Pfälzischer Aufstand

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Der bayerische Rheinkreis - auch Rheinpfalz genannt

Der Pfälzische Aufstand oder auch Pfälzer Aufstand, fand in den Monaten Mai und Juni 1849 in der Rheinpfalz statt und war Teil der Reichsverfassungskampagne. Ziel der Revolutionäre war sowohl die Verteidigung der Reichsverfassung als auch die Loslösung vom Königreich Bayern.

Vorgeschichte

Die Bewegung der Märzrevolution in den Mitgliedsstaaten des deutschen Bundes hatte zur Wahl der Frankfurter Nationalversammlung als erster gesamtdeutscher Volksvertretung geführt. Dieses Parlament hatte am 28. März 1849 eine Verfassung des deutschen Reiches verkündet, die die Staatsform einer erblichen konstitutionellen Monarchie vorsah. Der preußische König Friedrich Wilhelm IV. lehnte die angebotene Kaiserkrone ab.

Im Königreich Bayern - zu dem die Rheinpfalz damals gehörte - hatten am 7. Dezember 1848 die ersten Landtagswahlen nach dem im März erzwungenen neuen Wahlrecht stattgefunden, wobei sich eine Mehrheit der Linken („Anhänger der Volkssouveränität und der Einheit Deutschlands“) ergab. Insbesondere in der bayerischen Rheinpfalz hatten die Wähler alle 19 Sitze mit Vertretern der Linken besetzt.[1] Bei der Eröffnung des Landtags am 22. Januar 1849 versprach König Maximilian noch Reformen. Die Landtagsmehrheit setzte am 9. Februar den Grundrechtskatalog[2] der Frankfurter Nationalversammlung vom Dezember 1848 als Gesetz in Kraft. Der König erkannte den Beschluss nicht an und vertagte den Landtag am 8. März. Am 23. April lehnten der König und seine Regierung die Paulskirchenverfassung ab, und bereits am 14. April hatte der oberste bayerische Gerichtshof die Gültigkeit der Grundrechte für Bayern verneint.[3] Dies wurde von der Linken als Staatsstreich angesehen. Pfälzische Abgeordnete zur Nationalversammlung legten den pfälzischen Gemeinden eine Entschließung vor, wonach die Nichtanerkennung der Reichsverfassung „eine strafbare Auflehnung gegen die neugeschaffene gesetzliche Ordnung; jeder gewaltthätige Angriff ein Hochverrath gegen die deutsche Nation“ sei.[4] Die Märzvereine in den bayerischen Gebieten der Pfalz, Frankens und Schwabens forderten nun über die Annahme der Reichsverfassung hinaus auch wieder die Abschaffung der Monarchie und die Loslösung der Pfalz und Frankens vom Königreich Bayern.[5]

Am 3. Mai 1849 brach der Dresdner Maiaufstand aus, der bereits am 9. Mai durch sächsische und preußische Truppen niedergeschlagen wurde. Am 11. Mai begann der dritte badische Aufstand mit der Meuterei der badischen Truppen in der Bundes-Festung Rastatt.

Verlauf

Landesverteidigungsausschuss

Am 1. Mai 1849 fand in Kaiserslautern ein Treffen der demokratischen Volksvereine statt. Etwa 12.000 Menschen versammelten sich unter dem Motto "Wenn die Regierung zur Rebellion geworden, werden die Bürger der Pfalz zu den Vollstreckern der Gesetze werden". Am 2. Mai wurde beschlossen, einen zehnköpfigen Landesausschuß zur Verteidigung und Durchführung der Reichsverfassung einzurichten. Zu einer Ausrufung der Republik, wie in Baden geschehen, kam es nicht. Innerhalb kurzer Zeit kam die Provinz in die Hand des Ausschusses. In der Folge wurden Volkswehren formiert, Beamte mussten einen Eid auf die Verfassung schwören. Der aufgestellten Revolutionsarmee traten auch Soldaten der königlich bayerischen Armee bei.[6] Am 7. Mai 1849 legitimierte der Bevollmächtigte der Zentralgewalt für die Pfalz, Bernhard Eisenstuck, den Landesverteidigungsausschuss, wofür Eisenstuck am 11. Mai wegen Überschreitung seiner Befugnisse abberufen wurde.

Provisorische Regierung

Am 17. Mai 1849 beschloss eine Volksversammlung in Kaiserslautern die Errichtung einer fünfköpfigen Provisorischen Regierung unter der Führung des Advokaten Joseph Martin Reichard. In die Regierung gewählt wurden außerdem Philipp Hepp, Friedrich Schüler (abwesend; lehnte Wahl später ab), August Ferdinand Culmann (abwesend; lehnte Wahl später ab), Georg Friedrich Kolb (abwesend; lehnte Wahl später ab). Als Ersatz für die Abwesenden wurden Peter Fries, Jean Louis Christian Greiner und Nikolaus Schmitt gewählt.

Diese Regierung bekannte sich zur Reichsverfassung und bereitete die endgültige Trennung von Bayern vor. Es kam somit, wenn auch nur für wenige Wochen, zu einer faktischen Ablösung der Rheinpfalz von der bayerischen Herrschaft. Am 18. Mai 1849 wurde ein Bündnis mit der Badischen Republik geschlossen.

