Provinz Africa jahrzehntelangen Frieden. Maurikios hatte deshalb den Rücken frei, um mit Persien einen vorteilhaften Frieden auszuhandeln (siehe Römisch-Persische Kriege) und anschließend den Awaren und Slawen entgegenzutreten (siehe Balkanfeldzüge des Maurikios). Auch während anschließend unter Phokas das byzantinische Reich in Chaos und Anarchie versank, waren die Verhältnisse in Africa relativ stabil. Herakleios der Ältere, vermutlich Nachfolger von Gennadios und noch von Maurikios zum Exarchen ernannt, konnte den Berberstämmen - vor allem den Aures und dem Fürstentum Masuna - politisch wie auch militärisch die Stirn bieten. Dies wurde begünstigt durch den Umstand, dass einige Berberstämme mit dem Exarchen verbündet waren, so etwa die Sanhadscha und Zanata.

Als 610 Herakleios der Ältere und sein Sohn revoltierten, stellten Berber einen großen Teil der Flotte, mit der Herakleios nach Konstantinopel segelte, während das von Herakleios dem Älteren verhängte Getreideembargo ein übriges tat, um den Unmut in Konstantinopel gegen Phokas anzufachen. Die Pläne von Herakleios aus dem Jahr 618, die Hauptstadt des Reiches von Konstantinopel nach Karthago zu verlegen, belegen die Stabilität und Machtfülle des Exarchates eindrucksvoll. Sie wurden jedoch nicht in die Tat umgesetzt, Konstantinopel trotzte 626 seiner ersten Belagerung, Herakleios besiegte die Perser 627 endgültig.

Abwehrkampf gegen die Araber

Die Islamische Expansion

Mit der Eroberung Ägyptens durch die Araber wurde das Exarchat mit der Islamischen Expansion konfrontiert. Die ersten arabischen Expeditionen wurden 642 von dem gerade eroberten Ägypten durch den Emir Amr Ibn Al-as und seinen Neffen Uqba Ibn al Nafia al Fihri geführt. Vorstöße in die Kyrenaika begegneten kaum Widerstand. Byzantinische Kontrolle beschränkte sich ohnehin auf wenige schlecht verteidigte Küstenstützpunkte. Nachdem die Araber 646 zu zweiten Mal Alexandria erobert hatten, spürten sie die Schwäche des byzantinischen Reiches im südlichen Mittelmeer.

646 rebellierte erneut ein Exarch gegen den Kaiser, diesmal vor dem Hintergrund der monotheletischen Streitigkeiten in Byzanz. Gregorios, ein Verwandter von Herakleios’ Vetter Niketas, sagte sich vom Byzantinischen Reich los und verlegte die Hauptstadt nach Sufetula/Sbeitla. Seine Machtfülle wurde durch die rund 100.000 Berber belegt, die er nach arabischen Quellen aufbieten konnte. Die Araber eroberten die Kyrenaika und stießen nach Tripolitanien und anschließend in die Byzacena vor, wo sie erneut auf Widerstand stießen. Gregorios sammelte seine eigenen Truppen und seine Verbündeten bei seiner Hauptstadt Sufetula, allerdings ohne Unterstützung aus dem byzantinischen Mutterland. Als er sich den von Abdullah ibn Sa'ad ibn Abi as-Sarh geführten Arabern zur Schlacht stellte, konnte er nach arabischen Quellen 120.000 Mann aufbieten, verlor aber Schlacht und möglicherweise auch sein Leben.

Nach der Schlacht zogen sich die Araber nach Tripolitanen zurück, während die übrigen Teile des Exarchates unter dem neuen Exarchen Genadios II. wieder in byzantinische Abhängigkeit gerieten. Die Hauptstadt wurde wieder nach Karthago verlegt, zumal Gregorios nur aus Furcht vor einer byzantinischen Strafexpedition in das Landesinnere nach Sufetula verlegte. Da der neue Exarch die Araber durch Tributzahlungen ruhig zu stellen suchte, führte die entsprechende Steuerlast zu wachsendem Unmut in der Bevölkerung. Der wahre Grund für die Atempause des Exarchats lag jedoch nicht in den Tributzahlungen, sondern in innerislamischen Streitigkeiten um das Amt des Kalifen. Unter Muawiya I. wurde die Expansion 661 wieder aufgenommen. Der Feldherr Uqba ibn Nafi gründete Kairuan und stieß bis zum Atlantik vor.

Einen beachtlichen Abwehrerfolg konnte der Exarch jedoch 683 erzielen, als er zusammen mit verbündeten Berberstämmen unter deren König Kusaila ibn Lemzem die Araber bei Biskra schlagen konnte, vier Jahre nach der ersten arabischen Belagerung von Konstantinopel. Die geschlagenen Araber zogen sich ohne ihren gefallenen Feldherren nach Ägypten zurück, was dem Exarchat eine Atempause verschaffte. Doch 695 nahmen die Araber ihre Angriffe gegen das durch die laufenden Auseinandersetzungen geschwächte Exarchat wieder auf. Verstärkung erhielt es jedoch durch die Westgoten, deren König ebenfalls einen Angriff der Araber befürchtete. 698 belagerte der arabische Feldherr Hassan ibn an-Numan mit 40.000 Mann Karthago. Kaiser Leontios entsandte die byzantinische Flotte unter dem späteren Kaiser Tiberios II. Die Flotte kämpfte mit wechselndem Erfolg gegen die arabische Flotte, wich jedoch nach Kreta aus, um Verstärkungen aufzunehmen. Hierdurch gelang den arabischen Belagerern im Zusammenwirken mit ihrer Flotte die Einnahme der Stadt. Sie zerstörten sie so wie es die Römer 146 v. Chr. getan hatten.

Der Verlust von Africa war ein herber Schlag für das byzantinische Reich. Denn nach dem Verlust Ägyptens ging hier 698 die zweite große Kornkammer verloren. Tiberios brachte der Fall von Karthago jedoch den Kaiserthron ein. Denn seine Offiziere erhoben ihn aus Furcht, für die Niederlage verantwortlich gemacht zu werden, zum Gegenkaiser und stürzten Leontios, dem die Nase abgeschnitten wurde.

Literatur