Hüneburg (Elsass)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 12. Juni 2013 um 21:56 Uhr durch Eisbaer44 (Diskussion | Beiträge) (→‎20. Jahrhundert: +wl). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Hüneburg
Hüneburg von Nordwesten

Hüneburg von Nordwesten

Alternativname(n) Hünenburg,
frz. Hunebourg
Staat Frankreich
Ort Neuwiller-lès-Saverne
Burgentyp Felsenburg
Erhaltungszustand neuzeitliche Teilrekonstruktion
Geographische Lage 48° 50′ N, 7° 22′ OKoordinaten: 48° 50′ 0″ N, 7° 21′ 50,6″ O
Höhenlage 425 m
Hüneburg (Erde)
Hüneburg (Erde)

Die Hüneburg (auch Hünenburg, Château de Hunebourg) liegt im Westen von Neuwiller-lès-Saverne im französischen Département Bas-Rhin auf einem 425 Meter hohen Sandsteinfelsen. Sie ist vom Tal der Nördlichen Zinsel her zugänglich.

Geschichte

Mittelalter und frühe Neuzeit

Die wahrscheinlich aus einer Nebenlinie der Grafen von Dagsburg-Metz stammenden Grafen von Hüneburg werden 1125 in Dokumenten erwähnt, die die Existenz der Burg und der beiden ersten Grafen Theoderic und Folmar belegen. Die Herren von Hüneburg, welche die Burg bis 1225 bewohnten, waren Schirmherren der Abteien von Neuwiller und Honau. Das bekannteste Mitglied aus der Familie derer von Hüneburg war Konrad von Hüneburg, Bischof von Straßburg in der Zeit von 1190 bis 1202. Im 14. und 15. Jahrhundert fanden sich unter den Ganerben der Burg die Familie Fleckenstein und die Herren von Lichtenberg, in den folgenden Jahrhunderten auch die Herren und Grafen von Hanau. Zum Zustand der Burg seit Mitte des 15. Jahrhunderts gibt es keine verlässlichen Quellen. Es wird vermutet, dass sie zunehmend verfiel und nicht mehr bewohnt war.[1]

19. Jahrhundert

Die Ruine wurde während der Französischen Revolution beschlagnahmt, als Nationalgut verkauft und 1809 von dem napoleonischen General Henri-Jacques-Guillaume Clarke erworben, der sich von da an „Comte de Hunebourg“ nannte. Er ließ den mittelalterlichen Bergfried abreißen, um Platz und Material für neue Bauvorhaben zu schaffen. Er hielt sich jedoch nur sehr selten auf der Hüneburg auf. Der Besitz wurde in einen Park mit Jagdhütte umgebaut. Nach dem Tod des Generals 1818 wurde die Hüneburg von dessen Erben verkauft und war von 1823 bis 1932 im Besitz der Familie Feyler aus Neuwiller-lès-Saverne.[2][3]

20. Jahrhundert

1932 erwarb Friedrich Spieser die Burgruine und ließ ab 1934 durch Karl Erich Loebell, einen Architekten aus der Stuttgarter Schule und Schüler von Paul Schmitthenner, neue Wohngebäude und einen Bergfried in neuromanischem Stil errichten. In seiner autobiographischen Erzählung Tausend Brücken schildert Spieser die Prinzipien der Rekonstruktion: Verpflichtung gegenüber der Geschichte, Naturverbundenheit, Schlichtheit und Sachlichkeit in der Ausstattung, Authentizität der Materialien, Orientierung an deutscher Bautradition.[4] In die Burganlage integriert war eine „Wanderherberge“ (Jugendherberge). Der neue Bergfried wurde auf dem kleinen, vom Vorburgplateau durch eine von einem Bogen überbrückte Kluft getrennten Felsen der alten Kernburg gebaut, im Gegensatz zu seinem mittelalterlichen Vorläufer nicht übereck in Frontstellung zur Vorburg, sondern ans andere Ende des Felsens gerückt. Als Friedens-Turm war er „dem unbekanntesten Soldaten des Weltkriegs 1914-18 / den Elsass-Lothringer Gefallenen / und allen toten Kämpfern der Heimat“ gewidmet. Auf der Burg fanden Treffen von autonomistischen elsässischen Vereinen (Erwinsbund, Jungmannschaft) und von Spieser organisierte Volkslied- und Volkstanz-Veranstaltungen statt.[5] Die frankreichfreundliche Presse des Elsass griff die wiederaufgebaute Burg in den politischen Auseinandersetzungen der Vorkriegszeit deshalb als ein „Bollwerk des Deutschtums“ an.[6]

