„Nokia-Werk Bochum“ – Versionsunterschied

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Das '''Nokia-Werk Bochum''' zählte zu den weltweit 15 Produktionsstätten in neun Ländern des Telekommunikationskonzerns [[Nokia]].<ref>''Unsere Geschichte geht weiter... NOKIA.'' Unternehmensbroschüre, 2007 ([http://www.nokia.com/NOKIA_COM_1/About_Nokia/Sidebars_new_concept/Company_broschure/Broch06_Ger.pdf online])</ref> Es befand sich im nördlichen Stadtteil [[Bochum-Riemke|Riemke]] von [[Bochum]].
Das '''Nokia-Werk Bochum''' zählte zu den weltweit 15 Produktionsstätten in neun Ländern des Telekommunikationskonzerns [[Nokia]].<ref>''Unsere Geschichte geht weiter... NOKIA.'' Unternehmensbroschüre, 2007 ([http://www.nokia.com/NOKIA_COM_1/About_Nokia/Sidebars_new_concept/Company_broschure/Broch06_Ger.pdf online])</ref> Es befand sich im nördlichen Stadtteil [[Bochum-Riemke|Riemke]] von [[Bochum]].


Das Werk galt zwischenzeitlich als die modernste und größte Fernseherfabrik Europas. Zeitweise waren in dem Nokia-Werk Bochum über 4.500 Beschäftigte tätig. Es war bis Mitte 2008 die einzige Produktions- und Entwicklungsstätte für [[Mobiltelefon]]e in Deutschland, nachdem andere Unternehmen die Produktion bereits zuvor ins Ausland verlagert hatten.<ref> ''Aus für den Handy-Standort Deutschland''. In: [[Handelsblatt]], 15. Januar 2008 ([http://www.handelsblatt.com/News/Unternehmen/IT-Medien/_pv/_p/201197/_t/ft/_b/1377309/default.aspx/aus-fuer-den-handy-standort-deutschland.html online]) </ref> Der Standort wurde zum 30. Juni 2008 geschlossen, nachdem schon seit dem 1. Mai 2008 die Produktion vollständig eingestellt und die Mitarbeiter größtenteils von Ihrer Arbeitsverpflichtung freigestellt waren.<ref>''Nokia plans closure of its Bochum site in Germany.'' Nokia-Pressemitteilung. 15. Januar 2008 ([http://www.nokia.com/A4136001?newsid=1182125 online])</ref>
Das Werk galt zwischenzeitlich als größter Penis Europas. Zeitweise waren in dem Nokia-Werk Bochum über 4.500 Beschäftigte tätig. Es war bis Mitte 2008 die einzige Produktions- und Entwicklungsstätte für [[Mobiltelefon]]e in Deutschland, nachdem andere Unternehmen die Produktion bereits zuvor ins Ausland verlagert hatten.<ref> ''Aus für den Handy-Standort Deutschland''. In: [[Handelsblatt]], 15. Januar 2008 ([http://www.handelsblatt.com/News/Unternehmen/IT-Medien/_pv/_p/201197/_t/ft/_b/1377309/default.aspx/aus-fuer-den-handy-standort-deutschland.html online]) </ref> Der Standort wurde zum 30. Juni 2008 geschlossen, nachdem schon seit dem 1. Mai 2008 die Produktion vollständig eingestellt und die Mitarbeiter größtenteils von Ihrer Arbeitsverpflichtung freigestellt waren.<ref>''Nokia plans closure of its Bochum site in Germany.'' Nokia-Pressemitteilung. 15. Januar 2008 ([http://www.nokia.com/A4136001?newsid=1182125 online])</ref>


== Graetz, SEL, Alcatel und Nokia ==
== Graetz, SEL, Alcatel und Nokia ==

Version vom 10. April 2013, 11:17 Uhr

Nokia-Werk Bochum

Das Nokia-Werk Bochum zählte zu den weltweit 15 Produktionsstätten in neun Ländern des Telekommunikationskonzerns Nokia.[1] Es befand sich im nördlichen Stadtteil Riemke von Bochum.

