Mil Mi-12

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Datei:Mil Mi-12.jpg
Daten & Fakten
Hersteller: Mil
Typ: Entwicklungsstudie
Nutzung: nur für Flugshows und Testreihen

Der sowjetische Mil Mi-12, Nato-Code „Homer“, (Originalbezeichnung W-12) ist der größte jemals gebaute Hubschrauber der Welt.

Der Mi-12 ist ein Hubschrauber mit zwei seitlichen Rotoren, wodurch kein Heckrotor benötigt wird. Die Triebwerke, aufgebaut jeweils aus Doppel-Gasturbinen, wurden ebenso wie die Rotoren dem Mi-6 entliehen, der bereits mit nur einem dieser Rotoren zu den größten Transporthubschraubern der Welt zählt. Der Erstflug der MI-12 war am 10. Juli 1968.

Geschichte

Bereits 1959 entwarf man bei Mil Konzepte für einen "Ultra-Schwerlasthelikopter" unter dem Projektnamen W-12 oder "Isedelije 65". In 1961 bekam das OKB den offiziellen Auftrag, einen Helikopter zu konstruieren, welcher ein Gewicht von 20 bis 25 Tonnen heben konnte. Dies wurde später durch die Direktive des Ministerrats ergänzt, dieser Helikopter soll ein Ladevolumen besitzen, welches dem der Antonow An-22 gleichen sollte. Dieses Ladevolumen wurde auch deshalb benötigt, um Interkontinentalraketen mit nuklearen Sprengköpfen vom Typ 8K67 (Scarp) zu transportieren. Bis zu diesem Zeitpunkt (1961) waren die Raketen mit einem Gesamtgewicht von über 20 Tonnen (unbetankt) an Eisenbahntransporte gebunden. das machte eine feindliche Luftaufklärung der Stationierungsorte von sowjetischen Interkontinentalraketen relativ einfach. Wie fast alle technischen Konstruktionen aus der Zeit der Sowjetunion musste die W-12 aber auch Anforderungen von Großbauprojekten abdecken und in der Geoexploration einsetzbar sein. Der Nutzwert eines solchen Helikopters, schwere Lasten ohne Landebahn, Straßen oder Schienen über bis zu 1000 Kilometer zu transportieren, hat vor dem Hintergrund der unerkundeten Weiten Sibiriens eine andere Bedeutungsdimension, als in Mitteleuropa oder Nordamerika.

Bis 1965 arbeitete man an den Entwürfen und Modellen. Ein 1:1 Modell war zum Test der Triebwerke, Steuerung und Rotordynamik erforderlich. Die Konstruktion, welche einem „Eisenbahnwaggon“ mit zwei Triebwerken und Helikopterrotoren ähnelte wurde zusammen mit eine weiteren 1:1 Modell für das Rumpf- und Frachtraumdesign gebaut. Diese Modelle wurden den Auftraggebern im April 1965 vorgestellt. Hierbei wurden im Frachtraummodell Be- und Entladetests mit 36 Schwerlastkriegsgeräten durchgeführt. Nach positiver Inspektion und Auswertung der Arbeitsergebnisse wurde 1966 der Auftrag erteilt, den ersten flugfähigen Prototypen zu konstruieren. Zeitgleich begann die Flugzeugfabrik No. 292 in Saratow mit der Vorbereitung zur Serienfertigung der fünf ersten Maschinen.

Im Sommer 1967 war der erste Prototyp einsatzbereit und konnte für Flugtests verwendet werden. Jedoch kam es bei einem der Flugtests des ersten Prototypen in Panki am 27.6.1967 in Gegenwart von Militärs und anderen Zuschauern zu einer unsanften Bodenberührung mit nur einem Rad. Das Ergebnis: ein geplatzter Reifen und eine verbogene Felge. Dieses Ereignis wurde von der westlichen Presse teilweise zu einem Unfall hochstilisiert. Wie man später herausfand waren Eigenschwingungen und Resonanzen im Cockpit die Ursache dafür, dass der Pilot unbeabsichtigte Steuerbewegungen nicht vermeiden konnte. Dieses Problem konnte jedoch durch Dämpfungsmaßnahmen relativ schnell behoben werden. Der weitere Verlauf der Test gestaltete sich als sehr effektiv und erfolgreich. Ein Zeichen für die gute theoretische Vorarbeit des Designteams.

