Luitgard von Wittichen

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Hochrelieffigur (20. Jh.) in der Pfarrkirche St. Arbogast in Haslach im Kinzigtal

Luitgard von Wittichen (* 1291 in Schenkenzell im Schwarzwald; † 16. Oktober 1348 im Kloster Wittichen bei Schenkenzell) war eine deutsche Mystikerin und Klostergründerin.

Leben und Werk

Luitgard (auch: Lutgard) von Wittichen kam aus einfachen, bäuerlichen Verhältnissen. Mit zwölf Jahren fand sie Aufnahme in einem Beginenhaus in Oberwolfach im Wolftal, wo sie 20 Jahre in Armut lebte. Durch eine Christuserscheinung wurde ihr die Gründung eines Klosters aufgegeben. Sie unternahm Bettelreisen, die sie bis nach Tirol und in die nördliche Schweiz führten, um Mittel für die Klostergründung zu sammeln. Von den Herzögen von Teck auf der nahe gelegenen Burg Schiltach wurde sie ungnädig behandelt, während ihr die Herren von Geroldseck auf der Schenkenburg zugetan waren. [1] 1324 zog Luitgard in das Wittichertal und gründete eine Klause für sich und 33 weitere Frauen, die später als Terziarinnenkloster Wittichen anerkannt wurde. Die Anzahl leitete sie aus dem 33-zeiligen Sonnengesang, einem Gebet von Franz von Assisi, ab, doch hat sich die Anzahl der Frauen noch zu ihren Lebzeiten verdoppelt. Sie war bis zu ihrem Tod Äbtissin des Klosters.

Luitgard pflegte Pestkranke, bevor sie selbst der Epidemie erlag. Sie wird in Mittelbaden als „Volksheilige“ verehrt, obwohl sie nie selig oder heiliggesprochen wurde. Die Verehrung findet am 16. Oktober, ihrem Todestag, ihren Höhepunkt. Jeweils am zweiten Sonntag im Oktober findet in Wittichen das Luitgartfest statt. Luitgard soll sich mit den Schriften Meister Eckharts und Heinrich Seuses beschäftigt haben. Die als charismatisch beschriebene Klostergründerin gilt – aus unserer heutigen Sicht – als emanzipierte Frau.[2]

Ihr geistlicher Vater, der Priester Berchtold von Bombach, verfasste bereits um 1350 eine Lebensbeschreibung der Klostergründerin. Nach der Überlieferung fand man 1629, als der Sarg geöffnet wurde, ihr Gehirn völlig unversehrt vor, ein Phänomen, das damals weder Ärzte noch Chemiker erklären konnten und als „Wunder“ Verehrungen und Wallfahrten auslöste.

In Oberwolfach ist das Pflegeheim St. Luitgard nach ihr benannt.

Literatur

  • Berthold von Bombach, Arnold Guillet: Das Leben der heiligen Luitgard von Wittichen (1291-1348), die Heilige des Mutterschosses. Neudruck: Christiana, 1976, ISBN 978-3-7171-0651-7.
  • Gertrud Jaron Lewis, Frank Willaert, Marie-José Govers: Bibliographie zur deutschen Frauenmystik des Mittelalters. Verlag Schmidt, 1989, S. 248, ISBN 978-3-503-02276-2.
  • Irmtraud Just: Die Vita Luitgarts von Wittichen: Text des Donaueschinger Codex 118. Peter Lang, 2000, ISBN 978-3-906765-34-1.
  • Peter Dinzelbacher, Deutsche und niederländische Mystik des Mittelalters, Berlin 2010, Register s.v.

Einzelnachweise

  1. Hugo Schneider, Burgen und Schlösser in Mittelbaden. Historischer Verein für Mittelbaden 1984, S. 461
  2. Ulrich Gaier, Literatur vom Neckar bis zum Bodensee 1000-1800. Band 3, Teil 1, S. 402, Verlag Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW) 2003, ISBN 978-3-86142-304-1