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Martha Eibl

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Martha Marianne Eibl (* 8. April 1931 als Martha Marianne Sebestyen, in Székesfehérvár, Ungarn; † 30. Jänner 2023 in Wien) war eine ungarisch-österreichische Medizinerin und Immunologin.[1]

Martha Marianne Sebestyen verließ Ungarn 1949 als Flüchtling und begann ein Medizinstudium an der Universität Wien. Kurt Jellinger[2] war einer ihrer Mitstudenten, mit dem sie eine lebenslange Freundschaft verband. Sie wurde an der medizinischen Fakultät der Universität Wien promoviert. Von 1957 bis 1959 folgte ein Postdoctoral Fellowship an der New York University Medical School bei Baruj Benacerraf, Nobelpreisträger für Medizin 1980. Mit ihm als Autor entstanden ihre ersten wissenschaftlichen Veröffentlichungen,[3] zwei dieser Arbeiten wurden mehr als 300 mal zitiert.[4][5] Sie heiratete 1958 Johann Eibl auf Long Island, NY, und nahm den Familiennamen ihres Mannes an. Bei diesem US Aufenthalt ergab sich eine Freundschaft mit der Familie Benacerraf und der Familie von Jeanette Thorbecke,[6] die dauerhaft bestand. Ab 1960 begann ihre Ausbildung zur Fachärztin für interne Medizin bei Karl Fellinger, Ordinarius der II. Medizinische Universitätsklinik Wien. Hierbei entstanden weitere wissenschaftliche Veröffentlichungen. Nach einem Wechsel arbeitete Martha Eibl von 1970 bis 1997 am Institut für Immunologie an der Universität Wien unter der Institutsleitung von C. Steffen und etablierte die Abteilung für Infektionsimmunologie. Beim Ansuchen um die Lehrbefugnis war sie als Oberärztin am Institut für Immunologie beschäftigt. Ihre Habilitationsschrift enthielt als wissenschaftliche Arbeit Nachweise der zellulären Immunität gegen strukturell unterschiedliche gamma-Globuline bei Auftreten der primär chronischen Polyarthritis (PCP). Dies stellte neue, differenzierte Erkenntnisse über die Funktionsweise des menschlichen Immunsystems dar. Im Ansuchen an die Fakultiät wurden von ihr zur Dokumentation ihrer wissenschaftlichen Leistung 31 Veröffentlichungen angegeben. Sie wurde am 20. August 1973 mit dem Beschluss der damaligen Wissenschaftsministerin Dr. Hertha Firnberg an der medizinischen Fakultät der Universität Wien habilitiert[7], der Fakultätsbeschluss erfolgte einstimmig. Ihre Habilitation stellte eine außerordentliche Leistung dar, verband Martha Eibl doch klinische Arbeit mit wissenschaftlicher Forschung und hatte sie zu diesem Zeitpunkt bereits vier Kinder im Alter zwischen acht und vierzehn Jahren. Die Habilitation öfnnete die Tür für weitere Karrieresprünge: 1980 wurde sie als Universitätsprofessorin für Immunologie berufen und es schloss sich eine intensive publizistische Tätigkeit an: Funktion des menschlichen Immunsystems auf der zellulären Ebene mit unterschiedlichen Antigenen und die sich daraus ergebenden therapeutischen Konsequenzen. Sie verband in weiterer Folge experimentelle Forschung mit der klinischen Arbeit an Patienten: als Konsiliarärztin beriet sie in mehreren Kinderkrankenhäusern in Wien zu Immunerkrankungen mit dem Schwerpunkt Immundefizienzen. Intensive und langjährige Zusammenarbeit ergaben sich mit R. Passl in der Unfall-Chirurgie (Barmherzige Brüder, Eisenstadt), Christoph Zielinski (AKH) in der Onkologie und mit Fred Rosen (Harvard University) in der Immundefizienz und führten zu wegweisenden wissenschaftlichen Veröffentlichungen.

