Maison d’Orange
Die Maison d’Orange in Berlin, häufig auch Orangenhaus genannt, war eine soziale Stiftung für Glaubensflüchtlinge aus dem Fürstentum Orange.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nachdem das Fürstentum Orange im südlichen Frankreich 1702 von Frankreich in Besitz genommen worden war, mussten die reformierten Bewohner 1703 ihre Heimat verlassen. Sie zogen zunächst nach Genf. Die meisten wollten aber nach Preußen weiterziehen, da sie den preußischen König Friedrich I., der als nächster Erbe durch seine Mutter Luise Henriette von Oranien Ansprüche auf das Land geltend machte, als ihren rechtmäßigen Herrscher ansahen. Im November 1703 baten sie Friedrich I. um Schutz und Hilfe, die dieser auch zusagte. Der König gestattete eine Kollekte für sie in Preußen. Auch die Königin Anne von England schrieb eine Kollekte zugunsten der Vertriebenen aus. Das Geld wurde dem englischen Gesandten in Berlin übergeben. Von den Vertriebenen, die nach 1704 Preußen kamen, kamen 423 Personen nach Berlin. Der König bewilligte 1705 eine Stiftung, über die der jeweilige englische Gesandte in Berlin die Oberaufsicht haben sollte (diese Regelung bestand bis 1914). Sie sollte Arme und nicht erwerbsfähige Personen unterstützen, die ihre Abstammung von den 1704 eingewanderten Orangeois nachweisen könnten. Es wurde ein Haus in der Neustadt gekauft, in dem sich die Direktion am 16. Juli 1705 erstmals versammelte.[Anmerkung 1]
1792 war das Haus derartig baufällig geworden, dass König Friedrich Wilhelm II. auf königliche Kosten ein Haus Letzte Straße 23 Ecke Neustädtische Kirchgasse[1] (od. Kirchstraße) neu errichten ließ. Dieses neue Stiftshaus wurde am 19. September 1794 feierlich eingeweiht. In diesem Haus konnten auch Räume zum Nutzen der Stiftung vermietet werden. Dieses Stiftshaus bestand bis 1883. Am 1. April wurde das Haus verkauft und dort das Continental-Hotel errichtet. Die Stiftung wurde vorübergehend in die Derfflinger Straße 19 verlegt und von Adolf Schaum 1884 ein neues Stiftsgebäude in der Ulmenstraße 4 (heute: Derfflinger Straße 6), auf dem Kielganschen Villenterrain, errichtet. Diese Villa wurde 1910 an den Verlagsbuchhändler Franz Ullstein verkauft und die Maison d’Orange nahm ihren Sitz auf dem Gelände Friedrichstraße 129, das der französischen Kolonie gehörte.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Friedrich Gustav Lisco: Das wohlthätige Berlin. G.W.F. Müller, Berlin 1846, S. 350–352. (Volltext in der Google-Buchsuche).
- Eduard Muret: Geschichte der französischen Kolonie in Brandenburg-Preußen, unter besonderer Berücksichtigung der Berliner Gemeinde. Büxenstein, Berlin 1885, S. 147–152 (Digitalisat).
- Liste der Orangeois. In: Deutscher Hugenotten-Verein (Hrsg.): Die Französische Colonie. Band 5, Nr. 7. E.S. Mittler, Berlin 1891, S. 105 ff. (Volltext in der Google-Buchsuche).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eintrag 09050238 in der Berliner Landesdenkmalliste, abgerufen am 10. August 2022
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ob das Haus auf dem Grundstück Dorotheenstraße 26 erworben wurde, wie Muret schreibt, oder ein Haus in der Mittelstraße gekauft wurde, wie Nicolai schreibt (Friedrich Nicolai: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam. 3. Auflage. Band 2. Nicolai, Berlin 1786, S. 675 (Volltext in der Google-Buchsuche). ), ist nicht mehr zu ermitteln. In den Berliner Adresskalendern von 1707 bis 1794 wird für die Maison d’Orange keine Adresse genannt. Erst im Adresskalender von 1795, also nach dem Neubau, wird die Adresse Letzte- Ecke Kirchstraße angegeben.
- ↑ Neander von Petersheiden: Neue anschauliche Tabellen von der gesammten Residenz-Stadt Berlin. Kleist Archiv Sembdner, Berlin 1801, S. 113.