Pachychoroidale Erkrankungen der Makula

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Chorioretinopathia centralis serosa als bekannteste Vertreterin des Pachychoroidalen Erkrankungsspektrums. Es sammelt sich Flüssigkeit unter der Netzhaut (zentrale pyramidenförmige Struktur), die aus der verdickten Aderhaut direkt unter der Netzhaut stammt (Abgrenzung durch weiße Pfeilspitzen).

Unter pachychoroidalen Erkrankungen der Makula versteht man eine Gruppe von Krankheiten, vor allem der Netzhaut (Retina) des Auges, bei denen die Aderhaut (Choroidea) unterhalb der Netzhaut krankhaft verdickt und gestaut ist. Als Resultat nehmen die umliegenden Strukturen Schaden, insbesondere die Netzhaut (Retina) und das retinale Pigmentepithel. Dies führt zu einer Beeinträchtigung des Sehens. Der bekannteste Vertreter des pachychoroidalen Erkrankungsspektrums, die Retinopathia centralis serosa, stellt die vierthäufigste Ursache für eine irreversible Schädigung der Sehgrube (Gelber Fleck, Makula) dar.[1][2]

Der Begriff „Pachychoroid“ wurde 2013 erstmals von David Warrow, Quan Hoang und K. Bailey Freund eingeführt.[3]

Krankheitsursache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund bisher nicht komplett geklärter Ursachen kommt es zu einer übermäßigen Dickenzunahme der Aderhaut (Choroidea), meist direkt unterhalb des Gelben Flecks (Makula), dem Sehzentrum der Netzhaut. Es wird angenommen, dass die Verdickung der Aderhaut auf eine Stauung der darin zahlreich verlaufenden Blutgefäße zurückzuführen ist.

Durch die zu dicke, gestaute Aderhaut kommt es unter anderem zu Druckschäden, zu einem Austritt von Flüssigkeit aus dem Gefäßsystem und zur Unterversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen. Daraus resultiert eine Schädigung des retinalen Pigmentepithels und der Netzhaut (Retina), wodurch vor allem die zentrale Sehschärfe in der Netzhautmitte (Gelber Fleck, Makula) schlechter wird.

Formen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pachychoroid ohne Krankheitswert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Besteht nur eine Aderhautverdickung, meist über 350 oder 300 µm ohne Schädigung der umliegenden Strukturen, spricht man von einem unkomplizierten Pachychoroid.[2] Es wird angenommen, dass ein großer Teil der Bevölkerung eine verdickte Aderhaut ohne andere Krankheitszeichen aufweist. Hierzu zählen vor allem junge und weitsichtige Menschen.[2]

Pachychoroid mit Krankheitswert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Innerhalb des krankhaften pachychoroidalen Spektrums sind Erkrankungen der Netzhautmitte (Gelber Fleck, Makula) am häufigsten.

  • Kommt es durch die kontinuierliche Stauung im Blutgefäßsystem der Aderhaut zu Druckschäden an den feinen Blutgefäßen (Kapillaren) und einem kontinuierlichen Flüssigkeitsaustritt in Richtung der angrenzenden Bruch-Membran und des retinalen Pigmentepithels, spricht man aufgrund der resultierenden Schäden im Pigmentepithel von einer Pachychoroidalen Pigmentepitheliopathie (PPE).[3] Patienten mit PPE haben meist keine Symptome.
  • Kommt es durch eine weitergehende Schädigung des Pigmentepithels zu einem Durchbruch von Flüssigkeit unter die Netzhaut, entsteht eine Chorioretinopathia centralis serosa (CRCS). In diesem Stadium sehen Patienten oft verschwommen und berichten von einer Minderung der zentralen Sehschärfe mit Wahrnehmung eines zentralen „grauen Flecks“. Bei einem Großteil der Patienten verschwindet die Flüssigkeit innerhalb von wenigen Monaten wieder, kommt aber bei bis zu 50 % wieder vor (Rezidiv). Bei einigen Patienten bleibt die Flüssigkeit chronisch bestehen; eine Therapie mit Tabletten oder verschiedenen Lasermethoden ist möglich.
  • Bei etwa 25 % aller Patienten mit chronischem Verlauf bildet sich nach durchschnittlich 17 Jahren eine Blutgefäßwucherung aus der Aderhaut in Richtung Netzhaut, eine sogenannte choroidale Neovaskularisation. Dies definiert die Pachychoroidale Neovaskulopathie (PNV),[4] die durch Blutungen und eine Vernarbung der Sehgrube (Makula) eine massive Sehminderung hervorrufen kann. Als effektive Therapie hat sich hier die anti-VEGF-Therapie bewährt, die direkt in das Auge (intravitreal) injiziert wird.
  • Entstehen innerhalb dieser CNV Aneurysmen, spricht man von einer pachychoroidalen aneurysmalen Typ-1-CNV (PAT1),[5] früher auch polypoidale choroidale Vaskulopathie (PCV).
  • In allen Stadien kann zusätzlich eine fokale choroidale Exkavation[6] auftreten, die wohl eine Narbeneinziehung im Aderhautgewebe darstellt.