Martha Eibl war eine prägende Persönlichkeit der Österreichischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (ÖGAI) und war von 1994 bis 1996 erste Präsidentin. In ihrer Präsidentschaft fand die erste gemeinsame Jahrestagung der ÖGAI mit der Deutschen Gesellschaft für Immunologie im September 1995 statt. Sie legte den Grundstein für weitere gemeinsame Tagungen sowie noch intensiveren Austausch und Zusammenarbeit zwischen den Forschungsgruppen dieser beiden Länder. Anlässlich der 25-Jahr-Feier der ÖGAI 1996 wurde eine Festschrift herausgegeben.[8]

Von 1966 bis zur Übernahme durch Baxter International war sie Leiterin der immunologischen und klinisch-immunologischen Forschung der Immuno AG.

Ab 1986 leitete sie in Wien die Immunologische Tagesklinik und ein biomedizinisches Forschungsinstitut. Ihr Spezialgebiet war die Klinische Immunologie, besonders primäre Immundefekte und Infektions-Immunologie. Martha Eibl zählte bis zu ihrem Tod zu den führenden Immunologen Österreichs. Sie ist Verfasserin von mehr als 300 Fachpublikationen,[9] sowohl wissenschaftliche Veröffentlichungen mit ihr als Autorin wie auch bedeutende Monographien mit ihr als Herausgeberin.[10][11]

Sie war mit dem Chemiker Johann Eibl († 29. Jänner 2023), einem Gründer der Immuno AG verheiratet. Sie hatte vier Kinder mit Geburtsjahren 1959, 1960, 1963 und 1965, darunter Oliver Eibl (* 1960).

Einzelnachweise

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  1. MedUniquePeople (Hrsg.): Alumni im Porträt: Wissen um zu helfen. Januar 2020.
  2. Gregor K. Wenning, Peter Riederer: Kurt Jellinger, Doyen of international neuropathology. In: Journal of Neural Transmission. Band 128. Springer, August 2021, S. 1479–1480.
  3. Thorbecke, G.J.; Sebestyn, M.; Bencerraf, B.; Green, H.: Influence of Reticulo Endothelial Blockade on Turnover Rate of Homolugus Plasma Proteins in Mice. In: Proceedings of the Society for Experimental Biology and Medicine. Band 99, Nr. 2, 1958, S. 439–441.
  4. Benacerraf, B  ; Sebestyen, MM  ; Schlossman, S: A quantitative study of the kinetics of blood clearance of p-32-labelled escherichia-coli and staphylococci by the reticulo-endothelial system. In: Journal of Experimental Medicine. Band ,. Band 110, Januar 1959, S.  27–48.
  5. Benacerraf, B  ; Sebestyen, MM: Effect of bacterial endotoxins on the reticuloendothelial system. In: Federation Proceedings. Band 16, Nr. 3, Januar 1957, S. 860–867.
  6. Jeanette Thorbecke. In: American Association of Immunologists. American Association of Immunologists, 1. Januar 2025, abgerufen am 26. Februar 2025 (englisch).
  7. Martha Eibl: Nachweis der zellulären Immunität gegen homologes und autologes, aggregiertes sowie gegen komplexgebundes IgG bei primär chronischer Arthritis. In: Habilitationsschrift, medizinische Fakultät der Universität Wien (Hrsg.): Z. Immun.-Forsch. Band 144. Wien 1972, S. 103–128.
  8. OeGAI: oegai-Ueber uns. In: OeGAI. ÖGAI, Januar 2025, abgerufen am 1. März 2025.
  9. research gate: Martha Eibl. In: Research Gate. Research Gate, 2024, abgerufen am 26. Februar 2025.
  10. M.Eibl, W.R.Mayr, G.J.Thorbecke (Hrsgb.): Landsteiner´s Discovery; 100 years since the discovery of human blood groups. Hrsg.: M.Eibl, W.R.Mayr, G.J.Thorbecke. Springer, April 2002.
  11. M.M.Eibl, C.Huber, H.H.Peter, U.Wahn (Hrsgb.): Symposium in Immunology vol I-V: [vol1&2: 1993], [vol iv: 1995], [vol v:1996]. In: Symposium in Immunology. Vol. I-V, Januar 1996.
  12. Diese Ehrung der Stadt Florenz wird für Verdienste der Humanität und Wissenschaft .....@1@2Vorlage:Toter Link/www.archido.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. von 3/1997, abgerufen am 9. November 2010
  13. Mailath-Pokorny: Preise für Wissenschaften und Volksbildung vom 6. Juni 2003, abgerufen am 9. November 2010.