„Politische Immunität“ – Versionsunterschied

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* Staatsoberhäupter und teilweise Mitglieder von [[Regierung]]en
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== Geschichtliche Aspekte und Kritik ==
== Geeschichtliche Aspekte und Kritik ==
Die '''parlamentarische Immunität''' wurde in den letzten 150 Jahren zu einem Rechtsgut, das vor allem zwei Zwecken dienen sollte:
Die '''parlamentarische Immunität''' wurde in den letzten 150 Jahren zu einem Rechtsgut, das vor allem zwei Zwecken dienen sollte:
# Die sich herausbildende [[Legislative]] vor möglicher Willkür der damals noch monarchischen [[Exekutive]] zu schützen (etwa vor erfundenen Anklagen und manchen Festnahmen, die es z. B. im 19. Jahrhundert vor wichtigen Abstimmungen gab)
# Die sich herausbildende [[Legislative]] vor möglicher Willkür der damals noch monarchischen [[Exekutive]] zu schützen (etwa vor erfundenen Anklagen und manchen Festnahmen, die es z. B. im 19. Jahrhundert vor wichtigen Abstimmungen gab)

Version vom 12. Januar 2011, 12:45 Uhr

Als politische Immunität bezeichnet man den Schutz eines politischen Amtsträgers vor Strafverfolgung aufgrund seines Amtes. Die Immunität betrifft vor allem

  • Abgeordnete gesetzgebender Körperschaften, deren parlamentarische Immunität in den meisten Staaten durch die Verfassung geregelt ist, sowie
  • Staatsoberhäupter und teilweise Mitglieder von Regierungen

Geeschichtliche Aspekte und Kritik

Die parlamentarische Immunität wurde in den letzten 150 Jahren zu einem Rechtsgut, das vor allem zwei Zwecken dienen sollte:

  1. Die sich herausbildende Legislative vor möglicher Willkür der damals noch monarchischen Exekutive zu schützen (etwa vor erfundenen Anklagen und manchen Festnahmen, die es z. B. im 19. Jahrhundert vor wichtigen Abstimmungen gab)
  2. Die Freiheit der Meinungsäußerung (Redefreiheit) besonders für gewählte Volksvertreter zu garantieren, da diese den Interessen ihrer Wählerschaft ver­pflichtet sind.

Als Argument für ihre auch im 21. Jahrhundert gegebene Sinnhaftigkeit kann gelten, dass Hitler die Beschlussfassung zum Ermächtigungsgesetz zur (Selbst-)Entmachtung des Reichstages durch vorherige Festnahme von kommunistischen und teilweise auch sozialdemokratischen Abgeordneten abgesichert hatte.

Die Immunität wird vielfach kritisiert, wenn sie Machtinteressen dient; in manchen Staaten wurde sie deshalb eingeschränkt – z. B. 2003 in Italien. In bestimmten Fällen kann sie vom jeweiligen Parlament aufgehoben werden.

Immunität von Abgeordneten

Ein Abgeordneter des Deutschen Bundestages oder der Bundesversammlung hat parlamentarische Immunität, die ihn vor der Strafverfolgung, jedoch nicht vor zivilrechtlichen Ansprüchen schützt. Die Immunität (Art. 46 II GG) schützt aber nicht den Abgeordneten selbst vor Strafe (im Gegensatz zur Indemnität), sondern soll die Arbeitsfähigkeit des Parlaments sicherstellen. Sie kann daher auch vom jeweiligen Parlament aufgehoben werden. In der Schweiz gelten ähnliche Regelungen.

Der Deutsche Bundestag hat mit seinem Beschluss „betr. Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Bundestages“ grundsätzlich die Durchführung von Ermittlungsverfahren genehmigt.[1] Der Immunitätsausschuss prüft für konkrete Fälle, ob diese Genehmigung zutrifft oder ob es sich um Verfahren im Zusammenhang mit Beleidigungen politischen Charakters handelt. Gegebenenfalls spricht der Ausschuss eine Empfehlung aus, auf deren Grundlage der Bundestag seine Entscheidung trifft.

Die Immunität verliert ein Abgeordneter (außer durch Parlamentsbeschluss) auch mit Ablauf seines Mandats, so dass er dann wieder der normalen Gerichtsbarkeit unterliegt. Dieser Ablauf kann aber je nach Staat unterschiedlich geregelt sein.

In vielen Staaten besitzen auch die Abgeordneten von Bundesländern oder Regionen Immunität, etwa die Abgeordneten der Landtage in Österreich und Deutschland oder der Kantonsparlamente in der Schweiz. Mit der Immunität ist oft das Recht zur Zeugnisverweigerung verbunden.

Auch in Bezug auf die EU bzw. das Europaparlament sind diese Aspekte Gegenstand verschiedener Diskussionen.[2] Die Immunität von Europa-Abgeordneten regelt das „Protokoll über die Vorrechte und Befreiungen der Europäischen Gemeinschaften“.[3] Über die Aufhebung der Immunität entscheidet auf Antrag einer zuständigen Behörde eines Mitgliedsstaates das Plenum des Europaparlaments, das sich dabei auf einen Bericht des Rechtsausschusses stützt.[4]

Staatsoberhäupter

Ein Staatsoberhaupt genießt stets (völkerrechtliche) Immunität im In- und Ausland durch Völkergewohnheitsrecht während seiner Amtszeit und für die Handlungen in seiner Amtszeit, mit Ausnahme von Verbrechen gegen die Menschheit, bei Völkermord und ähnlichen Delikten (siehe Völkerstrafrecht, Internationaler Strafgerichtshof). Auch die Mitglieder des schweizerischen Bundesrats genießen in einem System ohne eigentliches Staatsoberhaupt gemäß Artikel 162 Bundesverfassung Immunität.

Diplomaten und Tätigkeiten im Ausland

Siehe im Artikel Diplomatie den Abschnitt Diplomatische Immunität

Ein Diplomat genießt diplomatische Immunität nach der Wiener Konvention über diplomatische Beziehungen.

Umstritten ist die Immunität von Bürgern im Dienst von UN-Missionen vor Verfolgung durch den Internationalen Strafgerichtshof. Im Juni 2004 haben die USA allerdings einen diesbezüglichen Resolutionsentwurf zurückgezogen.

Ortsbezogene Immunität

Immunität von Militärs

In der Türkei genießen der Generalstabschef und die Oberbefehlshaber der Armee, Marine und Luftwaffe eine absolute Immunität, d. h., weder ein ziviles noch ein militärisches Gericht kann gegen sie Anklage erheben.[6] (siehe Türkische Streitkräfte)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Beschluss des Deutschen Bundestages betr. Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Bundestages (Anlage 6 zur GO-BT).
  2. http://www.stern.de/politik/ausland/:Br%FCssel-Wie-EU-Abgeordnete-Geld/612037.html?eid=609264&s=0
  3. Wortlaut des Protokolls in der aktuellen Fassung Eurlex-Website
  4. Mythos und Wirklichkeit: die parlamentarische Immunität, Artikel auf der EP-Website, 17. November 2008
  5. Vorlage:Tagesschau (vom 9. Dezember 2008)
  6. Die Generäle und die Demokratie - Machtkampf am Bosporos, ZDF, abgerufen am 20. Juli 2007