Giovanni Pico della Mirandola

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 4. August 2008 um 14:12 Uhr durch Numbo3-bot (Diskussion | Beiträge) (Bot: Ergänze: cy:Giovanni Pico della Mirandola). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Pico della Mirandola, Uffizien

Giovanni Pico (Conte) della Mirandola (* 24. Februar 1463 in Mirandola; † 17. November 1494 in Florenz) war ein italienischer Humanist und Philosoph der Renaissance. Er ist nicht zu verwechseln mit seinem Neffen Gianfrancesco Pico della Mirandola (1469–1533), der ebenfalls Humanist und Philosoph war.

Leben

Giovanni war ein Sohn des Grafen Gianfrancesco Pico della Mirandola. Nach dem Tod seines Vaters (1467) wurde er von seiner Mutter erzogen und auf eine kirchliche Laufbahn vorbereitet. Schon im Alter von 14 Jahren beschäftigte er sich mit Philosophie und den klassischen Sprachen. 1477 begann er ein juristisches Studium in Bologna, das er aber abbrach. Nach dem Tod seiner Mutter wechselte er nach Padua und wandte sich verstärkt der Dichtung und der Philosophie zu, wobei er sich besonders mit dem Averroismus auseinandersetzte. 1483 übersiedelte er nach Florenz und betätigte sich dort in dem Kreis um Lorenzo I. de’ Medici, dem u.a. Marsilio Ficino und Angelo Poliziano angehörten. 1485 hielt er sich in Paris auf, wo er sich entschieden zum Averroismus bekannte, kehrte aber bald nach Italien zurück. In Perugia lernte er die arabische, die hebräische und die chaldäische Sprache, wobei ihm sein hervorragendes Gedächtnis zustatten kam.

1486 begann er mit dem Studium der Kabbalah und beauftragte den jüdischen Konvertiten Raimundo Moncada (Flavius Mithridates), kabbalistische Literatur ins Lateinische zu übersetzen. Zugleich bereitete er eine Reise nach Rom vor, wo er 900 philosophische und theologische Thesen, die er verfasst hatte, öffentlich vor allen interessierten Gelehrten der Welt verteidigen wollte. Sein Ziel war, eine fundamentale Übereinstimmung aller philosophischen und religiösen Lehren aufzuzeigen, die letztlich alle im Christentum enthalten seien, und damit zu einer weltweiten Verständigung und zum Frieden beizutragen. Die öffentliche Disputation fand jedoch nicht statt, denn Papst Innozenz VIII. setzte eine Kommission ein, die zum Ergebnis kam, dreizehn der Thesen seien häretisch und sollten daher verurteilt werden. Dies hatte zunächst keine Maßnahmen gegen Pico zur Folge. Als er sich aber in einer Rechtfertigungsschrift, der Apologia, verteidigte, wurde ihm dies an der Kurie verübelt, und im August 1487 wurden die Thesen gesamthaft kirchlich verurteilt. Darauf floh er nach Frankreich, denn nun galt er als Häretiker. Da der Papst seine Festnahme forderte, wurde er auf dem Weg nach Paris in der Nähe von Lyon verhaftet. Er erlangte jedoch die Gunst König Karls VIII., der ihn freiließ und schützte. Daher konnte er 1488 in Freiheit nach Florenz zurückkehren, wo er unter dem Schutz Lorenzos stand. Dort sowie in Fiesole und Corbole in der Nähe von Ferrara verbrachte er den Rest seines Lebens mit philosophischen und religiösen Studien. Dabei traten religiöse Themen immer mehr in den Vordergrund. In der letzten Phase seines Lebens bekannte er sich zu den Ansichten des radikalen Predigers Girolamo Savonarola, in dessen Dominikanerkloster San Marco er dann 1494 bestattet wurde.

Picos Neffe Gianfrancesco veröffentlichte 1496 die Einleitungsrede zur einst geplanten römischen Disputation. Ursprünglich hatte diese Rede keinen Titel; „De Hominis Dignitate“ (Über die Würde des Menschen) war zunächst nur eine Randnotiz gewesen, die jedoch so treffend schien, dass sie als offizieller Titel beibehalten wurde.

Philosophie

Pico della Mirandola sieht die besondere Würde des Menschen darin begründet, dass Gott den Menschen in die Mitte der Welt gestellt hat, ohne ihn festzulegen: Anders als die Pflanzen und Tiere kann sich der Mensch zu göttlichem Sein entwickeln, aber auch zum Tier entarten, weil er weder himmlisch noch irdisch, weder sterblich noch unsterblich ist. Welches Sein er wählt, hängt allein von seinem freien Willen ab.

Werke

  • Giovanni Pico della Mirandola: Über das Seiende und das Eine, lat.-dt., hrsg., übers. und kommentiert v. Paul Richard Blum u.a. Meiner, Hamburg 2006. ISBN 978-3-7873-1760-8
  • Giovanni Pico della Mirandola: Über die Würde des Menschen, lat.-dt., übers. v. Norbert Baumgarten, hrsg. v. August Buck. Meiner, Hamburg 1990. ISBN 978-3-7873-0959-7
  • Giovanni Pico della Mirandola: Kommentar zu einem Lied der Liebe, italien.-dt., hrsg. und übers. von Thorsten Bürklin, Meiner, Hamburg 2001. ISBN 3-7873-1552-7

Literatur

  • Giulio Busi, Simonetta M. Bondoni und Saverio Campanini (Hrsg.): The Great Parchment: Flavius Mithridates’ Latin Translation, the Hebrew Text, and an English Version, Nino Aragno Editore, Torino 2004
  • Saverio Campanini (Hsg.), The Book of Bahir. Flavius Mithridates' Latin Translation, the Hebrew Text, and an English Version, Nino Aragno Editore, Torino 2005.
  • Saverio Campanini: Talmud, Philosophy, Kabbalah: A Passage from Pico della Mirandola’s Apologia and its Source, in: M. Perani (Hg.), The Words of a Wise Man’s Mouth are Gracious. Festschrift for Günter Stemberger on the Occasion of His 65th Birthday, W. De Gruyter Verlag, Berlin – New York 2005, S. 429 - 447.
  • Rüdiger Achenbach und Hartmut Kriege: Von Savonarola bis Robespierre. Artemis & Winkler Verlag, Düsseldorf 2006. ISBN 978-3-538-07209-1
  • Thomas Sören Hoffmann: Philosophie in Italien. Eine Einführung in 20 Porträts, Marixverlag, Wiesbaden 2007. ISBN 9783865391278

Bibliographische Hilfsmittel

  • Leonardo Quaquarelli – Zita Zanardi, Pichiana. Bibliografia delle edizioni e degli studi, Firenze: Olschki, 2005 (Studi pichiani 10).
  • Thomas Gilbhard, Paralipomena pichiana: a propos einer Pico–Bibliographie, in: «Accademia. Revue de la Société Marsile Ficin», VII, 2005, p. 81–94.