Das Werk galt zwischenzeitlich als größter Penis Europas. Zeitweise waren in dem Nokia-Werk Bochum über 4.500 Beschäftigte tätig. Es war bis Mitte 2008 die einzige Produktions- und Entwicklungsstätte für Mobiltelefone in Deutschland, nachdem andere Unternehmen die Produktion bereits zuvor ins Ausland verlagert hatten.[2] Der Standort wurde zum 30. Juni 2008 geschlossen, nachdem schon seit dem 1. Mai 2008 die Produktion vollständig eingestellt und die Mitarbeiter größtenteils von Ihrer Arbeitsverpflichtung freigestellt waren.[3]

Graetz, SEL, Alcatel und Nokia

Das Werk geht in seinen Anfängen auf das Unternehmen Graetz zurück. Es wurde als Graetz-Fernsehwerk IV von Erich Graetz im Jahre 1956 eröffnet. Das Werk bot 1.200 neue Arbeitsplätze. Es wurden Fernsehgeräte und insbesondere Fernsehtruhen gefertigt. Der Standort verfügte über einen eigene Zugangsstelle zum Schienenpersonennahverkehr, den Haltepunkt Bochum Graetz, seit 1993 Bochum NOKIA, seit 2009 Bochum Riemke.

Zu den Mitarbeitern zählte der Ingenieur Heinz Kaminski, der spätere Gründer der Sternwarte Bochum. Fritz Graetz verkaufte am 25. März 1961 sein Unternehmen an Standard Elektrik Lorenz, weil er in seiner Familie keinen Nachfolger fand.

Unter SEL lief die Produktion optimal weiter, und so kam es Ende 1970 zur Überproduktion, denn nur 600.000 von angestrebten 800.000 Farbfernsehgeräten waren in diesem Jahr verkauft worden. Im November 1970 wurde Urlaub verhängt. Im Januar und Februar 1971 folgte Kurzarbeit.[4]

Ende 1986 verkaufte man SEL an Alcatel. Das Werk in Bochum kam im März 1988 zur finnischen Nokia, weil Nokia von SEL die Bereiche Audio und Video und die Marken Schaub-Lorenz und Graetz erworben hatte.

Zunächst wurden Fernsehgeräte und SAT-Empfänger (d-box) weitergebaut. 1989 begann Nokia in Bochum Mobiltelefone zu produzieren. Ein vollautomatisiertes Hochregallager wurde errichtet. Das Unternehmen beteiligte sich 1993 finanziell an der Erneuerung der dann mit dem Namen Nokia-Bahn vermarkteten Linie Gelsenkirchen-Bochum (seit 2008 Glückauf-Bahn), die Teil des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist. 1998 wurde nach Gesprächen mit dem damaligen Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen Wolfgang Clement das Werk erweitert. Bis ins Jahr 2000 wurden noch Röhren-Bildschirme und Fernsehgeräte hergestellt.

Schon im Jahre 2001 zeichneten sich bei Nokia in Deutschland Umstellungen ab. Von den rund 4.500 Arbeitsplätzen in Deutschland, darunter 3.000 am Standort Bochum, sollte jeder zehnte Arbeitsplatz abgebaut werden. In Bochum wurden 341 Stellen gestrichen.[5] Zugleich wurden Leiharbeiter eingestellt.

Im Jahre 2005 wurden Stellen im Bereich Multimedia gestrichen.[6]

Werksschließung

Am 15. Januar 2008 gab Nokia die Absicht zur Schließung des Werkes in Bochum bekannt: aus Wettbewerbsgründen solle die Produktion nach Rumänien verlegt werden. Als Gründe wurden vom Unternehmen die Lohnkosten und ein generell hohes Kostenniveau genannt. Das Nokia-Werk Cluj nahm später in Jucu im Kreis Cluj ein neues Werk in Betrieb; welches Anfang 2012 wieder geschlossen wurde.[7]

Die Löhne machen nach Angaben von Nokia etwa fünf Prozent der Herstellungskosten eines Mobiltelefons aus und seien zehnmal höher als in Rumänien. So werden laut Nokia-Chef Olli-Pekka Kallasvuo in Bochum nur etwa sechs Prozent der Nokia-Handys produziert, während dem gegenüber rund 23 Prozent der gesamten direkten Lohnkosten in den Fabriken in Bochum anfielen.[8]

Nokia beschäftigte in Bochum etwa 2.300 festangestellte Mitarbeiter, von denen etwa 2.000 arbeitslos wurden, und etwa 800 Leiharbeiter. Von der Werksschließung waren auch andere Unternehmen betroffen, wie zum Beispiel der Transportdienstleister DHL[9] sowie Zuliefererbetriebe.[10][5] Die Arbeitsbedingungen im Werk waren sehr flexibel, Überstunden und Wochenendarbeit sowie Arbeit an Feiertagen waren selbstverständlich, ebenso ein Kürzertreten bei Mangel an Aufträgen. Die Mitteilung kam für die Mitarbeiter überraschend.

