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Schwules Bordell

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(Weitergeleitet von House of Boys)

Ein schwules Bordell, auch House of Boys oder Boy-Club genannt, ist ein Bordell, in dem sexuelle Dienstleistungen von Männern angeboten werden.

Männliche Prostitution und auch insbesondere Männerbordelle werden bereits in der griechischen und römischen Antike beschrieben. Männliche Prostitution wurde besteuert. Unter Theodosius I. wurde männliche Prostitution unter Strafe gestellt und verfolgt, die Bordelle hielten sich indessen insbesondere im Ostteil des Reiches bis weit in die byzantinische Zeit.[1]

Thomas Swinscow, Prostituierter in der Cleveland Street

Magnus Hirschfeld stellte das Konstantinopel des frühen 19. Jahrhunderts als homosexuelle Kolonie Westeuropas dar, unter anderem Badehäuser spielten die Rolle schwuler Bordelle: [2]

„Ein Landsmann von ihm, auch schon seit mehr als 20 Jahren dort unten, ist Stammgast der Bäder, die auf beiden Seiten des Goldenen Horns, namentlich aber in Stambul, man kann fast sagen, historische Stätten homosexueller Vergnügungen sind. Seine Vorliebe für die Hammanns [sic!] hat Einbuße erlitten, seit unter jungtürkischem Regime die Vorschrift ergangen ist, daß die dort bedienenden Osmans und Hassans das 20. Lebensjahr erreicht haben müssen.“

Ebenso beschrieb er Männerbordelle:

„Die Ottomanische Bank war ein direktes Männerbordell, das seinen Spitznamen davon erhalten hatte, weil Prostituierte, von Homosexuellen nach ihrem Beruf gefragt, mit Vorliebe zu antworten pflegten, sie arbeiteten auf der Ottomanischen Bank, was allmählich die Bedeutung annahm, sie seien bereit, für einige Medjidies den Herrn zu begleiten.“[3][4]

Ebenfalls im 19. Jahrhundert fand der Skandal in der Cleveland Street in London statt, der die Existenz schwuler Bordelle an die Öffentlichkeit des viktorianischen Großbritannien brachte. Angehörige des britischen Adels waren Kunden des Bordells, in dem insbesondere Botenjungen der Post arbeiteten.[5]

Heutige Ausprägungen

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Schwules Bordell Boysclub21 in Amsterdam, 2012

Schwule Bordelle sind vergleichsweise selten. Für 1994 wurden beispielsweise für London zwar zwischen 15 und 20 Adressen angegeben, an denen sexuelle Dienstleistungen von Männern vermittelt wurden, nur vier davon waren Bordelle.[6] In den Niederlanden wurden mehrfach illegale schwule Bordelle geschlossen, es existiert ein legales Etablissement.[7]

In der Schweiz musste 2010 das Golden Gay Spa & Wellness in Zürich wenige Monate nach Eröffnung seinen Bordellbetrieb mangels Nachfrage sowie negativer Auswirkungen auf das restliche Angebot wieder einstellen.[8] 2013 wurde in Leverkusen innerhalb kurzer Zeit einem „House of Boys“ von der Stadt die Betriebserlaubnis entzogen.[9][10]

Aktuelle Studien beschreiben ein heterogenes Bild der einschlägigen Etablissements in Deutschland. Fink behandelt bordellähnliche Betriebe im Kontext männlicher Prostitution kaum und charakterisiert sie mit einer „mehr oder weniger strengen Selbst- oder Verhaltensdisziplin“ für die dort arbeitenden Prostituierten. Dadurch sind sie für Stricher wenig attraktiv, die oft aus Notlagen heraus und unter prekären Bedingungen arbeiten.[11]

Schönnagel beschreibt im Kontext der Kneipenprostitution die Verwendung von Begriffen wie „Milieu“, „Szene“, „Treffpunkt“,„Kneipe“ oder „Laden“, während „Stricherlokal“, „Puff“ oder „Boypuff“ zwar abgelehnt, aber dennoch gelegentlich verwendet wurden. Ebenso beschreibt er fließende Übergänge zum Bordellbetrieb, rechnet sie aber der Kneipenprostitution zu. So existieren Lokale ohne sowie mit nutzbaren separaten Räumlichkeiten, weiterhin solche mit Nebenräumen, die der Kontaktvermittlung dienen, aber anschließend nahegelegene Pensionen aufgesucht werden.[12]

Die wenigen schwulen Bordelle in Deutschland agieren in der Regel als Escort-Agentur mit selbst bewirtschafteten Räumlichkeiten.

