Parelli Natural Horsemanship
Parelli Natural Horsemanship, auch bekannt als Parelli oder PNH, ist ein Programm, das Umgang mit Hauspferden unterrichtet. In den USA zählt PNH zu den Programmen, die ein „behutsames“ Pferdetraining propagierten.[1]
Das wissenschaftlich nicht evaluierte Programm geht auf den Pferdetrainer Pat Parelli zurück.[2] Parelli wird auch als „Pferdeflüsterer“ bezeichnet,[2] wobei Parelli und seine Frau als „Meister der Vermarktung und Kommerzialisierung“ ihres Trainingsansatzes gelten.[3] Parellis Arbeiten gehen maßgeblich auf die Grundlagenwerke von Ray Hunt zurück.[4]
Das Programm
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]PNH ist ein Programm, das die Kommunikation mit Pferden lehren soll. Laut Parelli basiert es auf dem natürlichen Pferdeverhalten, um das Vertrauen und den Respekt der Pferde zu gewinnen. PNH Methoden ähneln der Art und Weise, wie Pferde untereinander in einer Herde kommunizieren. Ziel sei es, dass Menschen sich nicht wie Menschen oder wie Raubtiere, sondern wie Pferde verhalten.[5] Um dieses Ziel zu erreichen, benutzt Parelli in erster Linie das Prinzip der sog. „negativen Verstärkung“ durch voranschreitenden Druckaufbau zum Erreichen einer spezifischen Reaktion des Pferdes, gefolgt von Pausen (sprich einem Nachlassen des Drucks) nach der richtigen Reaktion des Pferdes, in kontrollierten Umgebungen. Bezeichnend hierfür ist die Erhöhung des Drucks in Abstufungen, genannt „Phasen“. Trainer und Pferd üben in dieser Umgebung Verhaltensmuster (Pattern) ein, die dann später generalisiert werden sollen.[6] Grundlegend sind dabei sieben Spiele, die auf dem Verhalten einer Stute mit ihrem neugeborenen Fohlen basieren[7] und die die Pferde 'den ganzen Tag und ihr Leben lang spielen' (Zitat von Pat Parelli in verschiedenen Videos). Als Basis, wie welche Spiele gespielt werden sollen und welche Pattern man anwendet, muss man das Pferd „lesen“, dessen Persönlichkeit herausfinden, die Parelli „Horsenality“ nennt.
Natural Horsemanship
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Natural Horsemanship ist ein Weg zur Operanten Konditionierung im Pferdetraining. Dies meint alle Arten der Kombination von Druck und Nachgeben (Negative Verstärkung).[8]
Die Sieben Spiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Sieben Spiele (auch „Seven Games“) bilden die Grundlage für aufbauende Übungen. Sie werden zu Beginn der Ausbildung „On Line“ durchgeführt und später dann „At Liberty“.[9]
- Freundlichkeitsspiel (Friendly Game): Dieses Spiel wird oft zwischen anderen Spielen gespielt, um die Aufmerksamkeit des Pferdes zu erhalten und Vertrauen aufzubauen. Das Pferd wird in eine ungewohnte Situation, die es verschrecken könnte, gebracht. Im Idealfall bleibt das Tier ruhig, gelassen und aufmerksam. Das Spiel soll im Rhythmus bleiben. Wurde beispielsweise damit angefangen, um das Pferd herum zu springen und danach sich auf seinen Rücken zu werfen, so muss dies bei einer späteren Wiederholung in gleicher Reihenfolge geschehen. Dies dient dazu, das Pferd nicht mit ungewohnten Situationen zu überhäufen.
- Eine Kritik zu diesem Spiel ist, dass es in die erlernte Hilflosigkeit führen kann. Es werde kein Vertrauen aufgebaut, da das Pferd schlicht lernt den aversiven Reiz zu akzeptieren und zu ignorieren.
- Stachelschweinspiel (Porcupine Game): Bei diesem Spiel übt man einen unangenehmen Druck auf eine beliebige Stelle des Pferdekörpers aus. Der Druck verschwindet sofort, wenn das Pferd ihm weicht. Darauf wird das Pferd an dieser Stelle gestreichelt und gelobt. Das Pferd soll dem Druck mit der Vorhand und der Hinterhand weichen.
- Weichen auf Zeichen (Driving Game): Wenn das Pferd ohne Probleme dem Druck beim Stachelschweinspiel weicht, kann man den Druck durch Zeichen ersetzen. Es werden etwa Handzeichen gegeben wie Winken (rückwärts weichen), auf das Pferdeauge zeigen (mit der Vorhand weichen) und die Hand in Richtung Hinterhand schwenken (Weichen mit der Hinterhand).
- Jo Jo (Yoyo Game): Das Pferd wird mit Hilfe des Seils vorwärts und rückwärts geschickt. Das Seil Stück für Stück und ein wenig energisch einholen bedeutet dem Pferd vorwärts zu treten, stärkeres Wedeln mit dem Seil dirigiert es rückwärts. Sobald das Pferd die richtige Reaktion zeigt, hört man auf, das Seil zu bewegen.