Pachychoroidale Erkrankungen außerhalb der Netzhautmitte wurden auch um den Sehnerv beschrieben.

  • Äußert sich die Aderhaut-Dickenzunahme vor allem um den Sehnerv, kann es zur Sehnervenschwellung und zur Einlagerung von Flüssigkeit in der Netzhaut kommen, was man Peripapilläres Pachychoroid nennt.[7]

Klassifikation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neuere Daten zeigen, dass die einzelnen Erkrankungen des Pachychoroidalen Spektrums eng miteinander verwandt sind und ineinander übergehen können. So leiden bis zu 90 % der Partneraugen einer Chorioretinopathia centralis serosa an einer Pachychoroidalen Pigmentepitheliopathie (PPE), und etwa 17 % der Augen mit einer PPE entwickeln umgekehrt nach sechs Jahren eine Chorioretinopathia centralis serosa.[8] Etwa 25–39 % aller Augen mit Chorioretinopathia centralis serosa entwickeln eine Choroidale Neovaskularisation (CNV) und damit eine Pachychoroidale Neovaskulopathie (PNV).[9][10] Die Pachychoroidale Neovaskulopathie (PNV) schreitet wiederum nach 5 Jahren in bis zu 31 % in eine Pachychoroidale aneurysmale Typ 1 CNV/Polypoidale Choroidale Vaskulopathie (PAT1/PCV) fort.[11] Zusätzlich beschreiben erste Fallberichte, dass manche Augen alle vier Erkrankungen nacheinander durchlaufen können.[12]

Daher ist eine Klassifikation der Pachychoroidalen Erkrankungen der Makula von zunehmendem klinischen Nutzen.

Pachychoroidale Erkrankungen der Makula (nach Siedlecki et al.[13])
0 Unkompliziertes Pachychoroid (UCP)
I Pachychoroidale Pigmentepitheliopathie (PPE)
II Chorioretinopathia centralis serosa (CRCS)
III Pachychoroidale Neovaskulopathie (PNV)
a) mit neurosensorischer Abhebung (= mit Flüssigkeit unter der Netzhaut)
b) ohne neurosensorische Abhebung (ohne Flüssigkeit)
IV Pachychoroidale aneurysmale Typ 1 CNV (PAT1)

