Tömösvárysches Organ

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Lage der Temporalorgane des Tausendfüßers Thereuonema hilgendorferi (Pfeile); Benecke nach Yamana 1986
Feinaufbau der Grube des Temporalorgans eines Tausendfüßers: Netzförmiges Gitterwerk; Benecke nach Haupt 1971

Das Tömösvárysche Organ (auch Temporal-, Schläfen- oder Tömösvary-Organ) ist ein in einer Einbuchtung hinter den Antennen (oder zwischen Antennen und Augen, sofern vorhanden) von Hundert- und Doppelfüßern liegendes Sinnesorgan zur Feuchtigkeits-Wahrnehmung.[1][2][3] Dies ermöglicht es den Tieren, die jahreszeitlich beziehungsweise feuchtemäßig richtige Bodenschicht aufzusuchen. Es wurde im Jahr 1893 von Ödön Tömösváry erstmals beschrieben und seit ca. dem Jahr 1900 Tömösvárysches Organ genannt.[4][5][6][7][8]

Vergleichbare Organe finden sich auch bei Symphyla (Zwergfüßern) und einigen Urinsekten. Das Organ scheint auch Schall aufnehmen zu können; Lithobius forficatus reagiert – wohl unter Beteiligung des Organes – beispielsweise auf Schallwellen von 50 bis 5000 Hz, maximal zwischen 500 und 2000 Hz.[9][10] Früher wurde vermutet, dass es der Geschmackserkennung dient, auch der Schwerkraftwahrnehmung wurde es nach Experimenten mit durch Paraffin bedeckten Tömösváryschen Organen (bei Thyropygus) zugeschrieben.[11] Auch eine Nerven-Antwort auf Kohlendioxid wurde gemessen.[2] Diskutiert wird auch eine konvergente, mehrfach unabhängige Entwicklung des Organs mit verschiedenen Funktionen.

Feinaufbau[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Eingangs-Öffnung zur Grube, in welcher das Organ liegt, misst um 15 μm, die Weite beträgt 30 μm, bei Riesenkuglern ist die Öffnung winzig, bei Saftkuglern (Glomerida) hat sie die Form eines großen Hufeisens; Spiroboliden besitzen das Organ nicht. Der Grubenraum ist immer mit einem Gitterwerk sehr dünner, von Poren durchsetzter, stäbchenförmiger Kutikula ausgefüllt, die mit Sinneszellen an der inneren Verkleidung der Grube in Verbindung steht.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. H. Tichy: Das Tömösvárysche Sinnesorgan des Hundertfüßlers Lithobius forficatus – ein Hygrorezeptor. In: Naturwissenschaften. Band 59, 1972, S. 315, doi:10.1007/BF00593364.
  2. a b Kenjiro Yamana, Yoshihiro Toh, Hideki Tateda: Electrophysiological studies in the temporal organ of the Japanes House Centipede, Thereuonema hilgendorfi. In: Journal of Experimental Biology. Band 126, 1986, S. 297–314 (biologists.org).
  3. Carsten H. G. Müller, Andy Sombke, (Alessandro Minelli (Ed.)): Dilopoda — sense organs. In: Treatise on Zoology - Anatomy, Taxonomy, Biology. The Myriapoda. Band 2, 1972, S. 181–235, doi:10.1163/9789004188273_010 (brill.com).
  4. Joachim Haupt: Beitrag zur Kenntnis der Sinnesorgane von Symphylen (Myriapoda). II. Feinstruktur des Tömösváryschen Organs von Scutigerella immaculata Newport. In: Z. Zellforsch (damals Zeitschrift für Zellforschung und Mikroskopische Anatomie). Band 122, 6. Juli 1971, S. 172–189, doi:10.1007/BF00337628.
  5. O. Pflugfelder: Über den feineren Bau der Schläfenorgane der Myriapoden. In: Z. wiss. Zool. Band 143, 1933, S. 127–155, doi:10.1007/BF00337628.
  6. Curt Hennings: Das Tömösvarysche Organ der Myriapoden. I. In: Z. wiss. Zool. Band 76, 1904, S. 26–52.
  7. Curt Hennings: Das Tömösvarysche Organ der Myriapoden. II. In: Z. wiss. Zool. Band 80, 1906, S. 576–641.
  8. Ö. Tömösváry: Eigentümliche Sinnesorgane der Myriapoden. In: Math.-naturwiss. Ber. aus Ungarn. Band 1, 1883, S. n.n.
  9. O. Pflugfelder: Über den feineren Bau der Schläfenorgane der Myriapoden. In: Z. wiss. Zool. Band 143, 1933, S. 127–155, doi:10.1007/BF00337628.
  10. Christoph Meske: Schallreaktionen von Lithobius forficatus L. (Chilopoden). In: Z. Vergl. Physiol. Band 43, 1960, S. 526–530, doi:10.1007/BF00298075.
  11. G. Krishnan: The millipede Thyropygus with special reference to Indian species. In: CSIR zoological memoirs on Indian animal types. Band 1. New Delhi [Council of Scientific and Industrial Research] Publications & Information Directorate, 1968 (worldcat.org).

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]