Bei Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde die Burg von den französischen Behörden beschlagnahmt. Nach der Besetzung des Elsass durch die deutschen Truppen kehrte Spieser auf die Burg zurück. Auf Veranlassung des badischen Gauleiters und Chefs der Zivilverwaltung im Elsass Robert Wagner wurde die Leiche des 1940 hingerichteten autonomistischen Politikers Karl Roos aus Nancy überführt und am 19. Juni 1941 auf der Burg mit militärischen Ehren beigesetzt.[7][8] Die Hüneburg wurde in den nächsten Jahren zu einem obligatorischen Wallfahrtsort für die Schüler des deutsch besetzten Elsass-Lothringen.[9]

Nach der Befreiung Frankreichs und der Rückeroberung des Elsass durch die alliierten Truppen soll der Sarkophag von französischen Truppen in den Burggraben gestürzt worden sein. Wo die sterblichen Überreste von Roos blieben, ist nicht bekannt.[10] Die Burg wurde von den französischen Behörden erneut beschlagnahmt und zwangsversteigert. Die Société mutualiste du personnel de l’Enregistrement erwarb das Anwesen und machte daraus ein Ferienheim für ihre Mitglieder. Heute beherbergt die Hüneburg ein Hotel.[11]

Anmerkungen

  1. Bernhard Metz: Les familles et le château de Hüneburg au moyen age. In: Groupe de Recherche sur le château de Hunebourg: Hunebourg. Un rocher chargé d’histoire du Moyen Age à l’époque contemporaine, S. 9–62.
  2. René Reiss: Hunebourg dans l’armorial du premier empire. In: Groupe de Recherche sur le château de Hunebourg: Hunebourg. Un rocher chargé d’histoire du Moyen Age à l’époque contemporaine, S. 103–111.
  3. René Kill und Jean-Marc Sommer: Le domaine de Hunebourg depuis son acquisition par le maréchal Clarke. In: Groupe de Recherche sur le château de Hunebourg: Hunebourg. Un rocher chargé d’histoire du Moyen Age à l’époque contemporaine, S. 113–117.
  4. Friedrich Hünenburg: Tausend Brücken: Eine biographische Erzählung aus dem Schicksal eines Landes. Hünenburg-Verlag, Straßburg-Stuttgart-Stockholm 1952, S. 290–292.
  5. Léon Strauss: Fritz Spieser. Le reconstructeur de la Burg. In: Groupe de Recherche sur le château de Hunebourg: Hunebourg. Un rocher chargé d’histoire du Moyen Age à l’époque contemporaine, S. 142.
  6. Bernadette Schnitzler: La reconstruction du château de Hunebourg. L’oeuvre de F.Spieser et de l’architecte K. E. Loebell (1932–1944). In: Groupe de Recherche sur le château de Hunebourg: Hunebourg. Un rocher chargé d’histoire du Moyen Age à l’époque contemporaine, S. 175–236.
  7. P. C. Ettighofer: Eines Erschlagenen sieghafte Heimkehr. Karl Roos wieder in seinem Elsass. Strassburger Monatshefte Juli 1941, S. 417–423.
  8. Foto Roos'
  9. « Das Grab von Roos wird zum Wallfahrtsort für alle deutschen und elsässischen Patrioten. Der Leichnam ist in einem Turm beigesetzt, der neben der Burg errichtet wurde und über dem Tag und Nacht die Fahne mit dem Hakenkreuz weht. » Strassburger Neueste Nachrichten vom 22. Juni 1941.
  10. Bernadette Schnitzler: Le château de Hunebourg et ses légendes. In: Groupe de Recherche sur le château de Hunebourg: Hunebourg. Un rocher chargé d’histoire du Moyen Age à l’époque contemporaine, S. 263–266.
  11. Gilles Barnagaud: Hunebourg. De l’individualisme à la collectivité. In: Groupe de Recherche sur le château de Hunebourg: Hunebourg. Un rocher chargé d’histoire du Moyen Age à l’époque contemporaine, S. 249–262.

Literatur

  • Friedrich Hünenburg (Pseudonym von Friedrich Spieser): Tausend Brücken: Eine biographische Erzählung aus dem Schicksal eines Landes. Hünenburg-Verlag, Straßburg, Stuttgart, Stockholm 1952.
  • Groupe de Recherche sur le château de Hunebourg: Hunebourg, un rocher chargé d’histoire. Du Moyen Age à l’époque contemporaine. Société Savante d’Alsace, [Straßburg] 1997, ISBN 2-904920-17-X (Recherches et documents. Band 59).