Hochzeitsturm
Das Wahrzeichen Darmstadts ist der 48,5 m hohe Hochzeitsturm, der auf der Mathildenhöhe steht.
Der Architekt Joseph Maria Olbrich gestaltete den 1908 fertiggestellten Backsteinturm im Auftrag der Stadt Darmstadt als Geschenk zur Erinnerung an die Hochzeit des Großherzogs Ernst Ludwig mit Prinzessin Eleonore zu Solms-Hohensolms-Lich am 2. Februar 1905. Markant sind die fünf abschließenden Bögen des Daches, die an eine ausgestreckte Hand erinnern, weshalb er auch „Fünffingerturm“ genannt wird. Der Turm wird dem Jugendstil zugeordnet. Als Gebäude gehört er zum Komplex des damals neuen Wasserreservoirs und der Ausstellungshalle und Gemeinschaftsateliers der Künstlerkolonie.
Die Eingangshalle
In der Eingangshalle befinden sich zwei Mosaiken von Friedrich Wilhelm Kleukens, „Der Kuß“ und „Die Treue“. Die Decke ist als Nachthimmel gestaltet. Der Aufzug wurde später installiert.
Fassadengliederung
Sockel mit Eingangsportal
Verputzte dreistufige Ausführung, Höhe etwa 1,5 Geschosse.
Turmkörper
Der gemauerte Turmkörper aus dunkelroten Ziegelsteinen (Torfbrandklinker) beginnt mit einer Sandsteinplatte über dem Eingang (vier Figuren über den beiden Wappen; Heinrich Jobst * 1874 † 1943). Die vier Figuren sind Personifikationen der vier Herrschertugenden Stärke, Weisheit, Gerechtigkeit und Milde.
Das Relief wurde von Heinrich Jobst entworfen und trägt eine Inschrift. Sie lautet:
- ZUM GEDÄCHTNIS DER VERMÄHLUNG I: I. K.K.H.H. DES GROSZHERZOGS ERNST LUDWIG UND DER GROSZHERZOGIN ELEONORE ERRICHTET VON DER STADT DARMSTADT; ANNO 1907–1908
In der 2. und 3. Etage befindet sich ein Büchermagazin.
Die Sonnenuhr auf der Südseite wurde 1914 nach Entwürfen von Friedrich Wilhelm Kleukens (1878–1956) von den Vereinigten Werkstätten für Mosaik und Glasmalerei Puhl & Wagner – Gottfried Heinersdorff in Berlin-Neukölln ausgeführt. Sie wird von 12 Tierkreiszeichen umrahmt und enthält die erste und letzte - etwas modifizierte - Strophe eines Gedichts von Rudolf G. Binding:
Der Tag geht über mein Gesicht
die Nacht sie tastet leis vorbei
und Tag und Nacht ein Gleichgewicht
und Nacht und Tag ein Einerlei
und ewig kreist die Schattenschrift
leblang stehst du im dunklen Spiel
bis dich des Spieles Deutung trifft
die Zeit ist um – du bist am Ziel
In der 4. Etage mit exzentrisch und um die Ecken geführten Fensterbändern (4 und 1) befindet sich das Zimmer des Großherzogs, das sogenannte „Fürstenzimmer“, heute Kanzlei des Standesamts.
In der 5. Etage mit exzentrisch und um die Ecken geführten Fensterbändern (4 und 1) liegt das Zimmer der Großherzogin, das sogenannte „Hochzeitszimmer“.
An der Nordseite der 6. Etage befindet sich ebenfalls seit 1914 eine in Blattgold gefasste, von Albin Müller entworfene Turmuhr mit Glaubenssymbolen.
Aussichtsplattform und fünfzinniger Abschluss
Die fingerförmigen Zinnen sind jeweils tonnenförmig nach oben abgerundet und symmetrisch in steiler Keilformation angeordnet.
An den Schmalseiten dieser Finger sind violett gehaltene Ziegel vermauert, mit ihrer Schmalseite als Sichtseite. Sie bilden fünf feine, nach innen zurückgesetzte Bänder, die der Struktur Leichtigkeit verleihen. Diese Bänder beginnen in der 5. Etage über einem gelben quadratischen Schmuckrelief. Die Dachflächen sind mit Kupferblech verkleidet.
Die Aussichtsplattform liegt auf einer Höhe von 33,5 m[1] und erstreckt sich über die gesamte 7. Etage. Sie kann entweder mit dem Aufzug oder über ein Treppenhaus mit 195 Stufen erreicht werden, das in 13 Wendelungen nach oben führt. An den Schmalseiten des Turms befinden sich je drei Sprossenfenster, auf der Westseite sind 5 mit Sprossenfenstern versehene Türen angebracht, die zu kleinen vorgebauten Balkonen führen. Auf der Ostseite befinden sich rechts und links je ein Sprossenfenster, dazwischen 3 Türen mit Balkonen wie auf der Westseite. Die Fenster und Türen können von Besuchern nicht geöffnet werden. Trotzdem bietet die Aussichtsplattform einen weiten Panorama-Rundblick.
Innenausstattung
Die ehemaligen beiden Zimmer des Großherzogs und der Großherzogin haben heute als Trauzimmer des Standesamtes eine zum Ursprungszweck passende Nutzung gefunden.
Literatur
- Stadt Darmstadt. Kulturdenkmäler in Hessen. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, hrsg. vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen, Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsges., Braunschweig 1994, ISBN 3-528-06249-5
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Angabe laut privat durchgeführten Messungen
Koordinaten: 49° 52′ 37,7″ N, 8° 40′ 2″ O