Mitglieder der provisorischen Revolutionsregierung der Pfalz (Auswahl)
Joseph Martin Reichard - Präsident und Kriegsminister
Nikolaus Schmitt - Innenminister
Peter Fries - Justizminister

Revolutionsarmee

Gefecht bei Kirchheimbolanden am 14. Juni 1849; mit der Fahne Mathilde Hitzfeld

Der Oberbefehl über die revolutionären Verbände wurde am 9. Mai 1849 Daniel Fenner von Fenneberg übertragen, der diese Position jedoch schon am 20. Mai wieder aufgab. An diesem Tag wurde eine Militärkommission eingesetzt, deren Vorsitz Fritz Anneke übernahm. Am 21. Mai ging der militärischer Oberbefehl an Franz Sznayde über. Ludwig Blenker war Kommandeur der Volkswehr und August Willich Kommandeur aller pfälzischen Freischaren. Franz Zitz und Ludwig Bamberger führten ein rheinhessisches Freikorps.

Niederschlagung

Freischarendenkmal in Kirchheimbolanden

Am 11. Juni begann die befürchtete preußische Intervention - die Avantgarde der 1. Division des 1. preußischen Armeekorps unter Generalmajor von Hannecken überschritt bei Kreuznach unangefochten die pfälzische Grenze.

Bei Kirchheimbolanden kam es am 14. Juni zu einem Gefecht mit Volkswehrmännern, die von Mathilde Hitzfeld angefeuert wurden, aber letztlich alle getötet oder gefangen wurden.

Dem Heer von 19.000 preußischen Soldaten unter Moritz von Hirschfeld waren die revolutionären Truppen, die zudem schlecht bewaffnet waren, hoffnungslos unterlegen. Widerstand wurde so gut wie nicht geleistet. Zudem wurde deutlich, dass der Pfälzer Aufstand mit zunehmendem Radikalismus keine breite Unterstützung mehr in der Landbevölkerung besaß. Am 14. Juni 1849 floh die Provisorische Regierung, die bayerischen Behörden traten wieder in ihre Positionen. Mit dem Gefecht von Ludwigshafen am 15. Juni und dem Gefecht bei Rinnthal am 17. Juni 1849 waren die Kämpfe auf pfälzischem Boden praktisch beendet, und die Reste der pfälzischen Revolutionsarmee zogen am 18. Juni über die Knielinger Rheinbrücke nach Baden - als Nachhut folgte am 19. Juni noch das Freikorps Willich.

Wegen Rebellion und Hochverrat wurden 333 Prozesse geführt.[7] Von den zwei Todesurteilen gegen revolutionäre bayrische Offiziere wurde am 9. März 1850 in Landau in der Pfalz das an Leutnant Graf Fugger vollstreckt, wogegen der Mitverurteilte Major Fach fliehen konnte.[8]

Siehe auch

Literatur

  • Frank Lorenz Müller: Die Revolution von 1848/49. Darmstadt 2002.
  • Jonathan Sperber: Rhineland Radicals. The Democratic Movement and the Revolution of 1848-1849. Princeton 1991.
  • Gustav Struve: Geschichte der drei Volkserhebungen in Baden. Verlag von Jenni, Sohn, Bern 1849. (veränderter Nachdruck: Verlag Rombach, Freiburg i.Br. 1980, S. 240–254)
  • Johann Philipp Becker/ Christian Esselen: Geschichte der süddeutschen Mairevolution des Jahres 1849. Genf 1849 in der Google-Buchsuche
  • Daniel Staroste: Tagebuch über die Ereignisse in der Pfalz und Baden im Jahre 1849: ein Erinnerungsbuch für die Zeitgenossen und für Alle, welche Theil nahmen an der Unterdrückung jenes Aufstandes, Band 1, Potsdam 1852; Band 2, Potsdam 1853
  • Otto Fleischmann: Geschichte des pfälzischen Aufstandes im Jahre 1849: nach den zugänglichen Quellen geschildert, E. Thieme, Kaiserslautern 1899 im Internet.archive
  • Daniel Fenner von Fenneberg: Zur Geschichte der rheinpfälzischen Revolution und des badischen Aufstandes, Zürich 1850
  • Ludwig Bamberger: Erlebnisse aus der Pfälzischen Erhebung im Mai und Juni 1849. Frankfurt a.M. 1849 online bei der Universitätsbibliothek Frankfurt
  • Christian Zinn: Die Erhebung in der Rheinpfalz und die pfälzische Volkswehr in Baden, 1850
  • Friedrich Münich: Aus dem Leben Seiner Durchlaucht des Fürsten Carl Theodor v. Thurn und Taxis, königlich bayerischer General der Cavalerie: als Manuscript für d. Familie gedruckt. Straub, 1869, S. 84–103 online in der Google-Buchsuche

Weblinks

Commons: Pfälzischer Aufstand – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Pfalz - Revolution 1848/49 – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. s. Homepage Haus der bayerischen Geschichte
  2. Gesetz betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes vom 21. Dezember 1848 online bei der Universitätsbibliothek Frankfurt am Main
  3. s. Fleischmann S. 106
  4. zitiert nach G. Struve, S. 241
  5. s. Homepage Haus der bayerischen Geschichte
  6. Müller, Frank Lorenz: Die Revolution von 1848/49. Darmstadt 2002, S. 137; Staroste, Band 2, S. 261 schätzt die Anzahl der Deserteure der bayerischen Armee auf 3 500
  7. Müller, Frank Lorenz: Die Revolution von 1848/49. Darmstadt 2002, S. 138
  8. Wilhelm Blos: Die Deutsche Revolution. Geschichte der deutschen Bewegung von 1848 und 1849. Dietz, Berlin 1893, S. 598