Nicomorphin

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Strukturformel
Strukturformel von Nicomorphin
Allgemeines
Freiname Nicomorphin
Andere Namen
  • (5α,6α)-7,8-Didehydro-4,5-epoxy-17-methylmorphinan-3,6-diol-3,6-di-3-pyridincarboxylat
  • Morphin-bis(pyridin-3-carboxylat)
  • 3,6-Dinicotinoylmorphin
  • 3,6-DNM
  • Morphindinicotinat
Summenformel C29H25N3O5
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 211-357-9
ECHA-InfoCard 100.010.326
PubChem 5362460
ChemSpider 4515048
DrugBank DB13454
Wikidata Q7030497
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N02AA04

Wirkstoffklasse

Opioid-Analgetikum

Eigenschaften
Molare Masse 495,54 g·mol−1 (Nicomorphin)
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Nicomorphin ist ein halbsynthetisch hergestelltes Opioid mit starker analgetischer (schmerzstillender) Wirksamkeit. Nicomorphin wirkt als reiner Agonist am μ-Opioid-Rezeptor. Strukturell handelt es sich um einen Diester des Morphins mit zwei Molekülen Nicotinsäure.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nicomorphin wurde 1957 als starkes Analgetikum entwickelt. Seit 1961 wird es durch die Single Convention on Narcotic Drugs reguliert (Gruppe 2).[2] In Deutschland ist es ein nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel.[3]

Chemie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gewinnung und Darstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nicomorphin wurde erstmals 1959 halbsynthetisch aus Morphin hergestellt.[4]

Kugel-Stab-Modell von Nicomorphin

Pharmakologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nicomorphin hat als Opioid dasselbe Wirkungs- und Nebenwirkungsprofil und somit im Wesentlichen dasselbe Gefahrenpotential wie andere Opioide. Es ist ein Prodrug von Morphin. Es besitzt aufgrund seiner höheren Lipophilie einen schnelleren Wirkungseintritt als Morphin.[5]

Nebenwirkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nebenwirkungen können bei Nicomorphin auftreten, die die vorbestehende Toleranz gegenüber Opioiden aufgrund des Vorkonsums überschreiten. Dies sind Müdigkeit, Schlafstörungen, Benommenheit, Übelkeit, Erbrechen, Ödeme in den Beinen, Harnverhaltung, Obstipation und Pruritus. Sie verschwinden in der Regel mit der Toleranzentwicklung oder Reduktion der Dosis. Am längsten halten sich Schlaf- und sexuelle Störungen.

Nicomorphin hat bei Einnahme während der Schwangerschaft eine Wirkung auf den Fötus.

Pharmakokinetik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach intravenöser Gabe besitzt Nicomorphin eine Plasmahalbwertszeit von drei Minuten und wird im Blutkreislauf und der Leber zu den pharmakologisch wirksamen Metaboliten Morphin und 6-Nicotinylmorphin verstoffwechselt. Das Morphin besitzt eine Plasmahalbwertszeit von 135–190 Minuten, Nicotinylmorphin 3 bis 15 Minuten.[6]

Bei epiduraler Anwendung ist es für etwa anderthalb Stunden nachweisbar. Die Wirkungsdauer liegt bei 18,2 ± 10,1 Stunden. Die Plasmahalbwertszeit liegt wie bei intravenöser Gabe, nur wird Nicomorphin langsam an den Blutkreislauf abgegeben.[7]

Nach rektaler Gabe von Nicomorphin ist Morphin nach acht Minuten im Serum nachweisbar und besitzt eine Plasmahalbwertszeit von 1,48 ± 0,48 Stunden. Im Darm sind die Stoffwechselprodukte des Morphins, Morphin-3- und Morphin-6-Glucoronide, nach 12 Minuten abgebaut mit einer Plasmahalbwertszeit von 2,8 Stunden für Beide. Es wird kein 6-Mononicotinylmorphin gebildet. Die Bioverfügbarkeit des Morphins und seiner wirksamen Metaboliten liegt bei 88 %. Im Urin ist kein Nicomorphin nachweisbar.[8]

Bei intramuskulärer Verabreichung liegt die Plasmahalbwertszeit bei 0,32 ± 0,20 Stunden, mit langsamer Abgabe an den Blutkreislauf. Die Plasmahalbwertszeit von 6-Mononicotinylmorphin liegt ebenso bei etwa 0,39 ± 0,09, was auf die Abgabe als geschwindigkeitsbestimmenden Schritt hinweist. Morphin zeigt eine Plasmahalbwertszeit von 1,38 ± 0,31 Stunden. Morphin wird zu Morphin-3-glucuronid und Morphin-6-glucuronid verstoffwechselt. Die Plasmahalbwertszeit liegt für beide Glucuronide bei etwa 2,6 Stunden (p = 0.07). Es wird kein 6-Mononicotinylmorphin gebildet. Die Bioverfügbarkeit entspricht der bei intravenöser Gabe.[9]

Handelsnamen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Handelsnamen für Nicomorphin sind z. B. Vilan (A; a. H.: CH, DK), MorZet (NL, a. H.).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  2. Thomas Nordegren: The A-Z Encyclopedia of Alcohol and Drug Abuse. Universal-Publishers, 2002, ISBN 978-1-581-12404-0, S. 463.
  3. Anlage I zum deutschen Betäubungsmittelgesetz.
  4. Herman H. Waldvogel: Analgetika Antinozizeptiva Adjuvanzien. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-56710-0, S. 289 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Herman H. Waldvogel: Analgetika Antinozizeptiva Adjuvanzien. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-97649-0, S. 292, 427.
  6. Koopman-Kimenai, PM, Vree TB, Booij, LH, Dirksen, R, Nijhuis, GM: Pharmacokinetics of intravenously administered nicomorphine and its metabolites in man. In: European Journal of Anesthesiology. 10. Jahrgang, Nr. 3. England 1. März 1993, S. 125–132, PMID 8462537.
  7. Koopman-Kimenai PM, Vree TB, Hasenbos MA, Weber EW, Verweij-Van Wissen CP, Booij LH: Pharmacokinetics of nicomorphine and its metabolites in man after epidural administration. (Dutch). In: Pharmaceutish Weekblad. Scientific Edition. 13. Jahrgang, Nr. 3. Netherlands 21. Juni 1991, S. 142–147, PMID 1923705.
  8. P. M. Koopman-Kimenai, T. B. Vree, L. H. Booij, R. Dirksen: Rectal administration of nicomorphine in patients improves biological availability of morphine and its glucuronide conjugates. In: Pharmacy world & science : PWS. Band 16, Nummer 6, Dezember 1994, S. 248–253, PMID 7889023.
  9. P. M. Koopman-Kimenai, T. B. Vree, L. H. Booij, R. Dirksen: The bioavailability of intramuscularly administered nicomorphine (Vilan) with its metabolites and their glucuronide conjugates in surgical patients. In: International journal of clinical pharmacology and therapeutics. Band 33, Nummer 8, August 1995, S. 442–448, PMID 8556223.