Jerg Ratgeb

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Kopie der Altarretabel in der Stiftskirche in Herrenberg – geschlossener Zustand
Herrenberger Altar, rechter Außenflügel, Szene innen: Auferstehung Christi

Jerg Ratgeb (auch Jörg) (* um 1480 in Schwäbisch Gmünd; † 1526 in Pforzheim) war ein deutscher Maler der Dürerzeit.

Leben und Werk

Um die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert hielt Ratgeb sich in Italien auf und lernte dort die die italienische Kunst der Renaissance und die von ihr entwickelte Zentralperspektive in der Malerei kennen. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland ließ er sich in Heilbronn nieder und gestaltete 1510 den Barbara-Altar für die Kirche im benachbarten Schwaigern.

In Frankfurt am Main schuf er 1514 bis 1517 für das Karmeliterkloster die größte Wandmalerei nördlich der Alpen, von der allerdings heute nur noch kleine Reste erhalten sind. Sein bekanntestes Werk ist der 1521 fertiggestellte Herrenberger Altar, ehemals für die Stiftskirche von Herrenberg geschaffen, heute in der Staatsgalerie Stuttgart. Ratgeb entwickelte einen eigenen expressiven Stil, in dem sich Einflüsse Albrecht Dürers, Matthias Grünewalds und Hieronymus Boschs wiederfinden.

Wegen seiner Heirat mit einer Leibeigenen des Herzogs von Württemberg verlor er die meisten seiner Rechte als Bürger der Stadt Heilbronn und siedelte nach Stuttgart um. Als Mitglied des Rates von Stuttgart verhandelte er 1525 im Bauernkrieg mit den aufständigen Bauern und nahm an dem von den Aufständischen geforderten Kriegskontingent teil. Von den Bauern wurde er als Kriegsrat und Kanzler gewählt. Nach der Niederschlagung der Aufständischen wurde Ratgeb verhaftet und „des Pauernkriegs und Herzog Ulrichs halber“ des Hochverrats angeklagt und 1526 in Pforzheim von vier Pferden auseinandergerissen.

Rezeption

Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde sein Werk durch Donner von Richter wiederentdeckt und blieb seitdem Gegenstand kontroverser Interpretationen. Sein tragisches Ende motivierte wiederholt Kunsthistoriker, allen voran Wilhelm Fraenger, sein schmales erhaltenes Werk als politisches Manifest zu lesen. Diese Deutungen werden von der gegenwärtigen Kunstgeschichte überwiegend als kurzschlüssig abgelehnt.

Im 20. Jahrhundert widmeten sich mehrere historische Romane seinem Schicksal: Jörg Ratgeb von Georg Schwarz. München, 1937; Die Spur des namenlosen Malers von Marianne Bruns. Berlin, 1975; Anton Monzer: Die Spur der Bilder: ein biographischer Roman um den Maler Jörg Ratgeb. Bietigheim, 1999.

Das Leben von Ratgeb war ab 1990 Thema eines mehrstündigen Freilicht- bzw. Sommertheater-Stücks namens Jerg Ratgeb, Maler – Ein Künstlerdrama, das vom Theater Lindenhof auf dem Ammerhof bei Tübingen aufgeführt, vom SDR aufgezeichnet und im Fernsehen ausgestrahlt wurde.

2004 schuf Hans Kloss in altmeisterlicher Manier einen großen vierteiligen Flügelaltar, der in der Schwäbisch Gmünder Johanniskirche vorgestellt und von der Sammlung Würth angekauft wurde. Er widmet sich ganz der Figur und dem grausamen Ende Ratgebs.

Literatur

  • Otto Donner von Richter: Jerg Ratgeb, Maler von Schwäbisch Gemünd,seine Wandmalereien im Karmeliterkloster zu Frankfurt und seine Altarwand in der Stiftskirche zu Herrenberg. Frankfurt/Main 1892
  • Wilhelm Fraenger: Jörg Ratgeb, ein Maler und Märtyrer aus dem Bauernkrieg. Dresden 1972
  • Ute-Nortrud Kaiser: Jörg Ratgeb – Spurensicherung, Ausstellungskatalog. Frankfurt/Main und Pforzheim 1982
  • Lisa Farber: Jerg Ratgeb and the Herrenberg Altarpiece, Diss. Princeton 1989
  • Sabine Oth: Das Wort in den Bildern von Jerg Ratgeb, Diss. Frankfurt/Main 2005

Weblinks