Staatsrat des Großherzogtums Hessen
Der Staatsrat des Großherzogtums Hessen war von 1821 bis 1875 ein hochrangiges Beratungsgremium und oberstes Verwaltungsgericht im Großherzogtum Hessen.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Anfang der 1820er Jahre gab es einschneidende Reformen in der Organisation des Großherzogtums. Mit der Verfassung des Großherzogtums Hessen vom Dezember 1820 waren die Landstände des Großherzogtums Hessen gestärkt worden. Darauf reagierte die Exekutive 1821 mit einem Modernisierungsschub: Die Regierung wurde nun aus – zunächst drei – Fachministerien gebildet.[1]
Den Fachministerien zur Seite gestellt wurde der Staatsrat. Sehr eilig hatten es die Verantwortlichen nicht damit, das Gremium zu konstituieren. Erst nach zwei Jahren kam es 1823 zu Stande.[2] Erster Präsident des Staatsrates wurde Ministerpräsident Karl Ludwig Wilhelm von Grolman.
1875 wurde die Institution aufgehoben, als der Verwaltungsgerichtshof Darmstadt für das Land gegründet wurde.[3]
Funktion
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Dem Staatsrat waren hauptsächlich zwei Aufgaben zugewiesen:
- Beratung der Exekutive und des Großherzogs, insbesondere bei Gesetzesvorhaben und in Fällen der Neuorganisation von Verwaltung und Rechtsprechung.[4] Da im Staatsrat auch alle Minister vertreten waren, die zuvor derartige Vorhaben schon in ihren Ministerien erwogen hatten, scheint diese Funktion des Staatsrates redundant gewesen zu sein. Jedenfalls schlägt sich eine Tätigkeit diesbezüglich in der Literatur nicht nieder und spielt auch keine Rolle mehr, als das Gremium 1875 aufgehoben wird. Bei seiner Aufhebung 1875[5] geht es ausschließlich noch um die Funktion des Staatsrates als
- oberstes „Verwaltungsgericht“ für das Großherzogtum, zuständig sowohl in Kompetenzkonflikten zwischen Justiz und Verwaltung als auch bei Beschwerden der Bürger über Verwaltungshandeln.[6] Dem Staatsrat gehörten deshalb von Anfang an auch immer Richter der höchsten Gerichte des Landes an.[7]
Zusammensetzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mitglieder des Staatsrats waren[8]:
- der Erbgroßherzog,
- weitere vom Großherzog ernannte Prinzen,
- alle Minister, von denen einer zum Präsidenten des Staatsrates ernannt wurde,
- die Geheimen Staatsräte, die in den Ministerien arbeiteten (Spitzenbeamte der Ministerien),
- weitere dauerhaft ernannte Mitglieder,
- weitere auf ein Jahr ernannte Beamte,
- ein Generalsekretär des Staatsrates.
Präsidenten des Staatsrats
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Karl Ludwig Wilhelm von Grolman (1823[9]–1829)
- August Konrad Hofmann (1829–1841)
- Karl Wilhelm von Kopp (1841–1844)
- Johann Matthäus von Lehmann (1844–1848)
- Carl Wilhelm Zimmermann (1848–1856), am 14. September 1856 im Amt verstorben
- Wilhelm Hallwachs (1857[10]–1860[11]), am 27. Mai 1860 im Amt verstorben
- Friedrich von Lindelof (1860–1875[12])
Trivia
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Mitglieder des Staatsrates trugen die Uniformen ihrer Dienststellen.[13]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Victor von Lepel: Der Großherzoglich Hessische Staatsrath, seine Organisation, Competenz, Procedur und Rechtsprechung [Supplement zu Eigenbrodt's, Verhältnis der Gerichte zur Verwaltung]. Jonghaus, Darmstadt 1856.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Verordnung über die Organisation der obersten Staatsbehörde vom 28. Mai 1821. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 14 vom 1. Juni 1821, S. 179–188.
- ↑ Dienstnachrichten. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 20 vom 11. Juli 1823, S. 234.
- ↑ Art. 17 Satz 2 Gesetz, betreffend das oberste Verwaltungsgericht vom 11. Januar 1875. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 3 vom 21. Januar 1875, S. 45–50 (56).
- ↑ Abschnitt IX. Buchstabe A Verordnung über die Organisation der obersten Staatsbehörde vom 26. Mai 1821. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 14 vom 1. Juni 1821, S. 179–188.
- ↑ Art. 17 Satz 2 Gesetz, betreffend das oberste Verwaltungsgericht vom 11. Januar 1875. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 3 vom 21. Januar 1875, S. 45–50 (56).
- ↑ Abschnitt IX. Buchstabe B Verordnung über die Organisation der obersten Staatsbehörde vom 26. Mai 1821. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 14 vom 1. Juni 1821, S. 179–188.
- ↑ Dienstnachrichten. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 20 vom 11. Juli 1823, S. 234.
- ↑ Abschnitt X. Verordnung über die Organisation der obersten Staatsbehörde vom 26. Mai 1821. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 14 vom 1. Juni 1821, S. 179–188 (185).
- ↑ Dienstnachrichten. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 20 vom 11. Juli 1823, S. 234.
- ↑ Hof und Staatshandbuch des Großherzogtums Hessen 1857. Invalidenanstalt, Darmstadt [1857], S. 160.
- ↑ Hof und Staatshandbuch des Großherzogtums Hessen 1860. Invalidenanstalt, Darmstadt [1860], S. 195.
- ↑ Hof und Staatshandbuch des Großherzogtums Hessen 1874. Invalidenanstalt, Darmstadt [1874], S. 87.
- ↑ Hof und Staatshandbuch des Großherzogtums Hessen 1874. Invalidenanstalt, Darmstadt [1874], S. 87.