Muchse

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein Muchse ist ein männliches Hausrind, bei dem durch die Verlagerung der Hoden an die Bauchdecke ein künstlicher Kryptorchismus hervorgerufen wurde. Die dazu durchgeführte Behandlung wird als Muchsen bezeichnet. Die Bezeichnung ist eine Zusammenziehung von Muni (Stier, Bulle) und Ochse.[1]

Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Unterschied zum Ochsen wird die Zeugungsunfähigkeit beim Muchsen nicht durch Kastration mit der operativen Entfernung der Hoden oder mit Hilfe einer Burdizzo-Zange erreicht. Stattdessen werden die Hoden gegen die Bauchdecke gedrückt oder in die Bauchhöhle verschoben und in dieser Lage mit einem um das leere Skrotum gezogenen Gummiring fixiert.[2][3] Der Hodensack nekrotisiert nach einigen Wochen und fällt ab oder wird abgeschnitten.[4] Die Hoden verbleiben unter der Haut und atrophieren langsam. Durch die höhere Umgebungstemperatur kommt es zur Einstellung der Spermatogenese und damit zur Zeugungsunfähigkeit, während die Bildung von Testosteron nicht beeinträchtigt wird.[4]

Das Muchsen ist einer vergleichenden Untersuchung zufolge gegenüber der Orchiektomie und der Verwendung der Burdizzo-Zange weniger belastend für das Tier, wenn es unter Sedation mit Xylazin und Lokalanästhesie erfolgt.[5] Der Eingriff führt nicht sicher zur Zeugungsunfähigkeit, einzelne Tiere können weiterhin Sperma produzieren.[6]

Tierschutz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Von Tierschützern wird kritisiert, dass der Vorgang mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Schmerzen verbunden ist und für das einzelne Kalb einen irreversiblen Schaden verursacht. Die Behandlung bedürfe unabhängig vom Alter des Tieres einer vom Tierarzt vorzunehmenden Betäubung. Als Zerstörung von Körpergewebe eines Wirbeltieres sei die Behandlung grundsätzlich verboten, zudem sei die Amputation von Körperteilen mithilfe elastischer Ringe unzulässig.[7] In der Schweiz ist das Muchsen verboten.[8]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (Hrsg.): Zur tierschutzrechtlichen Relevanz des Muchsens, Merkblatt Nr. 20, Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (Hrsg.), Bramsche 1997, Online, Download-Link im Abschnitt Nutztiere, abgerufen am 21. April 2014.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. M. Golze: Mast von Muchsen: Mit Jungrindern Grünland nutzen? In: Unser Land 4/92, S. 52–53.
  2. Peter Gierschner: Vergleichende Untersuchungen zur Kastration von Bullenkälbern durch Alteration der Blutgefäße im Funiculus spermaticus mit Hilfe der Diathermie, durch Kompression mittels der Burdizzo-Zange sowie einer transkutanen Ligatur, Dissertation, Freie Universität Berlin, Berlin 2003, S. 10.
  3. Daniel Boesch et al.: Kursunterlagen Schmerzausschaltung und Kastration Lämmer, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich und VetSuisse Fakultät, Universität Bern o. J. (ca. 2005), S. 11, Online PDF, 2,3 MB (Memento vom 19. April 2014 im Internet Archive), abgerufen am 19. April 2014.
  4. a b Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (Hrsg.): Zur tierschutzrechtlichen Relevanz des Muchsens, 1997, S. 2.
  5. Dagmar Pieler et al.: Physiological and behavioral stress parameters in calves in response to partial scrotal resection, orchidectomy, and Burdizzo castration. In: Journal of Dairy Science, Band 96, Nummer 10, 2013, S. 6378–6389, doi:10.3168/jds.2013-6683.
  6. Dagmar Pieler et al.: Endocrine testicular function and spermatogenesis persist in calves after partial scrotal resection but not Burdizzo castration. In: Theriogenology (im Druck, 2014), doi:10.1016/j.theriogenology.2014.02.012.
  7. Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (Hrsg.): Zur tierschutzrechtlichen Relevanz des Muchsens, 1997, S. 2–3.
  8. Daniel Boesch et al.: Kursunterlagen Schmerzausschaltung und Kastration Lämmer, o. J. (ca. 2005), S. 22.