Bordelle für weibliche Kundschaft

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Als weitere Form eines „Männerbordells“ können Bordelle mit männlichen Dienstleistern gelten, die sich an Frauen wenden. Nachdem männliche Prostitution mit einer weiblichen Zielgruppe eine vergleichsweise kleine Nische ist, sind die Versuche in der Regel Publicitystunts.[13] 2009 gab die US-amerikanische Prostituierte Heidi Fleiss die Pläne für ihre „Stud Farm“ in Nevada auf,[14] trotz zahlreicher Bewerber.[15] Ähnlich erfolglos verlief ein Versuch, in Neuseeland ein Männerbordell zu eröffnen und die Vorarbeit als Reality-Show auszustrahlen.[16][17]

2013 forderten türkische Prostitutionsgegnerinnen die Eröffnung eines Bordells für Frauen in der Türkei, nachdem die legalen Bordelle unter staatlicher Aufsicht stünden und dies mit dem Bedürfnis der Männer nach Sex begründet sei.[18]

Einzelnachweise

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  1. Mack Friedman: Male sex work in sociohistoric context. In: Victor Minichiello, John Scott (Hrsg.): Male sex work and society. Harrington Park Press, New York, NY 2014, ISBN 978-1-939594-00-6, S. 22 ff.
  2. Zülfukar Çetin, Heinz-Jürgen Voß: Schwule Sichtbarkeit – schwule Identität: Kritische Perspektiven. Psychosozial-Verlag, 2016, ISBN 978-3-8379-6805-7, S. 17 f., doi:10.30820/9783837968057 (nomos-elibrary.de [abgerufen am 26. Mai 2025]).
  3. Manfred Herzer: Magnus Hirschfeld und seine Zeit. De Gruyter Oldenbourg, München Wien 2017, ISBN 978-3-11-054769-6, S. 236 ff.
  4. Zülfukar Çetin: The Dynamics of the Queer Movement in Turkey. In: boell.de. Heinrich Böll Stiftung, 28. September 2015, abgerufen am 26. Mai 2025 (englisch).
  5. Theo Aronson: Prince Eddy and the homosexual underworld. Murray, London 1994, ISBN 978-0-7195-5278-6, S. 131 ff.
  6. David Hall: Working boys: London's male brothels offer a more lucrative way for. In: The Independent. 17. August 1994 (independent.co.uk [abgerufen am 26. Mai 2025]).
  7. Lily Cheng, Leendert de Die, Eefje de Kroon: Just Business? The Unknown World of Male Prostitution in the Netherlands. Humanity in Action The Netherlands, 2011, abgerufen am 26. Mai 2025 (amerikanisches Englisch).
  8. Das Gay-Bordell ist bereits Geschichte. In: tagesanzeiger.ch. 5. Mai 2010, abgerufen am 25. Februar 2025.
  9. Stephanie Lichius-Engels: Leverkusen: Opladen: „Wollust-Club“ an der Humboldtstraße. In: RP Online. 25. Oktober 2012, abgerufen am 25. Februar 2025.
  10. RP ONLINE: Leverkusen: Bordell in Opladen hat geschlossen. 9. Januar 2013, abgerufen am 25. Februar 2025.
  11. Karin Fink: Mann-männliche Prostitution: Handbuch zur sozialpädagogischen Arbeit. In: aksd.eu. Arbeitskreis der Facheinrichtungen für Sexarbeitende im deutschsprachigen Raum, August 2013, S. 19, 50, abgerufen am 9. Februar 2025.
  12. Holger Schönnagel: Die Gaststätte und ihre Akteure. In: Geteilte Gemeinschaft und mann-männliche Prostitution. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden 2016, ISBN 978-3-658-13355-9, S. 123–160, doi:10.1007/978-3-658-13356-6_5 (springer.com [abgerufen am 26. Februar 2025]).
  13. Julie Bindel: The myth of the male brothel. In: The Guardian. 22. August 2010, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 26. Mai 2025]).
  14. Heidi Fleiss gives up on plan for brothel for women. In: Las Vegas Review-Journal. 11. Februar 2009, abgerufen am 26. Mai 2025 (amerikanisches Englisch).
  15. HEIDI FLEISS DELUGED WITH STUD FARM APPLICANTS. In: Neon. 3. Juni 2008, abgerufen am 26. Mai 2025 (amerikanisches Englisch).
  16. Lincoln Tan: TV star plans brothel - New Zealand News. In: The New Zealand Herald. 2. August 2010, abgerufen am 26. Mai 2025 (neuseeländisches Englisch).
  17. Sarah Daniell: Twelve Questions with Pam Corkery. In: The New Zealand Herald. 1. Oktober 2012, abgerufen am 26. Mai 2025 (neuseeländisches Englisch).
  18. Dorian Jones: Male brothels? In: DW.com. Deutsche Welle, 5. März 2013, abgerufen am 26. Mai 2025 (englisch).