Höhere Webschule

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Höhere Webschulen waren zu Fachschulen erweiterte Webschulen, in denen angehende Weber neben der Praxis auch die Theorie erlernen konnten.[1]

Zu den bekannteren Einrichtungen im Deutschland des 19. Jahrhunderts zählte die Höhere Web- und Fabrikantenschule in Werdau, Sachsen,[1] in der der Verfasser zahlreicher Lehrbücher für deutsche Webschulen Gustav Hermann Oelsner als Direktor wirkte.[2]

Höhere Web- und Fabrikantenschule[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 1. November 1874 wurde in Werdau die neu errichtete Höhere Web- und Fabrikantenschule eröffnet. Zweck war die praktische Unterrichtung sämtlicher Fächer der Buckskin-Herstellung in Theorie und Praxis. Gefördert werden sollte die Ausbildung sowohl von Fabrikanten als auch deren zukünftige Werkmeister. Dafür standen von Anfang an „eine größere Anzahl Handstühle mit den verschiedenartigsten Vorrichtungen“ zur Verfügung sowie Lehrapparate für das Harnischgallieren und das Schaft- und Jacquardkartenschlagen,[1] insbesondere für spezialisierte Kartenschlägerinnen.[3]

Neben der praktischen Ausbildung an einfachsten mechanischen bis zu kompliziertesten, mit Dampfkraft betriebenen Webstühlen umfasste der Lehrplan von 1874 vor allem Spinnerei-Berechnung, Kalkulation und Berechnung einzusetzender Stoffe nach metrischen Maßen, Dekomposition und Zeichnungen nach bestehenden Mustern sowie Komposition und Ausführung eigener Entwürfe. Neben Dezimalrechnen wurde kaufmännischer Unterricht angeboten, vor allem Buchführung, Technik und Mechanik. Auch Exkursionen zwecks entsprechender Betriebsbesichtigungen im Umland waren vorgesehen.[1]

Die halbjährlich jeweils am 1. Mai und am 1. November beginnenden Kurse wurden tagsüber gegeben; „Honorar 50 Thaler.“ Individueller Nachhilfeunterricht in wissenschaftlichen Fächern war extra zu bezahlen.[1]

Neben dem Tagesunterricht gab es zudem „für billiges Honorar“ berufsbegleitend zweijährige Kurse für junge Leute im Abendunterricht.[1]

Anfang der 1890er Jahre leitete der Lehrbuchautor Gustav Hermann Oelsner die werdausche Bildungseinrichtung für Weber.[4]

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bezog die Schule den heute denkmalgeschützten Neubau in der Schloßstraße 1.[5]

Weitere bekannte Höhere Webschulen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die höheren Webschulen und Fachschulen für Textilindustrie Deutschlands. Ihre Lehrziele, Organisation, Studienkosten etc., Berlin-Steglitz: Buchhandlung der Litterarischen Monatsberichte, 1902
  • Carl Malcomes (Hrsg.): Die Fachschulen für Textilindustrie Deutschlands: Web-, Spinnerei-, Färberei-, Strickerei- und Wirkerschulen. Zusammenstellung der Lehrziele, Aufnahmebestimmungen, Unterrichtskosten usw. Berlin: Dreyer, 1908
  • Karl Malcomes (Hrsg.): Die deutschen Fachschulen für Textilindustrie in Deutschland, Oesterreich und der Schweiz ... Zusammenstellung der Lehrziele, Aufnahmebestimmungen ... Mit einem Beitrag: Der Musterwebstuhl und das Dessinieren auf demselben von E. Bittner (= Deutsches Fachschulwesen, Bd. 2), 7. vermehrte Auflage, mit einem Verzeichnis der Fachliteratur, Berlin: Dreyer, 1910
  • Stefan Mecheels, Herbert Vogler, Josef Kurz: Handwerkliche Webschulen und praxisnahe Hochschulen, Buchwerk Haberbeck GmbH, Lage, 2013, ISBN 978-3-943868-01-2.
  • Internetartikel Fachschulen für Textilindustrie – historisch gesehen, abgerufen am 4. April 2024, https://www.ansto.de/fachschulen-fuer-textilindustrie-historisch-gesehen/

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f Hermann Stolp (Hrsg.): Deutsche Gemeinde-Zeitung, 13. Jahrgang (1874), Berlin: Selbstverlag der Expedition des Herausgebers, 1874, S. 304; Google-Books
  2. G. Hermann Oelsner: Die deutsche Webschule. Mechanische Technologie der Weberei, 7. vermehrte und neu bearbeitete Auflage, mit circa 1300 Zeichnungen, Altona: Send, 1891, Impressum; Google-Books
  3. Kartenschlägerin, die auf der Seite duden.de
  4. G. Hermann Oelsner: Die deutsche Webschule. Mechanische Technologie der Weberei, 7. vermehrte und neu bearbeitete Auflage, mit circa 1300 Zeichnungen, Altona: Send, 1891, Impressum; Google-Books
  5. Kulturdenkmale im Freistaat Sachsen - Denkmaldokument, Objekt 09243433; PDF-Dokument über die Seite denkmalpflege.sachsen.de in der Version vom 7. Februar 2023