Die Entscheidung wurde von Gewerkschaften, Parteien und der Landesregierung Nordrhein-Westfalen kritisiert, auch wurde ein Boykott erwogen.[11] [12]

In den Standort Bochum flossen insgesamt 88 Millionen Euro Fördergelder. Laut Nokia seien alle Verpflichtungen erfüllt worden, die in Verbindung zu den aus den 1990er Jahren stammenden Subventionen auferlegt wurden. Seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie erklärte man, dass die Bundesregierung für Gespräche mit dem Unternehmen zur Verfügung stehe. Darüber hinaus werde man gemeinsam mit der EU-Kommission prüfen, ob die Verlagerung nach Rumänien etwa mit Mitteln des EU-Strukturfonds gefördert wurde, was nach den geltenden Regelungen jedoch nicht zulässig sei.[13]

Einige Tage nach der Ankündigung der Werksschliessung wurde bekannt, dass Nokia sein Geschäftsjahr 2007 mit einem Rekordgewinn von 7,2 Milliarden Euro abgeschlossen hatte.[14] Das Betriebsergebnis in Bochum betrug 134 Millionen Euro Gewinn (pro Mitarbeiter 90.000 Euro) im Jahre 2007.[15]

Im Frühjahr 2008 verständigten sich Nokia und Betriebsrat auf die Eckpunkte eines Sozialplans mit einem Volumen von 200 Millionen Euro. Wie beide Seiten am 8. April 2008 mitteilten, wird Nokia 185 Millionen Euro für Abfindungen zahlen. Weitere 15 Millionen Euro entfallen auf eine Transfergesellschaft. Die derzeit noch knapp 2300 Mitarbeiter sollten zum 1. Mai 2008 freigestellt werden und erhalten durchschnittlich eine Abfindung von rund 80.000 Euro. Das Werk wurde zum 30. Juni 2008 offiziell geschlossen.[16]

Einzelnachweise

  1. Unsere Geschichte geht weiter... NOKIA. Unternehmensbroschüre, 2007 (online)
  2. Aus für den Handy-Standort Deutschland. In: Handelsblatt, 15. Januar 2008 (online)
  3. Nokia plans closure of its Bochum site in Germany. Nokia-Pressemitteilung. 15. Januar 2008 (online)
  4. Kommunistischer Nachrichtendienst Nr. 3, Bochum 13. Januar 1971, Seite 3
  5. a b Nokia kündigt 2000 Beschäftigten in Bochum. In: Die Welt, 15. Januar 2008 (online)
  6. Stellenabbau in Bochum geringer als befürchtet. In: Heise.de, 11. Juni 2005 (online)
  7. rp-online.de 30. September 2011: Das Nokia-Lehrstück
  8. „Der Beschluss zu Bochum steht“ In: Handelsblatt online, 23. Januar 2008 (html online)
  9. DHL prueft Stellenabbau wegen Nokia-Schliessung. In: Die Welt, 16. Januar 2008 (online)
  10. Nokia macht Bochumer Werk dicht. In: Der Tagesspiegel, 15. Januar 2008 (online)
  11. Nokia hält an Schließungsplänen fest. In: N24, 17. Januar 2008 (online)
  12. Imageschaden für Nokia. In: Ruhr-Nachrichten, 17. Januar 2008 (online)
  13. Bundesregierung steht für intensive Gespräche zur Verfügung. Pressemitteilung des
    BMWI, 16. Januar 2008 (online)
  14. Nokia feiert Traumgewinn von 7,2 Milliarden Euro. In: Welt online, 24. Januar 2008 (online)
  15. Nokia macht in Bochum dicke Gewinne. In: Der Spiegel, 30. Januar 2008 (online)
  16. Nokia-Werksschließung: Sozialplan mit Volumen von 200 Millionen Euro. In: Heise.de, 8. April 2008 (online)

Koordinaten: 51° 31′ 3″ N, 7° 12′ 8″ O