U-Boot-Bunker in Lorient

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Vorlage:Koordinate Artikel Der Hafen von Lorient liegt am Fluss Blavet, ca. 5 km von dessen Mündung in den Golf von Biskaya entfernt. Er wurde von Juni 1940 bis August 1944 als U-Boot-Stützpunkt der Deutschen Kriegsmarine genutzt und war hinsichtlich seiner Ausdehnung der größte deutsche U-Boot-Hafen während des Zweiten Weltkrieges. Die im Lauf dieser Zeit unter Regie der Organisation Todt (OT) errichteten Gebäude erstreckten sich über mehrere Komplexe und unterschieden sich insbesondere durch zwei außergewöhnliche Konstruktionen von allen anderen, durch die Deutschen errichteten Bunkeranlagen für U-Boote:



Lageskizze der Bunkeranlagen auf der Landzunge Kéroman

Die Bunkeranlagen im Zweiten Weltkrieg

Die Dom-Bunker

westl. Dombunker, Anbau rechts aus jüngerer Zeit

Am Ende eines Beckens des Fischereihafens befand sich zu Beginn der deutschen Besatzungszeit schon eine Slipanlage für Fischerboote, die in einer Drehscheibe endete, um die sechs Dockplätze sternförmig angeordnet waren. Diese Anlage wurde von den Deutschen konstruktiv verstärkt, um zumindest U-Boote des Küstentyps II aufschleppen und abstellen zu können. Zwei der Dockplätze wurden im Jahr 1941 mit zeltartigen Bunkerkonstruktionen überdacht, die Betonstärken von 1,5 m aufweisen. Das Schutzprinzip setzte hierbei weniger auf die Materialstärken, als auf die Dachform, die ein Abgleiten der Fliegerbomben bewirken sollte[1]. Die Stirnseiten der Bunker waren mit Stahlschiebetoren gesichert.

Dieses Bunkerprinzip fand ebenso bei den Unterständen der Eisenbahngeschütze im Raum Calais Anwendung.


Der Scorff-Bunker

Das nächste ausgeführte Bunkerprojekt war ein Komplex mit zwei Nassboxen für vier Boote, der im Kriegshafen, nahe der Mündung des Flusses Scorff in den Blavet, unweit des Lorienter Stadtzentrums errichtet wurde. Die Betondecke weist eine Stärke von 3,5 m auf, wegen des schlammigen Untergrundes konnte keine stärkere Decke eingebaut werden. Aus statischen Gründen hielt man auch eine spätere Verstärkung für nicht geboten. Da überdies der Zufahrtsbereich zu den Boxen und diese selbst starken Schlammablagerungen ausgesetzt waren, die häufig augebaggert werden mussten, wurde der Bunker letztlich nur bis zur Fertigstellung von Kéroman I/II als Liegeplatz für U-Boote verwendet und diente danach als Werkstatt für U-Boot-Türme.

Kéroman I und II

Die ersten in Lorient - auf der Kéroman genannten Landzunge - errichteten Großbunker konnten wegen des felsigen Bodens nicht ohne weiteres in der sonst üblichen Bauart (mit Boxen auf Meereshöhe) ausgeführt werden, bei der die U-Boote mit eigener Kraft in die Boxen verholten. Der felsige Untergrund garantierte aber die Tragfestigkeit für eine massive, bombensichere Betondecke. Man verzichtete auf Sprengungen und baute auf dem Felsgestein. Um die U-Boote auf das deshalb mehrere Meter über dem Wasserspiegel liegende Niveau zu befördern, wurde eine Aufschleppanlage ("Schlitten") konstruiert. Diese befand sich an der dem Fluss zugewandten Seite von Kéroman I und war ebenfalls überbunkert. Die Boote befuhren am Fußende der tunnelartigen Anlage einen Dockwagen, mit dem sie nach dem Aufschleppen auf eine Schiebebühne mit Verschiebewagen übergesetzt wurden. Diese Bühne verlief zwischen den beiden Bunkern, so dass mit ihrer Hilfe alle Abstellboxen in Bunker I (5 trocken für jeweils ein Boot) und II (7 trocken für je ein Boot) erreicht werden konnten. In Kéroman II befand sich zudem eine Box für die insgesamt zwei Verschiebewagen.

Die Bunker waren im September (I) und Dezember 1941 (II) fertiggestellt und weisen Deckenstärken von 3,5 m auf. Auf dem Dach von Kéroman II wurde außerdem eine 1000-Mann-Kaserne errichtet.

Kéroman III

Der nächste Bunker entstand an der Spitze der Landzunge in herkömmlicher Bauart mit 2 Nassboxen und 5 Boxen, die, mit Docktoren ausgestattet, als Trockendocks ausgeführt waren. Im Gegensatz zu den Dombunkern und Kéroman I und II war wegen der unterschiedlichen Größe seiner Boxen (für ein bis drei Boote) eine Gesamtkapazität von 13 Liege- bzw. Dockplätzen gegeben. Das Verholen der Boote erforderte hier weit weniger Aufwand als bei der Aufschleppe.

