Schlacht bei Soor

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 2. Mai 2016 um 07:33 Uhr durch Volker1978 (Diskussion | Beiträge) (→‎Ausgangssituation). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Schlacht bei Soor
Teil von: 2. Schlesischer Krieg

Die Befehlshaber Friedrich II. und Karl von Lothringen
Datum 30. September 1745
Ort Soor, heutiges Tschechien
Ausgang Preußischer Sieg
Konfliktparteien

Königreich Preußen

Königreich Ungarn (Österreich)
Kurfürstentum Sachsen

Befehlshaber

Friedrich II.

Karl von Lothringen

Truppenstärke

22.000 Mann

42.000 Mann

Verluste

3.911 Tote und Verwundete

7.444 Tote, Verwundete und Gefangene

Die Schlacht bei Soor (Sohr, Sorr) fand am 30. September 1745 während des Zweiten Schlesischen Krieges bei dem gleichnamigen Dorf Soor südwestlich von Trautenau in Böhmen statt.

Geschichte

Schlacht bei Soor

Ausgangssituation

Über drei Monate brachten beide Heere damit zu, sich im Inneren von Böhmen, wohin Friedrich II. nach der Schlacht bei Hohenfriedberg, der sich zurückziehenden, österreichisch-sächsischen Armee unter Prinz Karl von Lothringen gefolgt war, mit Scharmützeln und Plänkeleien zu belästigen. Mitte September sah sich der Preußenkönig infolge von Versorgungsengpässen gezwungen, an die böhmische Grenze zurückzugehen, um seine Armee dort bis zum Einbruch des Winters auf Kosten des Feindes versorgen zu können. Zudem musste er seine Kräfte zersplittern, da sächsische Kräfte seine Landesgrenzen bedrohten. Hernach sollte es in die Winterquartiere in Schlesien gehen. Prinz Karl folgte dem König, zum einen gedrängt von seiner Kaiserin, den Angriff zu suchen, zum anderen geschwächt durch die Abgänge der sächsischen Truppen. Seine Armee hielt er daher für zu schwach für weitere Unternehmungen, daher agierte er vorsichtig. Drei Tage, nachdem Friedrich II. ein Lager bei Staudenz bezogen hatte, bezogen die verbündeten Österreicher und Sachsen am 22. September 1745 ihrerseits ein Lager bei Jaromiersch, 18 Kilometer trennten beide Armeen. In den folgenden sieben Tagen unternahm Prinz Karl, unterstützt von den Feldmarschällen Fürst Lobkowitz und Prinz Arenberg mehrere Erkundungen, wie man Friedrichs Armee in ihrem Lager überraschen und schlagen könne.

Der Plan zum Überfall

Die Preußen mit Mutlosigkeit und Abgespanntheit in einer üblen Lage wähnend, plante er, reguläre Truppen frontal angreifen zu lassen, während leichte Truppen das Lager umgehen und so Verwirrung erzeugen sollten. Mit Gegenwehr rechnete man kaum, wirkte sich doch das nach Westen steil ansteigende Gelände ungünstig für den Gegner aus. Im Tal behinderten sumpfige Wiesen, Teiche und kleine Waldstücke ein Formieren des Gegners. Könne man den Feind Richtung Osten in die Flucht schlagen, würden dort spitzwinklig auslaufende Wasserarme, begrenzt vom unwegsamen Königsforst im Süden ein unvorhersehbares Rückzugschaos bei den Preußen auslösen. Prinz Karl befand sich in einer überlegenen Stellung.

Die Aufstellung der Truppen

Aufgrund differenzierter Abmarschzeiten waren die verschiedenen Truppen zu unterschiedlichen Zeiten in ihren Ausgangsstellungen. Auf dem linken Flügel der Verbündeten stand Feldmarschall Fürst Lobkowitz, mit 10 Bataillonen, 15 Grenadierkompanien zu Fuß, 30 Schwadronen und 15 Grenadierkompanien zu Pferde und Karabiniers bereit. Beherrscht wurde seine Stellung von 16 schweren Geschützen auf der Graner Koppe. Die Masse der Armee stand in zwei Treffen südlich der Graner Koppe zentriert zum Feind mit einer weiteren schweren Batterie südwestlich Burkersdorf, alles unter dem Befehl von Feldmarschall Herzog von Arenberg. Diesen sogenannten rechten Flügel begrenzten ganz im Süden der Position 6 Kavallerie-Regimenter unter General der Kavallerie Hohenems, alles in allem 42.000 Mann.

Auf Seiten Friedrichs, der seit den Morgenstunden des 29. Septembers über das Nahen des Feindes im Bilde war, glaubte man, dass Prinz Karl den Rückzug nach Schlesien versperren wollte. Als am 30. September gegen fünf Uhr morgens die Befehle ergehen sollten, das Lager zu verlassen und sich nach Schlesien zurückzuziehen, drangen Meldungen durch, dass sich westlich des Lagers die Armee des Feindes positionierte und zum Kampf bereit machte. Augenblicklich ließ Friedrich seine Truppen zur Schlacht bereit machen, die sich in bemerkenswerter Eile formierten und seinen Befehlen unverzüglich nachkamen. Nahezu 22.000 Preußen erwarteten einen fast doppelt so starken Feind.

