Maria Madlener

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Altes Rathaus
Diebsturm in Lindau

Maria Madlener (die Madlenerin) († 4. August 1730 in Lindau), war eine deutsche Magd, die der Unzucht, der Kindstötung und der Hexerei angeklagt und als letztes Opfer der Hexenverfolgung in Lindau am 4. August 1730 hingerichtet wurde.[1] Sie war die dritte Tochter von Conrad Madlener (1668–1709) und Beatrix Schmid (1659–1731), die seit 1689 verheiratet waren und sieben Kinder hatten. Von Maria werden zwei Schwangerschaften berichtet, aber die Kinder überlebten nicht.

Hexenprozesse Lindau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von 1445 bis 1761 waren in Lindau 18 Personen in Hexenprozessen angeklagt. Neun Angeklagte wurden hingerichtet oder starben in der Haft.[2]

Vorwürfe gegen Maria Madlener[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als Anklagepunkte wurden in ihrem Prozess Unzucht, Kindermord, Hexerei und Gotteslästerung geäußert. Zunächst wurde die Magd Maria Madlener aufgrund von Denunziationen nach Vorermittlungen der Stadt zu Beginn des Jahres 1730 verhaftet und in dem Stadtgefängnis an der Nordseite des Rathauses inhaftiert. Ihr wurde eine voreheliche Schwangerschaft vom Sommer 1729 vorgeworfen. Im Verhör nannte sie den 20-jährigen Knecht Hans Michael Helmenstorffer von Streitelsfingen als Vater. Voreheliche Schwangerschaft bedeutete Schande und Entlassung. Maria hatte versucht, die Schwangerschaft abzubrechen.

Von Januar bis März wurde Maria Madlener fast täglich verhört. Nach scharfem Zuspruch gestand sie unter Androhung von Folter, sie hätte Unzucht getrieben mit zwölf Männern, die z. T. der gehobenen Bürgerschicht der Stadt angehörten. Die beschuldigten Männer wurden verhört und einige zu einer hohen Geldstrafe verurteilt.

Ein weiterer Vorwurf war, dass sie bereits 1720 während der Fastnachtstage in einem Wirtshaus im Dorf Mattonhausen (Mattenhaus) bei Waldsee ein Kind zur Welt gebracht hätte, das im Anschluss dort gestorben wäre. Die dortigen Wirtsleute gaben belastende Aussagen ab. Angesichts dieser öffentlichen Schande hätte ihre Familie sie abgewiesen, und ihr Bruder Ulrich hätte gedroht, sie zu erschlagen.

Urteil 1730 gegen Maria Madlener: Stadtarchiv Lindau, A III 57,7 (Reichsstädtische Akten)
Die Galgeninsel, Lindauer Stadtansicht aus dem 16. Jh.

Prozess, Folter und Hinrichtung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Manchmal bin ich ein ganzer, bald ein halber Narr, und in der Narrheit schwäze ich manchmal so vieles und habe dann so Schwickhe (Maria, Prozessakte Nr. 82)

Ankläger und Richter waren Bürgermeister und Rat der Stadt Lindau. Am 3. Mai 1730 wurde sie in den Diebsturm verlegt und angekettet. Dort wurde sie von Jerg Loser (vermutlich einem der Wächter) zusätzlich der Hexerei beschuldigt. Am 14. Juni begann die Folter mit dem Entkleiden und der Suche nach einem Hexenmal. Schließlich beschuldigte sie der Scharfrichter, von ihr verhext worden zu sein. Nach der Folter lag sie stundenlang ohnmächtig auf dem Boden. Ein 80-seitiges Rechtsgutachten der Tübinger Juristen-Fakultät empfahl am 27. Juli 1730 die Todesstrafe. Nach einem letzten Verhör am 2. August wurde Maria Madlener am 4. August 1730 auf der Galgeninsel mit dem Schwert hingerichtet. D. Abraham Rader, Alexius Meher und Wolfgang Bensperg waren damals die Bürgermeister.

Letzte Worte der Maria Madlener[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als letzte Worte sind ein Gebet von Maria Madlener überliefert: Ich bitte Gott und wünsche von ganzem Herzen, dass das liebe Vaterland [Lindau] dergleichen traurig Exempel nicht mehr erleben möge.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Urteil 1730 gegen Maria Madlener: Stadtarchiv Lindau, A III 57,7 (Reichsstädtische Akten)
  • Wolfgang Behringer: Hexenverfolgung in Bayern: Volksmagie, Glaubenseifer und Staatsräson in der Frühen Neuzeit. Oldenbourg, München 1987, ISBN 3-486-53901-9.
  • Karl Heinz Burmeister: Dunkles Kapitel Lindauer Justiz: Hexenverbrennung der Maria Madlener ein Lehrstück für die Gegenwart. In: Lindauer Zeitung vom 24. Januar 1991.
  • Andreas Kurz: Reichsstadt und Inquisition im frühen 18. Jahrhundert. Der Lindauer Prozess gegen die Maria Madlener. In: Neujahrsblatt 31 des Museumsvereins Lindau. Lindau 1991.
  • Andreas Kurz, Thomas Gehring: Maria Madlener, angeklagt der Unzucht, der Kindstötung und der Hexerei. Textmanuskript für die Hörfunksendung des Schwabenspiegels im Bayerischen Rundfunk vom 7. März 1993.
  • Jan H. Mathlener: De rode Lokvogel. Een historische vertelling. Deze uitgave kwam tot stand met financielle steun van de voormalige Stichting Genealogisch Onderzoek Familie Madlener/ Mathlener. VDA-groep, Enschede, 2008. ISBN 978-90-9023094-8.
  • Georg Radelmacher: Christlicher Hexenwahn am See. In: Südschwäbische Nachrichten, 16. Januar 1985, S. 11f.
  • Podium 84 glänzt mit Maria Madlener. Der letzte Lindauer Hexenprozeß. Ein packendes Stück Zeitgeschichte auf dem Schrannenplatz. In: Lindauer Zeitung vom 30. Juni 1995.
  • Podium 84 glänzt mit Maria Madlener (Theateraufführung über den Prozess). In: Lindauer Zeitung vom 24. Juni 1995.
  • Silvia Schmid: Maria Madlener. Der letzte Lindauer Hexenprozeß. In: Lindauer Zeitung vom 24. Juni 1995.
  • Manfred Tschaikner: Weise Frau, Hexe oder Mörderin? - Katharina Zwiselerin von Scheffau und die Rolle der Medizin bei den Hexenverfolgungen. In: Montfort, Vierteljahresschrift für Geschichte und Gegenwart Vorarlbergs, 52. Jahrgang 2000, Heft 2, S. 188–199, hier S. 196.
  • Helga Sauermann: Maria Madlener. In: Geschichten aus Lindaus Geschichte. Vier lokalhistorische Theaterstücke. Lunetina Verlag, Lindau 2007, S. 6–59.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Andreas Kurz: Reichsstadt und Inquisition im frühen 18. Jahrhundert. Der Lindauer Prozess gegen die Maria Madlener. In: Neujahrsblatt 31 des Museumsvereins Lindau. Lindau 1991.
  2. Wolfgang Behringer: Hexenverfolgung in Bayern: Volksmagie, Glaubenseifer und Staatsräson in der Frühen Neuzeit. Oldenbourg, München 1987, ISBN 3-486-53901-9.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]