Reichsschrifttumskammer

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. Februar 2015 um 15:31 Uhr durch 87.145.102.110 (Diskussion) (einige der "Landesleiter" der RSK). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Reichsschrifttumskammer (RSK) war eine der sieben Einzelkammern der von Joseph Goebbels 1933 gegründeten Reichskulturkammer.

Gründung und Organisation

Der Gründung der Reichsschrifttumskammer vorausgegangen war die Bücherverbrennung am 10. Mai 1933, mit der sich ankündigte, wie das nationalsozialistische Regime sich die Freihaltung des Schrifttums von ungeeigneten und unzuverlässigen Elementen vorstellte.

Um eine institutionalisierte Kulturpolitik im Sinne der Nationalsozialisten etablieren zu können, schuf Propagandaminister Joseph Goebbels im September 1933 die berufsständisch organisierte Reichskulturkammer (RKK). Laut § 1 des Reichskulturkammergesetzes waren der RKK sieben Einzelkammern zugeordnet, darunter die Reichsschrifttumskammer.

Die Reichsschrifttumskammer war zuständig für alle mit Büchern zusammenhängenden Kulturberufe: z. B. Schriftsteller, Verleger, Buchhändler und Bibliothekare. Wie auch die RKK und ihre anderen Kammern war sie eine Zwangsorganisation. Das heißt, dass Mitglied in der RSK sein musste, wer auf dem Gebiet des Schrifttums beruflich tätig sein wollte. Dies gab den Machthabern gleichzeitig die Möglichkeit, durch Ausschluss aus der Kammer Berufsverbote gegen missliebige – z. B. jüdische – Personen zu verhängen.

Als Basis der RSK dienten eine Reihe von Berufsverbänden, die im Zuge der Gleichschaltung in die Kammer aufgenommen wurden, vor allem der Reichsverband deutscher Schriftsteller (RDS), der Börsenverein der Deutschen Buchhändler, der Verein Deutscher Bibliothekare (VDB), der Verband Deutscher Volksbibliothekare (VDV) und die Gesellschaft der Bibliophilen. Der RDS wurde im September 1935 aufgelöst und ging in der RSK auf. Der Börsenverein wurde im September 1934 wieder aus der RSK ausgegliedert und durch einen neu gegründeten Bund Reichsdeutscher Buchhändler ersetzt. VDB, VDV und Gesellschaft der Bibliophilen blieben bis zum Ende des Dritten Reiches bestehen.

Zu den „Landesleitern“ der einzelnen Gaue gehörten Martin Wülfing (Berlin), Felix Wilhelm Beielstein (Essen), Bruno Peyn (Hamburg), Georg Grabenhorst (Hannover), Heinz Steguweit (Köln-Aachen), Walter Best und Karl Kaltwasser (Kurhessen), Hanns Maria Lux (Moselland), Linus Kefer (Oberdonau), Kurt Kölsch (Saarpfalz), Hans Ehrke (Schleswig-Holstein), Hans Christoph Kaergel und Alfons Hayduk (Schlesien), Fritz Fink (Thüringen), August Hinrichs (Weser-Ems), Fritz Nölle und Josef Bergenthal (Westfalen), Karl Hans Strobl (Wien) und Georg Schmückle (Württemberg).

Die Kulturkammer-Zeitschrift für Autoren wurde von Kurt Metzner unter dem Titel Der deutsche Schriftsteller herausgegeben. Sie erschien im Brunnen-Verlag von Willi Bischoff von Januar 1936 bis Juli 1944. Für die Zeitschrift schrieben u. a. Fritz Müller-Partenkirchen, Friedrich Kayssler, Karl Bröger, Franz Schauwecker, Hanns Johst, Rudolf Ahlers, Sigmund Graff, Gerhard Schumann und Robert Hohlbaum[1].