Im Dezember 1968 wurde der erste Prototyp mit der Registrierungsnummer CCP-21142 dem Institut für Flugtests am Luftwaffenstützpunkt Schukowskij (Russisch: Жуко́вский) zur Flugerprobung überstellt.

Nach offizieller Darstellung gab es nur zwei Prototypen. Unbestätigten Berichten zufolge soll ein Prototyp 1969 abgestürzt sein, welches die Vermutung nach der Existenz einer dritten Maschine aufkommen ließ. Dieser Absturz wurde in den Medien der Sowjetunion jedoch nie bestätigt.

Eine Serienproduktion der Mi-12 fand dann doch nicht mehr statt. Das Programm wurde 1974 eingestellt. Die Arbeiten an der Mi-12M als "Super-Ultra Schwerlasthubschrauber" mit stärkeren Triebwerken und zwei mal sechs Rotorblättern wurden vor dem Bau des eigentlichen Prototypen beendet. Aus militärischer Sicht war der Haupteinsatzzweck des Helikopters obsolet geworden. Der Ausbau der Silo-gestützten Interkontinentalrakteten wurde nicht weiter vorangetrieben. Die Sowietischen Streitkäfte verfügte seit 1969 über wesentlich leichtere Interkontinentalraketen vom Typen R-29 (SS-8, SS-18, SS-23) und mit dem Beginn des Jahres 1975 über Mittelstreckenraketen vom Typ RS-16 (SS-17), welche von mobilen Abschussrampen (geländegängige Lastwagen), Schiffen oder U-Booten abgefeuert werden konnten. Viele der beim Bau der Mi-12 gewonnen Erkennnisse konnten jedoch in die Entwicklung der Mil Mi-26 einfließen, welche Anfang der 70iger Jahre bereits begonnen hatte.

Technik

Die Triebwerke, die Getriebe und die Rotorblätter wurden der Produktion der Mi-6 entnommen. So konnten erhebliche Kosten eingespart werden. Pro Triebwerk wurde ein eigenes Getriebe zum Antrieb des Rotorkopfes verwendet. Der größere Rotordurchmesser wurde durch die Verwendung längerer Rotorkopfschenkel (Shanks) erreicht. Es handelt sich um die einzige Doppelrotorkonfiguration, welche von Mil jemals gebaut wurde.

Die Konstrukteure wollten die beiden Rotorköpfe/Triebwerke ursprünglich hintereinander anordnen. Diese Anordnung hätte jedoch das Risiko beinhaltet, unter ungünstigen Bedingungen die Abgase des vorderen Doppeltriebwerkes einzusaugen. Dies hätte zu einem plötzlichen Leistungsverlust am hintern Doppeltriebwerk geführt, welches bei dieser Anordnung der Rotoren die Flugfähigkeit gefährdet hätte. Dieser Ansatz wurde deshalb zugunsten der endgültigen Konfiguration in seitlicher Anordnung wieder verworfen. Durch die seitliche Montage der Rotoren und der Turbinen in freihängenden Gondeln, an den Enden der Tragflächen, wurde darüberhinaus eine ungewöhnlich gute Erreichbarkeit der Triebwerkskomponenten bei Wartungsarbeiten gewährleistet. Hierzu gibt es auf der Oberseite der Mi-12 eine "Dachluke", durch die das Wartungspersonal auf die Oberseite der Maschine und auf die Tragflächen gelangen kann. Zur besseren Sicherung entlang der Tragflächenwege existiert sogar ein einsteckbares Geländer. Zur Ausrüstung an Bord des Hubschraubers gehören auch die notwendigen Hängeplattformen für Wartungsarbeiten an den Triebwerksgondeln. Die Verkleidungen (Slats) der Triebwerksgondeln lassen sich durch einen Klappmechanismus schnell öffnen. Bei der Mi-12 handelt es sich um den bisher letzten Helikopter, welcher mit Rotoren in seitlicher Anordnung gebaut wurde.