Wenngleich der für den 29. September geplante Angriff nicht stattfinden konnte, da der rechte Flügel der Verbündeten noch weit zurück war, lagen die Absprachen, Befehle und Geschehnisse bei den österreichisch-sächsischen Truppen in den Morgenstunden des 30. September etwas im Dunkeln. Wollte Prinz Karl im letzten Moment doch nicht angreifen, sondern nur Präsenz zeigen, im Glauben, die Preußen würden im Wissen um ihre ungünstige Position abziehen? Oder wollte er doch angreifen, ließ aber fahrlässig wertvolle Zeit verstreichen?

Die Schlacht

Es lag anfangs Nebel über dem Gelände, als nach fünf Uhr Feldmarschall von Buddenbrock mit seiner Kavallerie aus dem Lager kommend, auf Neu-Rognitz zuhielt, um dann nach Westen zu schwenken und so die Graner Koppe etwas nördlich umgehen zu können. Im Laufe dieser Unternehmung ließ jedoch die aufgehende Sonne den Nebel verschwinden, was den schweren Geschützen der Verbündeten auf der Graner Koppe das Feuern erlaubte. Nicht unerhebliche Verluste waren die Folge für von Buddenbrocks Reiter. Die Schlacht war eröffnet. Zur gleichen Zeit formierte sich am Osthang der Graner Koppe Generalmajor Blankensees Infanterie zum Frontalangriff auf die Geschütze des Feindes. Etwa um acht Uhr, nun vom Norden auf die Stellungen der Verbündeten zureitend, brach die Kavallerie von Buddenbrocks in die in Formation stehende österreichisch-sächsische Kavallerie ein, überrumpelte und verwirrte sie und schlug sie in den dahinterliegenden Wald zurück. Fürst Lobkowitz wurde überritten und schwer verwundet. Zwar war man bei diesem Angriff nicht mehr dem Feuer der schweren Geschütze ausgesetzt, doch auf der Graner Koppe angekommen, setzte ihnen in ihrer linken Flanke die oben stehende Infanterie zu. Unterdessen waren die Männer Blankensees, von Osten kommend, bis auf 150 Meter an die Batterie des Feindes herangekommen, kamen aber durch starke Verluste ins Stocken und wichen schließlich, als Oberst Benda mit fünf Grenadier-Kompanien ihnen energisch entgegentrat. Blankensee fand den Tod. Die Regimenter Wedel, Tresckow, Finck und Anhalt gingen hinter das zweite Treffen zurück, das mit den Regimentern la Motte, Blankensee und Geist dem ersten gefolgt war. Es stoppte mit einem intensiven und diszipliniert ausgeführten Pelotonfeuer Bendas Männer und brach dann mit gefälltem Bajonett in die Reihen der Verbündeten ein und nahm die Koppe samt Batterie. Die starke Kavallerie der Verbündeten auf der Graner Koppe konnte dem nichts entgegensetzen und unterstütze die eigene Batterie und Infanterie nicht. Zum einen konnte sie sich geländebedingt nicht entfalten, zum anderen fehlte es womöglich am Befehl, dem Feind entgegenzutreten. Man wandte sich zur Flucht. Einzig Feldmarschallleutnant Preysing versuchte wie Oberst Benda mit seinen drei Dragoner-Regimentern in den Kampf einzugreifen, wurde jedoch in den Strudel der Flucht mit hineingezogen. Es war 9:30 Uhr.

Friedrich II., der die entscheidende Anhöhe des Schlachtfeldes beherrschte und den linken Flügel seines Gegners geworfen hatte, wollte nun die feindlichen Stellungen von Norden her bezwingen. Jedoch setzte er diesen Gedanken nicht in die Tat um, da sich die verbündeten Truppen dem Zentrum Burkersdorf näherten, um es einzunehmen. Ein schnelles Eingreifen, vor allem des 2. Bataillons vom Regiment Kalkstein, verhinderte dies. Das gesamte Zentrum Friedrichs setzte sich in Bewegung, passierte Burkersdorf und kam so westlich des Ortes vor die Läufe der anderen schwere Batterie der Verbündeten. Das schwere Feuer dieser Batterie und das ansteigende Terrain, welches die Regimenter überwinden mussten, ließ auch dort die Preußen stocken. Die Verluste stiegen rasch an. Generalmajor Prinz Ferdinand von Braunschweig ging dort, obwohl bereits verwundet, persönlich voran und konnte die Batterie nehmen. Die Regimenter Prinz Xaver, Botta, Bayreuth und Vettes, von Feldmarschall Prinz von Sachsen-Gotha geführt, kämpften lange und hinhaltend, letztlich aber, waren auch sie dem Druck, der nun von Norden und Osten gleichzeitig wirkte, nicht gewachsen und mussten weichen.

