Liste der Kammermusikwerke von Anton Bruckner

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Bei Anton Bruckner fußte das musikalische Denken vollkommen auf den Gesetzmäßigkeiten symphonischer Musik, ganz im Gegensatz zu seinem Antipoden Johannes Brahms, dessen Schaffen im Zeichen der Kammermusik steht. So lässt es sich auch erklären, dass Bruckner, nachdem er gegen Mitte der 1860er Jahre die ihm eigene Ausdrucksform erkannt hatte, fast nur noch Symphonien komponierte und auch in seinen nicht-symphonischen Werken deutlich deren Einfluss zu spüren ist. Zur Komposition für kleine Ensembles fühlte er sich eher wenig hingezogen und schrieb folglich nur wenige Kammermusiken.

Linzer Zeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Ende von Simon Sechters Unterricht nahm Bruckner Unterricht bei Otto Kitzler, um sich weiter in Orchestrierung zu üben. In dieser Zeit (1862–1863) komponierte er folgende Werke für Streichquartett:

  • Sechs Scherzi, WAB 209.[1] Diese scherzi, die im Frühjahr 1862 komponiert wurden, finden sich auf S. 58–74 des Kitzler-Studienbuchs.[2]
    Das Scherzo nr. 6 in g-Moll, „ein dunkler, schneller Satz mit einem schumannschen, sonnigen Trio in G-Dur“,[3] wurde am 28. Mai 2016 in einer Bearbeitung für Streichorchester vom Göttinger Barockorchester unter der Leitung von Benjamin-Gunnar Cohrs.[3] Die Urfassung der Scherzi nr. 5 in F-Dur und nr. 6 in g-Moll wurde am 8. März 2019 vom Ensemble Bruckners Kammermusik in Tokio uraufgeführt.[4] Die Aufführungen sind zu hören auf YouTube[5][6] und auf John Berkys site.[7]
  • Thema und Variationen in Es-Dur, WAB 210, ein Thema gefolgt von sechs Variationen, gefunden auf S. 92–104 des Kitzler-Studienbuchs.[8] Das Werk wurde beim Eröffnungskonzert der St. Florianer Brucknertage 2023 uraufgeführt.[9] Bei dieser Uraufführung spielten die Streicher des Altomonte Orchesters die beiden Varianten der fünften Variation.
  • Das Streichquartett in c-Moll, WAB 111, entstand zwischen dem 28. Juli und dem 7. August 1862 als weitere Übung.[10] Das Werk, das sich auf S. 165–196 des Kitzler-Studienbuchs,[2][11] erscheint in Band XIII/1 der Gesamtausgabe.[12]
  • Rondo in c-Moll, WAB 208. Nach der Fertigstellung der Komposition des Streichquartetts beauftragte Kitzler Bruckner, ein neues, ausgereifteres Finalrondo für das Quartett zu schreiben. Das neue Rondo, das am 15. August 1862 komponiert wurde,[13] findet sich auf S. 197–206 des Kitzler-Studienbuchs.[2][14] Es wird separat in Band XII/1 der Gesamtausgabe herausgeben.[15]

In der Zeit nach Unterricht komponierte Bruckner folgendes Werk:

Wiener Zeit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Während seines Aufenthalts in Wien komponierte Bruckner folgende Werke für Bratschenquintett:

  • Das Streichquintett in F-Dur, WAB 112, wurde zwischen Dezember 1878 und Juli 1879 auf Wunsch von Joseph Hellmesberger sen. komponiert und Herzog Max Emanuel von Bayern gewidmet.[18][19] Das Werk, dessen Manuskript sich im Archiv der Österreichischen Nationalbibliothek befindet, wird in Band XIII/2 der Gesamtausgabe herausgegeben.[12]
  • Das Intermezzo in d-Moll, WAB 113, wurde am 21. Dezember 1879 komponiert. Es sollte das Scherzo des Streichquintetts ersetzen, das Hellmesberger als zu anspruchsvoll für die Aufführung empfand.[18][20] Das Intermezzo, dessen Manuskript sich im Archiv der Österreichische Nationalbibliothek befindet, wird mit dem Streichquintett in Band XIII/2 der Gesamtausgabe herausgegeben.[12]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Anton Bruckner: Sämtliche Werke, Band XXV: Das Kitzler Studienbuch (1861-1863), facsimile, Musikwissenschaftlicher Verlag der Internationalen Bruckner-Gesellschaft, Paul Hawkshaw und Erich Wolfgang Partsch (Hrsg.), Wien 2015.
  • Anton Bruckner: Sämtliche Werke: Band XIII/1: Streichquartett c-Moll Musikwissenschaftlicher Verlag der Internationalen Bruckner-Gesellschaft, Leopold Nowak (Hrsg.), Wien 1955.
  • Anton Bruckner: Sämtliche Werke: Band XII/1: Rondo c-Moll, Musikwissenschaftlicher Verlag der Internationalen Bruckner-Gesellschaft, Leopold Nowak (Hrsg.), Wien 1985.
  • Anton Bruckner – Sämtliche Werke, Band XII/7: Abendklänge für Violine und Klavier, Musikwissenschaftlicher Verlag der Internationalen Bruckner-Gesellschaft, Walburga Litschauer (Hrsg.), Wien 1995.
  • Anton Bruckner: Sämtliche Werke: Band XIII/2: Streichquintett F-Dur / Intermezzo d-Moll, Musikwissenschaftlicher Verlag der Internationalen Bruckner-Gesellschaft, Gerold W. Gruber (Hrsg.), Wien 2007.
  • Uwe Harten: Anton Bruckner. Ein Handbuch. Residenz Verlag, Salzburg 1996, ISBN 3-7017-1030-9.
  • Cornelis van Zwol: Anton Bruckner 1824–1896 – Leven en werken, ed. Thoth, Bussum 2012, ISBN 978-90-6868-590-9.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bruckner-Online – Scherzi für Streichquartett (WAB 209/1-6)
  2. a b c Gesamtausgabe – Kitzler Studienbuch (Faksimile)
  3. a b Benjamin-Gunnar Cohrs dirigiert weitere Uraufführungen aus dem Bruckner-Studienbuch
  4. zwei Bruckner-Erstaufführungen in Japan
  5. Ersteinspielung des Scherzos in F-Dur
  6. Ersteinspielung des Scherzos in g-Moll
  7. Zwei Uraufführungen aus Bruckners Kitzler-Studienbuch
  8. Bruckner-Online – Thema mit Variationen für Streichquartett in Es‑Dur (WAB 210)
  9. St. Florianer Brucknertage 2023
  10. U. Harten, S. 406.
  11. C. van Zwol, S. 682.
  12. a b c Gesamtausgabe – Kammermusik
  13. C. van Zwol, S. 676.
  14. U. Harten, S. 370.
  15. a b Gesamtausgabe – Frühe Orchesterwerke und Instrumentalstücke
  16. C. van Zwol, S. 681.
  17. U. Harten, S. 42
  18. a b C. van Zwol, S. 683–684.
  19. U. Harten, S. 406–407.
  20. U. Harten, S. 216–217.