Suizidologie

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Die Suizidologie (aus Suizid und griechisch lógos „Wort, Rede, Lehre“) ist eine relativ junge Wissenschaft, die sich mit der Erforschung des Suizids und insbesondere mit der Suizidprävention beschäftigt. Sie ist ein Teilbereich der Psychiatrie, Psychologie, Soziologie und der Kulturwissenschaft und umfasst heute epidemiologische, neurobiochemische, klinisch-psychiatrische, soziologische, kulturwissenschaftliche und gegebenenfalls forensische[1] Herangehensweisen.

Geschichte der medizinischen Suizidforschung

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Das Thema Suizid war jahrhundertelang den Philosophen, Theologen und Juristen vorbehalten. Erst mit der Zeit der Aufklärung wurde der Suizid zum Gegenstand medizinischer Forschung. Der Erste, der Suizid als psychische Störung interpretiert, war 1838 der französische Arzt Jean Étienne Esquirol. 1897 veröffentlichte Émile Durkheim die erste systematische soziologische Studie über den Suizid.

Anfang des 20. Jahrhunderts beginnt durch Vertreter der Psychoanalyse wie Sigmund Freud und Karl Abraham erstmals eine psychologische bzw. psychodynamische Betrachtung des Suizids.[2]

Eine eigenständige Suizidforschung entsteht erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1948 gründet Erwin Ringel in Wien das weltweit erste Zentrum zur Suizidprävention, initiiert 1960 die Gründung der International Association for Suicide Prevention (IASP)[3] und wird deren erster Vorsitzender. 1968 gründet Edwin S. Shneidman in den USA die American Association of Suicidology (AAS). Vier Jahre später wird die Deutsche Gesellschaft für Suizidprävention (DGS) gegründet. Gernot Sonneck führt die Suizidforschung in Österreich weiter und gründet mit seinen Mitarbeitern 2007 die Wiener Werkstätte für Suizidforschung.[4] Eine wesentliche Errungenschaft der neueren Geschichte ist eine Öffnung des medizinischen Forschungsbereiches hin zu anderen relevanten Forschungsfeldern. Diese Öffnung trägt einem modernen Public-Health-Ansatz, der sich mit individuellen und gesellschaftlichen Einflussfaktoren auf Gesundheit beschäftigt, Rechnung.

Einzelnachweise

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  1. Behrens K.B.: Aspekte des Hamburger Suizidgeschehens - Eine forensisch-epidemiologische Analyse unter besonderer Berücksichtigung der Alterssuizide, der Suizide durch Sprung von der Köhlbrandbrücke sowie der Hinterlassenschaft von Abschiedsbriefen. Dissertation Universität Hamburg (2009) http://www.sub.uni-hamburg.de/opus/volltexte/2009/4387/pdf/Dissertation_K.B._Behrens.pdf
  2. Archivierte Kopie (Memento des Originals vom 4. September 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.uke.uni-hamburg.de
  3. http://www.iasp.info
  4. http://www.suizidforschung.at
  • Émile Durkheim: Le suicide. 1897 (dt. Der Selbstmord. Suhrkamp, Frankfurt/M. 2006, ISBN 3-518-28031-7).
  • Jean-Étienne Esquirol: Des maladies mentales. 2 Bände. Méline-Cans, Paris 1838 (dt. Von den Geisteskrankheiten. Huber, Bern 1968).
  • Werner Felber, Christian Reimer: Klinische Suizidologie. Praxis und Forschung. Springer, Berlin 1991, ISBN 3-540-53967-0.
  • Heike Knebel, Nathalie Klüver: Reflexionen: Suizidprävention bei Kindern und Jugendlichen. Kilian Andersen, Lübeck 2010, ISBN 978-3-9813623-0-5.
  • Erwin Ringel: Der Selbstmord. Abschluss einer krankhaften Entwicklung. Eine Untersuchung an 745 geretteten Selbstmördern. W. Maudrich, Wien 1953.
  • Manfred Wolfersdorf: Suizidologie als moderne Wissenschaft. In: Suizidprophylaxe. Bd. 2 (1994), S. 47–53 (PDF).