Tingara (Tondikiwindi)

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Karte
Lage von Tingara in Niger

Tingara (auch Tin Gara, T-in-Gara, Tingra) ist ein Dorf in der Landgemeinde Tondikiwindi in Niger.

Geographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das von einem traditionellen Ortsvorsteher (chef traditionnel) geleitete Dorf befindet sich rund 79 Kilometer nordwestlich des Hauptorts Tondikiwindi der gleichnamigen Landgemeinde, die zum Departement Ouallam in der Region Tillabéri gehört. Zu den Siedlungen in der näheren Umgebung von Tingara zählen Siwilli und Zaroumbey Darey im Osten sowie Talfatate im Westen.[1]

Tingara ist Teil der Übergangszone zwischen Sahara und Sahel. Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge beträgt hier zwischen 200 und 300 mm.[2] Beim Dorf liegt der Teich Mare de Tingara.[3]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sesshafte Zarma töteten 2008 in den Dörfern Tingara, Mangaïzé und Tongo Tongo acht und im Dorf Siné Godar zwei nomadische Fulbe.[4] Bewaffnete Räuber aus Mali, die meistens mit Motorrädern ins Land kamen, ermordeten am 21. April 2011 in den Dörfern Tingara und Innabaguel 18 Personen, darunter Frauen und Kinder.[5]

Zwischen zwei rivalisierenden Zarma-Gruppen in Tingara gab es einen Jahrzehnte währenden Konflikt um ackerbauliche Nutzflächen.[6] Im Jahr 2017 erhielt jede der beiden Gruppen ihren eigenen traditionellen Ortsvorsteher (chef traditionnel) und das Dorf wurde entsprechend in Tingara 1 und Tingara 2 geteilt.[7] Angehörige der Gruppe Tingara 2 meldeten den staatlichen Sicherheitskräften Nigers, dass der Vorsteher von Tingara 1 wirtschaftliche Beziehungen zur Terrorgruppe Islamischer Staat in der Größeren Sahara (ISGS) unterhielt. Zwischen Tingara 1 und 2 eskalierte daraufhin von November 2018 bis Januar 2019 die Gewalt. Es gab mehrere Tote.[6] Tingara 1 stand nun offen auf der Seite des ISGS und Tingara 2 auf der Seite der staatlichen Sicherheitskräfte Nigers.[8] Nach einem Ultimatum der Terrorgruppe flohen zunächst geschätzt 95 Haushalte aus Tingara 2.[7] Bis 2021 hatten insgesamt rund 120 Haushalte das Dorf verlassen. Sie fanden als Binnenvertriebene in Tadrass, einem Stadtteil der Regionalhauptstadt Tillabéri, Zuflucht.[9] Der Vorsteher von Tingara 1 stieg von 2019 bis 2021 zu einem ISGS-Kommandanten auf, der mit der Rekrutierung und „Besteuerung“ in den Zarma-Gebieten betraut wurde.[6]

Ein Pick-up der Streitkräfte Nigers fuhr am 8. April 2024 bei Tingara auf einen improvisierten Sprengsatz. Dabei wurden sechs Soldaten getötet und zwei weitere schwer verletzt. Bei Gegenangriffen aus der Luft wurden laut Angaben der Streitkräfte mindestens 20 der mutmaßlich verantwortlichen Terroristen getötet.[10]

Bevölkerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei der Volkszählung 2012 hatte Tingara 1596 Einwohner, die in 168 Haushalten lebten.[1] Bei der Volkszählung 2001 betrug die Einwohnerzahl 1136 in 118 Haushalten[11] und bei der Volkszählung 1988 belief sich die Einwohnerzahl auf 887 in 115 Haushalten.[12]