Nach vielen Umstrukturierungen in den ersten Jahren ihres Bestehens, war die RSK in ihrer endgültigen Form aufgeteilt in drei Abteilungen: Abteilung I (Verwaltung), Abteilung II (Gruppe Schriftsteller), Abteilung III (Gruppe Buchhandel). Die Abteilung Verwaltung wurde von Karl Heinl geleitet. Erster Leiter der „Gruppe Schriftsteller“ wurde 1936 Kurt Metzner, gefolgt von Gerhard Schumann und schließlich 1941 Alfred Richard Meyer[2]. Die „Gruppe Buchhandel“ wurde von Wilhelm Baur geleitet[3], die Unterabteilung „Arbeitsgemeinschaft der schöngeistigen Verleger“ von Adolf Spemann[4].

Geschäftsführer der RSK waren Gunther Haupt (1933–1934), Richard Suchenwirth (1934–1936), Karl Heinl (1936–1937), Wilhelm Ihde (1937–1944) und Günther Gentz (1944–1945). Zu den Präsidialräten der Reichsschrifttumskammer gehörten Hans Grimm, Hugo Bruckmann, Theodor Fritsch, Paul Graener, Richard Suchenwirth und Carl Vincent Krogmann.

Aufgaben

Zu den Aufgaben der Reichsschrifttumskammer gehörte die „Verwaltung“ des Berufsstandes, also Aufnahme, Ausschluss und Kontrolle der im Bereich des Schrifttums beschäftigten Personen. Sie hatte dabei die „Zuverlässigkeit“ und „Eignung“ dieser Personen zu prüfen. Fehlende Eignung und damit ein Grund für den Ausschluss aus der Kammer war z.B. gegeben durch jüdische Abstammung, Homosexualität oder Vorstrafen.[5]

Daneben gehörte zu den Aufgaben der RSK aber auch die rechtliche, soziale und fachliche Betreuung der Mitglieder, die wirtschaftliche Marktregulierung des Buchhandels sowie die Lenkung des Buchmarktes durch Förderung erwünschten und Verdrängen „unerwünschten“ Schrifttums.

Leitung

Präsidenten:

Vizepräsidenten:

Literatur

  • Jan-Pieter Barbian: Literaturpolitik im „Dritten Reich“. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder. Überarbeitete und aktualisierte Ausgabe. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1995, ISBN 3-423-04668-6 (dtv 4668), (Zugleich: Trier, Univ., Diss., 1991).
  • Jürgen Kühnert: Die Reichsschrifttumskammer - Zur Geschichte einer berufsständischen Zwangsorganisation unter besonderer Berücksichtigung des Buchhandels. In: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte, Bd. 17. Wiesbaden: Harrassowitz 2008, S. 255-363, ISBN 978-3-447-05858-2.
  • Uwe Julius Faustmann: Die Reichskulturkammer. Aufbau, Funktion und rechtliche Grundlagen einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im nationalsozialistischen Regime. Juristische Dissertation. Universität Bonn, 1990.
  • Volker Dahm: Anfänge und Ideologie der Reichskulturkammer. Die „Berufsgemeinschaft“ als Instrument kulturpolitischer Steuerung und sozialer Reglementierung. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. 34, 1, 1986, ISSN 0042-5702, S. 53–84.

Einzelnachweise

  1. Thomas Dietzel, Hans-Otto Hügel: Deutsche literarische Zeitschriften 1880-1945: Ein Repertorium. 5 Bände, Hrsg.: Deutsches Literaturarchiv, Verlag: K. G. Saur, 1988, ISBN 3598106459.
  2. Jan-Pieter Barbian: The Politics of Literature in Nazi Germany: Books in the Media Dictatorship, Bloomsbury, 2010, ISBN 978-1-4411-7923-4, Seite 85.
  3. "Arisierung" in Leipzig, Hrsg. Monika Gibas, Leipziger Universitätsverlag, 2007, ISBN 978-3-86583-142-2, Seite 86.
  4. Rechtschreibreform und Nationalsozialismus. Ein Kapitel aus der politischen Geschichte der deutschen Sprache, Hanno Birken-Bertsch und Reinhard Markner, Wallstein, 2004, ISBN 978-3-89244-450-3, Seite 83.
  5. Vgl. Volker Dahm: Die nationalsozialistische Schrifttumspolitik nach dem 10. Mai 1933. In: 10. Mai 1933. Bücherverbrennung in Deutschland und die Folgen. Frankfurt/M.: Fischer 1983, S. 54.