Der Bunker war im Januar 1943 fertiggestellt. Die Decken waren gegenüber den Vorgängerbauten I/II auf bis zu 7,5 m verstärkt und wurden im Verlauf des Krieges mit Fangrosten[2] ergänzt, allerdings nicht auf der gesamten Dachfläche.

Kéroman IV

Ein weiterer Großbunker, der, nordöstlich von Kéroman I gelegen, vom Fischereibecken aus über eine Hebebühne erreichbar sein sollte, wurde nur noch in Teilen fertiggestellt (Kéroman IV a), ein Ergänzungsgebäude (IV b) nur noch geplant. Alle Arbeiten wurden im April 1944 eingestellt.

Kernével

Auf der Kéroman gegenüberliegenden Landzunge Kernével befand sich von November 1940 bis März 1942 in einer Villa der Befehlsstand des Befehlshabers der U-Boote (BdU), also das Hauptquartier von Admiral Dönitz und somit die Schaltzentrale des U-Boot-Krieges.

Der Luftkrieg in Lorient

Wegen seiner Bedeutung als U-Boot-Stützpunkt war Lorient während der deutschen Besatzungszeit massiven Bombenangriffen der alliierten Luftstreitkräfte ausgesetzt. Blieben die Bunkeranlagen dabei weitgehend unbeschädigt, so wurde die Stadt selbst stark in Mitleidenschaft gezogen. Einzelne Stadtviertel wurden nahezu vollständig zerstört. Die Bevölkerung hatte einen hohen Blutzoll zu tragen.

Der "Tunnel" in Kéroman I nach Entfernung der Aufschleppe, Blick in nördl. Richtung, Zustand im Juli 2001

Die Bunker heute

Nach Jahren der Nutzung durch die französische Marine sind alle Bunkeranlagen zivilen Zwecken zugeführt oder liegen brach.

Die Bunker stellen für die Kommune Lorient insgesamt ein großes Problem dar, da sowohl die Nutzung und Unterhaltung, als auch der Abriss der Gebäude finanzielle Aufwendungen erfordern, die die Möglichkeiten der Kommune übersteigen [3].

Dombunker

Die Slipanlage ist entfernt, die Drehscheibe ausgebaut, deren Grube aber noch vorhanden. Die Bunker, von denen der westliche noch die ursprüngliche Tormechanik besitzt, werden zum Teil als Lagerhaus und Werkstätten genutzt. (Stand: August 2003[4])

Scorff-Bunker

Der Bunker liegt im Bereich der Marinewerft, die momentane Nutzung ist unbekannt. (Stand: Juli 2003)

Kéroman I

Die Aufschleppanlage ist demontiert, der "Tunnel" steht unter Wasser. Die Schiebebühne mit einem Verschiebewagen existiert noch, die Schienen, die in die Bunker führten, sind jedoch entfernt bzw. mit Asphalt bedeckt. Teile des Bunkers dienen einer Werft als Lager für Sportboote und Bootsteile. Auf dem Fahrwagen befindet sich das als Museumsboot vorgesehene französische U-Boot Flore. (Stand: August 2003[4])

Kéroman II

Der Bunker, dessen Panzertore durch Glaswände und -tore ersetzt worden sind, dient als Speditionslager. Die Kaserne auf dem Dach existiert seit langem nicht mehr. (Stand: August 2003[4])

Das Gelände der Verschiebeanlage zwischen Kéroman I (links) und II (rechts) im Juli 2001, im Hintergrund die Flore.

Kéroman III

steht weitgehend leer und kann im Rahmen von Führungen besichtigt werden. Die Führungen umfassen sowohl das Gebäudeinnere, als auch einen Exkurs auf das Bunkerdach mit interessantem Rundblick auf das Areal des Fischereihafens, den Fluss Blavet und Kernével. (Stand: Juli 2003)

Der Bunker Kéroman III vom gegenüber gelegenen Sportboothafen in Kernével aus gesehen, Stand: Juni 2006.

Kéroman IV

Die Ruine wird derzeit abgebrochen. (Stand: August 2003[4])

Anmerkungen

  1. zum Schutzprinzip siehe Artikel zu Leo Winkel, Konstrukteur der Winkeltürme
  2. Erläuterung zur Konstruktion von Fangrosten im Artikel U-Boot-Bunker
  3. Hinweis im Rahmen einer engl./franz. Führung im Juli 2003
  4. a b c d aus www.atlantikwall-frankreich.de/festung_lorient/, zugegriffen am 02.02.2007, siehe unten ersten Weblink

Literatur

  • Mallmann-Showell, J. P.: Deutsche U-Boot-Stützpunkte und -Bunkeranlagen, Motorbuch Verlag, 2003, ISBN 3613023318;
  • Schmeelke, K.-H. / Schmeelke, M.: Deutsche U-Bootbunker gestern und heute, Podzun-Pallas Verlag, 2001, ISBN 3790907146;

siehe auch

Weblinks