Trotz der gigantischen Dimensionen haben beiden Rotorkreise in der Mitte einen einen überlappenden Bereich von ca. drei Meter Tiefe. Um die Getriebe der gegenläufigen Rotoren zu synchronisieren und auch zur ausgleichenden Kraftübertragung, sind beide Rotoren mit einer zentralen Welle verbunden. Durch den "Knick" in der Tragflächenkonstruktion bedingt, wurde ein Wellengelenk in Form eines weiteren Getriebes im Innern des Rumpfes benötigt. Durch die zentrale Welle und die Verwendung der Doppeltriebwerke bleibt die M-12 auch bei Ausfall von beiden Triebwerken auf einer Seite flugfähig. Die Steuerung der Ruder und der Rotorblattanstellung erfolgte durch drei unabhängige, hydraulische Systeme, welche wiederum je aus einer Haupt- und Erzatzkomponente bestanden. Die MI-12 war auch mit den neuesten elektronischen Entwicklungen der damaligen Zeit ausgestattet und verfügte so auch über ein Wetterradar und - für einen Hubschrauber ungewöhnlich - auch einen Autopiloten.

Rekorde, Vorführungen und Verbleib

Mit dem Mi-12 wurden diverse Rekorde aufgestellt. Unter anderem hob die MI-12 bereits am 22. Februar 1969 eine Rekordlast vom 31.030 kg auf 2.951m und am 6. August 1969 eine Nutzlast von 44.205 kg auf eine Höhe von 2.255 m. Theoretisch und auch praktisch konnten mit der Mi-12 in niedrigerer Höhe (größere Luftdichte) noch schwerere Lasten befördert werden. Durch "Anrollen" des Helikopters auf Startbahn wurde hierzu sogar der Auftrieb unter den Tragflächen genutzt. Solche "Schwerlastexperimente" hat es offensichtlich gegeben. Über die dabei bewegten Nutzlasten ist jedoch nichts bekannt geworden.

Die öffentlichen Vorführungen des MI-12, wie auch 1971 in Kopenhagen, Groeningen und Le Bourget wurden von einer Maschine mit der Registrierungsnummer CCCP-21142 / H-833 durchgeführt. Hierbei handelte es sich um den ersten der beiden Prototypen, der sich heute auf dem Gelände der Michail Leontjewitsch Mil Helicopter Plant in Lyubertsy-Panki in der Nähe von Moskau befindet. 55°40′02″N 37°55′55″E

Ein weiterer noch erhaltener Mi-12 kann im Zentralen Museum der Luftstreitkräfte der Russischen Föderation in Monino (ca. 50km östlich von Moskau) besichtigt werden. Hierbei handelt es sich wahrscheinlich um den zweiten Prototypen. Alle Bilder in diesem Artikel sind von dieser Maschine. Diese Mi-12 trägt bedauerlicherweise keine Registrierungsnummer. Eine Schautafel gibt als Herstellungsjahr dieser Maschine ebenfalls 1967 an.

Technische Daten

Datei:Mil mi-12 hubschrauber.jpg
Eine Mil Mi-12 im Hintergrund
Eine Mil Mi-12 von Vorne
  • Gesamtlänge: 37 m
  • Besatzung: 6 Personen
  • max. Anzahl von Passagieren: 196
  • Höhe: 12,50 m
  • Spannweite: 67 m
  • Rotordurchmesser: 35 m
  • Leergewicht: 69.100 kg
  • Startmasse: 97.000 kg
  • max. Startmasse: 105.000 kg
  • Nutzlast: 20.000 kg
  • max. Nutzlast: 40.000 kg
  • Vier Solowjew Wellenturbinen D-25VF
  • Startleistung: 4x 4048 kW (= 4x 5500 WPS)
  • max. Geschwindigkeit: 260 km/h
  • Reisegeschwindigkeit: 240 km/h
  • Betriebsflughöhe (service ceiling): 3.500 m
  • Reichweite: 1000 km

Siehe auch