- Zirkeln (Circling Game): Wie beim Longieren läuft das Pferd an einem Seil Kreise um den Menschen. Das Tier wird in der gewünschten Gangart losgeschickt. Frühestens nach etwa zwei Runden kann man die Gangart wechseln. Wenn das Pferd unaufgefordert die Gangart wechselt, so holt man es wieder zu sich herein und schickt es erneut los.
- Seitwärts (Sideways Game): Auf ein Zeichen geht das Pferd seitwärts. Zu Beginn stellt man es an einen Zaun, damit es nicht nach vorne ausweichen kann. Dann schickt man erst die Vorhand, dann Hinterhand seitwärts.
- Engpass (Squeeze Game): Das Pferd soll hinter dem Menschen ohne stocken durch einen Engpass gehen. Es sollte bei mehreren Metern angefangen werden und schrittweise reduziert werden. Das ist eine Vorübung zum Verladen.
Stufen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Programm selbst gliedert sich in 10 Stufen (Levels), von denen zurzeit aber nur die ersten vier zugänglich sind, und vier Lernbereiche (Savvys):
- Level 1 (Partnerschaft): Aufbau einer Kommunikation und Sicherheit im Umgang mit dem Pferd; Savvy On Line (Bodenarbeit am Seil)
- Level 2 (Harmonie): Vertrauensaufbau zwischen Mensch und Pferd; Savvy Freestyle (Reiten ohne ständigen Zügelkontakt)
- Level 3 (Verfeinerung): Verfeinerung der ersten beiden Levels; Savvy Liberty (Bodenarbeit ohne Seil)
- Level 4 (Vielseitigkeit): Erlernen weiterer Fähigkeiten, dass man letztlich das Pferd auf natürliche Weise zu allem veranlassen kann, was man möchte; Savvy Finesse (Reiten mit feinem Zügelkontakt)
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der ehemalige Rodeoreiter Parelli entwickelte sein Trainingsprogramm vor allem an Mulis. Er war einer der ersten, der sich mit seinem Programm und Namen an eine breite Öffentlichkeit wandte und Trainingsprogramme für Pferde als Marke etablierte. Parelli gelang es mit dem Programm weltweit bekannt zu werden und Pferdetraining zu einem Industriezweig auszubauen. Parellis Natural Horsemanship agiert mittlerweile weltweit, bildet Trainer aus, publiziert Bücher, Videos und große Mengen Merchandise.[4] Zusammen mit seiner Frau tourt er mit einem Konvoi aus Trucks, Pferden, Hunden und Angestellten durch die USA, um dort Pferdevorführungen durchzuführen und neue Kunden zu gewinnen.[3]
Der Amerikaner zog in England und Australien tausende an.[10] Die Humane Society of the United States verlieh Parelli aufgrund seines Programms die Auszeichnung als menschlicher Pferdemensch des Jahres 2009.[11]
Nate Bowers hat in Zusammenarbeit mit Parelli um Vorbereitende Übungen für Fahrpferde im Natural Horsemanship Programm ergänzt. Mittlerweile wird das Programm auch vereinzelt auf andere Tierarten angewendet, wie z. B. Elefanten.[12]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Temple Grandin: Livestock Handling and Transport S. 254 CABI, 2007, ISBN 1-84593-219-6
- ↑ a b University of Sydney: Science in the Saddle, 12. Juli 2005
- ↑ a b Jane Porter Fogleman: The Horse Whisperers in: Virginia Sportsman als pdf ( des vom 7. Januar 2009 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ a b Robert M. Miller: Pat Parelli, Horseman in: American Cowboy Mai-Juni 2000 S. 69
- ↑ Anna Lisa Peterson: Everyday Ethics and Social Change: The Education of Desire Columbia University Press, 2009, ISBN 0-231-14873-9, S. 98–99
- ↑ D. S. Mills, Sue M. McDonnell: The domestic horse: the origins, development, and management of its behaviour Cambridge University Press, 2005, ISBN 0-521-89113-2
- ↑ Lesley Bayley: Groundwork Training for Your Horse David & Charles, 2006, ISBN 0-7153-2441-1, S. 67–77
- ↑ Heinz Welz: Horsemanship – was ist das? In: Pegasus – Freizeit im Sattel. Heft 10, Singhofen, Oktober 2008
- ↑ Pat Parelli, Karen Parelli, Ulrike Gieseke (Übers.): Natural horsemanship. Wipperfürth 1995, ISBN 3-89118-093-4.
- ↑ Pip Courtney: Brisbane Equitana the largest horse expo ever, ABC Landline, 12. Januar 2002
- ↑ Humane Society: The HSUS Names Pat Parelli as Humane Horseman of the Year ( des vom 19. Januar 2013 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis., 2. Oktober 2009
- ↑ Kate Santichen: Horse Trainer Teaches Zoo Keepers Elephant Training Techniques, Good Morning America, ABCNews , 5. September 2009