(früher: Polypoidale Choroidale Vaskulopathie, PCV)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Sezen Akkaya: Spectrum of pachychoroid diseases. In: International Ophthalmology. Band 38, Nr. 5, Oktober 2018, ISSN 0165-5701, S. 2239–2246, doi:10.1007/s10792-017-0666-4 (springer.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  2. a b c Chui Ming Gemmy Cheung, Won Ki Lee, Hideki Koizumi, Kunal Dansingani, Timothy Y. Y. Lai: Pachychoroid disease. In: Eye. Band 33, Nr. 1, Januar 2019, ISSN 0950-222X, S. 14–33, doi:10.1038/s41433-018-0158-4, PMID 29995841, PMC 6328576 (freier Volltext) – (nature.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  3. a b David J. Warrow, Quan V. Hoang, K. Bailey Freund: PACHYCHOROID PIGMENT EPITHELIOPATHY:. In: Retina. Band 33, Nr. 8, September 2013, ISSN 0275-004X, S. 1659–1672, doi:10.1097/IAE.0b013e3182953df4 (lww.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  4. Claudine E. Pang, K. Bailey Freund: PACHYCHOROID NEOVASCULOPATHY:. In: Retina. Band 35, Nr. 1, Januar 2015, ISSN 0275-004X, S. 1–9, doi:10.1097/IAE.0000000000000331 (lww.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  5. Kunal K Dansingani, Orly Gal-Or, Srinivas R Sadda, Lawrence A Yannuzzi, K Bailey Freund: Understanding aneurysmal type 1 neovascularization (polypoidal choroidal vasculopathy): a lesson in the taxonomy of ‘expanded spectra’ - a review: Aneurysmal type 1 neovascularization. In: Clinical & Experimental Ophthalmology. Band 46, Nr. 2, März 2018, S. 189–200, doi:10.1111/ceo.13114, PMID 29178419, PMC 5900982 (freier Volltext) – (wiley.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  6. Hyewon Chung, Suk Ho Byeon, K. Bailey Freund: FOCAL CHOROIDAL EXCAVATION AND ITS ASSOCIATION WITH PACHYCHOROID SPECTRUM DISORDERS: A Review of the Literature and Multimodal Imaging Findings. In: Retina. Band 37, Nr. 2, Februar 2017, ISSN 0275-004X, S. 199–221, doi:10.1097/IAE.0000000000001345 (lww.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  7. Nopasak Phasukkijwatana, K. Bailey Freund, Rosa Dolz-Marco, Mayss Al-Sheikh, Pearse A. Keane: PERIPAPILLARY PACHYCHOROID SYNDROME:. In: Retina. Band 38, Nr. 9, September 2018, ISSN 0275-004X, S. 1652–1667, doi:10.1097/IAE.0000000000001907 (ovid.com [abgerufen am 17. März 2020]).
  8. Mariko Yagi, Masahiro Miyake, Yuki Mori, Yoshikatsu Hosoda, Ayako Takahashi: Natural Course of Pachychoroid Pigment Epitheliopathy. In: Ophthalmology Science. Band 2, Nr. 4, 1. Dezember 2022, ISSN 2666-9145, doi:10.1016/j.xops.2022.100201.
  9. Sarah Mrejen, Chandrakumar Balaratnasingam, Talia R. Kaden, Alexander Bottini, Kunal Dansingani: Long-term Visual Outcomes and Causes of Vision Loss in Chronic Central Serous Chorioretinopathy. In: Ophthalmology. Band 126, Nr. 4, 1. April 2019, ISSN 0161-6420, S. 576–588, doi:10.1016/j.ophtha.2018.12.048, PMID 30659849.
  10. M. Cristina Savastano, Marco Rispoli, Bruno Lumbroso: The Incidence of Neovascularization in Central Serous Chorioretinopathy by Optical Coherence Tomography Angiography. In: Retina. Band 41, Nr. 2, Februar 2021, ISSN 0275-004X, S. 302–308, doi:10.1097/IAE.0000000000002810, PMID 32310626, PMC 7819522 (freier Volltext).
  11. Jakob Siedlecki, Julian E. Klaas, Leonie F. Keidel, Ben Asani, Nikolaus Luft: Progression of Pachychoroid Neovasculopathy into Aneurysmal Type 1 Choroidal Neovascularization or Polypoidal Choroidal Vasculopathy. In: Ophthalmology Retina. Band 6, Nr. 9, 1. September 2022, ISSN 2468-6530, S. 807–813, doi:10.1016/j.oret.2022.04.004.
  12. Jiyang Tang, Xinyao Han, Ran Tang, Mengyang Li, Zongyi Wang: Case series: pachychoroid pigment epitheliopathy transformed to polypoidal choroidal vasculopathy after long-term follow-up. In: BMC Ophthalmology. Band 22, Nr. 1, 21. Juni 2022, ISSN 1471-2415, S. 272, doi:10.1186/s12886-022-02487-8, PMID 35729590, PMC 9210595 (freier Volltext).
  13. Jakob Siedlecki, Benedikt Schworm, Siegfried G. Priglinger: The Pachychoroid Disease Spectrum—and the Need for a Uniform Classification System. In: Ophthalmology Retina. Band 3, Nr. 12, Dezember 2019, S. 1013–1015, doi:10.1016/j.oret.2019.08.002.