Wirtschaft und Infrastruktur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Tingara wird ein Wochenmarkt abhalten.[13] Das Dorf liegt in einer Zone der Naturweidewirtschaft, die sich entlang der Staatsgrenze zu Mali erstreckt.[2] Es gibt mehrere Grundschulen im Ort.[14]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Répertoire National des Localités (ReNaLoc). (RAR) Institut National de la Statistique, République du Niger, Juli 2014, S. 491, archiviert vom Original am 24. September 2015; abgerufen am 2. April 2023 (französisch).
  2. a b Damien Hauswirth, Hassane Yayé, Abdoulaye Sambo Soumaila, Badamassi Djariri, Issaka Lona, Malam Boukar Abba: Appui à la formulation concertée de la SPN2A pour la République du Niger. Identification et évaluation des options d’agriculture intelligente face au climat prioritaires pour l’adaptation face aux changements climatiques au Niger. Volume 2 : Annexes. Ministère de l’Environnement, de la Salubrité Urbaine et du Développement Durable / Ministère de l’Agriculture et de l’Elevage / Conseil National de l’Environnement pour un Développement Durable / Haut-Commissariat à l’Initiative 3N / AFD / Facilité Adapt’Action / Baastel – BRL – ONFI, Niamey / Brüssel 2020, S. 7 (spn2a.org [PDF; abgerufen am 14. April 2024]).
  3. Arouna Hamidou Sidikou: Sédentarité et mobilité entre Niger et Zgaret (= Études nigériennes. Nr. 34). IFAN, Niamey 1974, S. 32.
  4. Harouna Abarchi: Niger. In: Kathrin Wessendorf (Hrsg.): The Indigenous World 2009. The International Work Group for Indigenous Affairs (IWGIA), Kopenhagen 2009, ISBN 978-87-91563-57-7, S. 446.
  5. Country Reports on Human Rights Practices for 2011: Niger. U.S. Departement of State, archiviert vom Original am 13. Juli 2012; abgerufen am 14. April 2024 (englisch).
  6. a b c Murder in Tillabery: Calming Niger’s Emerging Communal Crisis. International Crisis Group, 28. Mai 2021, abgerufen am 14. April 2024 (englisch).
  7. a b Rapport d’Evaluation Rapide de Protection – Sites de Tadress & Sakoira – Département de Tillaberi, décembre 2018. Danish Refugee Council, 15. Januar 2019, abgerufen am 14. April 2024 (französisch).
  8. Sidelining the Islamic State in Niger’s Tillabery. International Crisis Group, 3. Juni 2020, abgerufen am 14. April 2024 (englisch).
  9. Région de Tillabéri : La résilience des déplacés internes de Tingara renforcée par le CICR. Agence Nigèrienne de Presse (ANP), 3. Dezember 2021, archiviert vom Original am 20. November 2021; abgerufen am 14. April 2024 (französisch).
  10. Ikali Dan Hadiza: Insécurité : 6 soldats tués par une mine et des dizaines de terroristes neutralisés près de la frontière malienne. In: ActuNiger. 11. April 2024, abgerufen am 14. April 2024 (französisch).
  11. Répertoire National des Communes (RENACOM). (RAR) Institut National de la Statistique, République du Niger, archiviert vom Original am 2. Februar 2012; abgerufen am 2. April 2023 (französisch).
  12. Recensement Général de la Population 1988: Répertoire National des Villages du Niger. Bureau Central de Recensement, Ministère du Plan, République du Niger, Niamey März 1991, S. 248 (web.archive.org [PDF; abgerufen am 2. April 2023]).
  13. Mariatou Koné: La crise alimentaire à Tondikiwindi, 2004–2005 (= Etudes et Travaux du LASDEL. Nr. 63). LASDEL, Niamey/Parakou Dezember 2006, S. 5 (web.archive.org [PDF; abgerufen am 14. April 2024]).
  14. Répertoire National des Centres d’Enrôlement et de Vote (CEV). (PDF) Commission Electorale Nationale Indépendante (CENI), République du Niger, 13. September 2020, S. 340, archiviert vom Original am 3. September 2022; abgerufen am 14. April 2024 (französisch).

Koordinaten: 14° 57′ N, 1° 30′ O