Während der Kampf im Zentrum tobte, konnte Friedrich II. die freiwerdende Kavallerie seines rechten Flügels sowie die am linken Flügel bereitstehende Kavallerie des Prinzen von Anhalt gegen den Feind südlich von Burkersdorf werfen und dessen beginnenden Rückzug beschleunigen. Dabei wurden die Infanterieregimenter Damnitz und Kolowrat vollkommen versprengt. Viele von ihnen gerieten in Gefangenschaft. Unerklärlicherweise wichen die dort stehenden 36 Schwadronen den anstürmenden Preußen aus und blieben untätig.

Das detachierte Corps des kroatischen Generals Nadasdy, das den Feind umgehen und in den Rücken fallen sollte, begnügte sich mit einem Überfall auf das am Morgen hastig geräumte Lager der Preußen und nahm Besitz von der Kriegskasse des Gegners im Wert von 200.000 Talern. Auch die Kabinettsräte und die Dienerschaft, die die Armee begleiteten und verschiedenes Gepäck fielen dem Kroaten in die Hände. Allerdings verfehlte es seinen eigentlichen Auftrag, den Preußen im Rücken der Front eine Bedrohung zu sein. So endeten die Ereignisse um 13:00 Uhr.

Resümee, Betrachtungen und Folgen der Schlacht

Die Verluste bei den verbündeten österreichisch-sächsischen Truppen beliefen sich auf 214 Offiziere und 7230 Mann, davon gerieten 36 Offiziere und 3072 Mann in Gefangenschaft. 19 Geschütze und 8 Fahnen gingen verloren. Die Preußen verloren 145 Offiziere und 3766 Mann, von denen nahezu 900 Mann gefallen waren. Man verlor 1 Fahne, zudem ging 1 Geschütz beim Überfall auf das Lager verloren.

Bis heute fragen sich Kenner und Experten, wie die preußische Kavallerie es fertigbringen konnte, die Anhöhe der Graner Koppe mit Pferden zu attackieren. Unbestritten erscheint, dass nur die Disziplin der Truppe und kräftige Tiere solch eine Leistung vollbringen konnten.

Auf Seiten der Verbündeten lastete man Feldmarschall Lobkowitz fehlende Courage zur Gegenattacke der eigenen Kavallerie auf dem linken Flügel an, als die preußische Kavallerie zum Angriff vorging.

Friedrich II. meinte später rückblickend, dass es bei Weitem ehrenvoller sei, vernichtet zu werden, indem man sich teuer verkaufe, als auf einem Rückzug, der womöglich in eine schmähliche Flucht ausgeartet wäre, umzukommen.

Der 73-jährige Feldmarschall Buddenbrock, ein Mann vieler Gefechte und Schlachten, berichtete später, dass er in seiner Laufbahn noch keinem schwereren Artilleriefeuer ausgesetzt war als östlich der Graner Koppe bei seinem Ritt zur Ausgangposition der späteren Kavallerieattacke.

Der Tag von Soor lenkte auf Seiten der Preußen erstmals auch die Aufmerksamkeit auf zwei große Militärs der kommenden Jahre. Zum einen auf den 23-jährigen Major von Seydlitz, der am frühen Morgen die Truppenbewegungen des Gegner mit seiner Schwadron bemerkt und gemeldet hatte und zum anderen auf den 21-jährigen Sekondeleutnant von Möllendorf, der sich gegen Ende der Schlacht südlich Burkersdorf unter Prinz Ferdinand ausgezeichnet hatte und vom König noch auf dem Schlachtfeld belobigt worden war.

Der strategische Erfolg der Preußen war gering, zwar wurde Prinz Karl zum Rückzug gezwungen, sein Winterquartier jedoch wollte Friedrich II. von vornherein in Schlesien und nicht in Böhmen beziehen.

Politisch hatte Friedrich noch weniger gewonnen, da die Friedensverhandlungen in weite Ferne gerückt waren, zum einen durch innenpolitische Verwicklungen in England und zum anderen gab seine Armee selbst dazu Anlass, da sie den Verbündeten gegenüber an Männern weiterhin in Unterzahl war und einen abgekämpften Eindruck erweckte. Die Österreicher und Sachsen ließen sich nicht davon abbringen, ihre Armeen weiter in Richtung Brandenburg, dem Kernland der Preußen, zu dirigieren.

Der taktische und moralische Erfolg für die Truppen Friedrichs war aber ungemein hoch, hatte man doch mit weit unterlegenen Kräften einen in ausgezeichneter, ja sogar beherrschender Stellung stehenden Feind geworfen.

Siehe auch

Literatur

  • Christopher Duffy: Friedrich der Große. Die Biographie („Frederick the Great“). Albatros-Verlag, Düsseldorf 2001, ISBN 3-491-96026-6 (früherer Titel Friedrich der Große – Ein Soldatenleben).
  • Günter Dorn, Joachim Engelmann: „Die Schlachten Friedrichs des Grossen“; Bechtermünz Verlag, Augsburg 1997
  • Joachim Engelmann, Günter Dorn: Friedrich der Große und seine Generale. Edition Dörfler, Utting 2001, ISBN 3-89555-002-7.
  • Hans Stabenow: „Die Schlacht bei Soor“; Dissertation, Frankfurt a. M. 1901