Fingerhakeln
Das Fingerhakeln ist ein alter alpenländischer, vorwiegend in Bayern und Österreich betriebener Kraftsport.[1]
Historisches
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach Warwitz / Rudolf[2] entstammt das Spiel ursprünglich einer Tradition der alten Zunft der Holzfäller, die als besonders starke Männer galten und dies auch immer wieder gern selbst im Spiel zur Schau stellten.
Angeblich wurden so früher im Alpenland auch Streitereien ausgetragen. Es reiht sich damit in die Tradition der europäischen Sportarten ein, ehe es durch Turnen und Sport zu einer weitgehenden Standardisierung kam.[3] Tatsächlich ist Fingerhakeln in seiner heutigen Form ein organisierter Sport. Lederriemen (ca. 10 cm lang und 6 bis 8 mm stark), Tisch (79 cm hoch, 74 cm breit und 109 cm lang), Hocker (40 mal 40 cm, 48 cm hoch) und Abstand zwischen der Mittellinie und den seitlichen Linien (32 cm) sind genormt. Jedes Jahr werden bayerische, österreichische, deutsche und alpenländische Meisterschaften in verschiedenen Gewichts- und Altersklassen ausgetragen.
Ablauf
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beim Fingerhakeln sitzen beide Gegner einander an einem Tisch gegenüber und versuchen, den Gegner am Finger zu sich herüberzuziehen. Durch körperliche Kraft, Überwindung des Dehnungsschmerzes und eine entsprechende Technik kann der Gegner besiegt werden. Nach den Turnierregeln wird mit einem ca. 10 cm langen und 6–8 mm starken Lederriemen gehakelt. Grundsätzlich kann mit jedem Finger gehakelt werden (mit Ausnahme des Daumens), bevorzugt mit dem Mittelfinger. Manchmal werden auch nur die Zeigefinger ohne Riemen ineinander gehakt. Hinter den beiden Haklern sitzen zwei Auffänger. Dazu kommen ein Schiedsrichter, ein Vorsitzender und zwei Beisitzer.[4][5]
Sonstiges
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Redewendung jemanden über den Tisch ziehen – mit der Bedeutung jemanden (eher trickreich) besiegen, ausspielen – hat ihren Ursprung in diesem Volkssport, in dem nicht allein die Kraft, sondern vor allem die Technik den Ausschlag geben kann.
Ähnliche Sportarten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- „Fingerhakeln – nichts für Weicheier“, Bericht von den 52. Deutschen Meisterschaften in Stötten am Auerberg; RP Online vom 26. Juli 2011, abgerufen am 31. März 2012
- Hermann Dreher holt beim Fingerhakeln in Stötten den deutschen Seniorentitel. In: all-in.de. 26. Juli 2011, abgerufen am 7. März 2023.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ilka Peter: Das Ranggeln im Pinzgau. Salzburg: Verlag der Salzburger Druckerei 1981.
- ↑ Siegbert Warwitz, Anita Rudolf: Fingerhakeln. In: Dies.: Vom Sinn des Spielens. Reflexionen und Spielideen. 5. Auflage. Baltmannsweiler 2021, S. 63.
- ↑ Arnd Krüger: Incorporating traditional games into modern sports. The German Experience. In: E. De Vroede, R. Renson (Hrsg.): Proceedings of the 2nd European Seminar on Traditional Games. Leuven 12–16 Sept. 1990. Vlaamse Volkssport Centrale, Löwen 1991, S. 45–54.
- ↑ Haklerregeln. In: Landesverband Bayerischer Fingerhakler. Abgerufen am 31. März 2022.
- ↑ Franziska Wanninger und Martin Frank, Der famose Freistaat: Bayern verstehen für Anfänger und Fortgeschrittene, S. 164, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg, 2020, ISBN 978-3-499-00190-1.